Titel: Das Lied der Lyra
Autor: Lady Charena
Fandom: Star Trek Classic (TOS)
Charaktere: Amanda Grayson, Nyota Uhura
Pairing: Amanda/Nyota, [Sarek/Amanda]
Rating: femslash, NC-17, AR-oneshot
Beta: T'Len
Archiv: ja
Summe: Ihr Kennenlernen hatte völlig unspektakulär stattgefunden – als
Schülerin und Lehrerin.
Anmerkung: geschrieben im Mai 2001 für das Fanzine „Sappho“. Ich bin sie
nochmal durchgegangen und habe hoffentlich alle noch vorhandenen Tippfehler
gefunden. (Juli 2009)
Disclaimer: Die Rechte der in dieser Fan-Story verwendeten geschützten Namen
und Figuren liegen bei den jeweiligen Inhabern. Eine Kennzeichnung unterbleibt
nicht in der Absicht, damit Geld zu verdienen oder diese Inhaberrechte zu
verletzen.
Ihr Kennenlernen hatte völlig unspektakulär stattgefunden – als Schülerin und
Lehrerin.
Amanda Grayson - Ehefrau des berühmten vulkanischen Botschafters Sarek und
selbst eine äußerst anerkannte Linguistik-Spezialistin - die als Gast an der
Starfleet-Akademie Kurse über die vulkanische Sprache abhielt. Und Nyota Uhura,
die ihr besonderes Interesse und Talent für Sprachen bereits mit siebzehn
Jahren zur Jahrgangsbesten ihrer Ausbildung zur Kommunikationsspezialistin
gemacht hatte...
* * *
„Nyota? Darf ich Sie einen Moment sprechen?“ Amanda hielt die junge Frau auf,
die mit gesenktem Kopf an ihr vorbeieilen wollte.
Uhura zögerte. „Ja, Mrs. Grayson?“ (Der vulkanische Familienname Amandas war
für menschliche Zungen unaussprechlich.)
Die ältere Frau musterte sie freundlich. „Sie haben Ihren nächsten Kurs erst in
zwei Stunden, richtig? Ich würde mich gerne mit Ihnen über Ihre letzte Prüfung
unterhalten. Um diese Uhrzeit ist die Cafeteria in der Loggia angenehm ruhig.
Wir könnten dort miteinander sprechen“, schlug sie vor.
Die Siebzehnjährige blickte sie unsicher an, bevor sie sich das Haar aus der
Stirn strich. „Ja, natürlich“, erwiderte sie leise.
* * *
Einige Minuten später ließen sich die beiden Frauen an einem Tisch in der
Cafeteria der Akademie nieder. Der Raum verteilte sich in mehreren Ebenen über
eine nach antikem Vorbild erbaute Loggia und bot so für viele Menschen Platz,
ohne jemals wirklich überfüllt zu wirken. Jetzt lag sie – von zwei jungen
Männern, die sich am anderen Ende des Raumes miteinander unterhielten,
abgesehen – im vormittäglichen Sonnenschein verlassen.
„Sie sind eine begabte junge Frau, Nyota und ich war mit Ihrer Arbeit während
der sechs Monate, die ich Sie nun unterrichte, mehr als zufrieden. Doch bei der
letzten Prüfung haben Sie sehr schlecht abgeschnitten. Gibt es dafür einen
Grund, den Sie mir vielleicht mitteilen möchten?“ Amanda betrachtete Nyota sehr
genau. Die junge Frau hatte den Kopf gesenkt und studierte die Tischplatte mit
angestrengter Konzentration. „Ich erkundige mich nicht aus Neugier, Nyota. Ich
möchte Ihnen gerne helfen.“
Uhura sah auf. „Ich habe mich auf die Prüfung nicht ausreichend vorbereitet“,
meinte sie tonlos. „Es wird nicht wieder vorkommen, Mrs. Grayson. Darf ich nun
gehen?“
Amanda griff über den Tisch und legte die Hand über die des Mädchens, als
fürchte sie, anders würde Nyota weglaufen. „Ist das wirklich so?“, erkundigte
sie sich sanft. „Ich hatte bisher den Eindruck, Sie würden Ihre Studien sehr
ernst nehmen und sich auch gewissenhaft auf Ihre Prüfungen vorbereiten. Und es
ist mir aufgefallen, dass Sie während der Kurse manchmal mit Ihren Gedanken
nicht bei der Arbeit sind. Bedrückt Sie etwas?“
Die Siebzehnjährige wich dem Blick der älteren Frau aus. „Es wird nicht wieder
vorkommen“, wiederholte sie. „Es geht mir gut.“
„Das sieht mir aber nicht so aus, Nyota. Ich habe Sie als fröhliches, offenes
Mädchen kennengelernt, doch in den letzten beiden Monaten haben Sie sich sehr
verändert, sind verschlossener und stiller geworden. Vielleicht kann ich Ihnen
helfen, wenn Sie mir sagen, was Sie bedrückt.“
Es blieb eine Weile still. „Es ist nichts“, meinte Uhura schließlich leichthin.
„Nur ein vorübergehender Anflug von Heimweh.“
„Heimweh also“, wiederholte Amanda. „Ich verstehe. Aber das ist doch nichts
Ungewöhnliches oder etwas, wofür Sie sich schämen müssten. Auch ich habe von
Zeit zu Zeit Heimweh, Nyota.“
„Aber Sie sind doch...“ Sie verstummte verlegen.
Amanda verstand jedoch auch so. „Sie meinen, ich bin Zuhause, weil ich auf der
Erde bin, nicht wahr?“, erkundigte sie sich lächelnd. „Aber Vulkan ist meine
Heimat. Ich vermisse mein Leben dort, meine Arbeit, meine Freunde und
Studenten. Und natürlich auch meinen Mann.“
Uhuras Finger unter ihren verkrampften sich. „Aber Sie können jederzeit dorthin
zurückkehren“, stieß sie bitter hervor. „Oder nicht?“
„Aber diese Möglichkeit haben Sie doch während der Ferien auch“, erwiderte
Amanda besänftigend. „Das Semester dauert nur noch drei Wochen.“
Die dunklen Augen der jungen Frau füllten sich mit Tränen. „Nein“, meinte sie
leise. „Ich habe kein Zuhause mehr.“ Und dann zog sie ihre Hand zurück, legte
die Arme auf den Tisch und ließ den Kopf darauf sinken.
* * *
Die Berührung einer Hand an ihrer Schulter und eine sanfte Stimme veranlassten
sie letztlich, den Kopf zu heben.
„Trinken Sie das“, sagte Amanda leise und stellte eine Tasse vor sie. „Und dann
erzählen Sie mir alles in Ruhe.“
Uhura nickte und fuhr sich wie ein kleines Mädchen hastig mit dem Ärmel über
die Augen, um sich die Tränen abzuwischen. Sie nahm die Tasse in beide Hände,
nippte daran und verzog leicht das Gesicht. Die Cafeteria war berüchtigt für
ihren schlechten Tee, aber zumindest war er warm. Sie sah auf und begegnete
Amandas Lächeln.
„Er ist besser als der Kaffee“, meinte sie mit einem Augenzwinkern. „Aber das
hier...“, sie wies auf ihre Tasse, „...hätte meine Mutter vermutlich nicht
einmal benutzt, um ihre Blumen zu gießen.“
Nyota sah sie verblüfft an – und einen Moment später brachen die beiden Frauen
in leises Lachen aus, was ihnen erstaunte Blicke der beiden jungen Männer einbrachte.
