Torchwood: Millennium Edition – Teil 2 Always a Good Day to
Die
Kapitel 2. Bad Romance
„Kann ich dir beim Suchen helfen?“, fragte Adam Hill trocken und ohne von dem
Backgammon-Brett aufzusehen, das zwischen ihm und Ianto auf einem Klapptisch
aufgebaut war. „Die Skalpelle sind übrigens abgezählt.“ Offenbar hatte der Arzt
Augen im Hinterkopf. Oder er hatte gesehen, wie sich Jacks Umrisse auf den
Glasscheiben des Medikamentenschrankes, dem er gegenüber saß, widerspiegelten.
Jack wandte sich von dem Regal ab, das er durchstöbert hatte und schlenderte –
die Hände nonchalant in die Taschen seiner Jeans geschoben – zurück zu den
beiden anderen Männern. Er wirkte nicht im Geringsten verlegen darüber, beim
Schnüffeln erwischt worden zu sein und sowohl Ianto als auch Adam Hill wussten,
dass er auch keine Verlegenheit empfand. Genauso wie ihnen klar war, dass Hill
keinen Bericht darüber schreiben oder verlangen würde, dass er bestraft wurde. Außerdem
hatte Jack eigentlich auch überhaupt nichts gestohlen. Man konnte sich darüber
streiten, ob er die Absicht gehabt hatte, sich etwas zu borgen... aber das
waren nun wirklich Wortklaubereien.
Er zog einen zweiten Hocker hinter Iantos und lehnte sich gegen ihn, um über
die Schulter des jüngeren Mannes auf das Spielbrett zu spähen. Und da Ianto
nicht darauf oder auf seine Anwesenheit reagierte, pustete er ihm zur
Sicherheit ins Ohr.
Ianto zuckte zusammen, ließ die Würfel fallen und machte instinktiv eine
wedelnde Geste mit der Hand, als wolle er ein lästiges Insekt vertreiben.
Apropos Insekt. Adam Hill hatte sich von seinem Zusammenstoß mit der
Philidaetora vor zwei Wochen gut erholt. Er war nach wie vor auf Dienst im Hub
beschränkt um seinen verletzten Arm zu schonen, da ließ sich Hopkins nicht
erweichen und er hatte ihn überdies nur für die Nachtschicht eingeteilt.
Es war spät, selbst Alex war inzwischen nach Hause gegangen und außer den
dreien in der Medbay befand sich nur Neal Franks im Hub – genauer gesagt, er
hielt sich in der Garage auf, um den neuen, schwarzen, für Torchwood speziell
umgebauten und ausgerüsteten Range Rover, über den er wie eine Glucke wachte,
auf Hochglanz zu polieren.
Während Neal Ianto – der ihm mit ausgesuchter Höflichkeit begegnete – mehr oder
weniger ignorierte, hielt er sich ungern mit Jack in einem Raum auf. Ein
Zusammentreffen zwischen ihnen lief (sofern Alex nicht in der Nähe war)
ziemlich so ab wie das zwischen zwei Straßenkatern, die beide das gleiche
Revier beanspruchten: eine Menge Fauchen, Zischen und Fellsträuben, die Krallen
ausgefahren und die Zähne gefletscht. Aber egal, wie sehr Neal sich von dem
Freak provoziert zu fühlen schien, es kam nicht zu einer offenen,
handgreiflichen Auseinandersetzung. Alex hatte klar gemacht, dass er keine
Misshandlung Jacks oder Iantos durch Mitglieder seines Teams duldete. Sie
konnten sich bei ihm beschweren oder Bedenken äußern. Jack war der Meinung,
Franks wusste genau, dass er den Kürzeren gegen ihn ziehen würde.
„Ich habe mich nur umgesehen.“ Jack entdeckte einen Streifen freier Haut
zwischen Iantos Haaransatz und seinem Hemdkragen. Sein jüngerer Partner klagte
oft über die ständige Kälte im Hub und trug deshalb – Jacks Meinung nach – viel
zu viel Kleidung. Er pustete dorthin. Dieses Mal war Ianto darauf vorbereitet
und ließ sich nicht stören, als er seinen Spielstein verschob. Sobald er das
getan hatte, erhielt Jack jedoch unsanft einen Ellbogen in den Bauch gerammt. Mit
einem gespielten, gequälten Ächzen sackte Jack nach vorne und sein
Körpergewicht presste Ianto fast auf das Spielbrett und das nicht allzu stabile
Klapptischchen, das es aufrecht hielt.
„Jack!“, kam es leicht genervt von dem jungen Waliser, der sich um sein
Gleichgewicht bemühte. „Geh und spiel mit was anderem als mit mir.“
Jack ignorierte den Protest. Er erlaubte es Ianto zwar, sich wieder
aufzurichten, indem er selbst eine aufrechte Haltung einnahm, blieb jedoch
hinter dem anderen Mann sitzen, beide Hände auf Iantos Hüften.
„Ich meine, für einen Notfall“, fuhr er fort, als wäre er nie unterbrochen
worden. „Jemand könnte verletzt werden und schnell einen Verband oder so etwas
brauchen. Dann ist es doch gut, wenn ich mich hier auskenne.“
„Dann hoffen wir, dass Ianto in der Nähe ist“, erwiderte der Arzt ungerührt. „Ich
mache noch einen sehr guten Ersthelfer aus ihm.“ Er sah auf und lächelte Ianto
zu. „Und ich denke, du kennst dich inzwischen besser hier aus, als ich. Daran
werde ich mich erinnern, wenn die nächste Inventur ansteht.“ Er sah ein
Aufblitzen in den Augen des Jungen (er kam nicht umhin, so von ihm zu denken,
auch wenn Ianto gerade mal neun Jahre jünger als er und definitiv längst erwachsen
war) und ein Schimmern von Röte in den blassen Wangen, als er das Lob
aussprach. Es mangelte dem jungen Waliser noch immer an Selbstvertrauen, vor
allem in Bezug auf seine Rolle hier und es war ein Rätsel, wie er sich gegen
Jacks überbordende Persönlichkeit behaupten konnte, aber er tat es. Das war
unmöglich zu übersehen, wenn man sie zusammen beobachtete.
„Laaaaanngweilig.“ Jack klang tatsächlich so sehr wie ein Fünfjähriger, dass
Ianto den Kopf drehte und ihn prüfend ansah.
„Wir müssen wirklich ein Hobby für dich finden“, sagte Ianto trocken und Adam
lachte.
Jacks Miene hellte sich abrupt auf. „Ich habe ein großartiges Hobby.“ Er sah
den Arzt an. „Sex ist das beste Hobby von allen.“ Seine Hand glitt um Iantos
Mitte herum und verschwand unter der Tischkante außer Sicht.
