neu: Donuts, Lasagne und Lügen (House MD, PG, slash impl.)
Titel: Donuts, Lasagne und Lügen (Sugarcoated Lies)
Autor: Lady Charena
Fandom: House, MD
Pairung: Stacy, Wilson, [Rückblende: House/Stacy], [House/Wilson impl.]
Rating: het: PG, [slash impl.]
Beta: T'Len
Archiv: ja
Summe: Stacy ist noch einmal nach Princeton zurück gekommen, und trifft sich
mit Wilson. Spoiler: Need to know (2.11)
A/N: Kapitel 1 ist irgendwann vor dem Infarkt angesiedelt. Kapitel 2 nach ‘Need
to know’ und ‘Distractions’ (2.11 + 2.12)
Disclaimer: Die Rechte der in dieser Fan-Story verwendeten geschützten Namen
und Figuren liegen bei den jeweiligen Inhabern. Eine Kennzeichnung unterbleibt
nicht in der Absicht, damit Geld zu verdienen oder diese Inhaberrechte zu
verletzen.
Lyrics: Alanis Morrisette
I.
Donuts
Eine Nachrichtensendung flimmerte über den Bildschirm des Fernsehers, aber die
Couch war leer. Auf dem Kaffeetisch lag ein halbgeplünderter Karton von Dunkin’
Donuts – es gab eine Filiale gegenüber des Tennisplatzes – zwei von
puderzuckrigen Fingerabdrücken übersäte Kaffeebecher standen gleich daneben. Auf
dem Boden lagen Gregs Turnschuhe neben einer Tasche mit einem Tennisschläger,
die James’ gehörte. Gregs T-Shirt hing über die Rückenlehne der Couch und
dunkle Schweißflecken auf dem Stoff verrieten, dass sie erst vor kurzem
zurückgekommen sein mussten.
Aus einem angebissenen Donut quoll rote Geleefüllung auf den Tisch und Stacy
schüttelte lächelnd den Kopf, als sie noch mehr Puderzucker und bunte Streusel
über die dunkle Ledercouch verteilt fand. Manchmal benahmen sich Greg und James
wie zwei Siebenjährige, die zum Spielen verschwunden waren, nachdem sie mit
verbotenen Leckereien eine Schweinerei im Wohnzimmer veranstaltet hatten. Mit
dem winzigen aber gravierenden Unterschied, dass man von zwei erwachsenen
Männern mehr erwarten sollte.
Nun, sie würde auf keinen Fall hinter ihnen herräumen. Gut, Greg würde alles so
lassen, wie es war, bis sie entweder sauber machte oder warten, bis der Zucker
sich zu Staub zerlegt hatte und von selbst davon schwebte. Sie hoffte auf
James, der wesentlich ordentlicher war.
Stacy seufzte und nahm sich eine der Servietten, die im Dunkin’ Donuts immer
dazugepackt wurden und legte einen schokoladenüberzogenen Donut darauf. Nach
einem Moment brach sie ihn in der Mitte durch und legte die andere Hälfte
zurück in den Karton. Sie hatte den ganzen Vormittag über nichts gegessen und
da noch eine Menge Arbeit auf sie wartete, brauchte sie etwas, um ihren
Blutzuckerspiegel aufrecht zu erhalten. Aber da sie das Tennisspielen heute
hatte absagen müssen, war die süße Belohnung hinterher eigentlich nicht drin. Im
Gegensatz zu den beiden Männern achtete sie darauf, was sie zu sich nahm.
Sie schob den Riemen ihrer Tasche über die Schulter und wandte sich von der
chaotischen Couch ab, um in das kleine Arbeitszimmer zu gehen, dass sie sich
mit Greg teilte. Sie musste an ihren PC, ein paar Dokumente durchsehen, die
längst in ihrer Mailbox auf sie warteten. Auf halben Weg hörte sie Stimmen und
Lachen aus dem Schlafzimmer oder... nein, aus dem Badezimmer, korrigierte sie
sich, als die Dusche aufgedreht wurde.
