Das Angebot (August 2015)
Charaktere: Ianto Jones, Dr. Rupesh
Patanjali, [Lisa Hallett],
OMC
Pairing: [Ianto/Lisa]
Rating: A/U, pre-series, pg12
Worte: 3161
Summe: Dr. Patanjali macht Ianto
ein Angebot.
Disclaimer: Die Rechte der in dieser Fan-Story verwendeten geschützten Namen
und Figuren liegen bei den jeweiligen Inhabern. Eine Kennzeichnung unterbleibt
nicht in der Absicht, damit Geld zu verdienen oder diese Inhaberrechte zu
verletzen.
Ianto sah sich in seiner neuen Unterkunft um.
Zweifelsohne war es hier angenehmer als in den Zellen, in denen er zuvor
untergebracht wurde. Die Wände waren in einem freundlichen Vanillepuddinggelb
gestrichen, das an verregnete Winternachmittage mit seiner Mutter in der warmen
Küche erinnerte. Das Bett war weich und sauber und roch nur nach Waschmittel. Patanjali hatte ihm zusätzliche Kissen und eine zweite
Decke gebracht, für den Fall, dass er fror. Es gab einen schmalen Schrank in
einer Ecke, gefüllt mit simplen Jeans, T-Shirts, Sweatshirts und zwei Paar Sneaker – alles neu, alles in seiner Größe. In einer
Kommode daneben fanden sich Handtücher, Unterwäsche, Socken und zwei Pyjamas.
Er hatte den Arzt gefragt, warum er diese Kleidungsstücke bekam und was mit
seinen eigenen Sachen geschehen war, aber Patanjali
antwortete nur ausweichend und erklärte, dass Iantos
Privatsachen nach wie vor eingelagert waren.
Selbst Fenster gab es, zwei Stück, die zwar vergittert waren, aber Licht und
Luft in den Raum ließen und Ausblick auf eine Grasfläche boten. Und auf eine
hohe, graue Mauer dekoriert mit Stacheldraht. Vor den Fenstern befand sich ein
bequemer Lesesessel und ein kleiner runder Tisch, an dem er seine Mahlzeiten
einnahm. Auf einer der Fensterbänke stand ein kugeliger Kaktus, auf der anderen
stapelten sich Bücher. Linoleum in Fliesenoptik statt grauem Betonboden und an
der Decke zwei Milchglaskugeln, die weiches Licht spendeten. Aber kein
Fernseher, kein Radio, kein Kalender und keine Uhr.
Auch das Essen war wesentlich genießbarer geworden, seit er aus der
Krankenstation entlassen worden war. Obwohl - oder vielleicht gerade weil - Patanjali ihn auf Diät gesetzt hatte, um seinen Magen zu
schonen. Kräutertee statt Kaffee, nichts stark gewürzt, nichts Fettiges. Statt
typischem Großküchenessen gab es Gemüse, Jogurt und frisches Obst so viel er
wollte.
Iantos Blick kehrte auf den Tisch mit seinem
Abendessen zurück. Er öffnete eine Wasserflasche und schluckte die beiden
Tabletten, die Patanjali ihm mit dem Tablett serviert
hatte. Inzwischen stand der Arzt nicht mehr neben ihm und wartete, bis er seine
Medizin genommen hatte. War das ein gutes Zeichen? Oder verloren sie einfach
nur das Interesse an ihm? Patanjali hatte sich eher
beiläufig danach erkundigt, wie es ihm ging und schien abgelenkt.
Er spülte den Geschmack des Medikaments mit mehr Wasser weg und hob die
Warmhalteglocke von seinem Abendessen. Reis. Offenbar das hauptmagenschonende
Gericht schlechthin, so oft wie er es in den letzten Tagen gegessen hatte.
Blasse Fleischwürfel – Huhn, vermutlich - Erbsen und Karottenscheiben in heller
Soße. Dessert bestand wohl aus zwei Bananen, einem Apfel und abgepackten
Schokoladenkeksen. Dazu gab es einen Plastikbecher voll Milch, Wasser und eine
Thermoskanne Tee.
