Fest
der Liebe
2006
Kategorie:
PG, ft
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Summe:
Weihnachtszeit – Zeit der Wahrheit.
Disclaimer: Die Rechte der in dieser Fan-Story verwendeten geschützten Namen
und Figuren liegen bei den jeweiligen Inhabern. Eine Kennzeichnung unterbleibt
nicht in der Absicht, damit Geld zu verdienen oder diese Inhaberrechte zu
verletzen. Vielen Dank an Lady Charena fürs Beta.
Die Weihnachtszeit war für
mich immer eine ganz besondere. Schon als Kind liebte ich diese Tage. Auch wenn
meine Familie in recht ärmlichen Verhältnissen lebte, so gelang es meinen
Eltern doch stets, uns Kindern eine sehr spezielle Zeit zu bescheren. Große
Geschenke durften wir natürlich nicht erwarten und auch der Festtagsbraten fiel
oft eher bescheiden aus. Aber es war diese Atmosphäre von Liebe und
Geborgenheit, von Zusammengehörigkeit und Nähe, die mir immer in bester
Erinnerung blieb, auch als ich längst auf meinen Reisen die Welt durchstreifte.
Wie wir gemeinsam im Kerzenschein saßen, sangen und Geschichten erzählten,
erfüllte mein Herz auch im Rückblick Jahrzehnte später noch mit Freude und
Wehmut zugleich.
Unvergessen blieben mir
auch die Christmetten in unserer kleinen Dorfkirche. Noch heute glaube ich, den
Schnee unter unseren Füßen knirschen zu hören, wenn wir vom Gottesdienst nach
Hause kehrten. Die Schwippbögen in den Fenstern wiesen uns den Weg. Über uns
funkelten die Sterne am wolkenlosen Himmel. Überall in den Weihnachtsstuben
saßen dann die Familien zusammen und auch wir fanden uns zu später Stunde
gemeinsam ein, um die Ankunft des Heilands zu zelebrieren.
Später während meiner Reisen hatte ich wenig Zeit, die Geburt
Christi zu feiern. Andere Dinge, oft das nackte Überleben, forderten meine
Aufmerksamkeit auch an den Weihnachtstagen. Fern der Heimat gab es keinen Baum,
keine Lieder, keine Wärme. Oft dachte ich nicht einmal daran, dass gerade
Weihnachten war.
Doch ein Weihnachtsfest im fernen Westen Nordamerikas wird mir immer in
unvergesslicher Erinnerung bleiben und selbst die meiner Kindheit überstrahlen.
An dem Tag begann etwas, das ich für immer in meinem Herzen verschlossen hielt,
das mir lieber und heiliger ist als alles andere in meinem Leben. Erst jetzt im
hohen Alter wage ich, es aufzuschreiben, natürlich wohl wissend, dass es nie
ein Mensch zu lesen bekommen wird.
Es war der Heilige Abend. Winnetou und ich, wir befanden uns
auf dem Weg zum Pueblo seiner Apachen. Ein klarer Sternenhimmel begleitete uns,
so dass wir hätten weiter reiten können, denn die ebene Prärie bot wenig
Hindernisse. Doch wir wollten unseren treuen Rappen eine Pause gönnen und
hatten so unser Lager am Ufer eines kleinen Baches aufgeschlagen. Dort fanden
sie frisches Wasser und genügend Gras.
Da wir uns bereits auf Apachengebiet befanden und seit zwei
Tagen keine gefährlichen Spuren entdeckt hatten, wagten wir ein kleines Feuer
anzuzünden, an dem wir uns wärmen und das Fleisch der zwei Hasen, die ich am
Tage geschossen hatte, braten konnten.
Schweigend nahmen wir unsere Mahlzeit ein. Meine Gedanken
wanderten zurück in die Heimat, zu meiner Familie, aber auch zu den
deutschstämmigen Siedlern, die wir vor drei Tagen verlassen hatten. Wir hatten
ihnen helfen können, eine Bande weißer Banditen, die sie wiederholt überfallen
hatten, festzunehmen, was uns den innigsten Dank aller Siedler einbrachte.
Die meisten von ihnen stammten aus meiner sächsischen
Heimat, eine Familie sogar aus unserem unmittelbaren Nachbarort. So hatten sie
die Traditionen der Schwippbögen und sich drehenden Pyramiden mit in ihr neues
Zuhause gebracht. Noch nie hatte ich mich hier so an die Heimat erinnert
gefühlt, wie in dieser Siedlung. Ob ich wollte oder nicht, ich verspürte einen
Hauch von Heimweh und Sehnsucht.
Natürlich hatten sie uns eingeladen, die Festtage mit ihnen
zu verbringen. Doch Winnetou wurde bei seinem Volk erwartet und wir wollten uns
nicht voneinander trennen, so dass ich noch hätte verweilen können. Also
brachen wir gemeinsam auf.