„So gefallen Sie mir schon besser, Nyota“, meinte Amanda zufrieden. „Möchten
Sie mir jetzt nicht erzählen, was Sie damit meinten, kein Zuhause mehr zu
haben.“
Das Mädchen senkte den Blick. „Ich...“, begann sie zögerlich. „Ich bin seit dem
Tod meiner jüngeren Schwester das einzige Kind meiner Eltern. Sie stürzte beim
Spielen in einen alten Brunnenschacht, als sie drei Jahre alt war. Ich bin
deshalb sehr behütet aufgewachsen.“ Sie stoppte, um einen Schluck aus ihrer
Tasse zu nehmen. „Meine Eltern waren nicht besonders... begeistert, als ich
ihnen an meinem sechzehnten Geburtstag mitteilte, dass ich unbedingt die
Starfleet Akademie besuchen möchte. Ich stamme aus einer Familie, die auf eine
lange Reihe an Künstlern zurückblickt und vor allem meine Mutter hätte es
bevorzugt, wenn ich die Tradition fortgesetzt hätte und Tänzerin oder Sängerin
geworden wäre. Ich liebe die Musik und singe und tanze sehr gerne. Aber es war
immer schon mein Wunsch, die Akademie zu besuchen, um später auf einem
Raumschiff arbeiten zu können.“
Die Untertasse klirrte leise, als sie die Tasse abstellte. Es war das einzige
andere Geräusch in der Stille des Raumes, abgesehen von Uhuras leiser Stimme.
„Es war mein Wunsch, seit ich mich zurückerinnern kann“, wiederholte Nyota. Sie
hob den Kopf und blickte die ältere Frau an. „Ohne das Eingreifen meines Vaters
hätte meine Mutter mich aus dem Haus geworfen. Er überzeugte sie, zuerst einmal
mit meinen Lehrern zu sprechen, ob ich überhaupt eine Chance haben würde,
aufgenommen zu werden. Später setzte er dann durch, dass ich die
Auswahlprüfungen besuchen durfte. Aber ich denke nicht, dass er wirklich
glaubte, ich würde sie bestehen und sogar aufgenommen werden und er mich nur
deshalb daran teilnehmen ließ. Als ich die Prüfungen jedoch tatsächlich
bestand... ich habe meine Mutter noch nie so zornig erlebt, wie an dem Tag, als
ich die Bestätigung erhielt, dass ich aufgenommen war. Mein Vater war stolz auf
mich, wenn er es auch nicht offen zeigte, um meine Mutter nicht zu verärgern.“
„Und die Ansichten Ihrer Eltern haben sich seither nicht geändert?“, erkundigte
sich Amanda.
„Die meiner Mutter nicht.“ Nyota senkte den Blick auf ihre Tasse. „Mein Vater
ist tot.“
„Das tut mir sehr leid.“
Nyota schien sie nicht gehört zu haben. „Meine... meine Mutter gibt mir die
Schuld daran. An dem Tag, an dem ich nach San Francisco reiste, um mein Studium
zu beginnen, hat sie mich aus der Familie verstoßen“, fuhr sie bitter fort.
Über Amandas Gesicht huschte ein Schatten und sie schloss für einen Moment die
Augen gegen die Erinnerung, die Nyotas Worte heraufbeschworen. Der Schmerz
würde nie vergehen, doch sie hatte geglaubt, ihn inzwischen besser unter
Kontrolle zu haben...
„Sie hat sich deswegen sehr häufig mit meinem Vater gestritten. Vor zwei Monaten
ist er... es war ein Unfall. Er wollte mich hier besuchen, zum ersten Mal, seit
ich mit dem Studium begonnen hatte. Das Shuttle ist abgestürzt.“ Nyotas dunklen
Augen füllten sich mit Tränen. „Es war alt und immer wieder musste es repariert
werden, aber mein Vater... liebte dieses Ding. Eine Versorgungsleitung muss
gerissen sein. Er starb zwei Tage nach dem Unfall, aber meine Mutter ließ mich
nicht zu ihm. Ich konnte mich nicht einmal von ihm verabschieden. Für sie bin
ich... bin ich genauso tot wie mein Vater. Sie hasst mich.“ Das Mädchen
verstummte.
„Das tut mir alles sehr, sehr leid“, sagte Amanda nach einer Pause leise, aber
eindringlich. „Aber deine Mutter begeht ein Unrecht, ein großes Unrecht sogar,
dir die Schuld zuzuweisen. Es war ein Unfall. Dich trifft keine Schuld daran,
Nyota. Verstehst du das? Ich denke, deine Entscheidung, sich über ihren Willen
hinwegzusetzen, hat deine Mutter sehr verletzt. Und in ihrem Schmerz über den
Tod deines Vaters gibt sie nun dir die Schuld daran. Aber nicht, weil sie dich
hasst.“ Wieder berührte sie die Hand ihrer Schülerin und bemerkte erst jetzt,
dass sie sie geduzt hatte. Doch das Mädchen schien sich nicht daran zu stören
und sie beschloss, es beizubehalten.
Nyota sah sie nicht an. „Ich würde sie so gerne in den Semesterferien
besuchen“, flüsterte sie. „Aber sie hat nicht auf meine Nachrichten reagiert.“
Amanda hörte die schmerzliche Einsamkeit, die aus der Stimme des Mädchens
sprach und hätte ihr gerne diesen Schmerz genommen. In diesem Moment traf eine
Schar Studenten ein und Nyota zuckte zusammen, als sich der Raum plötzlich mit
Stimmen, Gelächter und anderen Geräuschen füllte. Sie zog die Hand unter
Amandas hervor, warf einen Blick auf die Uhr und erschrak sichtlich. „Ich muss
in meinen Kurs.“ Nyota sprang auf. „Ich muss mich beeilen. Vielen Dank, Mrs.
Grayson.“
„Würdest du gerne mit mir zu Abend essen, Nyota?“, fragte Amanda spontan. „Ich
möchte dir etwas erzählen.“
Uhura nickte, wenn auch zunächst etwas zögernd.
Amanda lächelte. „Keine Angst – ich beiße nicht. Ich erwarte dich um 19.00 Uhr
bei mir.“
„Gerne, Mrs. Grayson.“ Nyota erwiderte scheu ihr Lächeln. „Ich freue mich.“
Dann wandte sie sich ab und eilte davon.
Vielleicht beging sie einen Fehler, wenn sie sich einmischte - doch Nyota hatte
so einsam gewirkt, dass sie nicht hatte anders handeln können. Nachdenklich sah
ihr Amanda nach und nahm einen Schluck ihres längst kalt gewordenen Tees.
Angewidert verzog sie das Gesicht. Dann stellte sie mit einem Seufzen ihre
Tasse beiseite und kehrte in ihr Büro zurück. Sie hatte heute Nachmittag zwei
Kurse abzuhalten, für die sie sich noch vorbereiten musste.
* * *
Amanda kochte sehr gerne, doch seit sie auf der Erde war, hatte sie dazu wenig
Gelegenheit. Oft aß sie allein in der kleinen Wohnung, die ihr die Akademie
während ihres Aufenthaltes zur Verfügung stellte und begnügte sich mit dem, was
ihr der Replikator bieten konnte. Für sich allein mochte sie nicht kochen.
Gelegentlich aß sie mit Kollegen zusammen in der Cafeteria oder in einem der
Restaurants rund um das Akademiegelände. Doch an diesem Abend hatte sie zum
ersten Mal seit langer Zeit wieder Lust, sich an den Herd zu stellen.
Nach ihrem letzten Kurs machte sie einen kleinen Abstecher in die Stadt, um
einige Waren zu besorgen. Sie hatte an ein vulkanisches Gericht gedacht. In San
Francisco war es kein Problem, alle dafür benötigten Zutaten zu bekommen. Sie
erinnerte sich an ein spezielles Geschäft, in der Nähe der vulkanischen
Botschaft, dass sie bei ihrem ersten Aufenthalt auf der Erde nach ihrer Bindung
mit Sarek entdeckt hatte. Die Erinnerung schmerzte und sie ließ sie rasch
hinter sich zurück.