Ohne großen Appetit spießte Ianto eine
Karottenscheibe auf und betrachtete sie kritisch. Er hatte seit seiner Kindheit
nicht mehr so viel Gemüse gegessen. Nachdem seine Mutter in ein Pflegeheim
gekommen war, hatte sein Vater wenig Zeit für einen verschlossenen Jungen in
der Pubertät und noch weniger Interesse an seiner gesunden Ernährung. Sein
Beitrag zur Haushaltsführung bestand darin, ab und zu Geld in der Küche liegen
zu lassen. Wie man die Mikrowelle bediente, wusste Ianto
bereits. Shepherds Pie oder
Lasagne aus der Tiefkühltruhe oder Pommes und Kebab aus einer Imbissbude
machten ihn satt. Und das war immer noch besser als die beständige Diät aus
Lager, Zigaretten und Wodka, von der sein Vater damals zu leben schien. Dass er
mit Mitte Fünfzig an einem Herzinfarkt gestorben war, sprach vielleicht nicht
dafür, dass man seinem Beispiel folgen sollte…
Während er auf ein paar Erbsen kaute, ohne sie zu schmecken, dachte Ianto an den Ausflug nach draußen, den er mit Patanjali früher am Tag unternommen hatte. Ausflug war
vielleicht nicht das richtige Wort für ein paar Runden im Freien, beobachtet
von zwei UNIT-Soldaten, unter einem wässrig blauen Himmel. Andererseits musste
er sich eingestehen, dass er noch nicht zu viel mehr in der Lage war. In seiner
Sorge um Lisa hatte er seine eigene Gesundheit völlig vernachlässigt. Und wie
sollte er ihr helfen, wenn er bereits nach zehn Minuten gemütlichem
Spazierengehen erleichtert war, als der Arzt vorschlug, an einem sonnigen Fleck
eine Pause einzulegen. Durch einen Drahtzaun konnte Ianto
auf einen Parkplatz voll mit Autos sehen. Hinter ihnen befanden sich eine
Durchgangsstraße, ein Grünstreifen und anschließend ein Gebäude ohne Fenster.
Er fragte sich, ob in einem solchen Gebäude Lisa festgehalten wurde. Der
Gedanke an sie stach wie ein Messer in seinen Brustkorb. Ianto
packte den Zaun, mit beiden Händen, so fest dass seine Knöchel sich weiß
verfärbten.
Patanjali stellte sich neben ihn. „Ist alles in
Ordnung?“, fragte der Arzt, nach seinem Handgelenk greifend, um seinen Puls zu
nehmen. „Es ist nicht ungewöhnlich, wenn Sie noch ein wenig unsicher auf den
Beinen sind. Bettruhe und erzwungene Untätigkeit hat diesen Effekt.“
Ianto schüttelte den Kopf. „Es geht schon. Ich habe
nur… ich habe nur an etwas gedacht.“
„An Ihre Verlobte.“ Das kam als nüchterne Feststellung aus dem Mund des Arztes,
nicht als Frage.
„Ich weiß nicht, wie es ihr geht. Oder ob sie überhaupt noch am Leben ist.“ Ianto wandte den Kopf, sah ihn an. „Obwohl ich denke, ich
würde nicht hier sein, wenn sie tot wäre“, setzte er leise hinzu. „Dann braucht
mich niemand mehr.“
„Ich bin sicher, das ist nicht wahr.“ Der Arzt ließ sein Handgelenk los. „Ich
denke, Sie könnten für großen Nutzen von UNIT sein.“ Er deutete auf die beiden
Wachsoldaten, die ein paar Meter von ihnen entfernt standen. „Gehen wir zurück,
bevor jemand denkt, Sie planen Ihre Flucht über den Parkplatz.“
„Im Moment bin ich nicht sicher, dass ich es ohne Leiter über diesen Zaun
schaffen würde“, murmelte Ianto und folgte ihm zurück
zur Straße.
„Wenn Sie sich ganz erholt haben, sollten wir uns ausführlicher unterhalten.“ Patanjali warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Er hatte
einen Termin mit Kona, der Fortschritte von ihm hören
wollte. Seit Captain Harkness‘ Besuch vor einer Woche war der Major
ungenießbar. Und plötzlich sehr interessiert an den Vorschlägen des Arztes. „Es
gibt für Sie eine Zukunft bei UNIT, Ianto.“
Ohne weitere Erklärung waren sie in sein Zimmer zurückgekehrt.
