Titel: Nachwehen
Autor: Lady Charena (Mai 2015)
Fandom: Torchwood –
Millennium Edition
Wörter: 2055
Charaktere: Jack Harkness, Ianto Jones, Alex Hopkins,
Originalcharakter: Caden, Shanna Lyons
Pairing: Jack/Ianto
Rating: AU, ab12, slash, hurt/comfort
Beta: T’Len
Summe: Ianto ist noch mit den Nachwirkungen des Tods
des Blowfishs beschäftigt.
Disclaimer: Die Rechte der in dieser Fan-Story verwendeten geschützten Namen
und Figuren liegen bei den jeweiligen Inhabern. Eine Kennzeichnung unterbleibt
nicht in der Absicht, damit Geld zu verdienen oder diese Inhaberrechte zu
verletzen.
Torchwood: Millennium Edition – Teil 2: Always a Good Day to Die
Kapitel 2.19: Nachwehen
Ianto stoppte den Löffel auf halben Weg zum Mund und
sah auf, als eine Hand in seinem Blickfeld erschien und vor ihm eine Banane auf
den Couchtisch legte.
„Anweisung des Doktors“, meinte Alex und nahm neben ihm Platz.
„Das hier auch.“ Ianto deutete auf den Haferbrei in
seinem Teller. Nur Instant-Haferflocken und Wasser, in der Mikrowelle erhitzt.
Kein Honig oder Zucker, keine Butter, keine Sahne… also nichts von den Dingen,
die Haferbrei sonst genießbar machten. Er ließ den Löffel eine weitere Runde
drehen, löffelte dann widerwillig eine kleine Portion auf und schob sie in den
Mund.
„Tee?“ Alex hob die Tasse, die er mitgebracht hatte. „Nicht dein übliches Gift,
ich weiß…“
„Danke, nein.“ Ianto aß einen weiteren Löffel
geschmacksfreien Haferbrei. Das Zeug mochte gut für seinen Magen sein, aber er
hatte absolut keinen Appetit. Er war sich ziemlich sicher, dass er kein Blowfish-Blut in den Mund bekommen hatte und abgesehen
davon, er hatte sich inzwischen auch zweimal die Zähne geputzt, also war der
komische, bittere Geschmack auf seiner Zunge pure Einbildung.
„So… wie geht es dir?“ Hopkins stellte den verschmähten Tee ab.
„Es ginge mir besser, wenn ich nicht dauernd diese Frage beantworten müsste“,
gab der junge Waliser patzig zurück. „Entschuldigung“, murmelte er dann.
„Nicht nötig.“ Alex lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust.
„Wie geht es Neal?“, fragte Ianto, weiter Kreise in
den langsam verkleisternden Haferbrei pflügend.
„Gut. Er war noch ziemlich benommen, als er aufgewacht ist, aber so wie es
aussieht, hat das Blowfish-Gift keine dauerhaften
Schäden verursacht. Aber er kann sich nicht daran erinnern, dass er die Zelle
geöffnet hat. Wir haben uns das Überwachungsvideo zusammen angesehen, aber er
weiß nichts mehr von dem Moment an, als er das Tablett in die Zelle geschoben
hat. Als nächstes hat ihm der Blowfish dieses Ding
ins Bein gerammt – Adam denkt, es ist eine Art Stachel, den er irgendwo am
Körper hatte – und –zack- einfach so war Neal nicht mehr Herr seiner Sinne. Das
Gift macht wohl stark beeinflussbar.“ Hopkins legte den Kopf in den Nacken,
starrte nach oben. „Ich habe Jack nach unten geschickt, damit er sich gründlich
umsieht, nicht dass uns unser Gast noch ein paar Überraschungen hinterlassen
hat. Wir wissen wirklich viel zu wenig über diese Spezies.“
„Bekommt er Ärger, weil er den Blowfish getötet hat?
