Titel: Unter den Augen des Gesetzes
Autor: Lady Charena (Feb. 2002)
Fandom: Sherlock Holmes
Charaktere: John Watson, Sherlock Holmes, Emma Hudson, Inspektor Jones
Pairing: Holmes/Watson
Rating: ab 18 slash, Humor
Worte: 2440
Beta: T’Len
Summe: In meinem gemeinsamen Leben mit Sherlock Holmes ergab es sich
gelegentlich, dass wir kleineren und größeren Gefahren ausgesetzt wurden. Aus
meinen in "The Strand" veröffentlichten Journalen sind einige davon
bekannt und sogar bestaunt worden, dem geschätzten Leser einen Moment wohligen
Schauderns verursachend. Es gab jedoch auch Gefahren der Art, über die der
Mantel des Schweigens gehüllt werden muss, um uns nicht des Gesichtsverlusts
und einer eventuellen Strafe auszusetzen. Eine solche will ich hier in meinem
Tagebuch festhalten - und ich hoffe, dieses wird mir helfen, die pikante
Angelegenheit eines fernen Tages in dem gleichen amüsanter Lichte zu sehen, wie
mein Freund Holmes.
Anmerkung: Geschrieben unter dem Einfluss der Granada Verfilmungen mit Jeremy
Brett als Sherlock Holmes und David Burke als John Watson, Anfang der 1980er.
Disclaimer: Sherlock Holmes, Doktor Watson, Emma Hudson und Detective
Lestrade stammen aus der Feder Sir Arthur Conan
Doyle. Eine Verwendung in dieser Story erfolgt nicht in der Absicht, damit Geld
zu verdienen, noch Inhaberrechte zu verletzen.
Unter den Augen des Gesetzes
Aus den privaten Tagebüchern des John H. Watson, M.D.
Mrs. Hudson servierte uns nach unserer Rückkehr von
Scotland Yard ein schmackhaftes, wenngleich spätes Supper.
Inspektor Jones hatte uns an diesem Abend zu sich gebeten, um noch einige
Fragen des - am Morgen zuvor abgeschlossenen - Sholto-Falles
zu klären und unsere Aussagen zu Protokoll zu nehmen. Wenige Minuten vor
unserer Ankunft war er jedoch fort gerufen worden.
Wir wurden gebeten, auf den Inspektor zu warten, da es sich bei dieser
Abwesenheit nur um wenige Minuten handelt sollte - doch Inspektor Jones war
nach dem Verstreichen einer Stunde noch nicht zurückgekehrt und so verließen
wir den Yard, um in die Bakerstreet zu fahren.
Während unsere gute Hauswirtin abräumte und uns darüber informierte, dass sie
sich in Kürze zurückziehen würde, beobachtete ich von meinem Sitzplatz am
Esstisch aus meinen Freund Sherlock Holmes.
Der große Detektiv stand - den Hausrock nur
nachlässig geschlossen - am Kamin und spielte mit seiner Pfeife, die auf dem
Kaminsims lag. Als er meinen Blick bemerkte, lächelte er flüchtig und schob
eine Hand in die Tasche des Hausrocks. Die langen Finger streichelten das Rohr
der Pfeife, zirkelten um den Kopf und tauchten schließlich rhythmisch zuckend
in die dunkle Öffnung. Sein Gesicht blieb dabei völlig reglos, unbeteiligt.
Einem unbedarften Zuseher hätte sich seine Handlung als gedankenverlorenes
Spiel präsentiert.
Auf mich erzielte es jedoch eine andere... stimulierende... Wirkung. Vor allem,
als ich seine andere Hand ausmachte, die - in der Tasche seines Hausrockes
verborgen, doch keineswegs unsichtbar - über seinen Schritt streichelte.
Ich räusperte mich verlegen und musste den Blick von ihm abwenden. Mein Mund
war wie ausgetrocknet.
In diesem Moment legte Mrs. Hudson die letzte Gabel
auf ihr Tablett und hob es hoch. Dann verließ sie den Raum, uns beiden eine
geruhsame Nacht wünschend.
Holmes legte die Pfeife zur Seite, als ich mich ihm wieder zuwandte. Ich
erwartete, dass er ihr nun folgen würde, um die Tür zu schließen, bevor der
Abend weit intimere Züge annehmen würde. Doch stattdessen trat er zu mir und
beugte den Kopf zu mir herab, um mich zu küssen.
Etwas verärgert über sein Verhalten, entzog ich mich ihm jedoch nach einer
kurzen Berührung.
Mein Freund lachte leise. "Ich sehe, du bist verstimmt", meinte er
und richtete sich wieder auf.
"Gehe ich richtig in der Annahme, dass ich mir durch meine kleine...
Spielerei... deinen Unmut zugezogen habe?"
