Titel: Baby Blues
Autor: Lady Charena (Juli 2010)
Fandom: Torchwood
Episode: post-Season 2
Wörter: ~ 2485
Charaktere: Jack Harkness, Ianto Jones, Gwen Cooper
Pairing: Jack/Ianto, Gwen/Rhys, [Jack/Gwen angedeutet]
Rating: AU, pg12 slash [& het angedeutet], oneshot
Beta: T‘Len
Archiv: ja
Summe: Die Sonne schien warm genug, dass Ianto seine Krawatte ein wenig
gelockert und den obersten Knopf seines Hemdes geöffnet hatte. Er dachte sogar
darüber nach, sein Jackett auszuziehen und es über den Arm zu tragen. Und
daran, dass Gwen wirklich einen dieser Buggys mit Sonnenschirm hätte kaufen
sollen. Hatte sie noch nie von UV-Strahlung gehört?
A/N: Ach ja, das Wunderland der Fanfic-Klassiker…
Disclaimer: Die Rechte der in dieser Fan-Story verwendeten geschützten Namen
und Figuren liegen bei den jeweiligen Inhabern. Eine Kennzeichnung unterbleibt
nicht in der Absicht, damit Geld zu verdienen oder diese Inhaberrechte zu
verletzen. Oder um mit Stephen Fry zu sprechen: Not one word of the following
is true.
i.
Bute Park war an diesem Nachmittag gut besucht. Überall schwirrten Kinder
herum, Pärchen mit und ohne Nachwuchs (alternativ auch mit Hunden) schlenderten
die Wege entlang und genossen die Sonne. Nach fast einer Woche Dauerregen nicht
völlig unverständlich, dass es sie alle nach draußen drängte. Und auch Ianto
hatte eigentlich nur aus Prinzip Protest geäußert, als Jack ihn (mehr oder
weniger handgreiflich – was bedeutete, mit einer Hand völlig unnötig auf seinem
Hintern, der anderen an seiner Schulter) aus der Tür der Touristeninformation
schob und ihm quasi befahl, sich ein paar Stunden zu entspannen.
Die Sonne schien warm genug, dass Ianto seine Krawatte ein wenig gelockert und
den obersten Knopf seines Hemdes geöffnet hatte. Er dachte sogar darüber nach,
sein Jackett auszuziehen und es über den Arm zu tragen. Und daran, dass Gwen
wirklich einen dieser Buggys mit Sonnenschirm hätte kaufen sollen. Hatte sie
noch nie von UV-Strahlung gehört? Er schüttelte über diesen letzten Gedanken,
über sich selbst, den Kopf.
Trotzdem war Ianto Jones weit davon entfernt, sich zu entspannen. Er wusste,
lag zum größten Teil bei ihm selbst... Da war ein kleiner, hartnäckiger Teil
von ihm, der diese Situation verabscheute; eine Stelle in ihm, die schmerzte
wenn er in große, strahlendhelle blaue Augen sah – und er vermutete, dass das
der wahre Grund gewesen war, weshalb ihn Jack zu diesem Spaziergang mit Gwen
gedrängt hatte, nicht die Sorge darum das er genug frische Luft bekam.
Er unterdrückte ein Seufzen und ließ seine Schultern ein wenig nach unten
sacken – so sah er zumindest so aus, als würde er es genießen, während er einen
unauffälligen Blick auf die Uhr warf. Sie hatten es geschafft, in den sechs
Monaten seit Jack Juniors Geburt zivil miteinander umzugehen (ganz zu schweigen
von der Schwangerschaft davor), dann würde er es doch noch eine Stunde oder so
aushalten, richtig?
Gwen schien seine Anspannung nicht zu bemerken. Nun, das war eine Überraschung,
dachte er sarkastisch. Sie bemerkte ihn in der Regel nur, wenn sie etwas von
ihm brauchte: Kaffee. Essen. Ianto, sei’ ein Schatz und hol’ meine Sachen auch
gleich aus der Reinigung ab, wenn du ohnehin unterwegs bist, ja? Dieses Baby
hat mehr von meiner Kleidung ruiniert, als drei Jahre Torchwood. Kannst du mir
dieses für Jack Junior besorgen und wir brauchen jedes und ich habe keine
Windeln mehr und könntest du nicht rasch... Wärst du ein Engel, Ianto und
würdest...
Das einzige, gegen das er sich erfolgreich gewehrt hatte, war als Babysitter
verpflichtet zu werden, nicht mal wenn es ein absoluter Notfall war und nie
wieder vorkommen würde. Er war kein kompletter Fußabtreter, vielen Dank – und
Jack hatte sich voll auf seine Seite gestellt. Wenn er es nicht für unmöglich
gehalten hätte, müsste er annehmen, Jack hätte vielleicht doch so etwas wie ein
schlechtes Gewissen...