Stacy zögerte einen Moment, dann ging sie weiter ins Arbeitszimmer und schloss
die Tür hinter sich. Greg und James würden mit ihren Erfolgen – wenn sie zusammen
spielten, gewannen sie meistens – prahlen und sich über Lisa und wen auch immer
sie als Stacys Vertretung gefunden hatten, lustig machen. Und sie für
mindestens die nächste Stunde von der Arbeit abhalten.
Nicht, dass es nicht amüsant war, dachte sie mit einem bedauernden Seufzen, als
sie sich an den Schreibtisch setzte und den PC hochfuhr. Gregs Spott und James’
trockener Humor waren immer unterhaltsam, aber sie hatte jetzt wirklich keine
Zeit. Sie hatte vorher gewusst, dass ihre Beförderung auch mehr Arbeit bedeuten
würde – auch am Wochenende. Eine überraschende Besprechung hatte sie
Samstagvormittag ins Büro gerufen, so dass Greg und James sich ohne sie mit
Lisa zum Tennisspielen trafen.
Ein Signalton bedeutete ihr, dass Nachrichten in ihrer Mailbox warteten und
Stacy setzte sich an die Arbeit, der halbe Schokoladendonut vergessen, als sie
sich in die Unterlagen vertiefte.
* * *
Lasagne
Geraume Zeit später wurde hinter ihr die Tür geöffnet.
„Hey.“
Stacy sah auf. „Hey.“ Sie lächelte, als Greg zu ihr trat und sich zu ihr
herabbeugte, um sie zu küssen. Sein Mund schmeckte nach Kaffee und Puderzucker.
Sie sah ihn an, als er sich aufrichtete und mit dem Rücken zum PC gegen die
Tischkante lehnte. Sein Haar war noch ein wenig feucht und lockte sich im
Nacken.
„Du bist früher zurück, als ich dachte.“ Er sah sie an. „Heißt das, du bist mit
der Arbeit fertig?“
Stacy schüttelte den Kopf. „Ich hatte nur keine Lust mehr, im Büro herum zu
sitzen, während alle anderen ihr Wochenende genießen. Ich kann auch hier
arbeiten.“ Ihr Blick glitt flüchtig zu ihrem Computer, der geduldig ihrer
Rückkehr harrte. „Hattet ihr Spaß beim Tennis?“, fragte sie und zupfte
spielerisch an seinem verwaschenen T-Shirt, bis er ihre Hand weg schob und sie
sich erinnerte, dass er es nicht ausstehen konnte, wenn sie an ihm herumspielte
– außerhalb des Bettes – so hatte er es zumindest formuliert. „Wie hat sich
Lisa geschlagen?“
„Sie hat sich vor einer grandiosen Niederlage gedrückt. Cuddy hat angerufen,
fünf Minuten nachdem wir auf dem Platz waren, dass sie ins Krankenhaus muss. Sie
hatte ohnehin keinen Ersatz für dich gefunden, also habe ich gegen Wilson
gespielt.“ Blaue Augen leuchteten in erinnertem Triumph auf und schmale Lippen
verzogen sich zu einem breiten Grinsen. „Was heißt gespielt. Es war kein Spiel,
es war ein Gemetzel. Ich habe ihn über den Platz gejagt, bis er nicht mehr
wusste, wo oben und unten ist. Jimmy ist lahmer als eine Schnecke. Und dieser
Kochkurs, zu dem er sich von Bonnie schleppen lässt, zeigt sich allmählich auf
seinen Hüften. Ich dachte schon, ich müsste ihn ins Auto tragen, so erledigt
ist er.“
Sie gab ihm einen tadelnden Klaps auf den Oberschenkel. „Ich finde es eine ganz
tolle Idee, dass er mit ihr dahin geht. Sie unternehmen was zusammen, so macht
man das in einer Beziehung. Nicht wie wir.“ Stacy sah, wie das Lachen aus
seinem Gesicht und seinen Augen verschwand und wechselte das Thema. Sie wollte
sich jetzt nicht mit Greg darüber streiten, dass sie so wenig Zeit füreinander
hatten. Vor allem nicht, wenn sie daran genauso viel Schuld trug wie er. Ihr
Beruf war ihr so wichtig wie ihm seiner. „Wie ich gesehen habe, konnte euch das
nicht davon abhalten, das Dunkin’ Donuts auf dem Rückweg zu überfallen“, fuhr
sie in einem leichten Tonfall fort.