* * *
Nyota kam einige Minuten zu früh. Sie wirkte nervös, strich sich immer wieder
eine Haarsträhne aus dem Gesicht und wusste gar nicht so recht, wo sie hinsehen
sollte.
Amanda ließ sie unter dem Vorwand, nach dem Essen sehen zu wollen, für einige
Minuten allein, damit sich das Mädchen etwas entspannen konnte. Tatsächlich
wirkte Nyota ruhiger, als sie zurückkehrt. Die Studentin betrachtete
hingerissen eine vulkanische Lyra, die an der Wand hing.
„Sie gehörte meinem Sohn, als er in Ihrem Alter war, Nyota“, meinte sie.
Uhura zuckte zusammen und drehte sich rasch um. „Oh, bitte, sagen Sie weiter du
zu mir.“ Sie richtete den Blick wieder auf die Lyra und hob die Hand, als wolle
sie das Instrument berühren – stoppte jedoch mitten in der Bewegung.
Amanda war das nicht entgangen. „Nimm‘ sie ruhig von der Wand, wenn du
möchtest“, sagte sie lächelnd.
Nyota nahm sie zögernd ab. Vorsichtig berührte sie einige der Seiten, entlockte
ihnen schräge Töne. Sie verzog das Gesicht. „Wie spielt man darauf, Mrs.
Grayson?“, fragte sie und drehte sich zu Amanda um.
Die Ältere drängte die Erinnerungen zurück, die sie bestürmten. „Ich beherrsche
die Lyra leider selbst nicht, doch sie wird ähnlich wie eine Harfe gespielt.“
Nyota hängte sie zurück an die Wand und strich mit den Fingerspitzen das glatte
Holz des Rahmens nach. „Ist Ihr Sohn auf Vulkan, Mrs. Grayson?“ Als nicht
sofort eine Antwort erfolgte, drehte sie sich erschrocken um. „Ich bitte um
Verzeihung, ich wollte nicht...“
Amanda stoppte sie mit einer Handbewegung. „Ich habe nur gezögert, weil ich
zuerst überlegen musste, wo er sich momentan aufhält. Ich denke, er ist noch
mit der Enterprise unterwegs. Vor kurzem müsste er den Rang des Leutnants
erreicht haben.“ Der Blick des Mädchens enthielt eine Frage, die Nyota nicht
auszusprechen wagte. Amanda lächelte traurig. „Wir haben leider kaum Kontakt.
Das hat damit zu tun, was ich dir gerne berichten möchte. Aber wollen wir nicht
zuerst essen?“
Uhura nickte und folgte ihr zum Tisch.
* * *
Amanda lehnte Nyotas Hilfe beim Abräumen des Tisches ab. Es war wirklich nicht
viel zu tun. Als sie zurückkehrte, saß das Mädchen angespannt auf seinem Stuhl.
Amanda wies auf eine bequeme Sitzgruppe. „Setzen wir uns dorthin.“ Sie wartete
ab, bis Uhura auf dem Sofa Platz genommen hatte, ließ sich dann ihr gegenüber
in einem Sessel nieder.
Einen Moment lang sah sie zu Boden und versuchte einen Anfang zu finden. Als
sie schließlich sprach, klang ihre Stimme leise und emotionslos. „Als Spock –
das ist mein Sohn – achtzehn Jahre alt war, verließ er Vulkan, um auf der Erde
– hier an der Starfleet Akademie – zu studieren. Es war sein sehnlichster
Wunsch auf einem Raumschiff zu dienen, genau wie es der deine ist. Mein Mann...
Botschafter Sarek war dagegen. Er wollte, dass Spock ihm in die Diplomatie
folgt, um eines Tages sein Amt zu übernehmen. Als Spock sich weigerte, verstieß
er ihn aus der Familie.“
Sie stoppte einen Moment und hörte Nyota scharf Atem holen, als wolle sie eine
Frage stellen – doch das Mädchen schwieg. „Sareks Weigerung, seine Entscheidung
rückgängig zu machen, hat zu einem völligen Abbruch jedes Kontaktes mit unserem
Sohn geführt. Ich musste mich seinem Wunsch beugen und mein Kind ebenfalls im
Stich lassen – und mit jedem vergehenden Tag bereue ich es mehr, mich nicht
gegen ihn durchgesetzt zu haben. Ich vermisse Spock sehr. Ich vermisse es,
Anteil an seinem Leben zu haben.“
Wieder schwieg sie kurz. „Nyota – du solltest darüber nachdenken, ob du nicht
in den Semesterferien nach Hause fahren und versuchen willst, deiner Mutter zu
erklären, warum es so wichtig für dich ist, deinen eigenen Weg zu gehen. Jeden
Kontakt zueinander abzubrechen ist keine Lösung.“
Es blieb lange still. Dann sah Nyota auf. „Warum haben Sie mir das erzählt?“,
fragte sie. „Ich meine... ich meine, das ist etwas sehr Persönliches. Und ich
bin nur eine Schülerin.“
„Ich habe das Gefühl, dass du etwas Besonderes bist und ich möchte dir gerne
helfen, Nyota, da ich mit deiner Situation leider nur zu vertraut bin.“ Amanda
erhob sich. „Denke zumindest einmal darüber nach.“
Uhura sprang auf. „Das werde ich, Mrs. Grayson. Vielen Dank, dass Sie sich
soviel Zeit für mich genommen haben.“
Amanda lächelte. „Dein Besuch hat mich sehr gefreut.“ Sie strich dem Mädchen
übers Haar. „Und die verpatzte Prüfung wird nach einem exzellenten Abschneiden
bei der nächsten vergessen sein. Du musst deiner Mutter doch beweisen, dass du
es ernst meinst.“
Uhura lachte. „Ich habe den Hinweis verstanden, Mrs. Grayson. Ich werde mir
beim nächsten Mal alle Mühe geben, versprochen. Gute Nacht.“
„Gute Nacht, Nyota. Wir sehen uns morgen.“ Amanda schloss die Tür hinter Nyota
und setzte sich dann wieder in den Sessel, der sie während des Gesprächs mit
ihrer Schülerin beherbergt hatte. Sie schloss die Augen und tastete nach dem
mentalen Band, das sich zwischen ihr und Sarek spann – und stieß auf eine kalte
Mauer. Es hatte sich nichts geändert; er wies sie ab. Enttäuscht wich sie
zurück. Sie öffnete die Augen und schlang die Arme um sich selbst. Trotz der
Wärme im Raum fror sie.
* * *
Wie versprochen, schnitt Nyota in ihrer Gruppe bei der nächsten Prüfung als
Beste ab. Sie wirkte etwas unbeschwerter, folgte dem Unterricht nun wieder mit
voller Aufmerksamkeit. Und sie besuchte Amanda häufig. Zunächst unter dem
Vorwand, eine Frage zu dem durchgenommenen Stoff der vergangenen
Unterrichtsstunde zu haben...
Während ihrer Erklärung bemerkte Amanda immer wieder, wie der Blick des
Mädchens sehnsüchtig vom Bildschirm des Terminals und zu der Lyra an der Wand
glitt. Mit einem Lächeln schloss sie die Datei, die sie zur Verdeutlichung
ihrer Erläuterung aufgerufen hatte. „Ich denke, du hast den Stoff verstanden.