Ianto rollte mit den Augen und entfernte Jacks Finger - mit der abwesenden
Nachlässigkeit eines Hundebesitzers, der den auf sein Bein gelegten Kopf seines
Haustieres kraulte nur um seine Ruhe zu haben - aus seinem Schoß. „Später
vielleicht. Wenn du dich benimmst.“
„Zu viel Information, bitte“, sagte der Arzt und schnitt eine Grimasse.
„Adam, sag Ianto er soll mit mir ins Bett gehen, ich will Sex“, fuhr Jack in
quengelndem Tonfall fort.
„Nu-oh. Ich habe aus bitterer Erfahrung gelernt, dass es nicht weise ist, sich
in die Angelegenheiten eines Paares einzumischen“, wehrte Hill lachend ab. Und
obwohl er solche Bemerkungen inzwischen gewöhnt sein sollte, spürte er eine
leichte, verlegene Hitze in den Ohrenspitzen.
Die meiste Zeit konnte man fast vergessen, dass Jack in einer anderen Zeit und
anderen Kultur erzogen wurden war und auf anderen Welten und in anderen
Perioden gelebt hatte, die wesentlich freizügigere Ansichten in Bezug auf
Sexualität zu haben schienen, als die gute, alte Erde jetzt und heute. Er
fragte sich, wie es wäre, unter Menschen zu leben, die dachten, sprachen und
handelten wie Jack. Für die Sex so selbstverständlich und natürlich sein musste
wie atmen... Oder war das vielleicht nur Jack? Niemand von ihnen konnte
schließlich nachprüfen, ob Jack einen Durchschnittsmenschen aus dem 51sten
Jahrhundert repräsentierte.
Er sah, wie Jack den Fuß um den mit Rollen versehenen Hocker hakte, auf dem
Ianto saß, und versuchte ihn vom Spielbrett weg zu rollen.
Nein, er konnte sich wirklich nicht vorstellen, dass Jack in irgendeiner
Beziehung Durchschnitt war.
Und was sich hinter der spielerischen Fassade des ewig flirtenden,
unbekümmerten Playboys verbarg, hatte er bei seinem Zusammentreffen mit der
Philidaetora – Riesenwuchtbrumme für alle, für die der andere Begriff zu
kompliziert war – gesehen. Der Ex-Zeitreisende hatte ihm höchstwahrscheinlich
das Leben gerettet, indem er das Insekt auf sich und von Adam ablenkte. Und
tötete. Er hatte einiges von Neal darüber gehört, der mit der unappetitlichen
Aufgabe, die Reste ihres unwillkommenen Besuchers zu entfernen, beauftragt
worden war. Den Kopf einer Kreatur wie dieser zu Zertreten, konnte nicht die
Tat eines Mannes sein, der davor zurückschreckte zu tun, was notwendig war und
das mit dem, was er zur Hand hatte. Er wusste aus den Gesprächen mit Ianto und
ein paar Anekdoten Jacks, dass der andere Mann einen militärischen Hintergrund
hatte. Er musste bereits in sehr jungen Jahren mit Kriegen in Kontakt gekommen
sein, da offenbar der Planet auf dem er aufgewachsen war, unter der Drohung von
Invasionen lebte. Adam bedauerte, dass die Nachkommen der heutigen Menschen
zwar den Weg auf andere Planeten gefunden hatten, aber keine Möglichkeit,
Konflikte friedlich zu lösen. Und dann diese mysteriöse Time-Agency, bei der er
gewesen war? Jack hatte es als eine Art Zeit-Polizei beschrieben. Er fragte
sich, ob diese sogenannten Timeagents das Gesetz in eigene Hände genommen
hatten – Richter, Jury und Henker in einer Person.
„Kann ich dich etwas fragen, Jack?“, sagte Adam.
„Nur fragen?“ Jack fakte einen enttäuschten Tonfall und grinste wölfisch. „Ich
bin für zeigen. Gibt es hier irgendwo breitere Betten als in unserem Zimmer? Aber
mit ein wenig Kreativität geht es da auch zu dritt...“
Ianto schüttelte resigniert den Kopf.
Hill schaffte es, mit keiner Wimper zu zucken. „Du bist nicht in dieser Zeit
geboren, nicht hier auf diesem Planeten. Aber du scheinst keine sehr großen
Schwierigkeiten zu haben, dich anzupassen.“
Jack hob die Schultern und ließ seine Finger über Iantos Haaransatz reiben. „Es
ist etwas, dass ich schon mein ganzes Leben lang mache, Doc. Ich denke ich bin
seit meiner Kindheit nicht mehr so lange an einem Ort geblieben“, meinte er
leichthin. „Ich bin sehr flexibel.“ Wieder blitzte das laszive Grinsen auf. „Wirklich.
In jeder Hinsicht.“
„Er hat Alpträume“, sagte Ianto plötzlich leise.
„Ianto...“ Jack brach ab, als sich der andere Mann halb auf seinem Stuhl drehte
und ihn ansah. „Jeder träumt mal schlecht, oder?“
Doktor Hill war nicht überrascht. Er erinnerte sich an die ersten Monate der
Überwachung, die T3 übernahm nachdem London das Auftauchen der Tardis bemerkt
und die Reise der beiden Companions nach Wales verfolgte. Sie hatten mehr als
eine Aufzeichnung über die Alpträume beider Männer. „Alles andere wäre ein
Wunder“, bemerkte Adam. Er sah auf. „Nach allem, was ihr erlebt habt und vor
allem in dieser Situation.“
Ianto drehte die Würfel zwischen den Fingern. „Manchmal denke ich, dass das
alles nur ein langer, unendlicher Alptraum ist, aus dem ich nicht aufwachen
kann… nicht mehr aufwache, seit… Jack mich mit Lynda in diese Kammer gesteckt
hat.“ Seine Worte schienen mehr an ihn selbst als an die anderen beiden Männer
gerichtet. Er legte die Würfel sachte auf dem Spielbrett ab, ohne dabei einen
Stein zu verrücken. „Können wir in einer anderen Nacht weiterspielen?“, wandte
er sich wieder an den Arzt. „Ich bin müde.“
„Natürlich.“ Adam nickte und lächelte. „Du bist ohnehin besser als ich, so
zögert sich meine Niederlage noch ein wenig länger hinaus.“
„Mein früherer Arbeitgeber hat es mir beigebracht. Wir haben immer gespielt,
wenn im Laden nichts zu tun war. Und sie haben uns nie die Tür eingerannt.“ Ianto
löste sich aus Jacks Griff und stand auf. „Nos da, Doktor Hill.“
„Gute Nacht, Ianto.“ Der Arzt beobachtete, wie Jack ihm hinterher sah. „Du
musst nicht meinetwegen hier bleiben. Ich werde mich nicht langweilen. So eine
ruhige Nacht eignet sich wunderbar dafür, den Berg an Fachliteratur
abzuarbeiten, der sich angesammelt hat.“
„Wenn ich ihm nie begegnet wäre…“ Er wandte sich Hill zu. „Ich habe ihn
überredet, sein normales Leben hinzuwerfen und mir zu folgen. Das hier hat er
bestimmt nicht erwartet.“
„Wer hat behauptet, dass wir erwarten können, wie unser Leben verläuft.“ Adam
zuckte mit den Schultern. „Als ich mein Medizinstudium begann, habe ich auch
nicht erwartet, einmal Alien zu sezieren.“
„Oder jemandem mit der ärgerlichen Angewohnheit, nicht tot zu bleiben, zu
begegnen.“ Jack sah ihn herausfordernd an.