Wie immer las er mir meine Gedanken vom Gesicht ab. "Es war mir
ausgesprochen unangenehm. Vor Mrs. Hudson! Sie war
zwar mit dem Abtragen des Geschirres beschäftigt, aber wie leicht hätte sie es
beim Aufsehen bemerken können. Der Kamin lag direkt in ihrem Blickfeld."
Ich spürte Röte in meinen Wangen dringen und sie rührte nur teilweise von
meiner empfundenen Verlegenheit her.
"Ich bedauere, dass dir meine kleine Expression nicht zusagte und bitte
ergebenst um Verzeihung." Er deutete eine Verbeugung in meine Richtung an.
Doch ich bemerkte am spöttischen Tonfall seiner Worte, dass er meine Bedenken
nicht teilte - er war stets bereit, ein Risiko einzugehen, wenn es ihm Wert
erschien - bei seiner Arbeit ebenso, wie in unserem Privatleben.
Einmal küsste er mich auf den Mund, während wir uns mit Lestrade
in einer Droschke auf dem Weg zum Schauplatz eines Mordes befanden, zu dem
Scotland Yard die Meinung Holmes einholen wollte.
Glücklicherweise fuhren wir gerade durch eine teilweise unbeleuchtete Straße,
so dass von draußen kein Lichtstrahl in das Innere der Droschke drang. Zwar
hatte Lestrade den Hut tief ins Gesicht gezogen und
aus seiner Schweigsamkeit und seinen langsamen, tiefen Atemzügen war zu
schließen, dass er schlief - dennoch war es ein ungeheuerliches Risiko dies vor
den Augen des Gesetzes zu unternehmen.
Den Rest der Fahrt saß ich schreckensstarr da, die Hände um meinen Spazierstock
geklammert und wagte kaum zu atmen, da ich befürchtete, jeden Augenblick dem
Verderben ausgeliefert zu werden. Es geschah jedoch nichts. Lestrade
schlief weiter, bis die Droschke stoppte.
Als ich Holmes später dazu befragte, wehrte er meine Bedenken mit einem Lachen
und der Bemerkung, dass "Lestrade nicht durch
das Ende der Welt zu wecken sein würde - geschweige denn durch einen simplen
Kuss" ab.
Er ergriff meine Hand und ich ließ sich bereitwillig auf die Beine stellen.
Ich war noch nie dazu in der Lage gewesen, ihm ernstlich oder über einen
längeren Zeitraum böse zu sein.
"Watson, mein lieber Watson", seufzte er. "Die Augen unserer Mrs. Hudson mögen scharf sein, doch als sittsame Hausfrau
hält sie sie während des Abräumens stets fürsorgend auf ihr gutes Geschirr
gerichtet. In all den Jahren, die wir nun bei ihr logieren, hat sie es noch
immer so gehalten. Die Gefahr, von ihr beobachtet zu werden, war demnach also
minimal."
Seine langen, sensiblen Finger berührten meine Wange, strichen über meinen Schnurrbart
und dann über meine Lippen. Diese flüchtige Berührung erzeugte ein Kribbeln,
das in meinen ganzen Körper ausstrahlte. Ein Schauer lief durch mich und konnte
ihm nicht entgehen. Holmes lächelte erneut und nahm meine Hand, um sie an
seinen Mund zu ziehen.
„Ich appelliere an deinen Großmut, mir zu verzeihen“, sagte er und sah mir in
die Augen.
Ich fühlte, wie auch der letzte Schatten Verärgerung aus mir wich und einem
Gefühl von Wärme Raum machte. Was hätte ich nun anderes erwidern können, als: „Natürlich“.
Holmes schalkhaftes Lächeln blitzte wieder auf. „Dann steht einer Fortsetzung
des Abends ja nichts im Wege.“ Seine Stimme klang tief und seiden und
beschleunigte meinen Herzschlag.
Ich nickte nur, unfähig auch nur ein Wort zu äußern. Und als er auch meine
zweite Hand ergriff und mich zu dem kleinen Separee führte, hinter dessen
schweren Vorhängen eine äußerst bequeme Ottomane wartete, wusste ich plötzlich,
was er im Sinn hatte...
Ich machte zunächst Anstalten, dagegen zu protestieren - es war immerhin unser
Hauptwohnraum und ich hätte die Privatsphäre meines oder Holmes Schlafzimmer
vorgezogen - doch als er seinen Hausrock ablegte,
seinen Kragen lockerte und dann öffnete, gerieten meine Einwände sehr rasch in
Vergessenheit.
* * *
Holmes' Kopf fiel gegen die Rücklehne der Ottomane, er stöhnte leise auf, als
mich über ihn beugte, um mit Lippen und Zunge seine Brustwarzen zu liebkosen.
