2002 Paradies-Apfel-Award: Erster Platz Beste Sherlock-Holmes-Story
Maskerade
2002
Code: NC-17
Feedback: tlen11@freenet.de
Summe:
Ein ganz besonderer Maskenball
Disclaimer: Sherlock Holmes und Dr. Watson entstammen der Feder Arthur Conan Doyles. Hiermit sollen weder die Rechte seiner Erben noch die diverser TV-Sender, die die Figuren zu Leben erweckt haben, verletzt werden. Dies ist slash. Wer unter 18 ist oder mit Homosexualität ein Problem hat, sollte die Finger davon lassen.
Erschienen in „Gentle Men – einem Holmes/Watson Sonderband“ der TOSSisters
Vielen Dank an Lady Charena fürs Beta.
Aus dem privaten Tagebuch des John H. Watson,
M.D.
„Watson, alter Freund, was für eine
Überraschung!“ Die Entschuldigung, die ich gerade hatte murmeln wollen, weil
ich – den Hut im dichten Londoner Novembernebel tief in die Stirn gezogen und
in Gedanken versunken – mit einem anderen Passanten zusammengestoßen war,
erstarb auf meinen Lippen, angesichts dieser überschwänglichen Begrüßung.
Nun einen genaueren Blick auf den
Anderen werfend, erkannte ich Stamford, einstmals Studienkamerad und
kurzzeitiger Bettgenosse, den ich seit über dreizehn Jahren genaugenommen seit
jenem Tag, an dem er mich Mr. Sherlock Holmes vorstellte und damit mein Leben
komplett veränderte – nicht mehr gesehen hatte, für den ich aber tiefe
Dankbarkeit empfand, angesichts dieser schicksalhaften Fäden, die er dereinst
knüpfte, empfand.
„Du hast es ja zu einiger Berühmtheit
gebracht. Ich habe deine Artikel über Mr. Holmes gelesen“, meinte er
schließlich, nachdem wir die üblichen Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht hatten,
um dann hinzu zufügen. „Ihr seid DAS Gesprächsthema in der ‚Szene’.“
„Szene?“ Ich blickte ihn verwirrt an.
„Nun“, er lächelte. "Du weißt
schon, in gewissen Kreisen, die Dinge tun, über die man nicht spricht. Man
bewundert euren Mut, so offen zusammenzuleben.“
Nun verstand ich, worauf er anspielte,
und schüttelte den Kopf. „Da muss ich dich enttäuschen, Holmes und ich teilen
nur die Wohnung, aber nicht das Bett.“
„Leider“, setzte ich hinzu, denn ich
mochte nicht verhehlen, dass ich es begrüßt hätte, lägen die Dinge anders.
Holmes war ein attraktiver Mann, genau nach meinem Geschmack, aber leider
offensichtlich an Fleischeslüsten genauso wenig interessiert, wie an
gefühlsmäßigen Bindungen. Dazu verschlossen wie eine Auster, wenn es um private
Dinge ging. Ich vermochte nicht einmal zu sagen, ob er meine intimen Neigungen
überhaupt akzeptieren, geschweige denn teilen würde. Weder meine Ehe – eher aus
Flucht vor meinem ungestillten Verlangen zu Holmes eingegangen, denn aus wahrer
Liebe zu Mary Morstan – Gott habe sie selig –
die zwar eine reizende und liebenswerte Person, aber nun einmal leider
eine Frau gewesen war – noch Holmes
zeitweiliger „Tod“, von dem er in diesem Jahr so Wundersamerweise auferstanden
war, hatten etwas an meinen Gefühlen
für ihn ändern können. Im Gegenteil, durch die Trauer um ihn waren sie eher
noch gewachsen und gereift.
"So bist du frei?“, fragte
Stamford.
Ich nickte, hoffte jedoch gleichzeitig,
er würde dies nicht als Gelegenheit ansehen, unsere frühere Beziehung wieder
aufzunehmen. Es war eine kurze und heftige Affäre in jungen Jahren gewesen,
aber eben nicht mehr als dies. Und auch wenn ich ihm dankbar war, dass er mir
einst in schwieriger Lage zu einem Wohnungsgenossen und Freund verholfen hatte
– sowie zu dem damit einhergehenden aufregenden Leben an Holmes’ Seite und
mittlerweile daraus resultierend einer gewissen Berühmtheit als sein
Chronograph – soweit, unsere intimen Kontakte wieder aufzunehmen, ging meine
Dankbarkeit nun doch nicht. Dies war lange vorbei, zumindest was meine
Wenigkeit betraf. Meine Interessen lagen anderweitig.