„Ich weiß nicht, ob ich es so formulieren würde, aber ja.“ Hill verschränkte
die Arme vor der Brust. „Denkst du wirklich, es macht Alex oder mir Spaß, euch
hier einzusperren und als Versuchskaninchen zu benutzen? Ich bin
Wissenschaftler, ja, und die Forschung ist im Moment alles, was mich
interessiert – aber ich bin nicht hier, um an Menschen herum zu schnippeln. Bevor
ich nach Cardiff kam, war ich einige Jahre in London. Direktor Hartman hat
sehr… spezielle Ansichten darüber, was Nutzen bedeutet. Nutzen für Krone und Vaterland.
Ich kann dir versichern, dass ihr in London eure Zeit auf einen Labortisch
geschnallt verbringen würdet. Jede Woche, jeden Tag. Jede Stunde. Für immer.“ Er
warf einen Blick auf das Spielbrett und schien vor Jacks Augen zu altern. „Ich
denke, ich bin doch noch von meiner Verletzung geschwächter, als ich dachte. Neal
kann sich für ein paar Stunden von seiner neuen Liebe trennen und die Monitore
überwachen, während ich eine Mütze Schlaf nachhole.“
„Ist das ein dezenter Hinweis darauf, dass ich mich verdrücken soll?“ Jack
setzte eine gekränkte Miene auf, die so echt wie ein 3-Pfund-Schein wirkte. „Und
ich dachte gerade wir würden uns langsam näher kommen.“
„Gib es auf, Jack.“ Adam dehnte die Schultern und lachte leise. „Du bist nicht
mein Typ. Und ich denke du hast bereits alle Hände voll mit Ianto zu tun.“
„Wir können uns zu dritt amüsieren. Ich bin jedermanns Typ.“
„Geh schlafen“, meinte der Arzt kopfschüttelnd. „Oder was auch immer du machst,
so lange es in eurem Zimmer ist.“
Jacks Zähne blitzten. „Heißt das, wir werden nicht mehr überwacht? Keine
Abhörgeräte und Kameras?“
„In eurem Zimmer hier war nie eine Kamera. Nur das Intercom, über das man auch
hören kann, was gesprochen wird. Wie bei einem Babyfon. Aber Alex hat es nie
dazu benutzt.“ Adam rieb sich gedankenverloren den Oberarm. „Es war eine
Vorsichtsmaßnahme, euch glauben zu lassen, dass wir euch abhören.“
„Und wir haben uns solche Mühe gegeben, ein interessantes Programm für unsere
Zuhörer zu bieten.“ Jack seufzte übertrieben enttäuscht.
„Davon bin ich überzeugt. Du hattest sicher großes Vergnügen dabei“, entgegnete
der Arzt trocken. Er rollte seinen Stuhl zurück, bis dorthin wo seine Jacke
über den Rücken des Schreibtischstuhls hing und zog etwas aus der Tasche, das
er Jack zuwarf. Es war eine Tafel Schokolade. „Das ist für Ianto. Cadbury Royal
Dark. Ich hoffe, das ist was er wollte. Er hat mich darum gebeten.“
Jack drehte die Tafel in den Fingern und roch mit geschlossenen Augen daran. „Es
passt zu seinem Geruch“, meinte er dann.
„Ianto riecht nach Zartbitterschokolade?“, fragte Adam Hill überrascht.
„Nein, seine Haut schmeckt ein bisschen nach Kaffee. Unter anderem.“ Jack
blinzelte ihm zu. „Aber das hier sollte dazu passen.“
„Ich denke nicht, dass er vor hat, sich damit einzureiben.“
Jack stand auf und gab dem Hocker einen Schubs mit dem Fuß, so dass er gegen
die Wand rollte. „Vielleicht mache ich es.“ Er wandte sich zum Gehen. „Gute
Nacht, Doc. Und danke für die Schokolade.“
###
Ianto lag auf dem Bett, auf dem Bauch, den Kopf in die linke Handfläche
gestützt, scheinbar völlig in das Buch vor ihm vertieft.
Torchwood hatte eine unglaubliche Bibliothek. Oder genauer gesagt, eine
Büchersammlung im wörtlichen Sinne. Bücher aus dem späten 18ten, 19ten und
frühen 20sten Jahrhundert füllten eine gigantische, unterirdische Kammer. Sogenannte
obskure Schriften, unter anderem in Griechisch und Latein; aber auch ganze
Regale voll Bücher über Geographie, Geologie, Mathematik, Physik und viele
medizinische Werke in verschiedensten Sprachen. Dazwischen fanden sich
Biografien über Politiker, Gelehrte und den einen oder anderen Adligen. Aber es
hatte sich offenbar schon sehr lange niemand mehr richtig darum gekümmert. Die
jüngsten Bücher stammten aus der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg und viele Bände
waren Feuchtigkeit und Schimmel zum Opfer gefallen. Verdan würde einen Arm
dafür hergeben, einige der älteren Ausgaben zu besitzen.
Alex – von seiner Vergangenheit wissend - ließ Ianto freie Hand damit; er
konnte die Bücher umräumen, lesen und reparieren, wie er wollte. Er hatte sogar
arrangiert, dass einige der wertvolleren Bücher als anonyme Spende an die
Universitätsbibliothek gingen, um sie vor dem endgültigen Verrotten zu
bewahren.
Er sah auf, als Jack vor ihm in die Hocke ging, die Arme verschränkt und auf
die Bettkante gestützt. „Warum hast du das zu ihm gesagt?“, fragte Jack.
Ianto legte sorgfältig einen Streifen säurefreies Papier in den Falz und schlug
das Buch zu. Er strich automatisch den Schnitt entlang, wie um ihn zu glätten. „Es
ist nicht so, als wüssten sie es nicht schon längst. Wir hatten beide
Alpträume, schon seit bevor wir in London gelandet sind. Sie haben uns
monatelang bei Mrs. Donovan abgehört. Und vielleicht kann er... helfen.“
„Wie?“ Jack stand auf. „Kann er uns unsere Erinnerungen nehmen? Vielleicht
belegt er uns mit einem Zauber, der uns daran hindert, zu träumen. Ich war
einmal auf einem Planeten, da gab es Schamanen, die behaupteten…“
„Nicht jetzt, bitte.“ Ianto drehte sich auf den Rücken und schloss die Augen,
das Buch gegen seine Brust gedrückt. „Keine Geschichten heute Nacht, okay?“
Jack warf die Schokolade neben seinen bloßen Füßen auf die Matratze und wandte
sich dann ab, um die Schuhe von seinen Füßen zu kicken und sich auf seinem
eigenen Bett auszustrecken. Er gähnte demonstrativ laut und verschränkte die
Arme im Nacken.