„Ich dachte mir, ich würde meine Energie noch brauchen, wenn ich nach Hause
komme“, entgegnete Greg mit zweideutigem Unterton und erhobenen Augenbrauen. „Wenn
du schon den ganzen Samstag arbeitest...“
Verdammt, sie hatte sich eine Pause verdient. Nur fünf Minuten. Stacy schob
ihren Stuhl zurück, stand auf, streckte sich und küsste Greg – flüchtig, aber
mit dem Versprechen für mehr, später.
Stacy legte die Hände auf seine Brust und sah ihn an. „Du riechst gut“, meinte
sie dann und lehnte sich ein wenig vor, um an seinem Hals und Nacken zu
schnuppern.
Gregs Arme legten sich lose um ihre Taille, zogen sie ein wenig näher, bis sie
förmlich rittlings auf seinem Oberschenkel saß. „Greg House a naturel. Ich
komme frisch aus der Dusche.“
„Nein, das meine ich nicht. Nicht nur“, verbesserte sie sich, als er sie
fragend ansah. „Du riechst vertraut, aber ich kann es im Moment nicht zuordnen.
Hast du ein neues Deo?“
Greg löste eine Hand von ihrem Rücken und zog den T-Shirtkragen über die Nase
hoch. „Das ist das Zeug, mit dem sich Wilson einnebelt.“ Er ließ den Kragen
los, der zu ausgeleiert war, um sofort zu seiner eigentlichen Form
zurückfinden. „Er hat hier geduscht. Ich muss es aus Versehen benutzt haben.“
Stacy sah eine steile Falte zwischen seinen Augenbrauen erscheinen und fragte
sich unwillkürlich, was er dachte. „Frag’ ihn, wie es heißt. Es gefällt mir.“
Greg rümpfte die Nase, und öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen – doch
stattdessen ließ er die Arme sinken und trat von ihr weg. Er entdeckte den
halben Donut und schnappte ihn sich. „Ich habe Hunger“, bemerkte er kauend.
„Ich kann jetzt nichts zu essen machen, ich habe keine Zeit. Der Schriftsatz
muss bis heute Abend fertig sein.“ Stacy bemerkte, dass er einen
Schokoladenfleck im Mundwinkel hatte. Sie hob die Hand, wie um ihn weg zu
wischen, ohne nachzudenken, einfach instinktiv, doch er stand zu weit weg von
ihr. „Bestell’ einfach eine Pizza, wie sonst auch und heb’ mir ein Stück auf.“
Greg leckte sich die Fingerspitzen ab. In der Wärme des Raumes war die Glasur
geschmolzen. „Ist okay. Wilson ist ja noch hier, er kann zeigen, was er in
seinem Kurs gelernt hat und für uns kochen.“
Stacy lachte. Sie nahm wieder Platz und sah zu ihm auf. „So“, scherzte sie. „Wenn
James dich jetzt auch verpflegen kann, wie lange brauchst du mich dann
überhaupt noch?“ Sie hatte erwartet, dass er lachte und eine spöttische
Bemerkung machte. Stattdessen hob er den Blick vom Monitor, wo er neugierig
gelesen hatte, an was sie arbeitete und starrte sie einen Moment an, die Augen
weit, als hätte sie ihn bei etwas Ungehörigem ertappt.