Doch er zerstreute meine Bedenken
diesbezüglich rasch mit einer Erklärung. „Ich gebe morgen eine Party, ein
Kostüm- und Maskenball. Für Leute die zeitweiliges Vergnügen suchen und anonym
bleiben wollen,. Gehobene Gesellschaft, du verstehst.“ Er zog ein Ticket aus
der Tasche. „Ich lade dich ein, der alten Zeiten willen.“
///
„Sie gehen aus, Watson?“ Holmes blickte
von seiner abendlichen Lektüre auf, als ich in unser gemeinsames Wohnzimmer trat.
„Ein Maskenball, wie ich sehe.“
Ich rückte mein Musketier-Kostüm
zurecht. Es war sicher nicht gerade die originellste und beste Verkleidung, aber die einzige, die ich mir
so kurzfristig und zu einem erschwinglichen Preis hatte ausleihen können.
„Ein alter Freund, den ich gestern traf,
hat mich eingeladen“, erwiderte ich. „Es tut mir leid, Holmes, dass ich in der
Kürze der Zeit keine Gelegenheit fand, um die Erlaubnis für Ihre werte
Begleitung zu ersuchen.“
Ich hätte Holmes nur all zu gern
mitgenommen und ich war überzeugt, Stamford hätte ihn mit offenen Armen begrüßt
– in übertragener wie wortwörtlicher Bedeutung – aber wie hätte ich meinem
Freund erklären sollen, um welche Art von Ball es sich handelte? Wahrscheinlich
hätte Holmes auf der Stelle die Flucht ergriffen – und nie wieder ein Wort mit
mir gewechselt. Ich hielt meinen Freund zwar für einen weltoffenen,
aufgeklärten Menschen, doch in manchen Dingen konnte er auch schrecklich
altmodisch sein. Nein, es war besser, er wusste nichts von den geheimen
Vorlieben seines Wohnungsgenossen. Wobei ich mir einmal mehr dazu gratulierte,
diese all die Jahre so sorgsam vor seinem wachen Auge und noch wacherem
verstand verborgen zu haben. Allerdings hatte ich meine Leidenschaften auch
schon seit langem nicht mehr ausgelebt, genaugenommen seit ich Holmes kannte.
Denn seitdem hatten andere „Früchte“ mir nichts mehr von Interesse zu
bieten. Ich wollte nur die eine
pflücken. Konnte ich sie nicht haben, fastete ich lieber.
„Machen Sie sich keine Sorgen, alter Junge“,
erwiderte Holmes. „Ich werde diesen Abend auch ohne Sie bestimmt nicht in
Langeweile verbringen.“
///
Ich bedauerte recht bald, dass ich
Stamfords Einladung überhaupt angenommen hatte. Nicht, dass der Ball es nicht
Wert gewesen wäre. Im Gegenteil. Das Haus, in dem er statt fand – ich nahm an,
es handelte sich um Stamfords eigenes – war vom Edelsten eingerichtet. Auch die
dargebotenen Speisen und Getränke verdienten allenthalben die Bezeichnung
erlesen.
Mir wurde rasch klar, wie Stamford es zu
diesem offensichtlichen Wohlstand gebracht hatte. Anders als ich, waren die
restlichen Besucher, keineswegs in den Genuss einer kostenlosen Einladung
gekommen. Wer hier dabei sein wollte, musste gutes Geld dafür bezahlen.
Vergnügen und Diskretion waren teuer. Und ich hätte jede Wette gehalten, dass
dies nicht der erste Ball dieser Art war, den Stamford veranstaltete.
Auch wenn Sodomie öffentlich unter
Strafe stand, hieß das noch lang nicht, dass sie nicht existierte. Im
Gegenteil: Je verbotener eine Sache, um so einfallsreicher wurden die Leute in
Sachen ihrer Durchführung. Die ‚Szene’, wie Stamford es bei unserer
unverhofften Begegnung genannt hatte, war, wie ich wohl wusste, vielfältig und
reichte von verrufenen und verräucherten Pubs am Hafen, in denen sich Seeleute
und andere Vertreter der unteren
Gesellschaftsschichten bei wilden Orgien vergnügten, bis hin zu jenen diskreten
Partys im noblen Stil, wie ich gerade eine erlebte.