Nach ein paar Minuten senkte sich die Matratze, als Ianto sich zu ihm gesellte,
sich über Jacks Beine kniend. „Als ich ein Kind war, kam gelegentlich eine alte
Tante zu Besuch. Sie war eigentlich die Tante meiner Mutter, und nur aus meiner
Sicht uralt. Und sie brachte immer bittere Schokolade mit. Kaum ein Kind mag so
etwas. Ich möchte sie auch nicht.“ Ianto begann Jacks Hemd aufzuknöpfen. „Aber
dann entdeckte ich den großen Vorteil. Ich musste mit niemandem teilen. Meine
Eltern glaubten daran, dass Geschwister alles teilen sollten. Geschenke,
Spielsachen, Bücher. Das letzte Stück Kuchen beim Sonntagstee. Wenn Rhi nicht
so viel älter und ein Mädchen gewesen wäre, hätten sie uns vermutlich auch noch
gezwungen, unsere Kleidung zu teilen.“ Er legte Jack den Zeigefinger über die
Lippen, bevor der dazu eine Bemerkung machen konnte. „Ah.Ah.Ah. Keine
Kommentare zu mir in einer Schulmädchenuniform. Wir sprechen über Schokolade,
nicht deine Kinks.“
Jack nippte an seinen Fingern, bis Ianto die Hand zurück zog. „Können wir
später darüber sprechen? Es wird natürlich eine Weile dauern alle aufzuzählen
und durch zu probieren, denn ich…“
Ianto unterbrach ihn, presste wieder den Finger über seine Lippen. „Wie gesagt,
niemand in meiner Familie mochte die dunkle Schokolade. Ich konnte sie ganz
alleine für mich haben und das alleine ließ sie schon so unglaublich gut
schmecken.“ Er nahm die Hände von Jacks Gesicht, um sich mit seinem Gürtel zu
beschäftigen. Dann beugte er sich vor, um ihn zu küssen.
Iantos Mund schmeckte nach Schokolade und er unterbrach den Kuss nur kurz, um
ein neues Stück zwischen die Zähne zu nehmen – und es so mit Jack zu teilen. „Und?“,
fragte er. „Was meinst du?“
„Dass ich dich am Bett festbinden werde, wenn du versuchst, jetzt aufzustehen.“
Jack sah zu ihm hoch, Schokoladenreste aus dem Mundwinkel leckend. „Okay. Okay.
Die Bitterschokolade ist auch nicht schlecht“, setzte er hinzu, als Ianto ihm
einen humorlosen Blick zuwarf. „Aber ich denke, sie schmeckt noch besser... an
dir.“
Ianto griff über ihn hinweg nach der Schokolade und Jack nutzte die
Gelegenheit, um kurzen Prozess mit den Knöpfen an seinem Hemd zu machen. Seine
Finger glitten in den Saum der Jeans und zogen das T-Shirt hervor, dass Ianto
darunter trug, so dass er seine Hände über seinen bloßen Rücken gleiten lassen
konnte. „Ich weiß etwas, das noch besser als Schokolade ist.“ Er nippte an
Iantos Ohrläppchen, zog es in den Mund und spielte mit der Zunge damit - und
grinste, als der jüngere Mann einen Moment lang förmlich erstarrte – wer hätte
gedacht, dass Ohrläppchen eine so erogene Zone waren... er überlegte müßig, ob
er Ianto dazu bringen könnte einen oder mehrere Ohrringe zu tragen, damit er
daran spielen konnte, der Effekt müsste... Aber vermutlich würden die winzigen
Wunden schneller heilen als sie einen Stecker durch die Löcher brachten. Er
schob die Idee für spätere Überlegungen beiseite. Er grinste und gab sein
Ohrläppchen frei.
Ianto holte tief Luft. „Ich hasse wenn du das tust“, murmelte er, seine Stimme
rau, sein Akzent dicker als zuvor, seine Erregung verratend.
„Lüge.“ Jack schnappte sich das Stück Schokolade aus Iantos Fingern und rieb es
über die Lippen des jungen Walisers, bis der sie gehorsam öffnete. Er platzierte
die Schokolade präzise zwischen Iantos Zähne. Seine Fingerkuppen glitten über
Iantos Kinn und seine Kehle hinunter. Jacks Blick blieb auf das Gesicht des
anderen Mannes gerichtet. Er konnte den exakten Moment sehen, in dem Ianto in
die Schokolade biss. Seine Lider schlossen sich und ein Ausdruck unverhohlenen
Genusses breitete sich über seine Gesichtszüge aus.
Genau so hatte Ianto ausgesehen, als Caden ihm eines Morgens Kaffee aus einem
der Shops aus der Welt über ihnen mitgebracht hatte. Irgendeine fancy-schmansy
neue Bohnen-Mischung oder so etwas. Er hatte nur mit halben Ohr der
Unterhaltung der beiden gelauscht, in einer Kiste mit aufgesammelten
Bruchstücken wühlend, die sowohl eine Waffe als auch ein Kinderspielzeug oder
ein Mixer gewesen sein mochten. Was immer es auch gewesen war, es knallte
offensichtlich mit ziemlicher Wucht auf, supererhitzbare Stipro-Fetzen und
Metallteile ein schwer zu rekonstruierendes Puzzle. Immerhin verriet ihm das
Vorhandensein von Stipro, dass es nicht von der Erde stammte. Das hatten nicht
die Menschen erfunden und...
Seine Überlegungen brachen abrupt ab, als er Ianto unterdrückt, aber
unmissverständlich wohlig aufstöhnen hörte. Die kreative Hälfte seines Gehirns
kam mit einer Reihe von Ideen auf, was diesen Laut hervorrufen mochte, bevor er
sich ganz umgedreht hatte – der primitive Teil... nun, sagen wir, der
kalkulierte die Distanz zur nächsten horizontalen Fläche, notfalls dem
Fußboden, um noch viel mehr solcher Laute von Ianto zu hören.
Es war schwer zu sagen, wer mehr verlegen wirkte – der Computertechniker oder
Ianto, der eine Hand vor den Mund geschlagen hatte, als wolle er verhindern,
dass noch mehr solcher Laute daraus kommen konnten. Jack ließ seinen plötzlich
sehr uninteressanten Karton wo er war und schlenderte zu den beiden. Eine Hand
auf Iantos Rücken legend, beugte er sich vor, um an dem Pappbecher in den
Händen seines Partners zu schnuppern. „Kaffee. Caden, ist das ein Versuch,
Ianto zu verführen? Es klang so als hättest du Erfolg. Kann ich mitmachen? Oder
wenigstens zusehen?“
Ianto wirkte nicht amüsiert und Caden murmelte etwas davon, „wirklich wirklich
spät dran zu sein“, bevor er sich hastig an seine Arbeitsstation verzog.