Ich meine Jack.“ Ianto sah ihn an. „Wenn dieser
Fischmann geschossen hätte… auf mich… dann hätte er auch Adam treffen können.“
Zwei rote Flecken tauchten auf seinen immer noch blassen Wangen auf. „Wir
wissen beide, dass es für den Doc… dauerhafter gewesen wäre. Er hatte nicht
wirklich eine Wahl.“
„Das bedeutet nicht, dass es mir lieber ist, wenn einer von euch beiden
verletzt wird.“ Alex setzte sich auf und drückte seine Schulter. „Und Jack
bekommt deswegen keinen Ärger. Aber lass ihn ruhig ein bisschen schwitzen,
falls er sich Sorgen machen sollte. Im Zweifelsfall ist mir immer ein toter Blowfish lieber, als ein verwundetes Mitglied meines
Teams.“
„Er kann nicht wirklich gedacht haben, dass er aus dem Hub fliehen kann, oder?
Schon gar nicht wenn sie Torchwood so gut kennen, wie
er behauptet hat.“
„Nein.“ Alex stand auf. „Ich denke… er hat es vorgezogen, hier zu sterben und
nicht als Testobjekt in einem Labor in London zu enden.“ Er deutete auf die
Banane. „Iss dein Obst, junger Mann. Und dann findest
du sicher etwas zu tun.“ Sie wussten beide, wie Ianto
darauf reagieren würde, sollte Alex ihm vorschlagen, sich zuerst zu erholen,
bevor er wieder an die Arbeit ging.
„Jawohl, Sir.“ Ianto lächelte und sah Alex nach, der
zu Cadens Arbeitsstation ging, wo er den
Computertechniker offensichtlich halb zu Tode erschreckte, als er ihm auf die
Schulter tippte. Caden hatte die Kopfhörer auf,
während er die im System beim Überwinden des Lockdowns
angerichteten Schäden reparierte und so offenbar nicht bemerkt, dass sein Boss
sich näherte. Dann stand er auf, um den kalten Haferbrei zu entsorgen, der
inzwischen mehr erstarrter Lava glich und sich noch einmal die Zähne zu putzen,
bevor er auch nur daran denken wollte, die Banane zu essen.
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Shanna Lyons mochte nicht immer mit Alex Hopkins Entscheidungen einverstanden
sein - aber sie beugte sich ihnen und unterstützte ihn, wo immer sie konnte.
Ihre Loyalität zu diesem Mann war bedingungslos und überwog sogar die zu Torchwood. Alex hatte ihr Leben gerettet. Und das war nicht
einfach so daher gesagt.
Shanna war in einem Estate aufgewachsen, ohne Vater und mit einer Mutter, die
zu erschöpft war, sich ordentlich um Shannas drei jüngere Geschwister zu
kümmern (sie hatte vier Kinder vor ihrem dreiundzwanzigsten Geburtstag geboren)
wenn sie von der Arbeit kam.
Als Shanna vierzehn war, beschloss einer ihrer Nachbarn, dass sie hübsch genug
sei, um ein wenig Geld mit ihr zu verdienen und bot sie in einem Pub an. Er
verkaufte ihre Jungfräulichkeit für dreißig Pfund und so viele freie Drinks,
wie er trinken konnte, während der Käufer sich in einem Hinterzimmer mit seinem
"Kauf" vergnügen wollte.
Shana war ahnungslos mit ihm in den Pub gegangen, weil er ihr versprochen
hatte, dass ihr der Wirt - ein angeblicher Freund von ihm - einen Job wie
Gläserspülen oder Putzen geben würde. Als Shana klar wurde, was tatsächlich vor
sich ging, schlug sie dem Mann der sie gekauft hatte, das erstbeste über den
Kopf, was ihr in die Finger kam. Es war ein Messingpokal, den der Vater des
Wirts vor Jahren bei einem Golfturnier gewonnen hatte.
Alex Hopkins kam aus der Toilette, als ein mageres Mädchen mit panischen Augen und
einem blutverschmierten T-Shirt blindlings in ihn rannte. Hinter ihr folgten
zwei wütende Männer, von denen einer ein Handtuch gegen die Stirn presste. Alex
nahm ihre Hand und sagte ihr, sie solle rennen, so schnell sie könne.