Ich wagte nicht zu schätzen, wie viele
der farbenprächtigen Harlekine, orientalischen Prinzen und verwegenen Kämpfer,
die im Raum auf- und abflanierten, miteinander scherzten und schäkerten und
gelegentlich zu handgreiflicheren Aktivitäten in eines der diskreten
Hinterzimmer verschwanden im ‚wahren’ Leben angesehene Geschäftsleute, hohe
Regierungsbeamte oder gar Mitglieder der königlichen Familie waren, von oft
redlichen Ehemännern und treusorgenden Familienvätern ganz zu schweigen.
Hier traf man sich im Schutz der
Anonymität, sprach gutem Essen und Trinken zu, flirtete ein wenig und suchte
schließlich Erleichterung von körperlichen Begierden, die man anders nicht
befriedigen konnte. Gesprochen wurde bei all dem wenig, damit man nicht anhand
der Stimme oder eines unbedacht geäußerten Wortes seine Identität verriet.
Gegenseitige Diskretion war Ehrensache und wurde vom Gastgeber, der sich das
alles gut bezahlen ließ, garantiert.
Ich selbst fühlte mich seltsam unwohl.
Ich hätte die Einladung nicht annehmen sollen. Es war ein Fehler aus
Höflichkeit nicht abzulehnen. Nun, um ehrlich zu sein, hatte ich auch gehofft,
ein bisschen diskretes Vergnügen würde mich von meinen Begierden ablenken. Doch
dies war nicht der Fall. Im Gegenteil. Ich vermisste Holmes und wünschte, er
wäre hier mit mir. Ein vollkommen unrealistischer Wunsch natürlich.
Diese bunte, geheimnisvolle Welt war
einfach nicht mehr die meinige. Mit einem Glas in der Hand hatte ich mich in
eine stille Ecke des großen Raumes, der als Ballsaal diente, zurückgezogen und
beobachtete nun das Treiben der bunten Menge. Annäherungsversuche hatte ich
stets abschlägig bescheiden, so dass man mich noch kurzer Zeit in Ruhe ließ.
Ich fühlte mich nicht mehr dazugehörig.
Es war Jahre her, dass ich mich zuletzt in solchen Kreisen bewegt oder gar
entsprechende intime Begegnungen gehabt hatte. Ich verspürte schlicht und
einfach kein Interesse mehr daran, dies wieder aufzunehmen. Es wäre mir wohl
auch wie Verrat an Holmes vorgekommen, hätte ich mich mit einem anderen Mann
vergnügt. Auch wenn ich ihn nicht haben konnte, so wollte ich doch keinen anderen.
Auch sehnte ich mich eher nach einer dauerhaften, auf herzlicher Zuneigung
beruhenden Beziehung – ein Sehnen, dass mich sogar zu einer kurzen Ehe
verleitet hatte – denn nach der kurzen Befriedigung fleischlicher Gelüste, die
einem am Ende doch nur leer zurück lässt.
Ich überlegte, ob ich mich diskret
entfernen könnte, ohne den Unmut des Gastgebers ob meines frühen Aufbruchs zu
erregen, als ein Gast meine besondere Aufmerksamkeit auf sich zog.
Er musste erst neu angekommen sein, denn
vorher war er mir noch nicht aufgefallen und seine Gestalt konnte man
eigentlich nicht übersehen. Während die meisten der Gestalten kaum zu
übersehende Wohlstandsbäuche (und noch so manches andere körperliche,
gesundheitliche Gebrechen, wie ich mit ärztlichem Blick rasch feststellte)
unter ihren Kostümen spazieren trugen – ein Umstand, der sie für mich auch
nicht gerade begehrenswerter machte – war der Neuankömmling von ranker und
schlanker Gestalt. Er trug das Gewand eines indischen Maharadschas, doch im
Gegensatz zu den meisten Anderen, die ebenfalls diese Verkleidung gewählt
hatten, wirkte es bei ihm nicht aufgesetzt. Er hatte auf übertriebene
Verzierungen in Form von Federn, Perlen und anderem Schmuck verzichtet, trug
stattdessen eine schlichte Eleganz, die seine schlanke Erscheinung nur noch
mehr betonte.