So biss er die Zähne zusammen und zwang sein Gesicht zurück in die höfliche,
nichtssagende Maske, die er in der Vergangenheit so oft getragen hatte – und
Jack hatte absolut nichts dagegen, wenn er ihn an solchen Tagen bei der
erstbesten Gelegenheit nach unten in seinen Bunker (nun nur noch selten zum
Schlafen benutzt) zog und sie seinen Frust auf gesunde und lebensbejahende
Weise abarbeiteten... Und wenn er später im Halbdunkel der kleinen Kammer neben
Jack lag und darauf wartete, dass sein Herzschlag zu einem normalen Rhythmus
zurückfand, während Jack mit den Fingerspitzen komplexe Muster und Worte in
einer noch nicht existierenden Sprache in seine Haut zeichnete, konnte er fast
glauben, es wäre nie etwas passiert. Dass sich nichts geändert hatte.
Bis sie in den Hauptraum des Hubs zurückkamen und ihn die Babyfotos auf und um
Gwens Schreibtisch daran erinnerten, dass sein Leben zum Plot eines schlechten
Filmes verkommen war – der Mann, den er liebte, hatte ein Kind mit der einzigen
Frau, die er je als ernsthafte Bedrohung ihrer Beziehung wahrgenommen hatte. Er
hatte nie erwartet, dass Jack bis ans Ende seines (Iantos) Lebens nur noch sein
Bett teilen würde – wie es war, konnte er sich glücklich schätzen, dass es ihm
gelungen war, das Interesse des Captains so lange zu halten. Alles was er von
ihm erwartete, war seine Eroberungen für sich zu behalten. Und vielleicht, dass
er nicht hinging und die erste Gelegenheit nutzte, mit Gwen zu schlafen.
# - # - # - #
Gwens Hochzeit… er hatte geglaubt, das wäre der Endpunkt von Gwens Schwärmerei
gewesen. Sie hatte sich doch für Rhys entschieden. Zumindest hatte er das
gedacht, bis er Jack mit ihr tanzen sah. Und Jack… Jack hatte ihn auf die Stirn
geküsst und ihm gesagt, er solle nicht so dumm sein, als er ihn nach ihrer
Rückkehr in den Hub fragte, ob er ihn lieber alleine lassen solle.
Sie überstanden Flat Holm, das Auftauchen der Nighttraveler; den Sturm, der
Hart und Gray in ihr Leben wirbelte und den Verlust von Tosh und Owen – aber
nicht unbeschadet. Der Jack, der zu ihnen zurück kam, war anders. Fremder
selbst als nach seiner Zeit mit dem Doctor. Da war Distanz zwischen ihnen,
Schweigen und schlaflose Nächte im Wechsel mit Alpträumen; aber auf der anderen
Seite ließ Jack ihn kaum von seiner Seite. Der Trip in die Schweiz um Martha zu
helfen, bei dem er fast starb, machte nichts besser - und dann…
Dann fand diese Konferenz mit UNIT in London statt, um die sich Jack nicht
drücken konnte und Gwen hatte sich mit Rhys gestritten, weil sie zu viele
Hausbesichtigungstermine platzen ließ und sagte, sie bräuchte Abstand – also
war sie es, die Jack begleitete.
Er war nicht überrascht, als Jack ihn mitten in der Nacht anrief… vielleicht,
dass seine erste Frage nicht „was hast du an?“ war und der Anruf nicht damit
endete, dass er unter die Dusche musste.
Stattdessen fragte Jack nach jeder Einzelheit seines Tages, als hätten sie sich
seit Wochen nicht mehr gesehen, bis er schließlich nichts mehr zu erzählen
hatte. Da war deutlich Widerwille in Jacks Stimme, ihn gehen zu lassen und
Ianto erinnerte sich an ein Buch, das er für Mica gekauft hatte, und das noch
immer auf seinem Schreibtisch lag. Es war ein Nachdruck eines alten,
walisischen Kinderbuches, aus dem ihm seine Großmutter vorgelesen hatte. Er
machte es sich damit in Jacks Bett bequem – er hatte beschlossen, dass er die
Nacht ebenso gut im Hub verbringen konnte – und las daraus vor, bis er
schließlich darüber einschlief.