Zu seiner eigenen Überraschung hatte Ianto seinen
Teller fast leer gegessen, ganz ohne es zu bemerken, versunken in seine
Gedanken.
Er legte die Gabel weg, wischte sich mit einer Papierserviette den Mund ab. Wie
üblich verspürte er einen leichten Schmerz in der Magengegend, aber es war
nicht mehr so schlimm wie zuvor – als er das Gefühl hatte, Ratten würden ihn
von innen her auffressen.
Was hatte Patanjali wohl damit gemeint, dass er eine
Zukunft bei UNIT hätte? Er war nicht an einer Zukunft bei UNIT oder sonst wo
interessiert. Im Moment konnte er nicht über den Augenblick hinaussehen, an dem
er mit Lisa wiedervereint sein würde. Sie würden einen Weg finden, ihr zu
helfen. Sie wieder ganz menschlich zu machen. Erst dann würde er wieder an eine
Zukunft glauben.
Für sie beide.
Ianto stand auf und trat ans Fenster. Er hatte die
beiden Wachen auf dem Flur vor seinem Raum – hier war kein so großer
Unterschied zu den Zellen in denen er sich früher wieder gefunden hatte –
gestern belauscht. Sie hatten sich köstlich über Major Kona
und den Besuch aus Cardiff amüsiert. Captain Harkness – ein Mann, über den auch
im Torchwood Hauptquartier unzählige Gerüchte
kursierten – hatte den guten Major offenbar während einer Inspektionstour
lächerlich gemacht.
In den beiden Jahren, die Ianto in London gearbeitet
hatte, war er persönlich dem Captain nie begegnet. Aber wie alle anderen hatte
er Gerüchte und Geschichten gehört. Und es gab erstaunliche Dinge über den
Captain zu erfahren… Er konnte nicht ohne Lisa von hier weg, aber sollte er
jemals Zuflucht suchen müssen, vielleicht fand er sie in Cardiff. UNIT hatte in
Wales keine Befugnisse und er konnte nicht vorstellen, dass Harkness einen Torchwood-Agenten – selbst wenn es sich nur um einen
Junior-Researcher und Archivar handelte – an sie auslieferte.
Aber Cardiff war in Moment so unerreichbar wie der Mond. Ianto
wandte sich vom Fenster ab und ließ den Blick über die Bücher streifen, die Patanjali ihm gebracht hatte. Die meisten davon schienen
aus einer Schulbibliothek zu stammen. Bücher der Sorte, die man gezwungen war,
zu lesen, weil man einen Aufsatz darüber schreiben musste. Aber da er seit
seinem Zusammenbruch nicht mehr arbeiten durfte, konnte er die Zeit ebenso gut
damit verbringen. Er nahm ein Buch mit abgegriffenem, rotem Einband. Wuthering
Heights. Emily Brontë. Schwere Kost. Düstere
Handlung, wenn er sich richtig erinnerte. Da sie schon bei den Klassikern
waren, sollte er Patanjali vielleicht nach einer
Ausgabe von „Der Graf von Monte Cristo“ fragen…
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„Ianto? Ianto. Hey.“ Patanjali lächelte beruhigend, als ihn der junge Waliser
verschlafen anblinzelte. „Es tut mir leid, dass ich Sie wecken muss, aber was
ich vorhabe, klappt besser mitten in der Nacht.“
Er richtete sich auf, blieb aber neben dem Bett stehen, während Ianto sich übers Gesicht rieb und durch die Haare fuhr,
offensichtlich noch nicht ganz wach. Er wusste aus den Akten, dass Jones
dreiundzwanzig war, aber im Moment sah er wesentlich jünger aus. Patanjali runzelte über sich selbst die Stirn. Jones war
sein Patient, ohne dass er sich ihm deshalb weiter verpflichtet fühlte. Seine
Aufgabe war es, ihn aufzupäppeln, nicht ihn zu bemuttern.
„Ist etwas nicht in Ordnung, Dr. Patanjali?“, fragte Ianto, er klang unsicher.