Wenn du möchtest, nimm‘ sie ruhig von der Wand.“
Nyota blickte verlegen zu Boden. „Bitte entschuldigen Sie, ich wollte nicht...“
„Es ist schon in Ordnung“, beruhigte sie Amanda. „Ich war mit deinen Leistungen
heute mehr als zufrieden.“ Sie blickte dem Mädchen nach, wie es aufstand und
zur Wand ging.
Geradezu ehrfürchtig nahm Uhura das Instrument ab und ließ sich damit auf dem
Sofa nieder. „Sie ist wunderschön. Ich habe bei dem Lehrer, der mich früher in
Musik unterrichtet hat, angefragt, ob er weiß, wie man sie spielt. Er hat
versprochen, sich zu erkundigen.“
Amanda lächelte über soviel Enthusiasmus. „Ich habe noch nie einen Menschen
darauf spielen sehen.“
„Spielt Ihr Sohn sehr gut?“, fragte Nyota weiter, während sie probeweise einige
der Saiten zum Schwingen brachte. Dünne, klagende Töne erfüllten den Raum.
Erinnerungen wurden wach. „Er hat den zweiten Platz in einem Wettbewerb
erreicht, an dem die besten Spieler von ganz Vulkan teilnahmen.“
„Und wer wurde Erster?“
„Sein Vater.“ Amanda zögerte kurz, doch dann stand sie auf und verschwand kurz
im Nebenraum. Als sie zurückkehrte, hielt sie einen Holowürfel in der Hand. Sie
setzte sich neben Uhura, strich über den Kontrollmechanismus an der Seite und
Bilder erschienen. Als sie gefunden hatte, was sie suchte, reichte sie den
Würfel an Nyota weiter.
Uhura sah das Abbild eines kleinen, sehr ernst blickenden Jungen. Er hielt eine
Lyra in Händen, die fast so groß war, wie er selbst.
„Als Spock drei Jahre alt war, hat mein Mann ihm die ersten Griffe beigebracht.
Seine Arme waren noch zu kurz und seine Hände zu klein, um kompliziertere
Akkorde zu spielen, doch Spock übte und übte, bis er Kerben in den
Fingerspitzen hatte. Seine Faszination mit diesem Instrument war wohl Sareks
„Schuld“ – während der Schwangerschaft ging es mir oft nicht gut und Sareks
Spiel auf der Lyra beruhigte und entspannte mich...“ Amanda brach abrupt ab.
Doch Nyota schien es nicht bemerkt zu haben. Sie reichte den Würfel zurück und
bettete die Lyra genau so in ihre Arme, wie sie es auf dem Abbild gesehen
hatte. Wieder huschten ihre Fingerspitzen über die Saiten. Wieder erklangen die
jammervollen Töne. Kopfschüttelnd legte Nyota das Instrument vorsichtig neben
sich. „Es klingt entsetzlich.“
„Das liegt nicht an dir“, erklärte Amanda lächelnd. „Ich denke, du hast Talent,
sie zu spielen. Aber die Lyra ist lange Zeit nicht benutzt worden und ich
denke, die Luftfeuchtigkeit hier auf der Erde hat ihr ebenfalls zugesetzt. Sie
ist verstimmt.“
Nyota wandte sich ihr zu. „Glauben Sie wirklich, ich könnte lernen, darauf zu
spielen?“
„Aber natürlich.“ Amanda berührte ermunternd ihren Arm – und wechselte das
Thema. „Du wirst in den Semesterferien nach Hause fahren?“
Nyota nickte und kaute dabei – ohne es zu bemerken – auf ihrer Unterlippe. „Ich
habe ihr eine Nachricht geschickt, dass ich komme“, sagte sie schließlich.
„Aber sie hat sich noch nicht gemeldet.“
„Du musst etwas Geduld haben.“ Amanda drückte beruhigend den Arm des Mädchens.
„Sicherlich hat es sie sehr überrascht.“
Uhura sah weg, auf den Boden, dann auf Amandas Hand. Sie zog sie zurück, in der
Annahme, sie wäre ihr damit zu nahe getreten. Uhura sah sie wieder an und sie
glaubte einen Anflug Enttäuschung in den dunklen Augen ihrer Schülerin zu
entdecken.
Dann stand Nyota abrupt auf. „Vielen Dank, Mrs. Grayson.“ Der Augenblick war
verflogen. „Ich muss jetzt gehen.“
„Natürlich.“ Amanda begleitete sie zur Tür. „Wenn du weitere Fragen hast,
kannst du dich jeder Zeit wieder an mich wenden.“
* * *
Dann kamen die Semesterferien. Amanda verbrachte einige Zeit bei Verwandten,
die sich alle Mühe gaben, sie die Entfremdung nicht spüren zu lassen, aber nur
teilweise damit Erfolg hatten. Nach wenigen Tagen brach sie deshalb den Besuch
ab und kehrte nach San Francisco zurück. Die Akademie war nicht ganz verlassen,
da es genug Studenten gab, für die sich die lange Heimreise nicht lohnte oder
die es vorzogen, auf der Erde zu bleiben, um das frei Leben hier zu genießen.
Zwei Tage nach ihrer Rückkehr nahm Amanda die Lyra und ließ sie nach Vulkan und
zu einem Spezialisten transportieren, der sich um ihre ordnungsgemäße
Wiederherstellung kümmerte. Später sandte sie eine Nachricht an Sorktan.
Amanda kehrte gerade von einem Spaziergang zurück, als das Licht an ihrem
Terminal aufblinkte und eine eingehende Nachricht anzeigte. Sie aktivierte das
Gerät und mit leisem Knistern kam die Verbindung zustande. Amanda war
überrascht, gestattete sich jedoch nicht, diese Überraschung zu zeigen. Sorktan
beantwortete ihre Nachricht persönlich.
„Lady Amanda“, kam es knarrend aus dem Lautsprecher. „Ich grüße Sie.“ Sorktan
sprach Standard, als glaube er, sie wäre des Vulkanischen nicht mehr mächtig.
Es verwunderte Amanda nicht. Der alte Mann hatte sie seine Missbilligung
bereits spüren lassen, als sie Spock noch zu ihm brachte. Er erteilte ihm zwei
Jahre lang Unterricht, als Sarek fand, dass er ihm seine Pflichten zu wenig
Zeit ließen, das Talent seines Sohnes entsprechend zu fördern. „Sorktan“,
erwiderte sie respektvoll, doch kühl – und auf vulkanisch. „Ich fühle mich
geehrt.“
Rasch wechselte der alte Mann die Sprache. „Euer Ansinnen ist ungewöhnlich.“
Schwang etwa Tadel in seinen beherrschten Worten mit?
Amanda ließ sich von ihm nicht beeindrucken. „Ich zweifle nicht am Talent des
Mädchens und an der Ernsthaftigkeit ihres Interesses“, entgegnete sie.
„Aber sie ist nur ein Mensch!“ Nun lag tatsächlich Abscheu in seiner Stimme.
„Ihr wart der Lehrer meines Sohnes“ – Etwas blitzte in den Augen des alten
Mannes auf, verschwand jedoch sofort wieder. Amanda wusste, dass Spock durch
Sareks Lossagung für Vulkan als tot galt, doch sie ließ sich dadurch nicht
abbringen. – „Und aus dieser Verbindung richtete ich meine Bitte an Euch. Wenn
Ihr euch jedoch nicht in der Lage seht, dieser nach zu kommen...“
Sorktan unterbrach sie mit einer Geste. Sehr unhöflich, doch Amanda beließ es
dabei. „Es befindet sich niemand auf der Erde, der dem Mädchen Unterricht
erteilen kann“, sagte er. „Ich werde Euch jedoch in den nächsten Tagen
Unterrichtsmaterialien zukommen lassen. Um einen Lehrer müsst Ihr euch selbst
bemühen.“
„Das werde ich. Ich danke Euch, Sorktan.“
Der alte Mann starrte sie an. „Langes Leben und Frieden“, sagte er dann abrupt
– und unterbrach die Verbindung.