Ein paar Stunden später wachte er auf, die Buchseiten auf denen sein Kopf
gelegen hatte, zerknittert; das Handy war zwischen die Kissen gerutscht, und
ein wenig heiser. Er duschte, zog sich um und während er darauf wartete, dass
der Kaffee fertig wurde, hörte er die Nachricht ab, die Jack auf seiner Mailbox
hinterlassen hatte. Er kam sich vor wie ein verliebter Teenager, aber das
Lächeln verließ den ganzen Tag sein Gesicht nicht. Am Abend schlief er ein, die
Finger lose um sein Handy geschlossen, doch Jack rief nicht an.
Am nächsten Tag waren nur ein paar Textnachrichten von Gwen da: darüber, wie
langweilig die Konferenz war und ein Foto von einer Jacke, die sie sich gekauft
hatte. Ihre letzte Nachricht besagte, dass sie noch einen Pub besuchen wollten,
mit ein paar anderen Teilnehmern der Konferenz. Kein Wort über Jack. Keine
Nachricht von Jack. Nicht später und auch kein Wort nachts. Im Nachhinein wurde
ihm klar, dass Jack sich wohl in dieser Nacht eine andere Form der Unterhaltung
suchte…
Am Tag darauf waren die beiden zurück und Ianto hatte keine Gelegenheit, Jack
irgendetwas zu fragen, denn wie um die drei ruhigen Tage während der Konferenz
auszugleichen, wurde der Rift plötzlich hyperaktiv. Gwen sprach sich mit Rhys
aus. Alles schien wieder wie zuvor.
Es war etwa sechs Wochen später. Er kam spät von einem Besuch bei Frieda
zurück, sie schien sich gut einzuleben. Eine Textnachricht von Jack hatte ihn
wissen lassen, dass er nicht mehr in den Hub kommen, sondern nach Hause gehen
sollte. Sicher, er hatte gehofft, aber nicht wirklich erwartet, dass Jack in
seiner Wohnung auf ihn warten würde, und er spürte, wie er wieder zu lächeln
begann, als er Jacks Mantel im Flur hängen sah. Er ließ die Fingerspitzen über
die Schulter- und Rückenpartie streifen, bevor er sich auf die Suche nach ihm
machte. Jack war im Schlafzimmer, er lag auf dem Bauch auf dem Bett und
blätterte in dem Buch, das am Ende doch nie seinen Weg zu Mica gefunden hatte.
Ianto schlüpfte aus den Schuhen, hängte sein Jackett über einen Stuhlrücken und
streckte sich neben ihm aus. Jack legte das Buch zur Seite, rollte sich zu ihm
herum - und was wie der Beginn eines angenehmen Abends ausgesehen hatte, endete
damit, dass Ianto sich in der Küche wiederfand, ohne richtige Erinnerung daran,
wie er eigentlich dorthin kam.
Möglicherweise hatte er versucht, Kaffee zu machen, nachdem Jack gegangen war…
nachdem er ihn weggeschickt hatte. Er starrte auf seine Hände und sah, dass sie
zitterten. Und das war wohl der Grund dafür, dass der Fußboden seiner Küche mit
Keramikscherben, Kaffeebohnen und zersplittertem Glas übersät war, alles Dinge,
die sich einmal im Schrank über der Kaffeemaschine befunden hatten. Er ließ
sich langsam nach unten sinken, den Rücken gegen die Wand gepresst, bis er auf
dem Boden saß, die Knie zum Brustkorb hochgezogen, die Arme um die Beine
geschlungen, schloss er die Augen und presste das Gesicht gegen die Knie.
Er erinnerte sich nicht an alles, was Jack gesagt hatte. Doch zwei Dinge waren
sehr klar in seiner Erinnerung.
Gwen war schwanger.
Und Jack war der Vater des Babys.
# - # - # - #
Ianto holte seine Gedanken in die Gegenwart zurück, als Gwen ihn in die Seite
knuffte und auf Andy Davidson deutete, der mit einem breiten Grinsen auf sie
zukam. Hinter seinen Schläfen begann dumpfer Schmerz zu pochen.
ii.
„Hey… hey, schon gut. Du bist hier in Sicherheit. Es ist alles in Ordnung.“
Ianto rollte sich von Jack weg – weg von seiner Berührung und setzte sich auf.
„Alles okay?“, fragte Jack hinter ihm im Dunkeln.
„Jack?“, fragte er, sein Mund staubtrocken und da war so etwas wie ein
Felsbrocken in seinem Magen, der unruhig hin und her rollte. „Jack, hat Gwen
von dir ein Kind bekommen?“
Er hörte Laken rascheln und dann wurde das Licht angeknipst.
„Will ich wissen, wieso du mich das gerade jetzt fragst?“
Ianto drehte sich um, als Jack ihm die Hand auf die Schulter legte. „Bitte?