„Ich habe darüber nachgedacht, was Sie bei unserem kleinen Ausflug vor ein paar
Tagen gesagt haben. Über Miss Hallett.“ Der Arzt
deutete auf Iantos Schuhe. „Die sollten Sie besser
anziehen.“
„Was ist mit Lisa?“ Ianto angelte automatisch nach
Socken und seinen Schuhen, zog sie rasch an.
„Es ist ihr nichts passiert. Ich denke, Sie sollten sie sehen dürfen.“ Patanjali hob abwehrend die Hände. „Nun, Sie können nicht
mit ihr sprechen. Sie nicht berühren. Nicht einmal im gleichen Raum mit ihr
sein. Aber Sie können sie sehen.“
„Jetzt?“ Hoffnungsvoll sah ihn der Waliser an.
„Jetzt.“ Patanjali nickte. „Es ist mitten in der
Nacht und ich kenne den Rhythmus der Wachen. Außerdem weiß ich, wie wir
ungesehen in die Hochsicherheitslabore kommen. Nachts werden nur die
Haupteingänge bewacht.“ Er saugte sich das aus den Fingern, aber woher sollte
Jones schon wissen, wie es in Wirklichkeit aussah. Niemand kam an den Kameras,
Wachen und Sensoren ungesehen vorbei. Es sei denn, alles war genau so arrangiert…
Ianto stand auf. „Aber… heißt das, Sie haben keine
Erlaubnis, das zu tun, Dr. Patanjali?“
„Sagen wir so, falls wir erwischt werden, behaupte ich einfach, Sie
schlafwandeln“, entgegnete der Arzt leichthin. „Und nennen Sie mich Rupesh. Das ist doch nur angemessen in dieser Situation,
oder?“ Er zwinkerte Ianto zu und ging zur Tür, zog
seine Codekarte durch den dort angebrachten Scanner. Mit einem leisen Klicken
öffnete sie sich in einen halbdunklen Flur.
„Die Wache?“, fragte Ianto flüsternd, als er neben
ihn trat.
„Ich habe ihn auf einen Botengang für mich geschickt“, beruhigte ihn der Arzt. „Das
macht mich nicht beliebt, aber es ist nicht ungewöhnlich. Außerdem werden Sie
nicht als gefährlich betrachtet, das macht es leichter.“ Er trat aus dem Raum
und Ianto folgte ihm in den Flur, der natürlich leer
war. Kona hatte die Wache abgezogen.
Doch Jones zögerte. „Wenn wir erwischt werden, bekommen Sie große
Schwierigkeiten“, sagte er leise. „Ich möchte Lisa wirklich sehen, aber ich
möchte nicht schuld daran haben, dass Sie Ärger
bekommen. Niemand sonst hier behandelt mich wie einen Menschen.“
„Machen Sie sich darum keine Sorgen.“ Innerlich fluchte der Arzt. Er hatte
nicht damit gerechnet, dass der Waliser sich seinetwegen querstellen würde.
Schien zumindest darauf hinzudeuten, dass er Vertrauen zu ihm gefasst hatte.
„Mir passiert nichts. Wenn wir allerdings noch lange hier herum stehen…“
Ohne weiteren Widerspruch trat Ianto neben ihn. Patanjali nahm seinen Ellbogen und führte ihn den Korridor
entlang. In die Wände eingelassene Leuchtstreifen spendeten genug Licht um zu
sehen, wohin sie liefen.
Rupesh warf im Lift einen kurzen Blick nach oben. Das
rote Licht an der Überwachungskamer war aus, was
anzeigen sollte, dass sie ausgeschaltet war. Allerdings war die zweite,
integriert in die Deckenleuchte und unsichtbar, außer man wusste wonach man
suchte, in Betrieb. Kona verfolgte die ganze Aktion
aus der Sicherheitszentrale.
Er führte Jones aus dem Lift und in einen kurzen unterirdischen Tunnel, der sie
in einen Kellerraum brachte. Dort zog Patanjali
wieder seine Karte durch einen Scanner und sie fanden sich in einem Treppenhaus
wieder.
„Das Labor, in dem Ms. Hallett untergebracht ist,
befindet sich im zweiten Stock“, wandte sich der Arzt an seinen Begleiter. Es
waren die ersten Worte, die fielen, seit sie Iantos
Quartier verlassen hatten.