„Habe ich ihn erschreckt?“, wandte sich Jack grinsend an Ianto. Er nahm den
Becher aus den Fingern des Walisers und nippte daran. Nun, es war Kaffee. Besser
als das Zeug, das aus der Kaffeemaschine im Hub kam. Okay, selbst er bemerkte,
dass Ianto besseren Kaffee machte als Alex, aber Ianto begründete das mit einem
sarkastischen Hinweis darauf, dass man gelegentlich die Maschine säubern
sollte. Er hatte das Getränk eigentlich erst schätzen gelernt, seit er mit
Ianto auf der Erde gelandet war. Oder vielleicht schätzte er nur die
Leidenschaft des anderen Mannes für koffeinhaltige Heißgetränke? Der Kick war
recht und gut in Ermangelung anderer Drogen zur Auswahl und er konnte
sicherlich auch verschiedene Sorten unterscheiden, aber in die Reihen der
Kaffee-Connaisseurs würde er sicher nicht aufsteigen.
„Ich denke, ich habe ihn erschreckt“, erwiderte Ianto, selbst ein wenig
schockiert klingend. Er zögerte, als Jack ihm den Becher zurück reichte und
nahm vorsichtig, einen kleinen Schluck. Kein Stöhnen – zu Jacks ewiger
Enttäuschung – aber ein Gesichtsausdruck, der von blankem Vergnügen sprach.
Jack fielen ein paar Dinge ein, mit denen er Caden bestechen konnte, häufiger
Kaffee mit zu bringen. Und ein paar mehr, die die Verwendung von Kaffee beim
Sex betrafen. Leider katapultierte sie das Heulen und Blinken des Alarms über
dem sich öffnenden Rolltor zurück in die trübe Gegenwart.
Er spürte unter den Fingerspitzen die Bewegungen von Iantos Kehle, spürte ihn
schlucken und richtete sich auf um ihn zu küssen. Seine Zunge glitt ohne auf
Widerstand zu treffen in den Mund des anderen Mannes, und er stahl die letzten,
bittersüßen Schokoladenreste. Oh, er hatte es gewusst – Ianto und Schokolade
waren eine perfekte Kombination.
„Ein neuer Kink für dich?“ Ianto lächelte.
„Frag Adam, ob er dir mehr Schokolade mitbringt. Und verschiedene Sorten.“ Jack
nippte an einem Stück entblößter Haut über Iantos Schlüsselbein. „Ich habe da
eine Theorie.“
„Und da dachte ich, du wärst ein Mann der Praxis, nicht der Theorie“, neckte
ihn der jüngere Mann.
„Wenn du endlich dieses T-Shirt loswirst, zeige ich dir ganz genau welche Art
Mann ich bin.“ Jack zerrte ungeduldig am Saum. „Du trägst zu viel Kleidung.“ Er
wölbte den Rücken, presste seinen Unterkörper gegen Iantos, ließ ihn seine
Erregung spüren.
„Du nicht?“ Ianto hob eine Augenbraue, setzte sich aber zurück und zog in einem
T-Shirt und Hemd über den Kopf, warf sie auf sein Bett. Jacks Hemd flatterte zu
Boden bevor er das letzte Wort gesprochen hatte.
Jacks Gürtel war bereits offen, aber bevor Ianto sich weiter damit beschäftigen
konnte, schlang Jack ein Bein um seine Oberschenkel und flippte sie herum –
ohne sie über den Rand des schmalen Bettes zu katapultieren, was eine
erhebliche Leistung war – so dass sie die Plätze tauschten. Er fischte die
Schokoladentafel (oder was davon noch übrig war) hinter dem Kissen hervor und
legte sie auf Iantos Brust.
Plötzlich gar nicht mehr so ungeduldig, öffnete er den Knopf an Iantos Jeans
und begann den Reißverschluss langsam nach unten ziehen, um enganliegende weiße
Shorts frei zu legen, unter denen sich Iantos Erektion abzeichnete. Er packte
den Bund der Jeans mit beiden Händen und Ianto stemmte sich hoch, damit er sie
unter ihm hervorziehen konnte. Einen Moment später gesellte sich die Jeans zu
Jacks Kleidung auf den Boden neben dem Bett.
„Ist das alles?“, fragte Ianto, zu ihm aufsehend. Er lehnte sich auf die
Ellbogen zurück, winkelte ein Bein an und presste mit der nackten Fußsohle
gegen Jacks Schritt. Jack grinste.
„Oh, ich will nicht, dass dir kalt wird“, erwiderte er.
„Ja-ack.“
Er beugte sich vor, pflückte ein weiteres Stück Schokolade aus der Packung und
platzierte es in Iantos Mund. Eine warme Zunge leckte über seine Fingerkuppen. Dieses
Mal war es an Jack, ein Erschaudern zu unterdrücken. Er presste seinen Daumen
flach gegen Iantos plumpe Unterlippe – der Mund des anderen Mannes öffnete sich
sofort, sog seinen Finger in Iantos Mundhöhle. Er ließ ihn einen Moment daran
nuckeln wie ein Baby, zog dann seinen Finger zurück, zeichnete eine glitzernde
Spur über Iantos Kinn und seine Kehle.
Jack setzte sich zurück und betrachtete ihn zufrieden, seine eigene Erektion
mit der flachen Hand durch den straff gespannten Stoff seiner Hose massierend. Iantos
Pupillen waren so weit, dass sie drohten, das ganze Blau seiner Iris zu
verschlucken.
Ohne Vorwarnung hakte er die Daumen in den Gummizug der engen, blauen Shorts
und zog ihn nach unten, gerade weit genug um die feucht glitzernde Spitze von
Iantos Erektion frei zu legen.
„Noch immer warm genug für dich?“, fragte Jack grinsend, und mit falscher
Besorgtheit in der Stimme. Er spielte mit dem Gummizug, ließ ihn zurück gegen
Iantos Haut schnalzen, zog ihn tiefer, so dass sich der Gummi unter Iantos
Hoden spannte. Seine Finger rutschten noch tiefer, eine Fingerspitze presste
durch den Stoff gegen die Öffnung zu Iantos Körper, umkreiste sie einmal. Ianto
warf ihm einen mörderischen Blick zu und Jack fand, es war genug. Er zog die
Shorts nach unten und beugte Iantos Knie, um sein rechtes Bein heraus zu
bugsieren. Ein Kick mit dem Linken und das störende Kleidungsstück flog in
Richtung seiner Leidensgenossen.
