neu: We all fall down (House MD, gen, PG - Staffel 4
Spoiler)
Titel: We all fall down
Autor: Lady Charena
Fandom: House, MD
Pairung: POV Wilson. House
Rating: gen, PG
Beta: T'Len
Archiv: ja
Summe: Du stehst an seinem Bett und du fragst dich, wie du hierher gekommen
bist. (Gegenstück zu „Falling from grace“) Spoiler: 97 Seconds (4.03) / House’s
Head (4.15) / Wilson’s Heart (4.16) Finale Staffel 4
Disclaimer: Die Rechte der in dieser Fan-Story verwendeten geschützten Namen
und Figuren liegen bei den jeweiligen Inhabern. Eine Kennzeichnung unterbleibt
nicht in der Absicht, damit Geld zu verdienen oder diese Inhaberrechte zu
verletzen.
Lyrics: OneRepublic
Lost til you're found
Du stehst vor ihm und du fragst dich, wie du überhaupt hierher gekommen bist. Nicht
‚wieso’, nur das ‚wie’. Deine letzte, bewusste Erinnerung ist ein viel zu
großes, viel zu leeres Bett in einer unerträglich stillen Wohnung; ihr Parfum
in den Kissen und der Zettel, den sie dir darauf hinterlassen hatte und der
jetzt sicher in deiner Brusttasche steckt. Du starrtest an die Decke und
versuchtest nicht zu denken; dich nicht zu erinnern; nichts zu fühlen. Dich an
die Betäubung zu klammern, die sich in dir ausgebreitet hatte, als du sie
losließt; sie mit einer Sanftheit, die sie nicht mehr spüren konnte, vorsichtig
auf die Liege zurück gebettet hast.
Swim til you drown
Und du hast Angst vor dem Moment, an dem die Betäubung nachlässt. An dem du
dich wieder an die Berührung ihrer Haut an deiner erinnerst. An ihre Stimme,
ihr Lachen, ihren Geruch. An das hinreißende, leise Geräusch, das sie im Schlaf
machte. Die Art, wie sie sich ihre Unabhängigkeit sicherte; noch nicht bereit,
sich völlig auf dich einzulassen, selbst dann, unbewusst, schlafend, wenn sie
von dir wegrollte. Es war anders als in deinen vorherigen Beziehungen, als in
deinen Ehen. Meistens warst du es gewesen, der sich am Morgen so weit wie nur
möglich von deiner Frau entfernt fand, und wusstest, dass bald wieder ein
Umschlag mit Scheidungspapieren auf dem Tisch zwischen euch liegen würde. Oder
daran, wie ihre Augen anfingen zu leuchten; vielleicht nicht so eindringlich,
nicht so schrecklich intensiv wie ein anderes Paar blauer Augen; aber mehr von
Leben erfüllt. Sie war nie ein Ersatz gewesen: auch wenn sie darüber gelacht
hatte, als sie die ganze Geschichte aus dir herausholte; auch wenn du für einen
Moment Unsicherheit in ihrem Gesicht sahst. Sie war nicht naiv, nicht dumm
genug, um nicht zu spüren, wie eng das Band zwischen dir und ihm ist... oder
war?
Know that we all fall down
Wie oft hast du es mit angesehen? Diesen Augenblick des Abschiednehmens... Die
Erinnerung an deine Worte mit denen du versuchtest, Angehörige zu trösten,
klingt wie ein hohles Echo in deinen Ohren und du spürst plötzlich brennende
Scham ob ihrer Bedeutungslosigkeit. Du warst so stolz darauf, auf deine... Methodik
mit dem Tod umzugehen, dass du selbstgefällig Foreman belehrtest; so beiläufig
als würdest du ihn in einer Biopsiemethode unterrichten und nicht darin, einem
Menschen mitzuteilen, dass er sterben würde. Nicht irgendwann, nicht in ferner
Zukunft, sondern in ein paar Stunden.
Amber hatte nicht einmal mehr diese paar Stunden.
Und du wendest dich von diesem Bild ab, verschließt es tief in einem Winkel in
deinem Geist, der für Bilder wie dieses bestimmt ist. Für den letzten Blick auf
den Rücken deines Bruders, als er aus deinem Leben verschwand. Für House’
zusammen gekrümmte Gestalt auf dem dunklen Holzfußboden in seinem Wohnzimmer. Für
den Hass in Julies Augen, als du sagtest, du könnest ihre Entschuldigung nicht
akzeptieren, obwohl sie dir wieder und wieder verziehen hatte.
Love til you hate
Stattdessen hebst du die Augen und siehst ihn an. Du siehst ihn an und du
erinnerst dich, dass das ‚warum’ keine Bedeutung hat. Nicht mit ihm. Niemals
mit ihm. Du hast vor langer Zeit aufgegeben, irgendetwas zu hinterfragen, was
mit diesem Mann zu tun hat. Mit deinen Gefühlen für ihn. Wie er dich immer
tiefer in seinen Bann zog, bis du nicht mehr in der Lage warst, dir dein Leben
ohne ihn vorzustellen.
Und du fragst dich unwillkürlich, zu wem du gehen... wohin du flüchten würdest,
wenn er es gewesen wäre, der...
Seine Hände bewegen sich unruhig über das weiße Laken und du hältst instinktiv
für einen Augenblick den Atem an, erwartest... befürchtest... dass er die Augen
aufschlägt.