Jack, einfach nur: Ja oder Nein?“
„Nein.“
Dieses Mal wehrte er sich nicht, als Jack ihn zurückzog, bis er gegen ihn
lehnte, sein Rücken gegen Jacks Brust, die Arme des älteren Mannes um seine
Taille.
Jack küsste ihn auf die Schulter. „Okay, ich nehme mal an, du hast geträumt? Falls
du nämlich heimlich am Drehbuch zu einer Seifenoper arbeitest, will ich zuerst
wissen, wer meine Rolle spielt.“
Er schüttelte den Kopf, drehte das Gesicht, um es gegen Jacks Hals zu pressen
und tief seinen vertrauten Geruch einzuatmen. „Keine Seifenoper, versprochen. Aber
es war ein wirklich, wirklich detaillierter Traum. Es war alles so… echt. Du
bist ganz sicher, dass ich nur geträumt habe?“
Ein Schauer lief durch ihn und Jack griff nach der Decke, um sie über ihn
hochzuziehen. „Ich bin sicher. Als Gwen heute Abend nach Hause gegangen ist,
sagte sie etwas von Kino und Popcorn, aber nichts von einem Baby.“
„Es war ein Junge.“ Langsam begann er sich wie ein Idiot zu fühlen. „Sie hat
ihn Jack Junior genannt.“
„Hmmh. Hatte er mein Kinn?“
„Ich bin sicher, er hätte Gwens Zahnlücke“, entgegnete Ianto mit derart
düsterer Stimme, dass Jack ihn lachend zurück aufs Bett zog.
Er rollte sie herum, bis der junge Waliser unter ihm lag und versuchte sich,
ein Baby mit Iantos Augen – die seiner Stimmung folgend nun eher grau als blau
waren – und Iantos Nase vorzustellen. Dies war nicht das richtige Jahrtausend,
nicht der richtige Ort, bestimmt nicht der richtige Job, um ein Kind zu
bekommen, schon gar nicht mit einem anderen Mann, selbst wenn er sich jemals
wieder auf dieses Abenteuer hätte einlassen wollen.
„Während meiner Zeit mit der Time Agency… wir konnten auf keinen Fall
riskieren, irgendwelche Zeitlinien zu verändern, indem wir irgendwo oder
irgendwann Kinder zeugten. Also gab da eine Behandlung… Kurz gesagt, es ist
äußerst unwahrscheinlich, dass Gwen von mir schwanger werden würde.“ Er dachte
an Alice, seine Alice, die es eigentlich nicht hätte geben sollen. Aber in
dieser Zeit war er mit so vielen Dingen in Berührung gekommen; Strahlungen,
Chemikalien, Waffen, war zahllose Tode gestorben… Irgendetwas hatte ihn wieder
zeugungsfähig gemacht, zumindest für eine kurze Weile.
Als Lucia ihm gesagt hatte, dass sie schwanger war, hatte er einen Gefallen
eingefordert und sich testen lassen. Immerhin hätte es sein können, dass was
immer damals auf der Game Station mit ihm passiert war, auch die Behandlung der
Time Agency rückgängig gemacht hatte. Und dann gab es da draußen möglicherweise
noch eine ganze Menge anderer Kinder, die seine Gene hatten. Doch das Ergebnis
war negativ.
Sobald sie auf die Welt gekommen war, hatte er Alice’ DNA getestet, in einer
Zeit, als es außerhalb der Mauern von Torchwood und UNIT noch keine Möglichkeit
dazu gab. Sie war zweifellos seine Tochter, aber das war zweitrangig, er hätte
sie auch so geliebt... er hatte nach Anzeichen dafür gesucht, dass er ihr mehr
als nur seine blauen Augen vererbt haben könnte. Doch ohne zu wissen, wonach
genau er suchte... Letzte Gewissheit hatte er jedoch erst erhalten, als er sie
auf der Beerdigung ihrer Mutter wieder traf und die unmissverständlichen Spuren
des Alterns an ihr entdeckte.
„Was?“, fragte er und presste die Lippen gegen die steile Falte zwischen Iantos
Augenbrauen.
„Ich hätte eher auf so eine Antwort wie… weil ich nicht mit Gwen schlafen
würde… oder so was in der Art gehofft.“ Ianto drehte den Kopf zur Seite. „Ja,
ich weiß. Dumm von mir.“
„Sehr dumm“, stimmte Jack zu. Er legte die Finger um Iantos Gesicht und drehte
es zu sich zurück, bis ihn der junge Mann wieder ansah. „Wieso sollte ich mit
Gwen schlafen, wenn ich alles, was ich will genau hier habe?“
Falls das wieder ein Traum war, dachte Ianto, konnte er mit dieser Variante
leben.
Ende