Jack beugte sich vor und presste einen offenmündigen Kuss auf die Innenseite
von Iantos Oberschenkel. Ianto gab einen Laut von sich, der sehr nach einem
Knurren klang. „Harkness, ich schwöre...“, begann er drohend – und verstummte
abrupt, als Jacks Mund sich um die Spitze seines Penis schloss. Jacks
Hand umfasste den Rest seiner Erektion, rieb und massierte und fand all die
richtigen Stellen, die es ihm unmöglich machten, sich weiter zu beschweren. Oder
überhaupt zu denken.
Gott, er liebte es, wenn Jack das tat. Das Universum verengte sich auf nur sie
beide, und das Gefühl der Macht, das damit kam, den älteren Mann – im
übertragenen, manchmal auch wörtlichen Sinn – vor sich auf den Knien zu wissen
war so berauschend wie Jacks talentierte Zunge und seine wandernden Finger.
Er zog die Knie an, stemmte die Fußballen in die Matratze und ließ die Beine
auseinander fallen, sich völlig Jacks Liebkosungen hingebend. Da war irgendwo
am Rande seines Bewusstseins ein Klicken, ein vertrautes Geräusch, und wieder
presste eine von Jacks Fingerkuppen gegen die Öffnung zu seinem Körper, feucht
und kühl, Gleitmittel verteilend. Dann ließ ihn Jack aus seinem Mund gleiten.
Er fluchte – Worte, die seinen Großvater, einen walisischen Bergarbeiter,
hätten rot anlaufen lassen – und krallte seine Finger in Jacks Hinterkopf, um
ihn zurück zu drücken und zu beenden, was er angefangen hatte. Wozu das
Vorspiel überspringen, um ihn dann auf dem Trockenen zappeln zu lassen?
Jack befreite sich aus seinem Griff und grinste, legte eine Hand flach auf
Iantos Bauch, direkt oberhalb seiner Erektion, die Handwurzel gegen die Spitze
von Iantos Penis gepresst und wartete, bis Ianto die Augen aufschlug. Seine
andere Hand blieb zwischen Iantos Beinen, rieb Kreise gegen den verkrampften
Muskel.
Sobald er die volle Aufmerksamkeit des anderen Mannes auf sich wusste, brach er
ein besonders großes Stück Schokolade von der Tafel ab und presste es gegen
Iantos Lippen.
Der Waliser schüttelte den Kopf. „Ich habe genug davon“, protestierte er. „Mir
wird noch übel.“
„Eine Herausforderung.“ Jack beobachtete, wie Ianto unwillkürlich die durch
seine Körperwärme rasch schmelzende Schokolade von der Unterlippe und dann von
Jacks Fingern leckte. „Kannst du sie zwischen den Zähnen halten, ohne
abzubeißen?“
Er hatte sich nicht verrechnet. Ianto widerstand nicht so oft einer
Herausforderung, mit der er aufkam, nun zumindest nicht wenn es um Sex ging. Als
der jüngere Mann den Mund öffnete, schob er die Schokolade hinein, und Ianto
hielt sie zwischen den Zähnen, die Lippen zurückgezogen, um zu zeigen, dass er
sie noch nicht durchgebissen hatte.
Jack küsste ihn auf die Nase, dann setzte er sich zurück auf die Hacken und
verteilte mehr Gleitgel zwischen den Händen, die Handflächen langsam aneinander
reibend. Er beugte sich vor und pustete warmen Atem über Iantos feuchte Haut,
ohne ihn wirklich zu berühren und sah zufrieden die feinen Muskelvibrationen
unter der blassen Haut.
Iantos Finger krallten sich ins Laken, aber er entspannte bewusst sein Kinn und
seine Wangenmuskeln, um zu verhindern, dass er die Schokolade durchbiss. Es
half nicht gerade, dass sie rasch weicher wurde, doch sein Ehrgeiz war geweckt.
Und Jack – wie üblich – spielte mit unfairen Tricks. Er versuchte ihn zu
überraschen, indem er so viel von Iantos Erektion in seinen Mund nahm, wie es
auf einmal möglich war und die Lippen fest um sein Glied schließend, ein paar
Mal heftig schluckte. Die Wirkung war exquisit.
Die Schokolade in Iantos Mund und seine entspannten Lippen dämpften sein
Aufstöhnen, aber Jack hörte diesen besonderen Klang. Herausforderung hin oder
her, das würde nicht mehr lange dauern. Er ließ Iantos Penis aus seinem Mund
gleiten, die Zunge flach gegen die Unterseite gepresst und sah zu ihm hoch. Beeindruckend.
Ianto hatte noch nicht durchgebissen. Er fragte sich, ob Ianto aufgeschlossen
genug war, sich knebeln zu lassen... Mmmh, ein anderes Mal vielleicht.
Aber er hatte noch einen besonderen Trick auf Lager. Jack kehrte zurück zu
Iantos Erektion. Noch ein wenig mehr, ein wenig tiefer, er hatte vor langer
Zeit gelernt den Würgereiz zu unterdrücken und bis der Drang zu atmen
übermächtig würde, konnte er ihn fast ganz in den Mund nehmen, tief in seine
Kehle gleiten lassen. Ianto war gut gebaut, andere Männer hatte er „schlucken“
können. Es war die Meisterklasse bei Oralsex, zu schlucken und Kontraktionen
der Halsmuskeln zu erzeugen. Seine Fingerkuppe durchdrang den engen Muskelring.
Langsam hob er den Kopf, bis nur die Spitze von Iantos Erektion in seinem Mund
verblieb. Iantos Körper war gespannt wie eine Bogensehne, sein Kopf in den
Nacken geworfen. Ein dünner Faden geschmolzener Schokolade zog sich von seiner
Wange zum Kissen, aber er hielt das Stück noch immer zwischen den Zähnen.
Ohne es weiter hinaus zu zögern, sog Jack ihn wieder tief in den Mund, während
gleichzeitig sein Finger in Ianto drang und zielsicher seine Prostata fand. Es
war kaum mehr nötig, leichter Druck, er verengte den Griff um Iantos Penis und
erhielt als Warnung nur ein fast schmerzvoll klingendes Aufstöhnen, bevor Ianto
kam.
Jack wischte sich mit der Schulter das Gesicht ab und sah zufrieden auf den
jüngeren Mann, als er sich auf die Fersen zurücksetzte. Ianto hatte den
Unterarm auf seinen Mund gepresst, wie um jeden Laut zu unterdrücken. Daran
mussten sie noch arbeiten. Er beugte sich vor, zog Iantos Arm vom Gesicht. Lippen
und Kinn des jungen Walisers waren mit Schokolade verschmiert, seine Haare
standen schweißfeucht in alle Richtungen ab und blaue Augen sahen ihn in
atemloser Benommenheit an. Jack konnte nicht anders als sich über ihn zu beugen
und ihm die Schokolade vom Kinn zu lecken. Eine Hand neben Iantos Kopf
abgestützt, öffnete er mit der anderen seinen Reißverschluss, um seine eigene
Erektion zu befreien.