Amanda lehnte sich verblüfft zurück. Ihre simple Bitte schien Sorktan aus dem
Gleichgewicht gebracht zu haben – so sehr, dass er seine Höflichkeit vergaß.
Flüchtig fragte sie sich, ob Sarek etwas damit zu tun hatte, doch es erschien
ihr unwahrscheinlich. Wie hätte er davon erfahren sollen. Dann schüttelte sie
den Kopf, wie um diesen Gedanken zu vertreiben. Nicht alle Vulkanier waren
engstirnig und verbissen wie Sarek und Sorktan – oder so voreingenommen
gegenüber Menschen. Aus der Zeit ihrer gemeinsamen Reisen hatte sie Kontakte.
Vielleicht fand sich auf der Erde doch jemand, der Nyota Unterricht geben
konnte.
* * *
Das Ende der Semesterferien brachte für Amanda eine unerwartete Überraschung.
Die Leitung der Akademie bat sie, nach Ablauf des zugesagten Jahres für ein
weiteres zu unterrichten. Amanda war hin- und hergerissen. Einerseits liebte
sie es, die Studenten hier zu fördern. Doch dies würde gleichzeitig bedeuten,
der VSA – wo sie ja bisher gearbeitet – noch ein weiteres Jahr fern zu bleiben.
Außerdem benötigte sie Sareks Einverständnis.
Es war schwer, ihren Ehemann zu erreichen. Sie hinterließ eine Nachricht in
seinem Büro und einer seiner Assistenten, ein junger Mann namens Sort teilte
ihr mit, dass der Botschafter sich gegenwärtig nicht auf Vulkan aufhalte,
sondern zu Verhandlungen unterwegs war. Eine private Komm-Nachricht über eine
derartige Entfernung zu senden war kostspielig und unsicher und so bat sie
Sort, ihr Anliegen an den Botschafter weiter zu leiten, sobald er seinen
Bestimmungsort erreicht hatte.
Die nächste Neuigkeit war dann, dass zwei Pakete für sie angekommen waren. In
einem befand sich die reparierte Lyra, das andere stammte von Sorktan. Eine
Woche nach dem Ende der Ferien hielt Amanda die Lyra wieder in Händen – und lud
Nyota zum Abendessen ein.
* * *
Das Mädchen... nein, die junge Frau... die zur Tür hereinkam, wies kaum mehr
Ähnlichkeit mit der verzweifelten, unglücklichen Studentin auf, mit der Amanda
erst vor wenigen Monaten in der Loggia der Cafeteria gesessen hatte.
Nyota erzählte ihr während des Essens strahlend von ihrem Gespräch mit ihrer
Mutter und ihrer vorsichtigen Annäherung, die in einer Aussöhnung am Ende der
Ferien geführt hatte. Zwar war sie nach wie vor nicht völlig glücklich mit der
Berufswahl ihrer Tochter, doch sie akzeptierte nun, dass sie ihren eigenen Weg
gefunden hatte. Und nicht zuletzt Nyotas gute Zensuren und die Bewertungen
durch ihre Lehrer hatten dabei eine große Rolle gespielt.
Amanda freute sich mit ihr, wenn auch mit etwas Wehmut, dass ein solches
Verständnis zwischen Spock und Sarek wohl niemals entstehen konnte, selbst
sollten sich ihre Wege in der Zukunft noch einmal kreuzen. Sie dachte kurz an
ihren Sohn und wünschte ihm, dass er mit seiner Wahl ebenso glücklich sein
mochte, wie die junge Frau, die ihr gegenüber saß.
Nyota entging die Niedergeschlagenheit ihrer Lehrerin nicht. Sie blickte sie
mit ihren klaren, dunklen Augen an. „Sie denken an Ihren Sohn, nicht wahr, Mrs.
Grayson?“
Amanda verbarg ihre Überraschung. „Ja“, entgegnete sie. „Ja, ich wünschte, eine
Aussöhnung wie zwischen dir und deiner Mutter wäre auch zwischen Spock und
seinem Vater möglich. Er fehlt mir sehr.“
Uhura zupfte nachdenklich an ihren Haaren, die sie nun aufgesteckt trug. „Aber
denken Sie nicht, das könnte eines Tages sein? Vielleicht, wenn mehr Zeit
vergangen ist?“
Sie war wirklich rührend. Und wie sehr sie sich wünschte, sie hätte recht...
Amanda lächelte. „Das ist nicht so einfach. Mein Mann und mein Sohn sind beide
sehr dickköpfig und stolz. Ich habe keine große Hoffnung, dass eines Tages
einer von ihnen den ersten Schritt auf den anderen zugehen wird. Ich habe Spock
in den letzten fünf Jahren nur wenige Male gesehen – heimlich und in Eile –
doch wann immer ich ihn bat, seinem Vater mehr Verständnis entgegen zu bringen,
blockte er ab. Und ebenso verweigert Sarek jedes Wort über seinen Sohn. Für ihn
ist Spock an dem Tag gestorben, als er Vulkan verließ. Er hat mir praktisch
verboten, seinen Namen zu nennen, von ihm zu sprechen oder ihn gar zu besuchen
und die Tradition verlangt, dass ich mich seinen Anordnungen beuge.“
Nyota beugte sich gespannt vor. „Aber Sie haben sich nicht daran gehalten, wenn
Sie Ihren Sohn trotzdem gesehen haben“, meinte sie. „Mein Vater hat es auch
nicht getan. Obwohl Mutter furchtbar wütend war. Er hat mir oft geschrieben und
Komm-Nachrichten geschickt...“ Sie stockte und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
„Er fehlt mir so sehr.“ Hastig stand sie auf und wandte sich. „Es war das
einzige Thema, über das ich mit Mutter nicht reden konnte. Ich denke... ich
denke, sie gibt mir nicht mehr die Schuld daran. Aber... aber... er wollte doch
zu mir.“ Sie brach ab.
Amanda stand ebenfalls auf, ging um den Tisch herum und legte den Arm um Nyotas
Schulter. „Ich verstehe“, sagte sie leise. Nyota drehte sich zu ihr um und
lehnte sich trostsuchend an sie. „Es war nicht deine Schuld“, wiederholte
Amanda und strich ihr besänftigend übers Haar. „Es war ein Unfall. Sieh‘ mal,
dieses Unglück hätte ebenso bei jedem anderen Flug geschehen können. Es ist
Unsinn, zu glauben, du hättest etwas damit zu tun.“ Sie spürte Nyota zittern
und hielt sie fest gegen sich. Und ließ sie weinen.
Als Nyota sich etwas beruhigt hatte, schob Amanda sie etwas von sich. „Ist
alles in Ordnung?“, fragte sie freundlich.
Nyota schniefte ein wenig und nickte dann, betretend zu Boden sehen. Amanda
legte eine Hand unter ihr Kinn und hob ihren Kopf an, damit sie ihr ins Gesicht
sehen könnte. „Es gibt keinen Grund, sich dafür zu schämen, um einen Menschen
zu trauern, den man geliebt hat“, sagte sie ruhig. Sie hob die Hand und wischte
mit dem Handrücken sanft die Tränen von den Wangen der jungen Frau. „Du kannst
das Badezimmer benützen, wenn du möchtest.“
Uhura nickte erneut und machte sich auf dem Weg. Nach einigen Schritten blieb
sie stehen und wandte sich zu Amanda um. Sie lächelte zaghaft. „Danke“, meinte
sie und verschwand dann rasch im Bad.