Jones nickte. Selbst in der matten Beleuchtung konnte Patanjali
die Anspannung in seinem blassen Gesicht sehen. Der Waliser starrte nervös ins
Halbdunkel, als erwarte er jederzeit einen Trupp Soldaten, der auf sie zu
stürmte. Natürlich war da niemand. Kona hatte alle
Wachen abgezogen.
Ihre Schritte hallten leicht wieder, als sie die Stufen hinauf stiegen. Auf
jedem Absatz befand sich eine Tür mit einer Nummer daneben. Das ganze hatte den
Charme einer Treppe in einem Parkhaus.
Vor der Tür mit der Nummer 2 blieb Patanjali stehen.
Hier kamen sie an einen kritischen Punkt. Er musste nicht nur seine Karte durch
einen Scanner ziehen, sondern auch einen Code in ein Ziffernfeld eintippen. Und
dafür lieferte er besser eine Erklärung. Also wandte er sich mit einem verschwörerischen
Lächeln dem anderen Mann zu. „Eine Freundin von mir arbeitet hier, von ihr habe
ich den Türcode.“ Er zwinkerte. „Nachtschichten
können sehr langweilig sein.“
„Ich verstehe.“ Ianto erwiderte sein Lächeln nervös.
Er hatte die Erklärung geschluckt. Rupesh öffnete die
Tür und hielt sie für den Waliser auf.
Ein weiterer, matt beleuchteter Korridor erstreckte sich vor ihnen, in
regelmäßigen Abständen von Türen durchbrochen. Eine davon, mit der Aufschrift
„Beobachtungsraum 2-B“, war unverschlossen, und Patanjali
führte sie hinein.
„Wo ist…“ Einen Moment lang standen sie im Dunkel, als die Tür hinter ihnen ins
Schloss fiel. „Ah. Hier.“ Es klickte und ein leises Summen ertönte. Vor ihnen
öffnete sich eine Sichtschutzblende vor einem in die Wand integriertem Fenster.
Licht fiel aus einem zweiten Raum in die winzige Kammer, in der sie standen.
Wie magnetisch davon angezogen, trat Ianto vor und
legte die Handflächen gegen die Scheibe.
Patanjali trat hinter ihn, sah über seine Schulter.
Sie blickten in einen kahlen Raum mit rohen Betonwänden. Von der Decke aus
tauchten starke Strahler alles in ein kaltes, gleißendes Licht. Es spiegelte
sich auf dem Metallkonstrukt wider, das im Zentrum stand. Dicke schwarze Kabel
zogen sich über den Boden. Monitore blinkten Zahlenkolumnen. Infusionen rannen
durch Schläuche in den Körper der… des Dings in der Mitte der Maschine. Es war Patanjali unmöglich, es als die Frau zu sehen, die es
einmal gewesen war. Nicht wie Jones, wie ihm ein Seitenblick versicherte.
Ianto starrte mit weit geöffneten Augen auf sie, er
schien kaum zu atmen oder zu blinzeln. Seine Finger glitten über die
Trennscheibe, als würde er das metallumschlossene Fleisch der reglosen Gestalt
liebkosen.
„Sie schläft“, sagte er nach einer Weile leise. „Ich kann das von den Monitoren
ablesen. Man hält sie unter starker Betäubung. Es ist zu ihrem Besten.“
„Sie hatte fürchterliche Schmerzen, als ich sie gefunden habe“, flüsterte der
andere Mann, ohne den Blick abzuwenden. „Als… als alles endete, hatten sie
gerade begonnen, ihre Nervenenden mit Cyberkomponenten zu verschmelzen. Lisas
Rücken war eine einzige offene Wunde, ihre Wirbelsäule lag bloß. Überall waren
Drähte an sie angeschlossen. Sie hatten einen Wundlaser, ich habe ihn erkannt,
wir haben mehrere davon in den Torchwood-Archiven.
Natürlich keinen der funktioniert.“ Er räusperte sich, schluckte mehrmals. „Ich
konnte die Wunden damit schließen. Sonst wäre sie verblutet.“
Und obwohl er das gesehen hatte, glaubte Jones noch immer daran, dass sie geheilt
werden konnte? Liebe machte wirklich blind. Patanjali
warf einen Blick auf seine Uhr. Sie konnten nicht die ganze Nacht hier bleiben.