Und du weißt, du wirst nicht ertragen können, was du in seinem Blick siehst. Die
Enttäuschung. Du hast dir einmal geschworen, sein Vertrauen nie zu
missbrauchen; ihm zu beweisen, dass er unrecht hat, dass jemanden zu vertrauen
kein naiver Wunschtraum war. Dass man nicht automatisch damit rechnen musste,
verletzt zu werden, wenn man sich verletzbar machte. Aber dieses Versprechen
war nicht, woran du dachtest, als du ihn fragtest... von ihm gefordert hast...
sein Leben für sie zu riskieren; obwohl ein Teil von dir bereits wusste, dass
es zu spät war, um sie noch zu retten. Vielleicht wolltest du ihn in diesem
Moment einfach nur bestrafen. Sie wäre nie in diesem Bus gewesen, wenn er in
der Lage gewesen wäre, sich wie ein normaler, vernünftiger Mensch zu benehmen. Und
auch wenn ein Teil von dir ihn dafür hasst; du weißt, dass der Unfall nicht
seine Schuld war. Keine kosmische Hand der Vorsehung hatte in diesem Moment
beschlossen, House für seine Sünden zu bestrafen, indem sie die Bremsen eines
Mülllasters versagen ließ. Du weißt, du hast kein Recht, ihn zu hassen; nicht
nachdem, was er die letzten beiden Tage getan hat. Für Amber. Für dich. Trotzdem
kannst du dir nicht helfen, du fühlst dich von ihm enttäuscht. Weil er kein
Wunder vollbracht hat. Nicht dieses eine Mal, als ‚du’ ihn darum gebeten hast,
ein Wunder zu vollbringen. Die Unlogik deiner Gedanken macht dich selbst
schwindlig.
Und du weißt, du willst nicht hören, was er sagen wird. Es wurde bereits zu
viel gesagt und nichts davon bringt sie zurück. Er hat sich nie bei dir
entschuldigt, nie mit Worten, und du willst es auch jetzt nicht.
Strong til you break
Doch dann stoppen seine unruhigen Bewegungen und er liegt wieder still.
Du denkst unwillkürlich an das letzte Mal, als du ihn in einem Krankenhausbett
liegen sahst, erst ein paar Monate zuvor, blass und seltsam geschrumpft, als
hätte der Stromschlag einen Teil von ihm verdampfen lassen. An blaue Augen, die
dich glasig ansahen, schmerzerfüllt und die nicht in der Lage waren, deinen
Blick länger als ein paar Sekunden zu halten. Blaue Augen, hinter denen
Gedanken umherschwirrten, scheinbar wirr und ungeordnet und ohne die geringste
Kontrolle, wie Fische unter der milchigen Oberfläche eines zugefrorenen Sees.
Du spürst für einen Moment den Drang, seine rechte Hand in deine zu nehmen und
sie umzudrehen; einen Blick auf seine Handfläche zu werfen, nach einer
Brandwunde zu suchen, die inzwischen verheilt ist. Aber die Zeit dreht sich
nicht selbst zurück und du würdest in seiner Hand nichts anderes finden, als
eine blasse Narbe.
‚Ich liebe dich.’
Zuerst warst du wütend über seine Worte. Zu oft hast du sie selbst in den Mund
genommen, bis sie zu einer bedeutungslosen Plattitüde wurden. Sie gerade dann
von ihm zu hören, nachdem er es eben beinahe wieder geschafft hatte, sich
umzubringen, klang wie Hohn. Aber dann fiel dir der Mangel an Sarkasmus in
seiner Stimme auf, da war für einen Moment etwas in seinem Gesicht... eine
Mischung aus Angst und Anspannung, die dich die scharfe Bemerkung, dass er sich
seine spöttische Dankbarkeit sparen könne, die bereits auf deiner Zunge lag,
vergessen ließ. Er sah dich erwartungsvoll an und alles, was du ihm geben
konntest, war ein mattes, unsicheres Nicken.
Know that we all fall down
Warum? Warum in diesem Moment? Und was hättest du mit diesen drei Worten
anfangen sollen? Denn du weißt schon lange, dass du ihn liebst. Wie du deinen
großen Bruder liebst, obwohl er nie zurückkam, auch wenn er dir versprochen
hatte, dich nie im Stich zu lassen, als ihr noch sehr jung wart. Obwohl es
wehtut, ihn zu lieben. Oder vielleicht weil es wehtut. Den Schmerz nicht mehr
zu spüren, wäre sehr viel schlimmer.
Der Stuhl neben dem Bett, in dem du Cuddy an seiner Seite hattest schlafen
sehen, ist leer. Du hast jedes Zeitgefühl verloren, aber vermutlich wurde sie
zurück an die Arbeit gerufen. Das Leben im Krankenhaus geht weiter. Das Leben
außerhalb dieses Krankenhauses geht weiter, auch wenn du das Gefühl hast,
deines ist im Verlauf von zwei Tagen völlig zum Stillstand gekommen.
Du setzt dich in den Stuhl, wendest dich ihm zu. Beobachtest, wie sich sein
Brustkorb langsam hebt und senkt; sein Schlaf dank der Hilfe der Medikamente in
seinem Blut tief und ungestört. Hoffentlich traumlos.
Bis seine Hand erneut anfängt zu zucken, zu suchen. Nach Halt, vielleicht... Möglicherweise
spürt er auf irgendeinem unterbewussten Level deine Anwesenheit, deinen Blick. Und
nach einem Moment schluckst du gegen den Klumpen in deinem Hals an, gegen all
die widerstreitenden Gefühle und streckst deine Hand aus, umschließt seine
kalten Finger mit deinen, die sofort wieder still sind.
Ende