Amanda sah ihr nach. Ohne es zu bemerken, rieb sie mit den Fingern über die von
Nyotas Tränen benetzte Haut ihrer anderen Hand. Ein merkwürdig unruhiges Gefühl
machte sich in ihr breit. Hatte sie mit diesem Abend die Grenze bereits
überschritten, die sie zu einer Studentin oder einen Studenten wahren sollte?
Sie gab gerne zu, dass sie sich über Nyotas Anwesenheit sehr freute. Sie war
erleichtert, dass sie ihr hatte helfen können und sie wollte das auch in
Zukunft tun, indem sie Nyotas Interesse und offenbares Talent für die Lyra
förderte. Daran konnte nichts falsches sein.
Uhuras Rückkehr unterbrach ihre Gedanken und sie lächelte ihr zu. „Ich habe
noch eine Überraschung für dich, Nyota“, sagte Amanda. „Es geht um die Lyra.“
Nyota trat zu ihr. „Ich habe schon bemerkt, dass sie nicht mehr an der Wand
hängt, Mrs. Grayson.“ Ihre Augen glänzten noch etwas, doch ansonsten wirkte sie
wieder gefasst.
Amanda zog den Transportbehälter, der bisher unbeachtet unter einem Tisch
gestanden hatte, hervor und öffnete ihn. „Ich habe sie auf Vulkan reparieren
und stimmen lassen“, sagte sie. „Wenn du möchtest, dann darfst du jederzeit
darauf spielen.“
Nyota nahm die Lyra beinahe ehrfürchtig heraus. „Das ist sehr freundlich von
Ihnen, Mrs. Grayson. Aber das kann ich nicht annehmen. Es ist bestimmt ein
wertvolles Instrument und ich kann ja überhaupt nicht spielen.“
Entschieden schüttelte Amanda den Kopf. „Natürlich. Es ist ja kein Geschenk,
sondern eine Leihgabe. Und was das Spielen betrifft...“, sie öffnete einen
zweiten, viel kleineren Behälter, „...so kannst du es hiermit lernen. Es ist
zwar nicht das gleiche, wie Unterricht bei einem Lehrer, aber im Moment lässt
sich das leider nicht bewerkstelligen.“
Behutsam legte Nyota die Lyra zurück und nahm den Stapel an Speicherdiscs entgegen,
die ihr Amanda reichte. Sie sah die Ältere verblüfft an. „Für mich?“, fragte
sie atemlos.
Amanda nickte lächelnd. „Ich glaube, du hast Talent dazu und ich möchte dieses
Talent gerne fördern. Außerdem ist es eine Vergeudung, ein solches Instrument nur
als Wandschmuck zu verwenden. Es muss gespielt werden – und zwar von jemandem,
der ein wirkliches Interesse daran hat.“
Ein Leuchten trat in Nyotas Augen. „Das würde ich sehr gerne.“
„Dann steht ja nichts mehr im Wege“, entgegnete Amanda und drückte Nyotas
Hände, die noch immer den Stapel Discs umschlossen. „Wenn du möchtest, kannst
du es gleich heute Abend ausprobieren.“
„Darf ich wirklich?“ Das Strahlen erhellte ihr ganzes Gesicht. „Das ist
herrlich. Oh, Danke, Mrs. Grayson.“ Sie umarmte Amanda stürmisch und küsste sie
auf die Wange. Verlegen wich sie zurück. „Entschuldigung.“
Lächelnd schüttelte Amanda den Kopf. „Du kannst das Terminal an meinem
Schreibtisch benutzen. Und ich kümmere mich in der Zwischenzeit um das
Geschirr.“
„Ich helfe Ihnen natürlich.“
„Nein, das wirst du nicht“, wehrte Amanda entschieden ab. „Damit werde ich
schon alleine fertig.“ Sie sah zu, wie Nyota die Speicherdiscs zum Schreibtisch
brachte, bevor sie sich daran machte, das Geschirr abzutragen.
Als sie einige Zeit später zurückkam, saß Nyota mit gerunzelter Stirn vor dem
Bildschirm und kaute auf ihrer Unterlippe. Gedankenverloren strich sie mit den
Fingern am Rahmen der Lyra entlang, die auf ihrem Schoß lag.
„Gibt es ein Problem?“, erkundigte sich Amanda.
Nyota wandte sich ihr zu. „Die Instruktionen sind auf Vulkanisch. Und der
Computer kann es nicht übersetzen – zumindest verstehe ich nicht, was er
übersetzt.“ Die Falten auf ihrer Stirn vertieften sich. „Die Finger müssen
gebogen um die Saite gelegt werden“, las sie vor.
Amanda trat zu ihr und beugte sich über die Schulter der jungen Frau, um den
Text zu lesen. Ihr Haar streifte leicht kitzelnd die Seite ihres Gesichts und
Amanda nahm einen leichten Mandelgeruch wahr.
Wäre Sorktan kein Vulkanier gewesen, müsste sie ihm unterstellen, ihr
absichtlich Speicherdiscs mit Anweisungen in Hoch-Vulkan geschickt zu haben. Es
war verständlich, dass der Standard-Computer mit dieser selbst auf Vulkan nur
selten verwandte Sprache Schwierigkeiten hatte. Amanda selbst studierte sie bereits
seit nahezu 20 Jahren und beherrschte sie nur unvollkommen.
„Das muss nicht gebogen heißen, sondern gekrümmt“, sagte Amanda nach einen
Moment. Sie griff nach Nyotas Hand, die auf dem Instrument lag. „So, siehst
du?“ Sie krümmte die schlanken Finger der jungen Frau in der Art und Weise, wie
es im Text beschrieben war und wie sie es bei Spock gesehen hatte.
Ihre Blicke trafen sich über das Instrument hinweg. Bis Amanda wegsah und
wieder auf den Bildschirm blickte.
* * *
Nyota verwandte in den folgenden Monaten den Teil ihrer freien Zeit, den sie
nicht zum Lernen benötigte, dazu um bei Amanda zu üben. Freunde, die sie
vermissten, schien sie nicht zu haben.
Amanda... nun, sie freute sich sehr über Nyotas Besuche. Zum ersten Mal war ihr
bewusst, wie einsam sie sich gefühlt hatte – selbst inmitten all der Menschen.
Während Nyota übte, bereitete Amanda ihre Kurse vor oder arbeitete an einem
ihrer Projekte weiter. Gelegentlich stand sie auf und korrigierte eine
Unklarheit der Computerübersetzung. Es waren ruhige, angenehme Stunden, die sie
gemeinsam so verbrachten.
Amanda behielt recht. Innerhalb von zwei Monaten konnte Nyota bereits einzelne
Tonfolgen spielen. Nach weiteren vier Monaten einfache Grundmelodien. Es war
verblüffend, ihr zuzusehen - und ihr zuzuhören. Es war direkt bedauerlich, das
Sorktan nicht die Gelegenheit erhielt, seinen Irrtum über ihre Begabung zu
korrigieren.
Acht Monate waren inzwischen vergangen. Amanda verlängerte ihren Vertrag mit
der Akademie um ein Jahr, nachdem Sarek eine knappe, zustimmende Mitteilung
gesandt hatte.
Eines Abends teilte Nyota ihr mit, dass sie erst in zwei Tagen wieder kommen
würde, da sie diese bei ihrer Mutter verbringen wolle.
„Ist irgend etwas passiert?“, erkundigte sich Amanda.