Der halbkonvertierte Cyberman musste ohne Pause
unterwacht werden. Die Nachtschicht wartete in einem Raum ein paar Türen weiter
darauf, dass sie gingen.
„Ianto.“ Er legte dem anderen Mann die Hand auf die
Schulter. „Es tut mir leid, aber wir können nicht sehr viel länger hier
bleiben.“
„Ich verstehe“, flüsterte der junge Waliser. Er lehnte sich vor, bis seine
Stirn die Glasscheibe berührte. „Halte durch, Lisa“, wisperte er, als könne sie
ihn hören. „Rwy'n caru ti.“ Dann drehte er sich widerstrebend um. Er blinzelte ein
paar Mal, eine einzelne Träne lief über seine Wange. „Kann ich… kann ich sie
irgendwann wiedersehen?“, fragte er mit brüchiger Stimme.
Patanjali drückte seinen Arm. „Wir werden sehen was
sich machen lässt.“ Dann betätigte er den Schalter und der Sichtschutz glitt
vor das Fenster in den anderen Raum. Einen Moment lang war er im plötzlichen
Dunkel orientierungslos und wusste nicht mehr, wo sich die Tür befand. Er
tastete blindlings an der Wand entlang, bis seine Finger über Holz glitten und
sich dann um die Türklinke schlossen.
„Danke, Dr. Patanjali“, sagte Ianto
hinter ihm.
Einen Moment lang verspürte Rupesh ein schlechtes
Gewissen. Der Waliser hatte nichts getan, um eine derartige Behandlung zu
verdienen. Er versuchte nur, die Frau zu retten, die er liebte. Und sie nutzten
das gnadenlos für ihre eigenen Pläne aus.
Für die Welt war Ianto Jones bereits tot. Wie alle
anderen Personen, die sich an diesem fatalen Tag im Torchwood-Hauptquartier
in Canary Wharf aufgehalten hatten. Seine Familie
hatte einen Scheck und eine Urne erhalten, zusammen mit der offiziellen Version
einer Terrorattacke auf das Finanzzentrum. Sie hatten natürlich nicht gewusst,
wo er in Wirklichkeit arbeitete.
Auch die Frau im angrenzenden Raum war nur noch ein
Name auf einer Gedenktafel und eine Nummer in einem Bericht, gut verwahrt in
einem Aktenschrank in Whitehall.
Er gab vor, Jones‘ Worte nicht gehört zu haben und öffnete die Tür. Ianto folgte ihm schweigend zurück in sein Quartier.
Nachdem sich der Arzt vergewissert hatte, dass Ianto
Jones wieder tief schlief – mit Hilfe einer halben Tasse Tees, versetzt mit
einem milden Beruhigungsmittel – traf er sich in mit Kona
in dessen Büro. Der Major war höchst zufrieden mit ihrer nächtlichen Aktion und
störte sich nicht daran, dass Patanjali etwas
einsilbig antwortete. Er entschuldigte sich von Kona
mit Hinweis auf die späte Stunde und zog sich in die kleine Wohnung zurück, die
er auf dem Gelände bewohnte.
Er goss sich einen Drink ein und fuhr den Computer hoch, um einen letzten Blick
auf seinen Patienten zu werfen. Natürlich war auch Jones‘ neues Quartier mit
mehreren Kameras und Mikrofonen und Sensoren ausgestattet. Auch mit einer
Restlichtkamera, die selbst im Dunkeln Aufnahmen machte, die ihn erkennen
ließen, dass Ianto ruhig schlief.
Patanjali lächelte müde. Vielleicht solle er sich
eine Dosis seiner eigenen Medizin gönnen, aber das wurde beim Personal der
Niederlassung nicht gerne gesehen. Der Alkohol musste reichen. Er warf seinen
Arztkittel über einen Stuhl, stellte das leere Glas auf den Schreibtisch und
ging schlafen.
Auf dem Bildschirm war Ianto zu sehen, er schien zu
träumen. Seine Lider flackerten, er stöhnte unterdrückt auf, bevor er wieder
still wurde. Das Beruhigungsmittel tat seinen Dienst. Dann wurde der Bildschirm
dunkel, als das Gerät in Standby-Modus umschaltete.
Ende