Er sah sich im Raum um, so als taxiere
er die einzelnen Besucher, dann blieb sein Blick auf mir ruhen. Für einen
Moment taxierte er auch mich, dann trat er auf mich zu, unterwegs zwei Gläser
von einem Serviertisch nehmend. Schweigend gab er mir eines davon, als er mich
erreicht hatte.
Ich stellte mein anderes, mittlerweile
leeres, Glas ab und nahm es mit einem dankbaren Kopfnicken entgegen. Stumm prostete er mir zu, dann beugte er
sich plötzlich zu mir und platzierte einen Kuss auf meine Lippen. Ich muss
erwähnen, dass die meisten der an diesem Abend getragenen Masken – so auch bei
meinem Prinzen und mir – Stirn und die obere Nasenpartie bedeckten, Mund und
Kinn aber praktischerweise frei ließen.
Ich zuckte zusammen, als ich so
plötzlich fremde Lippen auf den meinigen fühlte. Selbst in einer Umgebung, in
der so ein Verhalten weder störend noch gar anstößig wirken könnte, kam es mir
für einen Moment grundlegend falsch vor, sich so offen zu küssen. Doch dann
entspannte ich mich und partizipierte bereitwillig in dieser Art der
Zärtlichkeit. Der Kuss war ungewöhnlich sanft und liebevoll, als schließlich
die freie Hand des Fremden zärtlich über meine Schenkel strich, schwand mein
Wiederstand vollends. Gleichzeitig erweckte er in mir ein altes, längst
erloschen geglaubtes Feuer. Auf einmal wollte ich es wieder. So zögerte ich
nicht, als er mir mit einer Geste bedeutete, ihm zu folgen.
///
Er führte mich in eines der diskreten
Hinterzimmer, die es im Haus reichlich zu geben schien, drehte das Schild an
der Tür, dass seinen besetzten Zustand signalisierte und schloss dann hinter
uns ab. Ich sah mich um.
Der Zweck des Raumes war eindeutig. Eine
breite Ottomane stand mitten im Zimmer.
Auf einem kleinen Tischchen in Reichweite fand sich allerlei „Spielzeug“ wie
Handschellen sowie diverse Öls und Cremes. Hier würde wohl jeder für sein
Begehr das Passende finden.
Während ich mich noch umblickte, war
mein Begleiter hinter mich getreten. Ich spürte seine Lippen an meinem Hals, küssend
und nippend. Seine Hände lösten den Umhang meines Kostüms.
Ich warf meinen Kopf zurück, stöhnte,
als er jenen sensiblen Punkt, an der Stelle an welcher der Hals in den Nacken
übergeht, mit seinem Mund nippend und saugend bearbeitete. Seine Hände knöpften
mein Hemd auf, glitten darunter, liebkosten die sich abzeichnenden rosa
Knospen. Mein Maharadscha trug Handschuhe und deren seidene Textur fühlte sich
unglaublich auf meiner nackten, erhitzten Haut an, zumal er es verstand, auf
meinem Körper wie auf einem edlen Instrument zu spielen, mir immer neue
Reaktionen der Entzückung entlockend.
Nach einer Weile wurden die Manschetten
gelöst und abgestreift, dann landete das Hemd auf den Boden. Meinen Hut warf er
mit einer raschen Bewegung aufs Bett. Ich überließ mich nur allzu bereitwillig
seiner Führung.
Erneut spürte ich seinen Mund überall.
Es schien fast so, dass er keinen Millimeter meiner Haut unerforscht lassen
wollte. Mir selbst kam die Situation seltsam irreal vor. Ich fühlte kein
schlechtes Gewissen oder gar Scham. Hatte ich früher am Abend noch eine große
Abneigung bezüglich eines amourösen Abenteuers gefühlt und meine Treue
gegenüber Holmes heraufbeschworen, erschien es mir nun als das
Selbstverständlichste auf der Welt, mich diesem Fremden hinzugeben. Es war
etwas einmalig Magisches an und um ihn, das ich zwar nicht in Worte zu fassen
vermochte, das mich jedoch unweigerlich anzog, wie das Licht die Motte.
Der ganzen Situation haftete zudem etwas
ungeheuer erotisches an. Mein unbekannter Maharadscha schien eine spezielle
Verführung geplant zu haben, langsam und irgendwie methodisch. Es war nichts zu
spüren von den schnellen Akten, die nur der Befriedigung nicht immer
willkommengeheißener körperlicher Bedürfnisse dienen und die üblicherweise auf Veranstaltungen
dieser Art stattfinden. Es erregte mich ungemein.