„Mein Bruder wäre gern bei den deutschen Siedlern geblieben,
um mit ihnen das Fest zu feiern, das sie Weihnachten nennen.“ Winnetous Stimme
drang in meine Gedanken. Wie so oft hatte er erraten, was mir gerade durch den
Kopf ging.
Ich wandte mich zu Winnetou um und sagte: „Mein roter Bruder
kennt meine Gedanken, wie immer.“
„Es war nicht schwer zu erraten“, erwiderte der
Apachenhäuptling. „Scharlih war in den letzten Tagen sehr nachdenklich. Muss
Winnetou sich um ihn sorgen?“
Ich schüttelte den Kopf. „Ich bin in Ordnung“, versicherte
ich ihm. „Ich dachte nur oft an mein Zuhause, an meine Familie. Das
Weihnachtsfest war für mich immer etwas ganz besonderes.“
„Es ist für alle Christen etwas ganz besonderes“, sagte Winnetou.
„Sie feiern die Ankunft ihres Heilandes.“
Ich blickte ihn überrascht an. „Ja“, sagte ich. Ich hatte
mich stets an Winnetous Bitte vom Beginn unserer Bekanntschaft gehalten, nicht
zu versuchen, ihn zu meiner Religion zu bekehren und somit überhaupt kaum
einmal von meinem Glauben gesprochen. So war ich nun überrascht, dass er um die
Bedeutung des Weihnachtsfestes für uns Christen wusste. Hatte er die Siedler
befragt?
„Klekih-Petra hat Winnetou davon berichtet, vor vielen Sommern“, erklärte er
ohen dass ich ihn fragen musste.
Ich nickte verstehend. Leider hatte ich den weißen
Medizinmann der Apachen nur kurz kennen lernen können, aber er war es gewesen,
der mich bat, Winnetous Freund zu werden, der unser Schicksal quasi in die
Hände des jeweils anderen legte. Und ich wusste natürlich, welch wichtiger
Lehrer er für die Apachen und vor allem für ihren Häuptlingssohn gewesen war.
„Er sagte auch, es sei das Fest der Liebe“, fuhr Winnetou
fort.
Ich nickte erneut, nicht sicher, worauf er hinaus wollte. Doch
seltsamerweise hatte sich mein Puls plötzlich beschleunigt. Ich spürte dieses
gewisse Kribbeln einer Vorahnung, wie ich es häufig habe, wenn etwas Wichtiges
geschehen wird.
„So wird Scharlih Winnetou hoffentlich verzeihen, wenn er zu ihm heute Nacht von
seiner Liebe spricht.“
Nächtliche Stille senkte sich über uns, nachdem das letzte
Wort verklungen war. Ich musste nicht fragen, wie Winnetou den Satz gemeint
hatte. Ich wusste es, wusste es, tief in meinem Herzen. Vielleicht hatte ich es
schon immer gewusst, es nur nicht sehen wollen. Doch nun stand es so klar vor
mir wie Winnetous Gestalt neben mir saß.
Das, was uns verband, war längst über reine Freundschaft
hinaus gewachsen. Da war eine Vertrautheit, eine Innigkeit unserer Seelen, wie
man sie nur mit dem Wort Liebe umschreiben kann. Und es war etwas Reines,
Schönes, nichts Schmutziges, Verbotenes, wie uns die allgemeine Moral
weismachen will, wenn es um die Gefühle zweier Männer füreinander geht.
Hätte selbst ich, der ich mich doch so der Toleranz und
Weltoffenheit rühmte, früher den puren Gedanken daran, einen Mann lieben zu
können, entsetzt von mir gewiesen, so hatte ich nun nicht den geringsten
Zweifel an meinen Gefühlen für Winnetou. Vielleicht lag es an der Besonderheit
dieser Nacht, dass es mir so einfach fiel, es mir einzugestehen. Ich liebte
ihn, mit meiner Seele, mit meinem Herzen – und mit meinem Körper.
„Winnetou kennt nicht die Vorstellungen von Scharlihs
Kultur, wenn Winnetou ein Verbot begangen hat...“, begann der Apache.
Ich unterbrach ihn hastig. „Winnetou mag nicht
weitersprechen“, sagte ich. „Ja, viele Menschen würden so eine Liebe ablehnen,
ja gar als etwas Schmutziges, Verwerfliches verdammen, aber Winnetou weiß, dass
ich nicht wie die anderen bin.“
Ich holte tief Luft – doch ich zweifelte keine Sekunde, was
den nächsten Schritt anbelangte – und streckte meine Hand aus, um Winnetou zu
mir zu holen. Er rutschte ganz dicht an mich heran. „Ich liebe Winnetou auch“,
sagte ich und dann küsste ich ihn.
In dieser Nacht feierten wir unser ganz eigenes Fest der
Liebe.
Ende