Der Nachbar behauptete später, es wäre nur ein Scherz gewesen und Shanna habe
seine Absichten völlig falsch verstanden. Aber Alex nutzte seine Verbindungen
zur Polizei und sowohl der Nachbar als auch der Pubgast
wurden verurteilt.
Niemand aus dem Team wusste davon, wie sie sich kennen gelernt hatten, nicht
einmal Adam Hill, Hopkins ältester Freund.
Aber damit endete Alex‘ Hilfe nicht. Er verschaffte ihr über Torchwood ein Stipendium für eine Privatschule in London
und die Aussicht auf ein Studium, abhängig von ihren Noten. Mit achtzehn begann
sie die Feldagent-Ausbildung im Hauptquartier, kehrte aber mit zwanzig zurück
nach Wales, um für Hopkins zu arbeiten.
Shanna verschränkte die Arme, als sie aus dem Lift in die Vaults
trat und Alex neben Jack stehen sah.
Bis zu einem gewissen Teil verstand sie, warum er den beiden unbedingt helfen
wollte. Es war aus dem gleichen Grund, aus dem er damals ihr geholfen hatte.
Weil er das unentdeckte Potential sah.
Aber wenn Direktorin Hartman dahinter kam, wie viele Freiheiten er Jack und Ianto in Wirklichkeit ließ und keineswegs plante, die
beiden als Köder für den Doctor zu verwenden, würde
sie kein Verständnis dafür zeigen. Bestenfalls verlor er sein Kommando. Im
schlimmsten Fall sein Leben. Torchwoods Charta ging
bis ins Jahre 1879 zurück und sah die Todesstrafe für Verrat vor.
Sie wartete, beobachtete sein Gesicht, als er mit Jack sprach.
Alex schüttelte den Kopf, lachte aber dabei und klopfte Jack flüchtig auf die
Schulter, bevor der an ihm vorbei ging und in einen der abgehenden Korridore
verschwand. Dann wandte Hopkins sich ihr zu. Er lächelte und trat zu ihr.
„Shanna, da bist du ja. Komm, wir müssen etwas überprüfen. Ein Alarm. Du und
ich, wie in alten Zeiten. Neal hat die nächsten beiden Tage strenge Bettruhe
verordnet bekommen.“ Er hielt ihr den Arm hin und sie hakte sich bei ihm ein,
nachdem sie ihm einen Blick zugeworfen hatte. Seit der Sache mit Harkness war
ihr Verhältnis ein wenig angespannt.
„Das nächste Mal rufst du mich früher an“, meinte Shanna trocken und folgte ihm
zum Aufzug. „Ich habe das Beste offenbar verpasst.“
„Bring Caden einen Kaffee mit und er zeigt dir sicher
gerne das Video.“
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„Wenn du nicht still liegen bleibst, binde ich dich am Bett fest“, drohte Jack
grinsend.
Ianto drehte sich zu ihm um. „Nur in deinen Träumen“,
erwiderte er, aber seiner Stimme fehlte der flirtende Unterton. Im gelben
Licht, das durch das Oberlicht über der Tür in ihr Quartier fiel, war sein
Gesicht deutlich zu sehen.
Als er sich aufsetzte und das Kissen zwischen sich und das Kopfende des Bettes
stopfte, war Jack klar, dass sie beide weder schlafen noch etwas anderes tun
würden.
„Willst du...“ Jack zögerte und setzte sich ebenfalls auf. „Vielleicht auf den
Schießstand gehen? Wir könnten weiter an deiner Technik arbeiten.“
Sein Partner schüttelte den Kopf. „Nicht heute.“ Er sah Jack an, öffnete den
Mund als ob er etwas sagen wollte, schloss ihn dann aber wieder.
„Was?“ Jack zog die Augenbrauen hoch. „Soll ich dir meine große Waffe zeigen?“,
sagte er mit lüsternem Tonfall.