Gehorsam hob ich erst das eine Bein,
dann das andere, als er meine Stiefel abstreifte. Strümpfe und Pluderhose folgten, zum Schluss auch meine
Unterhose. Ich hatte keinen der üblichen Einteiler gewählt, sondern eines
dieser neumodischen getrennten Unterwäscheensemble, so fiel es ihm nicht
schwer, mich ganz zu entkleiden.
Schließlich stand ich mit Ausnahme, der
schwarzen Halbmaske, die mein Gesicht verdeckte, nackt vor ihm. Auch das war
eher ungewöhnlich für die Situation, in der wir uns gerade befanden, entblößt
man doch üblicherweise nur die für den Akt benötigten Körperpartien, während
man den Rest schamhaft bedeckt hält und somit auch den Vorteil hat, sich
schneller ankleiden und die eben erlebte Episode rasch wieder hinter sich
lassen zu können.
Ich jedoch verspürte kein Gefühl von
Scham oder Unbehagen ob meiner Nacktheit. Es schien das Natürlichste von der
Welt zu sein, sie ihm zu offenbaren. Mein Prinz begann erneut eine
Erkundungsreise über meinen Körper. Vom Halsansatz glitt sein Mund meine
Wirbelsäule hinab. Ich drehte den Kopf so weit wie möglich und sah aus den
Augenwinkeln, dass er dann hinter mir in die Hocke ging.
Ein hissender Laut entrang sich meiner
Kehle, als seine Hände begannen, meine Hinterbacken zu massieren, dabei wie
zufällig immer wieder die verborgene Spalte zwischen ihnen streiften, um
schließlich meine Öffnung zu umkreisen. Plötzlich fühlte ich seine Zunge
probierend an eben dieser. Ich stöhnte auf, als die Spitze vorsichtig in mich
eindrang. Automatisch wanderten meine eigenen Hände hinab in meinen Schritt, um
mein eigenes, pochendes Fleisch zu massieren. Doch er musste meine Bewegung
bemerkt haben, denn er schob meine Hände unwillig beiseite und stand auf.
Zum ersten Mal während unseres
erotischen Zusammensein, stand er nun direkt vor mir. Ich sah graue Augen unter
seiner Maske, die so weiß war, wie ein Großteil seines Kostüms, mich
bewundernd, ja ich möchte fast sagen ehrfürchtig betrachten.
Mit einer raschen, geschmeidigen
Bewegung trat er auf mich zu und küsste mich. Der Kuss war genauso sanft und
zärtlich, wie jede seiner anderen bisherigen Aktionen. Wir hatten übrigens die
ganze Zeit noch kein Wort gewechselt, was aber alles andere als ungewöhnlich in
Anbetracht unserer Situation war. Er selbst war nach wie vor voll bekleidet,
nur sein heftiger werdender Atem verriet mir, dass auch seine Erregung zunahm.
Er presste mich der Länge nach an sich
und der Stoff seines Kostüms fühlte sich herrlich kühl, gegen meine nackte,
erhitzte Haut an. Da er ein Stückchen größer war als ich, musste er den Kopf
leicht neigen, um mich weiter küssen zu können. Ich gestehe, das ich noch nie
zuvor in meinem Leben so geküsst worden bin. Die meisten meiner intimen
Beziehungen gingen überhaupt gänzlich ohne jenes Symbol tiefer Innigkeit und
Vertrautheit vonstatten, scheint es doch ausschließlich für eine dauerhafte
Beziehung reserviert, nicht jedoch für einen kurzen Akt körperlicher Begierde.
Er jedoch schien nicht genug davon bekommen
zu können. Immer wieder ergriff er von meinen Lippen Besitz und als seine Zunge
sanft fordernd Einlass in meine Mundhöhle begehrte, gewährte ich sie ihr nur
allzu bereitwillig. Schließlich löste er sich aber doch von meinem Mund und es
geschah dasselbe, wie zuvor mit meiner Rückseite, nun mit meiner Vorderseite.
Er küsste, leckte und nippte sich den Weg über jeden Zentimeter meines Körpers.
Mir kam es so vor, als würde er ihn geradezu göttergleich verehren.
Meine Brustwarzen wurden zu unglaublich
harten Knospen, als er sie einzeln in seinen Mund nahm und an ihnen saugte.