Da ich über seinen langen Beinen kniete, rieb mein erregtes Geschlecht mit
jeder Bewegung köstlich über seinen Oberschenkel. Gleichsam spürte ich Holmes
aufragendes Glied an der Innenseite meines Beines. Seine feuchte Schwere
verleitete mich dazu, mich tiefer zu bewegen und meine Lippen darum zu
schließen.
In einer Geste, die mit ihrer Zärtlichkeit mein Herz rührte, legte Holmes eine
Hand an meine Wange, um die Bewegungen meines Mundes zu spüren und flocht die
Finger der anderen in mein Haar.
In diesem Moment glaubte ich Stimmen auf dem Flur vor der Tür zu hören.
Erschrocken ließ ich von Holmes ab und richtete mich
auf. Holmes protestierendes Stöhnen und seine Frage, nach dem Grund meines
Innehaltens, wehrte ich mit einer Geste ab.
Ich lauschte angestrengt - und hörte nun ganz deutlich Mrs.
Hudsons Stimme - und das knarrende Geräusch, welches die Türe beim Öffnen von
sich gab. Und dann... ich erstarrte vor Schreck - erklang das Poltern von
Inspektor Jones‘ Stimme.
"Ich muss doch entschieden bitten, Inspektor Jones. Ich weiß nicht, ob die
Gentlemen überhaupt im Haus sind."
Gute Mrs. Hudson - sie versuchte ihn abzuwimmeln,
obwohl sie sehr wohl wusste, dass wir nicht ausgegangen waren.
Doch Jones ließ sich nicht so leicht wegschicken. "Man muss wohl kein
Sherlock Holmes sein, um diese Frage zu beantworten", erwiderte er.
"Ihre Überzieher hängen hier am Haken. Also sind die Herren wohl
anwesend."
An seiner undeutlichen Aussprache bemerkte man sehr deutlich, dass der gute
Inspektor Jones als alles andere als völlig nüchtern anzusehen war. Holmes, dem nun ebenfalls unsere prekäre Lage deutlich
wurde, setzte sich auf und bedeutete mir, absolutes Stillschweigen zu wahren.
Selbstverständlich hatte ich keinerlei anderen Pläne.
"Mr. Holmes?" Leises Klopfen und Mrs.
Hudsons Stimme verrieten mir, dass sie an die Schlafzimmertür meines Freundes
pochte. Als - verständlicherweise - keine Reaktion erfolgte, versuchte sie sich
offenbar an meiner Tür. "Dr. Watson?"
"Nun, wo stecken die Gentlemen?", fragte Jones polternd.
"Ich bedauere - ich weiß es nicht."
Mrs. Hudson klang irritiert und ich nahm mir fest
vor, mich am nächsten Tag bei ihr zu entschuldigen. Sofern ich mir bis dahin
eine Erklärung für unser "Verschwinden" zurecht
legen konnte.
"Vielleicht ist es das Beste, wenn Sie morgen noch einmal herkommen,
Inspektor."
Ich sandte ein stummes Stoßgebet an den Himmel, dass er dem Rat unserer
Hauswirtin folgen würde.
"Ich werde warten", entschied Jones.
"Wie Sie wünschen", antwortete Mrs. Hudson
kühl. Kurz darauf war das Knarren der Tür erneut zu hören.
Mit angehaltenem Atem lauschte ich auf die Schritte des Inspektors. Er schien
einige Male im Zimmer auf und ab zu gehen. Dann war das leise Klirren von Glas
gegen Glas und ein Gluckern zu vernehmen.
Verwirrt blickte ich Holmes an. Der verzog kurz die Lippen und deutete mit der
Hand an, ein Glas zum Mund zu führen. Jones hatte wohl unseren Getränkevorrat
entdeckt. Nun war mit einem vorzeitigen Aufbruch von seiner Seite kaum noch zu
rechnen.
Mir wurde mit einem Male bewusst, dass ich noch immer in einer höchst
peinlichen Haltung auf der Ottomane kniete und Holmes sich nach wie vor unter
mir ausstreckte. Unnötig, zu erwähnen, dass mich der Schreck meiner Erregung
vollständig beraubt hatte. Ich wollte mich also lautlos erheben und mich
möglichst schnell meiner auf dem Boden verstreut liegenden Kleider bemächtigen
- als Holmes mich zurückhielt. Ich wandte mich ihm zu und versuchte ihm mit
Blicken zu verdeutlichen, dass er mich freigeben sollte. Doch vergeblich. Er
schüttelte den Kopf, legte einen Finger über die Lippen und zog mich neben sich
auf die Ottomane, so dass ich ausgestreckt neben ihm zu liegen kam.
Ich spürte seine Lippen an meinem Ohr. "Wir können nicht einfach so
erscheinen", wisperte Holmes. "Er wird fragen, warum wir nicht sofort
geantwortet haben, als Mrs. Hudson nach uns rief. Am Besten wird es sein, wir verhalten uns völlig still, bis
ihm die Zeit zu lange wird und er geht."
