Once upon
a time...
© by Michaela
(M*A*S*H, H/T, PG)
"Es war einmal vor langer, langer
Zeit in einem fernen Land..."
In der Küche lauschte Maggie mit einem
Lächeln den Worten, die aus dem Wohnzimmer herüberklangen. Ihr Großvater
erzählte ihrer kleinen Tochter die Geschichte, die für sie so untrennbar mit
Weihnachten verbunden war wie die eigentliche Weihnachtsgeschichte. Sie musste
wohl so ungefähr im Alter ihrer Tochter gewesen sein, als sie sie das erste Mal
erzählt bekam.
Während sie sich weiter um die Vorbereitungen
für das Festessen des folgenden Tages kümmerte, ließ sie die leise Stimme aus
dem Wohnzimmer vor ihrem inneren Auge die Geschichte zweier junger Männer
miterleben: Diese entdeckten in einem Krieg, der als Polizeiaktion deklariert
war, an einem eiskalten Weihnachtsabend die Liebe zueinander - inmitten des
täglichen Grauens eines Frontlazaretts. Was als Herumgealber zweier leicht
angetrunkener Freunde begonnen hatte, hatte sich bis zum Morgengrauen zu einer
Liebe entwickelt, die die Leben beider Männer auf den Kopf gestellt und viele
Opfer gefordert hatte.
Ihren Großvater kostete sie seine Ehe:
Als Trapper aus dem fremden Land zurückkehrte, war er unfähig, sich wieder in
das Familienleben mit seiner Frau und den Kindern einzufügen. Die Sehnsucht
nach Hawkeye, dem Mann, den er in Korea zurücklassen musste, zehrte zu sehr an
seiner Seele. So schmerzlich es auch war, seine Töchter, die er abgöttisch
liebte, zu verlassen, so unumgänglich war es für ihn, sich von seiner Familie
zu trennen. Zwei Jahre nach seiner Rückkehr besiegelte seine Unterschrift auf
den Scheidungsunterlagen das Scheitern aller Versuche, die Familie vielleicht
doch intakt zu halten.
Vier Jahre hörte Trapper, der auf
diesen Spitznamen schon lange nicht mehr stolz war, nichts von dem Mann, an den
er jede wache Stunde des Tages denken musste, und in der Nacht plagten ihn
Alpträume, dass Hawkeye es vielleicht nicht gesund zurück geschafft hatte. Wie
sehr bereute er es jetzt, dass er nicht versucht hatte, mit Hawkeye in
Verbindung zu bleiben, aber in der ersten Zeit, in der er zu Hause war, hatte
er noch mit aller Kraft versucht, sein normales Leben wieder in den Griff zu
bekommen - dann war es irgendwie zu spät gewesen. Ihm fehlte der Mut, einfach
mal in Crabapple Cove anzurufen, um zu hören, wie es Hawkeye ging. Vor allem,
da er sich damals nicht von Hawkeye verabschiedet hatte, obwohl er tief im
Innersten genau wusste, wie sehr er den Freund damit verletzte. Eines Abends,
kurz vor Weihnachten, klingelte das Telefon: Dr. Sidney Freedman, ein Psychiater,
den er aus Korea kannte, war am anderen Ende der Leitung. Von ihm erfuhr er,
dass Hawkeye, die Liebe seines Lebens, bis zum Ende des Krieges in Korea hatte
bleiben müssen und jetzt an den Schäden, die seine Seele dort genommen hatte,
zu zerbrechen drohte. Seit Kriegsende war er in Behandlung bei Freedman. Von
Hawkeyes Vater hatte Freedman erfahren, dass er in seinen Alpträumen immer
wieder nach Trapper rief. Freedman erklärte Trapper, dass dieser Anruf der
letzte verzweifelte Versuch war, Hawkeye zu helfen und ihm ein normales Leben
zu ermöglichen. Sollte auch das fehlschlagen, würde Hawkeye über kurz oder lang
wohl in der Psychiatrie landen.
Nachdem Trapper sich von dem Schock
erholt hatte, versprach er Freedman, sich gleich am folgenden Morgen mit
Hawkeyes Vater, Daniel Pierce, in Verbindung zu setzen. Nach einer schlaflosen
Nacht, in der er nicht nur einmal mit dem Gedanken gespielt hatte, zum Telefon
zu greifen, war es endlich soweit, dass er Dr. Pierce anrufen konnte. Was er
hörte, beunruhigte ihn noch mehr als das, was Freedman ihm erzählt hatte. Ein
paar Stunden später, nachdem er alles Nötige geregelt hatte, war er auf dem Weg
nach Crabapple Cove.