Ianto hakte den Arm um seinen Nacken und küsste ihn, während seine andere Hand
sich zu Jacks gesellte. Die Finger ineinander geschoben, kam Jack kurze Zeit
später. Ianto murrte schläfrigen Protest als Jack seine Hand an Iantos Bauch
abwischte und presste sein Gesicht gegen Jacks Schulter.
Nach einem Moment küsste Jack ihn auf die Schläfe. „Komm‘ hoch mit dir. Unter
die Dusche bevor du einschläfst.“
„Nur noch eine Minute.“
Jack lachte und presste sich in seine Seite, so dass er auch noch Platz auf der
schmalen Matratze fand. „Aber beschwer dich nicht, wenn du an mir festklebst“,
murmelte er in Iantos Ohr. Unter seiner Schulter knisterte die
Plastikverpackung der Schokoladentafel – oder was davon übrig war. Er fischte
sie hervor und wedelte damit vor Ianto hin und her. „Schokolade?“, fragte er
grinsend.
Mit einem Aufstöhnen verzog Ianto das Gesicht. „Ich werde nie wieder Schokolade
essen.“
„Wirklich? Ich denke ich bin gerade auf den Geschmack gekommen.“ Er ließ die
Packung auf den Boden fallen und gab Ianto einen Klaps auf den Hintern. „Los,
unter die Dusche mit dir.“
Murrend ließ sich Ianto aus dem Bett und ins Bad dirigieren. So gleichgültig er
jetzt auch schien, Jack wusste genau, dass sich in Kürze der angeborene
Sauberkeitsdrang des jungen Walisers melden würde. Er ließ seine Jeans auf den
Boden fallen und schob Ianto in die Duschkabine, in die er ihm folgte und das
Wasser aufdrehte.
„Ich habe gewonnen“, meinte Ianto, die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen
gedrückt, die Arme vor der Brust verschränkt.
„Das glaube ich nicht.“ Jack presste ihm das Duschgel in die Hand und begann
ihm die Haare zu waschen.
Ianto verrieb Duschgel auf Jacks Brust. „Und ich habe doch gewonnen.“ Er beugte
sich vor und küsste Jack. „Kann ich mir meine Belohnung selbst aussuchen?“ Plötzlich
klang er überhaupt nicht mehr müde.
„Nun…“, begann Jack. „Ich bin ja als extrem großzügig und…“ Iantos Mund schnitt
ihm den Satz ab, seine Hände glitten tiefer und Iantos Lippen folgten ihnen. Jack
lehnte gegen die kalten Fliesen und schloss die Augen…
Eine zweite Dusche später landeten sie in Iantos Bett. Der jüngere Mann schlief
fast sofort ein, sein Rücken gegen Jacks Brust gepresst, die Hände wie ein Kind
unter den Kopf geschoben. Jack küsste ihn auf die Schulter und legte den Arm
über seine Mitte. Er hoffte, dass es eine Nacht ohne Alpträume für sie beide
sein würde, bevor er Ianto in den Schlaf folgte.
###
Er sah über die Brüstung nach unten, wo Hill und Ianto die Köpfe zusammen
steckten. Von hier oben sah es so aus, als wären sie entweder in eine intensive
Unterhaltung vertieft oder ganz kurz davor, sich zu küssen.
Hey, niemand konnte ihm verbieten, ein paar Fantasien zu hegen…
Unten trat Doktor Hill von der Untersuchungsliege weg, auf der Ianto saß und
öffnete den Medikamentenschrank mit dem Schlüssel an seinem Gürtel. Er kippte
etwas aus zwei Medikamentenbehältern in die Hand, machte eine Eintragung in die
Liste (Jack fand es endlos faszinierend, wie pedantisch der Arzt mit so etwas
war) und ging zurück zu Ianto.
Jack gab seinen Beobachtungsposten auf und kam die Stufen herunter. Hill sagte
etwas zu Ianto, zu leise als dass er mehr als das Ende des Satzes hören konnte.
„…erhöhen die Dosis, wenn es nicht wirkt.“ Er sah Ianto nicken und etwas in
seine Hosentasche schieben, als er von der Liege sprang.
Als er neben ihn trat, bemerkte er die blutigen Pads auf der Liege und die
Risse in Iantos T-Shirt. „Was ist passiert?“
„Ianto hat mir geholfen, Blutproben von dem Weevil zu nehmen, den ihr gestern
Nacht in den Hub gebracht habt. Er wird mir in Zukunft bei der Betreuung
unserer... Gäste... helfen“, erklärte Hill mit einer Grimasse. Er griff nach
einer Sprühflasche und einem sauberen Tuch, um das Blut von Iantos Arm zu
waschen. Der scharfe Geruch nach Desinfektionsmittel stach in der Nase. Die
Risswunden waren noch nicht verheilt, doch sie hatte aufgehört zu bluten.
„Ich sehe aber nur Ianto bluten.“ Jack legte die Hand auf Iantos Schulter und
der jüngere Mann wandte sich ihm zu.
„Es ist okay, Jack. Das Betäubungsmittel hat länger gebraucht, zu wirken und
ich habe nicht aufgepasst, als ich in die Zelle bin. Sie hat mich überrascht. Es
war ein Unfall.“ Ianto zog seinen Arm aus Hills Griff. „Es ist alles okay. Kann
ich gehen?“, wandte er sich dann an den Arzt.
Hill nickte. „Lass‘ es mich wissen, falls die Wunden nicht heilen, oder es
wieder anfangen sollte zu bluten und wenn du später noch Schmerzen haben
solltest. Der Knochen war nicht verletzt, aber vielleicht solltest du es für
heute vermeiden, den Arm unnötig zu belasten, okay?“
„Okay.“ Ohne weitere Worte trat er um Jack herum und verschwand die Stufen nach
oben in Hub.
Jack lehnte sich gegen die Untersuchungsliege, die Arme vor der Brust
verschränkt und sah Adam dabei zu, wie er aufräumte. „Was hast du Ianto
gegeben? Bevor ich zu euch kam?“
Der Arzt sah auf, während er seine Latexhandschuhe abstreifte und in den Müll
warf. „Ein Medikament. Und das ist alles, was du darüber wissen musst, Jack.“
„Warte, es ist nichts aus London, oder?“, fragte Jack misstrauisch. „Sie haben
nicht wieder etwas geschickt, dass du an uns testen sollst?“
„Nein, das ist es nicht. Wenn du mehr wissen willst, dann sprich mit ihm. Außerdem
sind sie bei ONE um diese Zeit immer beschäftigt. Offenbar gibt es immer um
Weihnachten herum einige dieser „unerklärlichen“ Begebenheiten und es heißt,
der Doctor würde dann häufig in London gesehen. Sie liegen alle auf der Lauer,
Torchwood und UNIT und bespitzeln sich gegenseitig.“ Adam deutete auf seinen
Arbeitstisch und die Blutphiolen, die dort lagen. „Ich habe Arbeit zu tun.“
Jack hob die Hände und wandte sich zum Gehen. Am Fuß der Treppe wandte er sich
noch einmal um und sah den Arzt an.