Nyota schüttelte den Kopf. „Nein. Ich... ich werde morgen 18 Jahre alt. Und ich
habe frei bekommen, damit ich bei meiner Familie feiern kann. Es ist so
Tradition, dass ein großes Fest ausgerichtet wird. Ich habe meiner Mutter
versprochen, dass ich kommen werde. Seit dem Tod meines Vaters ist es die erste
Feierlichkeit.“
Es war einen Moment sehr still. Amanda lächelte. „Aber natürlich musst du an
diesem Tag bei deiner Familie sein“, sagte sie. Und schalt sich selbst für die
selbstsüchtige Enttäuschung, die in ihr aufstieg. So sehr hatte sie sich an
Nyotas Präsenz in ihrem Leben gewöhnt, dass selbst zwei Tage ohne sie sehr
lange erschienen...
„Können Sie nicht mitkommen, Mrs. Grayson?“, fragte Nyota impulsiv. „Sie haben
so viel für mich getan. Und ich würde mich so sehr freuen. Bitte“, setzte sie
hinzu, als sie sah, wie die andere zögerte, „Ich darf Gäste einladen. Ich bin
sicher, meine Mutter würde Sie ebenfalls gerne kennenlernen.“
„Nun gut“, stimmte Amanda zu. „Ich bin überredet.“ Sie fand nichts daran, das
Nyota sie begeistert umarmte.
* * *
Mrs. Uhura sah ihrer Tochter sehr ähnlich. Sie begrüßte Amanda mit einer
Herzlichkeit, die diese alle Bedenken vergessen ließ, an einer Familienfeier
teilzunehmen.
Nyota war unbestritten der Mittelpunkt der Feier. Amanda sah die Zufriedenheit
auf dem Gesicht ihrer Mutter, dass ihre Tochter letztendlich doch das ererbte
musische Talent umsetzte. Und die Überraschung der anderen Gäste über das
ungewöhnliche Instrument. Sie wurde, nachdem Nyota eine Kostprobe ihres Könnens
gegeben hatte, von mehreren interessierten Verwandten mit Fragen bestürmt.
Nach einiger Zeit entschuldigte sich Amanda und ging nach draußen, um frische
Luft zu schöpfen. Inzwischen war die Nacht hereingebrochen und Amanda
orientierte sich an dem matten Licht der Sterne, als sie ein Stück durch den
Garten ging, die kühle Nachtluft genießend. Es war lange her, dass sie so viel
Alkohol getrunken hatte und sie spürte seine Wirkung, fühlte sich losgelöst,
unwirklich.
Plötzlich ertönten leise Klänge und sie folgte ihnen. Unter einem Baum, dessen
weitausladenden Äste beinahe den Boden berührten, stand eine Bank. Vor ihr saß
Nyota, die Lyra im Schoß, im Gras und spielte eine leise, eindringliche – fast
sinnliche – Melodie, die Amanda nie zuvor gehört hatte. Sie wollte nicht stören
und sich wieder zurückziehen, als Nyota sich aufrichtete. „Setzen Sie sich doch
zu mir“, meinte sie.
„Ich wollte nicht stören“, sagte Amanda, als sie auf der Bank Platz nahm.
Nyota schüttelte den Kopf und legte die Lyra vorsichtig in das weiche, satte
Gras neben sich. „Ich bin früher hier oft mit meinem Vater gesessen“, erzählte
sie. Sie strich mit der Hand über den Boden und erzeugte ein raschelndes
Geräusch. „Können Sie sich vorstellen, dass das hier vor einhundert Jahren noch
alles Wüste war?“, fuhr sie zusammenhanglos fort. Ihre Stimme klang plötzlich
angespannt, fast hektisch. „Es hat ihn manchmal bedrückt, wie sehr wir die
Natur verändert haben. Die Wüste hat ihren eignen Zauber.“
„Die Wüste hat einen eignen Zauber“, wiederholte Amanda nachdenklich. „Ja, ich
glaube, ich weiß, was er damit meinte.“ Doch sie dachte dabei an Vulkans
Wüsten.
Nach einer Pause fuhr Nyota fort. „Er hat mir hier immer solche Sachen erzählt.
Von der Vergangenheit, die Märchen und Mythen meines Volkes.“ Sie schwieg. „Ich
vermisse ihn. Es tut weh, dass er nicht mehr da ist.“ Plötzlich wandte sie den
Kopf und blickte Amanda an. „Vermissen Sie Ihren Mann?“
Verblüfft über diese Frage schwieg Amanda lange. „Ja“, entgegnete sie
schließlich. „Natürlich.“
„Warum lässt er zu, dass Sie einsam sind?“ Nyota drehte sich um, kniete nun
dicht vor Amanda.
„Aber ich bin nicht einsam“, wehrte diese mit einem Lächeln ab.
Nyota sah sie nur an. Es war hell genug, dass sie die großen, dunklen, ernsten
Augen der jungen Frau erkennen konnte. Und die Anspannung in ihrem Gesicht.
Gedämpft driftete Gelächter, Stimmen und Musik von dem nahen Haus, in dem die
Feierlichkeiten weitergingen, zu ihnen durch die Dunkelheit.
Amanda wandte den Blick ab. Eine merkwürdige Nervosität - fast Angst – ergriff
sie. Doch ihre langen Jahre der Beherrschung bewahrten sie davor, es zu zeigen.
„Das ist nicht so einfach, Nyota. Sarek und ich haben uns über die
Auseinandersetzungen um Spock entfremdet.“ Zum ersten Mal sprach sie diese
Gedanken laut aus. „Ich konnte – und ich kann bis heute – seine Entscheidung,
unseren Sohn zu verstoßen, nicht verstehen. Sarek hat weiß Gott selbst mit
aller Tradition gebrochen, als er mich heiratete. Wie konnte er Spock dafür
verurteilen, das gleiche Recht in Anspruch zu nehmen und seinen eigenen Weg zu
gehen?“ Sie verfiel in Schweigen, zwang die Tränen zurück, die in ihre Augen
stiegen.
Sie sah nicht auf, als sie Nyotas Hand auf ihrer spürte. „Ich wünschte, ich
könnte Ihnen helfen“, sagte sie leise. „Manchmal, wenn Sie so traurig sind,
möchte ich...“
Amanda unterbrach sie. „Du solltest zurückgehen. Deine Mutter vermisst dich
sicherlich.“
Nyota schüttelte den Kopf. „Noch nicht. Ich möchte Ihnen zuerst ein Stück
vorspielen, das ich selbst komponiert habe. Es ist ein Geschenk für Sie.“
„Für mich?“ Amanda zog ihre Hand weg. Sie hätte plötzlich das Gefühl, das etwas
geschah, das sich außerhalb ihres Einflusses, ihrer Kontrolle befand. „Ein
Geschenk?“ Es würde besser sein, ins Haus zurück zu kehren, bevor... Bevor was?
„Ja.“ Nyota wandte sich um, ergriff die Lyra und kehrte dann in ihre vorige
Position zurück. „Ich nenne es „Das Lied der Lyra“. Kein sehr einfallsreicher
Titel.“ Sie zuckte mit den Schultern und legte das Instrument zurecht.
„Es ist... ein schöner Titel.“ Amandas Stimme klang belegt.
Nyota schloss die Augen und legte die Hände über die Saiten.
Ihre Finger bewegten sich kaum und doch erklang eine wundervolle, eindringliche
Melodie. Es war die gleiche, die Amanda hierher geführt hatte. Amanda beugte
sich unwillkürlich weiter vor. Sie fühlte sich eingewoben von der Melodie,
umhüllt von einem feinen Gespinst aus Klängen, die durch sie drangen, in sie,
ihre Seele berührten. So war es gewesen, immer, wenn Sarek für sie spielte. Am
Anfang ihrer Liebe. Sie vergaß den Raum, die Zeit...
Als die Klänge schließlich verstummten, verharrte Amanda reglos – irgendwann
während Nyotas Spiel hatte sie die Augen geschlossen, den Mund leicht geöffnet
und atemlos, versunken. Und dann... spürte sie weiche, warme Lippen auf ihren.