Der junge Waliser lachte. „Die kann nicht so groß sein, wenn du sie ständig
erwähnen musst.“ Dann biss er sich auf die Unterlippe. „Jack? Kann ich dich
etwas fragen? Etwas Ernstes?“
„Natürlich“, erwiderte Jack ohne Zögern. Er rückte näher zu Ianto,
lehnte seine Schulter gegen die des jüngeren Mannes.
„Wann hast du das erste Mal auf jemand geschossen?“
Ah, das beschäftigte seinen Partner also. Jack ließ sich zurück in eine
liegende Haltung gleiten, den Kopf auf Iantos
Oberschenkel legend.
„Das ist eine ganze Weile her“, sagte er dann, zu Ianto
aufsehend. „Ich war jünger. Jung. So in etwa dem Alter, das ungerechnet in
Jahre auf diesem Planeten dreizehn oder vierzehn entspricht. Du weißt ja schon,
dass ich nach dem Tod meines Vaters von Zuhause weggelaufen bin und... Dinge
passierten und ich endete in einer Art... Ausbildungscamp. Für Soldaten.“ Er
warf Ianto einen Blick zu, um seine Reaktion
abzuschätzen. „Dort habe ich gelernt, mit verschiedenen Waffen umzugehen. Unter
anderem. Es gibt viele Arten zu kämpfen.“ Jack schloss die Augen, als Ianto begann, die Finger langsam durch sein Haar zu kämmen,
vor und zurück, beinahe hypnotisch. „Es waren keine Waffen, wie man hier
benutzt. Keine Kugeln. Laser ist die große Zukunft. Gebündeltes Licht, das
Gliedmaßen abtrennt...“ Er machte eine Bewegung mit der Hand. „Einfach so. Oder
Organe zerstört, ohne auch nur so viel wie Sonnenbrand auf der Außenseite der
Haut zu hinterlassen. Als ich damit das erste Mal auf ein lebendiges Wesen
geschossen habe... zuerst war es unglaublich berauschend. Das war was ich
gelernt hatte. Und es war der Feind. Es war wie ein Spiel Wir fühlten uns
unbesiegbar. Unsterblich. Und dann, später, als wir zurück in unserem Lager
waren, wurde ich richtig krank. Ich konnte nicht schlafen, nicht essen - wenn
ich Augen zumachte, sah ich Blut und...“ Er zuckte mit den Schultern. „Wir
wurden mit einer Art Hypnosetherapie behandelt. Die Erinnerung sind geblieben,
aber es war eher wie... wie einen Film anzusehen. Die Gefühle die damit
verbunden waren, verschwanden.“
„Heißt das, wenn du jemand oder etwas tötest, dann macht es dir nichts aus?“,
fragte Ianto leise. „Du kannst das völlig emotionslos
sehen?“
„Nein. Nicht wirklich emotionslos. Aber ich kann meine Gefühle kontrollieren,
kann das Fühlen abschalten, in dem Moment, in dem es passiert. Und
hinterher...“ Er zuckte wieder mit den Schultern. „Man kann vergessen,
verdrängen, rechtfertigen was man getan hat. Was immer dir hilft, am nächsten
Tag wieder aufzustehen.“ Er legte die Hand über Iantos,
zog sie nach unten, verflocht ihre Finger ineinander. „Oder wer.“
Der junge Waliser schwieg eine Weile. „Ich kann es immer noch spüren… wie sein
Blut in mein Gesicht spritzt und… Teile seines…“ Er brach ab. „Sein Kopf ist
regelrecht explodiert. Dieses Bild werde ich nicht los.“
Jack setzte sich auf, so dass er Ianto ansehen
konnte. Er hakte einen Arm um Iantos Schultern, zog
ihn zu sich, küsste ihn auf die Schläfe. „Es wird mit der Zeit verblassen,
glaub mir. Irgendwann wird es vielleicht ganz verschwinden.“ Er presste die
Stirn gegen Iantos. „Solange kannst du dich darauf
verlassen, dass ich hier bin, um dich auf andere Gedanken zu verbringen.“
Ende (tbc)