In den nächsten Tagen fragte er sich
manchmal, ob es ihm überhaupt gelingen würde, die verlorene Seele, die einmal
sein vor Leben sprühender Freund gewesen war, zu retten. Obwohl durch Freedmans
Anruf vorgewarnt, hatte es ihn doch geschockt, als er den kümmerlichen Resten,
die einmal Hawkeye gewesen waren, gegenüberstand. Der Freund war noch dünner
geworden, als er es schon in Korea gewesen war, und schien dauernd zu frieren.
Kein Muskel regte sich in dem erstarrten Gesicht und die Augen erschienen wie
dunkle Höhlen, aus denen jeder Funke Leben verschwunden war. Am schlimmsten war
für ihn die erste Nacht gewesen, als er Hawkeye plötzlich schreien hörte. Wie
von der Tarantel gestochen war er in dessen Schlafzimmer gerannt. Hawkeye hatte
sich weinend hin und her geworfen und dabei immer wieder seinen Namen gerufen.
Die Mutter aller Alpträume hielt ihn in ihren Fängen. Nur mit Mühe gelang es
ihm und Dr. Pierce, Hawkeye aufzuwecken und dann so weit zu beruhigen, dass er
wieder einschlafen konnte. In jener Nacht - wie auch in den folgenden - blieb
er bei ihm und hielt ihn in den Armen. Er versprach ihm, da zu sein, wenn die
Alpträume wieder kommen würden - und sie kamen wieder -, sie nicht gewinnen zu
lassen. Mit jeder durchwachten Nacht schwand etwas von seiner Zuversicht,
dieses Versprechen auch einhalten zu können. Aber dann erlebte er doch noch
sein ganz persönliches Weihnachtswunder. Am ersten Weihnachtstag saß er nach
dem Essen zusammen mit Hawkeye und dessen Vater im festlich dekorierten
Wohnzimmer, als Hawkeye plötzlich den Kopf in seinen Schoß legte, ihm einen Arm
um die Taille schlang und kurz darauf eingeschlafen war. Stundenlang saß
Trapper reglos da und beobachtete den Freund, wie er das erste Mal, seit er aus
Korea zurückgekehrt war, ohne Alpträume tief und fest schlief. Hawkeyes Vater
kämpfte jedes Mal mit Tränen der Freude, wenn sein Blick auf den entspannt
schlafenden Sohn fiel. Von da an ging es langsam aber stetig mit Hawkeye
bergauf, und seit jenem ersten gemeinsamen Weihnachtsfest in der Heimat waren
es inzwischen fast vierzig geworden und die beiden Männer waren in den ganzen
Jahren nie länger als einen Tag getrennt.
Vor Schreck fiel Maggie beinahe das heiße
Kuchenblech aus den Händen, als eine leise Männerstimme sagte: "So, da bin
ich wieder, alles erledigt. Wenn Jeannie nachher im Bett ist, brauchen wir die
Geschenke nur noch unter den Baum zu legen."
"Hawkeye, wie kannst du dich nur so
an eine nichtsahnende Frau anschleichen!", entgegnete sie etwas außer
Atem, während sie in das lächelnde, immer noch schöne Gesicht mit den
ausdrucksvollen blauen Augen blickte.
"Ich bin gar nicht geschlichen,
Maggie, du warst nur ganz weit weg mit deinen Gedanken."
"Oh...ich hab' Grandpa zugehört, wie
er Jeannie eure Geschichte erzählt hat."
"Komm, lass' uns zu den beiden
gehen", sagte Hawkeye und zog Maggie hinter sich her ins Wohnzimmer, in
dem sie ein Bild des Friedens und der Ruhe empfing. Jeannie, der kleine
Wildfang, war auf Trappers Schoß eingeschlafen, Trappers Wange ruhte auf ihrem
blonden Wuschelkopf, und ein leises Schnarchen verriet, dass auch ihn Morpheus'
Arme umfangen hielten.
"Unsere Weihnachtsengel!",
seufzte Hawkeye liebevoll und lächelte Maggie an. Leise, um die beiden nicht zu
wecken, ließen sie sich in den bequemen Sesseln nieder und prosteten sich mit
ihren Weingläsern zu, dankbar und glücklich, wieder ein Weihnachtsfest mit den
Menschen, die ihnen am meisten bedeuteten, verbringen zu dürfen.
Ende