Zögernd, aber ohne Unsicherheit. Eine sanfte Hand, die über ihre Wange
streichelte. Der Kuss wurde intensiver, als sie ihn erwiderte - ihre Lippen
öffnete, um einer fordernden Zunge Zutritt zu gewähren.
Als er endete, wagte sie nicht, die Augen zu öffnen – um nicht auch noch den
Traum enden zu lassen. Etwas raschelte. Dann spürte sie Hände über ihr Gesicht
gleiten, ihren Mund. Lange, schlanke Finger – die Hände eines Musikers. Sie
presste ihre Lippen dagegen.
Irgendwo in ihrem Kopf meldete sich eine Stimme... doch sie hörte nicht darauf.
Die Hände glitten fort und sie fühlte sich verlassen. Ein leiser, klagender
Laut kam über ihre Lippen. Und dann... eine zaghafte Berührung... die Wölbung
ihrer Brüste unter dem dünnen Sommerkleid umfassend. Sie wich zurück, doch
nicht weit – sie stieß an den Stamm des Baumes, an dessen Fuße die Bank stand.
Die Berührung wiederholte sich, weitaus zielgerichteter. Zwei Finger jeder Hand
fanden ihre Brustwarzen und rieben sie durch den Stoff hindurch, bis sie sich
zu harten Knospen zusammengezogen hatten. Ein scharfes... süßes... Stechen ging
durch sie. So lange war es her, dass sie es zuletzt gespürt hatte... Ihr Atem
beschleunigte sich und ihre Erregung stieg. Und dann... Lippen, die die
empfindliche Haut an ihrem Hals berührten, liebkosten, tiefer glitten – bis
dorthin, wo der Ausschnitt des Kleides endete und die weiche Haut ihrer Büste
verhüllten. Sie wollte sie dort spüren. Ihre eigenen Hände, die bisher reglos
in ihrem Schoß gelegen hatten, wurden aktiv und lösten die seitlichen
Verschnürungen des Kleides. Erst links, dann rechts. Der Stoff glitt
auseinander und sie konnte ihn seitlich wegschieben.
Kühle Nachtluft streichelte über ihre entblößte Haut. Amanda spürte die raue
Rinde an ihrem Rücken und ein Schauer lief durch sie. Vergessen, vergessen,
vergessen... lamentierte in ihr endlos eine Stimme. Was hatte sie vergessen? Es
war egal. Süße Lippen auf ihren Brüsten - eine Zungenspitze, die Brustwarzen
umspielend. Erst links, dann rechts. Sie stöhnte auf. Ihre eigenen Hände glitten
unter ihre Brüste, hoben sie an, pressten sie der Berührung entgegen.
Doch sie endete und erneut stöhnte Amanda auf. Diesmal aus Protest.
Und während ein sanfter Kuss ihre Lippen erneut gefangen nahm, entfachten die
zärtlichen Hände auf ihrem Körper süße Lust...
Durch den Slip spürte sie die streichelnden Finger, die über das Dreieck ihrer
Scham glitten, mit dem Bund des Slips spielten – und schließlich darunter
glitten. Sie versteifte sich, ihr Kopf fiel zurück gegen den Baumstamm, als ein
suchender Finger sich durch das feine Haar und zwischen die feuchten Lippen
wand. Ein heißer Blitz durchzuckte sie, als er sanft gegen die harte Knospe
presste, sie umkreiste, rieb. Ihr Unterkörper wölbte sich vor, der Berührung
entgegen. Es waren jetzt zwei Finger, streichelnd, erregend. Sie öffnete die
Beine weiter, umklammerte mit den Händen die raue Kante der Bank. Ein leiser
Aufschrei kam über ihre Lippen, als einer der Finger den Weg in sie fand.
Amanda öffnete die Augen. Neben ihr kauerte Nyota mit einem Knie auf der Bank,
mit dem anderen Bein stand sie auf dem Boden. Ihre rechte Hand bewegte sich
unter Amandas Slip, mit ihrer linken stützte sie sich gegen den Baumstamm ab.
Ihr Gesicht lag an Amandas Busen.
In diesem Moment verfolgt der Zauber der Lyra, der Schleier, den der Alkohol um
sie gelegt hatte, zerriss. Was...? Sie hatte von Vulkan geträumt. Von Sarek...
Sie stieß Nyota von sich, die junge Frau landete auf dem Boden. Mit fliegenden
Händen brachte Amanda ihre Kleidung in Ordnung, ihre Finger zitterten so stark,
dass kaum die Verschnürung an den Flanken des Kleides schließen konnte. Ihre
Gedanken rasten.
Nyota sah auf. „Amanda“, flüsterte sie. Mehr nicht.
Sie zuckte zusammen, als wäre sie geschlagen worden. „Nein“, entgegnete sie
scharf. Furcht, nicht Wut schärfte ihre Stimme. Furcht vor dem, was beinahe
geschehen wäre. „Geh‘ zurück ins Haus!“
Einen Moment lang saß Nyota reglos zu ihren Füßen. Dann stand sie auf und
verschwand in der Dunkelheit.
Amanda holte tief Atem. Sie zitterte. Was passiert war... sie schob es beiseite
und konzentrierte sich darauf, aufzustehen. Dann folgte sie Nyota ins Haus. Die
junge Frau war nicht in Sicht. Amanda suchte nach Mrs. Uhura und fand sie
schließlich am Fuß einer Treppe, die in den ersten Stock des Hauses führte.
Sie wandte sich zu ihr um. „Mrs. Grayson. Nyota ist gerade an mir
vorbeigelaufen und in ihr Zimmer verschwunden. Wissen Sie, was passiert ist?“
Amanda schüttelte den Kopf. „Nein“, log sie. „Mrs. Uhura – bitte sagen Sie
Nyota, dass ich ihr sehr für die Einladung danke, aber jetzt leider gehen
muss.“
Enttäuschung glitt über das Gesicht der anderen Frau. „Oh, wie schade. Nyota
wird sehr enttäuscht sein. Wir dachten, Sie bleiben die beiden Tage?“
„Es geht wirklich nicht.“ Amanda ballte hinter ihrem Rücken die Finger zur
Faust, ihre Fingernägel bohrten sich in das weiche Fleisch der Handinnenfläche.
Der Schmerz half ihr, die Kontrolle zu bewahren. „Ich muss gehen.“
„Wenn es nicht anders geht, verstehe ich das natürlich. Ich habe mich sehr
gefreut, Sie kennen zu lernen, Mrs. Grayson“, entgegnete Nyotas Mutter. „Wollen
Sie sich nicht persönlich von meiner Tochter verabschieden?“
„Das ist leider nicht möglich.“
„Nun, Sie sehen sich ja bald wieder.“ Mrs. Uhura reichte ihr die Hand und
Amanda wandte sich fluchtartig ab, verließ das Haus. Sie stieg in den Gleiter,
den sie sich aus dem Fahrzeugbestand der Akademie ausgeliehen hatte und
startete. Ihn zu programmieren gab ihr etwas zu tun, das ihre Gedanken in
Anspruch nahm. Erst als das Fahrzeug abhob und sie nichts mehr tun musste,
brach ihre Kontrolle zusammen und sie begann zu weinen. Warum? Es waren Tränen
der Scham, des Schmerzes, den sie Nyota zufügte, der Verwirrung.
In der Akademie angekommen, packte sie einige Sachen zusammen, verfasste ein
kurzes Schreiben an die Leitung und verließ die Wohnung. Sie buchte einen Platz
im ersten Shuttle nach Vulkan und blieb am Raumhafen, bis ihr Flug aufgerufen
wurde. Amanda sah nicht zurück.