Dann tauchte seine Zunge in meinen Bauchnabel, während seine Hände das sensible
Fleisch meiner inneren Schenkel massierten. Nur diesen einen bestimmten Teil
meines Körpers, der so verzweifelt nach Aufmerksamkeit lechzte, hatte er bisher
vermieden zu berühren.
Ich war nahe daran, ihn geradezu um
Erlösung anzuflehen, als er mit einer dieser für ihn offensichtlich typischen,
geschmeidigen Bewegungen auf dem Boden niederkniete und seinen Mund in
Reichweite meines Organs brachte. Ich stöhnte wild auf, als ein sanfter Kuss
auf die Spitze meiner Männlichkeit platziert wurde.
Seine Zunge leckte in einer fast
genüsslich anmutenden Bewegung über meinen Schaft. Laute der Entzückung, die
ich kaum noch als menschlich bezeichnen möchte, entrangen sich meiner Kehle.
Mit einer erneuten raschen Bewegung beugte er sich weiter nach vorn und nahm
mich in den Mund.
Ich musste meine Augen schließen, da ich
fürchtete, der pure Anblick meiner Männlichkeit, die in diesem unglaublichen
Mund verschwand, würde mich sofort über die Spitze treiben. Doch ich wollte
dieses so ungewöhnliche wie erotische Erlebnis so lang wie möglich
hinauszögern.
Ich kann mich wohl einer nicht gerade
geringen Größe rühmen, doch er schaffte es, mich vollkommen in sich
aufzunehmen. Mit einer unglaublichen Leistung saugte er mich tief in seine
Kehle, dabei gleichzeitig die Unterseite meines Schaftes mit der Zunge und die
Oberseite mit den Zähnen stimulierend. Er schein genau zu wissen, wie ich es am
Liebsten mochte.
Ich wand den Kopf wild hin und her, mich
nicht darum scherend, was er von einem so offen zur Schau gestellten
emotionalen Verhalten denken mochte. Außerdem hatte mein bewussten Denken schon
längst aufgehört zu funktionieren. Mein ganzer Körper schien nur noch pure Lust
und Ekstase zu sein, jeder einzelne Nerv in Flammen zu stehen, meine Beine
fühlten sich an wie Gummi, hätte er mich nicht gehalten, ich wäre wohl
augenblicklich auf dem Boden kollabiert.
Seine Hände massierten erneut aufreizend
meine Hinterbacken, neckten die gewisse Öffnung. Dann drang ein behandschuhter
Finger plötzlich und ohne Vorwarnung in mich ein. Ich schrie auf, nicht vor
Schmerzen sondern vor purer Lust, so unglaublich waren die Gefühle, die er in
mir weckte. Als ein zweiter Finger meinen Körper in Besitz nahm, war es um mich
geschehen. Begleitet von Lauten unglaublicher Lust pumpte ich ganze Ströme
meiner Leidenschaft in seinen Mund. Vage nahm ich mit nun wieder geöffneten
Augen war, dass er begierig alles trank, was ich ihm zu geben hatte.
Schwer atmend sackte ich schließlich auf
den Boden, nachdem er auch noch den letzten Tropfen aus mir herausgesaugt zu
haben schien. Er selbst richtete sich auf und glättete sein Gewand, von dem er
während der ganzen Zeit nicht ein einziges Stück abgelegt hatte.
Langsam selbst wieder die Kontrolle über
mich erlangend, wurde mir bewusst, dass ich nichts aber auch gar nicht getan
hatte, um das Vergnügen, dass er mir bereitet hatte zu erwidern. Durch sein
weites Gewand konnte ich nicht erkennen, ob er selbst erregt war. Sein heftiger
Atem – einziges Anzeichen einer eventuellen Regung – stabilisierte sich rasch
wieder.
Als er sich Richtung Tür drehte,
sammelte ich all meine Kräfte und rappelte mich auf. „Warte! Soll ich nicht...“, rief ich, während er rasch auf den
Ausgang zu schritt.
Er drehte sich um, kaum das ich zu
sprechen begonnen hatte und unterbrach mich mit einem energischen
Kopfschütteln. Kurz darauf war er gegangen.