Hill winkte ihn weg. „Ich sage Alex Bescheid, dass du dich um Ianto kümmerst. Er
sollte sich nach dem Blutverlust ohnehin ausruhen.“
„Danke, Adam.“
- + - + -
Die Tür zu ihrem Quartier glitt auf, als er sich ihr näherte. Man konnte fast
glauben, sie dürften sich frei im Hub bewegen. Nun, abgesehen von der
Waffenkammer, bestimmten Teilen der Archive, oder der Garage, die alle
verbotenes Terrain darstellten. Seine Finger glitten zu seinem Handgelenk, und
rieben über das schmale Kunststoffband, das dort befestigt war. Mit ihrer Hilfe
verhinderte das interne Sicherheitssystem des Hubs, dass sich Türen für sie
öffneten, durch die sie nicht gehen durften.
Nach draußen - wie das erste Mal in der Nacht zuvor, als das Team drei Weevil
ortete und Alex beschloss, ihn als Verstärkung mit zu schicken – kam er nur,
wenn einer der anderen einen Sicherheitscode eingab, bevor er durch die Tür
treten konnte. Die Weevil hatten sich in einer Fabrik herumgetrieben, waren
vermutlich durch Abwasserkanäle in ein Lagerhaus gelangt und hatten einen
Nachtwächter leicht verletzt, der glaubte es wären Einbrecher.
Jack hatte nicht viel von seiner Umgebung gesehen. Franks parkte direkt vor dem
Tor der Lagerhalle und während er zwischen Kisten und Kartons hinter einem –
trotz des schwankenden Ganges verdammt flinken – Weevil herwetzte, hatte er
keine Gelegenheit, einen Blick aus den Fenstern zu werfen. Shanna schoss einen
Betäubungspfeil ab, damit sie einen der Weevil mit in den Hub nehmen konnten,
sie wussten noch kaum etwas über diese Kreaturen, obwohl sie offensichtlich
schon seit Jahren, vielleicht auch Jahrzehnten, Cardiff heimsuchten. Adam Hill
wollte das ändern, aber dafür brauchten sie ein lebendes Exemplar. Der letzte
Weevil in ihren Zellen war der Philidaetora zum Opfer gefallen, als diese sich
auf die Suche nach einem Mitternachtsimbiss machte. Eine der beiden anderen
Kreaturen verschwand in den Tunnel, aus dem sie gekommen war, die andere wurde
getötet. Es benötigte fast ein ganzes Magazin, um den Weevil zu stoppen. Jack,
der keine Waffe bekommen hatte, durfte den Kadaver und den gefesselten,
betäubten Weevil im Wagen verstauen, während Shanna und Franks den Nachtwächter
davon überzeugten, dass er tatsächlich Einbrecher überrascht hatte und seine
Kopfschmerzen und der Blackout davon kamen, dass einer davon ihn
niedergeschlagen hatte.
Natürlich hätte er versuchen können, zu verschwinden, als sie ihn beim Wagen
alleine ließen. Aber das hätte bedeutet, Ianto bei ihnen zurück zu lassen. Als
die beiden schließlich zurückkamen, Franks über den aufgekommenen Regen
fluchend, hatte Jack es sich bereits auf dem Rücksitz bequem gemacht und stellte
gut hörbar Überlegungen an, ob sie nicht nur zu zweit, sondern auch zu dritt
Platz hier hinten hätten. Franks sah aus, als würde er ihm am liebsten eine
Dosis des Betäubungsmittels verpassen – oder möglicherweise eine Kugel. Shanna
schien zu überlegen, ob sie sein Angebot annehmen sollte. Keiner der beiden
bemerkte, dass Jack den Kofferraum, das Handschuhfach und das Innere des Wagens
durchsucht hatte. Der Waffensafe im Kofferraum war abgeschlossen, aber er hatte
nicht geplant, etwas zu stehlen. Nur... um sich zu... informieren. Es konnte
nie schaden.
Sie nicht als Gefangene zu bezeichnen, machte sie deshalb nicht zu etwas
anderem. Ein GPS-Sender in diesem Band ermöglichte es Torchwood jederzeit, sie
zu orten. Es zu entfernen, zum Beispiel es durch zu schneiden, löste Alarm aus.
Er könnte einen der Computer nutzen, es zu hacken – doch das würde ebenfalls
Alarm auslösen. Abgesehen davon, ihm fehlten die Zugangscodes zu Mainframe, und
ohne Alex‘ Autorisierungscodes konnte er das Band nicht entfernen. Sein Vortex-Manipulator
hätte es ihm vermutlich ermöglicht, das System auszutricksen, doch der befand
sich momentan unerreichbar in den sicheren Archiven oder dem Safe in Alex‘
Büro. Er war nie alleine im Hub – mal abgesehen von den Kameras – um zu
versuchen, ob er sie knacken konnte. Jack hatte sicherlich den einen oder
anderen Trick im Ärmel, doch ohne Zugang zu der Waffenkammer oder den Archiven,
fehlte es ihm an allem, was sich als Werkzeug verwenden ließe. Er war gut. Aber
nicht so gut. Hmmh, was würde er nicht für den Sonic Screwdriver des Doctors
geben. Oder für seinen alten Villengard-Blaster.
Vielleicht war es gut, dass Hopkins nichts von diesen Gedanken wusste, oder er
fände sich schneller in einer der Zellen wieder als er Chula sagen konnte.
Ianto war nicht in Sicht, aber er hörte Wasser plätschern und steckte die Nase
ins Bad, wo der jüngere Mann damit beschäftigt war, das Blut ab zu waschen. Er
hielt seine Schultern steif und es war überhaupt ein Aura von Abwesenheit um
ihn, die Jack verriet, worum Iantos Gedanken kreisten – um ihre… Unsterblichkeit…
in Ermangelung eines besseren Begriffes.
Ihre Blicke begegneten sich im Spiegel über dem Waschbecken, als Jack hinter
ihn trat und ihn in den Nacken küsste. Er ließ seine Finger an Iantos Arm
entlang gleiten, betrachtete ihre Handgelenke mit den gleichen
Kunststoffbändern - wie billiger, geschmackloser Modeschmuck. „Ich habe eine
wirklich, wirklich wichtige Frage“, meinte Jack. „Wo hast du die Schokolade
versteckt?“
Ianto lachte und sein Körper entspannte sich gegen Jacks. Das war genau die
Reaktion gewesen, auf die er gehofft hatte.
tbc