Mir sträubten sich förmlich die Nackenhaare bei diesem Vorschlag. Und doch
wusste ich keinen besseren Ausweg, als auszuharren, bis die Grenzen von Jones
Geduld erreicht sein würden.
Unterdessen stieg ein bekannter Duft auf. Der gute Inspektor hatte sich wohl in
Erinnerung gerufen, wo die Zigarren aufbewahrt wurden - und beschlossen, sich
für die Wartezeit schon einmal im Voraus zu entschädigen. Mit dunkler Empörung
dachte ich an sein unmögliches Verhalten.
Und so sehr war ich in finstere Gedanken versunken, dass ich zunächst nicht
reagierte, als Holmes Hand meinen Rücken entlang glitt.
Ich versteifte mich unwillkürlich und wandte mich Holmes ungläubig zu. Wie
konnte er in dieser Situation an Derartiges denken... Doch Holmes lächelte nur
und ließ auch seine zweite Hand auf Wanderschaft über meinen Körper gehen.
Zuerst war mir seine Berührung unangenehm – doch bald konnte ich die Lust, die
er mir bereitete, nicht mehr verhehlen. Ich biss mir auf die Lippen, um nicht
laut aufzustöhnen, als über mich glitt, sein Körper meinen bedeckte und ich
sein erregtes Geschlecht an meinem spürte. Holmes Mund senkte sich auf meinen
und - ich schwöre, so war es – für die folgenden Minuten vergaß’ ich alles -
sogar die unmittelbare Anwesenheit Inspektor Jones nebenan...
* * *
Ermattet lagen wir eng aneinandergeschmiegt – erschöpft, doch glücklich.
Plötzlich drang ein seltsames Geräusch in unseren Zustand der Losgelöstheit. Es
klang wie ein... ein Schnarchen??
Holmes, der den Kopf auf meine Brust gebettet hatte, sah auf. Ein Lächeln
spielte um seine Lippen, dann küsste er mich und erhob sich dann mit einem
Ausdruck des Bedauerns.
In diesem Moment wurde mir wieder bewusst, was geschehen war. Holmes und ich
hatten uns geliebt, unter den Augen - beziehungsweise vor den Ohren – des
Gesetzes, vertreten in der Person Inspektor Jones’.
Ich fuhr von der Ottomane hoch und in meine Kleidung, die mir Holmes hilfreich
reichte. Und betete inbrünstig darum, dass mit meine Ohren getäuscht und Jones
das Warten zu lange geworden war und er uns verlassen hatte.
Als wir beide wieder bekleidet waren und wir uns gegenseitig unserer –
zumindest äußerlichen – Respektierlichkeit versichert
hatten, spähte Holmes durch die Vorhänge, die er einen spaltbreit auseinander
zog, in unseren Hauptwohnraum.
Was er dort erblickte, erfüllte ihn offenbar mit großer Heiterkeit, denn ich
hörte ihn leise lachen. Und bevor ich ihn zurückhalten konnte, hatte er die
Vorhänge geteilt und war hindurch geschritten. Nach einem Augenblick sammelte
ich mich und folgte ihm.
Zu meinem Entsetzen war Inspektor Jones doch noch hier. Er hatte es sich in
einem tiefen Sessel am Feuer bequem gemacht – und schlief! Das Geräusch, das
ich gehört hatte, entstammte tatsächlich seinem Mund. Er schnarchte und sägte,
als würde er einen kompletten Wald roden. Auf dem Tischchen neben ihm stand ein
Glas – und eine leere Karaffe, die zuvor noch mehr als halbvoll mit unserem bestem Whiskey gefüllt gewesen war.
Holmes folgte meinem Blick. „Nun, schade um den guten Whiskey, Watson.“ Er sah
mit leichtem Abscheu auf den schlafenden Inspektor. „Ich bitte dich, einen
Blick auf die Straße zu werfen – ich bin sicher, seine Droschke wartet vor dem
Haus.“
Ich trat zum Fenster. Holmes hatte recht, der Kutscher schlief auf dem Bock,
ein Sergeant saß gähnend hinten auf. Ich wandte mich um und nickte. Dann
machten wir uns gemeinsam daran, Jones soweit wach zu bekommen, dass wir ihn die Treppe hinab und in die Obhut seines Sergeanten
übergeben konnten.
Als wir in unsere Räume zurückkehrten, umarmte mich Holmes lachend. „Nun, war
das ein Abenteuer? Ein intimes Tete-a-tete unter den
Augen von Inspektor Jones...“
Ich legte ihm rasch einen Finger auf die Lippen. „Ich bitte dich nur um eines –
vergiss niemals mehr, die Tür abzuschließen.“
Ende