Mit zitternden Händen kleidete ich mich
an. Dabei bemerkte ich, dass eine der weißen Manschetten, die meine Ärmel
zierten fehlte. So sehr ich auch überall im Zimmer suchte, ich konnte sie nicht
finden und kam schließlich zu dem Schluss, dass er sie wohl eingesteckt haben
musste, als er mich entkleidete.
Ich wollte ihn suchen – nicht nur
deshalb, sondern vor allem, weil ich mehr Zeit mit ihm verbringen wollte. Als
ich den Partysaal betrat, war jedoch von meinem geheimnisvollen Maharadscha
nichts mehr zu sehen. Ich suchte ihn im ganzen Haus wie auch im Garten, jedoch
vergebens. So machte ich mich schließlich auf den Heimweg, denn diese Party
konnte mir nun wahrlich nichts mehr von Interesse bieten.
///
„Sie gehen aus, Watson?“ Holmes Frage
war wohl mehr aus Höflichkeit gestellt, denn die Tatsache, dass ich bereits in
Hut und Mantel war, war Antwort genug. Mein Freund saß in seinem
Lieblingssessel, die Morgenzeitungen auf dem Schoß, eine Pfeife im Mund. Er
schien ausgezeichneter Laune zu sein, obwohl meines Wissens nach kein Fall
anstand, der seinen regen Intellekt beanspruchte. Von den Depressionen, die ihn
in solchen Zeiten erzwungenen Müßiggangs oft befielen, zeigte sich
glücklicherweise jedoch nichts.
Ich hingegen war schwer gefährdet, in
Trübsal zu verfallen. Nachdem die Euphorie über mein „Abenteuer“ verflogen war,
machte sich bei mir Ernüchterung und Enttäuschung breit. Dieses Erlebnis war so
einmalig gewesen und ich würde die Erinnerung daran mein Lebtag lang hüten,
doch in mir war auch das Begehren erwacht, es erneut zu erleben.
Ich hätte zu gern gewusst, wer dieser
geheimnisvolle Fremde gewesen war und ich wäre nur all zu bereit, unsere
Liaison fortzuführen. Doch gleichzeitig wusste ich, dass die Chancen dafür als
nicht existent anzusehen waren. Ich kam mir vor, wie einer dieser unglücklich
Verliebten in diversen billigen Romanen, die vor allem der Erbauung durch die
Verbreitung von Herzschmerz dienen sollen. Und tatsächlich war ich wohl auf dem
besten Wege, mich in meinen – wie ich ihn in Gedanken nannte – indischen
Prinzen zu verlieben. Wenn es nicht bereits sogar geschehen war.
An meinen Gefühlen Holmes gegenüber
hatte das allerdings auch nichts geändert. Im Gegenteil, ich wünschte mir
verzweifelter denn je, mit ihm solch ein erotisches Abenteuer zu erleben.
Konnte ein Mann gleich zwei Männer begehren? Nun, offensichtlich konnte ich es.
Ich seufzte still in mich hinein.
Zu diesem Kummer kam nun noch – ganz
praktisch – das fehlende Kostümteil hinzu. Ich hielt meinen Musketieranzug auf
dem Arm, denn ich war gerade im Begriff, den Kostümverleih, aus dem ich es
entliehen hatte, aufzusuchen, und es vertragsgemäß zurückzubringen. Ich konnte
nur hoffen, man würde mir die fehlende Manschette nicht all zu teuer in
Rechnung stellen oder gar darauf bestehen, dass ich das ganze Kostüm erwarb.
Auch wenn das Erlebnis, das zum Verlust
besagten Teiles geführt hatte, mit Sicherheit weitaus mehr wert war, als jede
mögliche Summe, die man mir berechnen mochte, so hoffte ich doch angesichts
meiner chronisch schwindsüchtigen Geldbörse, um diese Ausgabe herumzukommen.
Zumal ich schwerlich je wieder Verwendung für das Kostüm haben würde – außer es
in stummer Erinnerung und Verzweiflung
anzustarren vielleicht.
„Ich bringe das Kostüm zum Verleih
zurück“, antwortete ich Holmes und trat zur Tür. Ich hatte die Hand schon nach
dem Türgriff ausgestreckt, als mich Holmes Stimme zurückhielt.
„Sie haben etwas vergessen, Watson“,
sagte er und als ich mich umdrehte sah ich in seiner Hand eine weiße Manschette
blitzen.
Als die Erkenntnis in mir dämmerte, nahm
ich einige der wenigen Ohmachten meines Lebens.
-Ende-