„Uh, störe ich?“ Stacy drehte sich um, Greg hob den Kopf, als plötzlich James
in der offenen Tür stand. „Hallo Stacy. Ich habe gar nicht gehört, dass du nach
Hause gekommen bist.“ James rieb sich den Nacken und lächelte sie an. Auch sein
Haar war feucht, aber wie stets ordentlich gekämmt. Er hatte sich offenbar
umgezogen. „Ich wollte nur sagen, dass ich gehe. Danke, dass ich hier duschen
durfte.“
Er schien ein wenig nervös zu sein und Stacy fragte sich unwillkürlich, warum
das so war. Zugegeben, sie kannte James nicht so gut, wie Greg ihn kannte – die
beiden waren sich schon vor Jahren begegnet, bevor Greg nach Princeton gekommen
war, als James noch ein Medizinstudent gewesen war. Aber sie verstanden sich
gut, auch wenn Greg mehr oder weniger ihr einziger Berührungspunkt war. Sie
gehörte nicht zu den Frauen, die sich darüber beschwerten, wenn ihr Partner
Zeit mit seinem besten Freund verbrachte. Und sie konnte sich mit James – wenn
Greg nicht seine ganze Aufmerksamkeit für sich beanspruchte – über Dinge
unterhalten, für die Greg kein Interesse aufbrachte. Sie musterte James. Seine
braunen Augen waren auf die Spitzen seiner sauber gewienerten Schuhe gerichtet.
Vielleicht war es wegen Bonnie. Greg hatte vor ein paar Tagen eine
halbspottende Bemerkung darüber gemacht, dass James vielleicht bald wieder für
eine Weile auf ihrer Couch landen könnte, weil es in seiner Ehe kriselte.
„Du kannst noch nicht gehen“, protestierte Greg. „Wer füttert und unterhält
mich sonst den ganzen langen Samstagnachmittag? Stacy arbeitet. Und ich weiß
genau, dass du nicht zu deiner Frau nach Hause musst, weil Bonnie übers
Wochenende bei ihren Eltern in Boston ist.“ Er trat an James vorbei und lehnte
sich wie zufällig in den Türrahmen, die langen Beine von sich gestreckt, so
dass sie den Weg blockierten.
James sah endlich auf und verschränkte mit einem Seufzen die Arme vor der
Brust. Er sah Stacy an. „Benimmt er sich eigentlich immer so oder will er damit
nur mich quälen?“
Stacy deutete ein Schulternzucke an und lächelte. „Du kennst ihn länger als
ich.“
James wandte sich Greg zu. „Länger sicher“, murmelte er. „Aber ich bin mir
nicht sicher, ob ich ihn auch besser kenne.“
Greg grinste. „Ich bin eben ein Rätsel“, verkündete er. „Komm’ schon, Jimmy. Du
bist doch mein aller-aller-allerbester Kumpel. Du kannst doch nicht einfach so
zusehen, wie ich verhungere.“ Wenn Greg wollte, konnte er wie ein quengliges
Kleinkind klingen. Und eben wollte er.
James rollte mit den Augen. „Auch wenn du das nicht hören willst, zwei Abende
bei einem Kochkurs machen mich noch nicht zu einem Koch. Warum rufst du nicht
wie sonst auch im ‚Panda Palace’ an?“
„Ich will kein chinesisch“, schmollte Greg. „Du hast den ganzen Morgen von der
Lasagne geschwärmt, die du in deinem Hausfrauen-Kurs gelernt hast. Jetzt habe
ich Hunger auf Lasagne.“
„Hast du eine Ahnung, wie viel Arbeit das ist?“ Hilfesuchend blickte James zu
Stacy, doch die schüttelte lächelnd den Kopf, um anzudeuten, dass sie sich da
heraushielt und er auf sich selbst gestellt war.
„La-la-la-a-s-sa-sa-sa-g-ne-ne-ne-ne-ne-e-e“, sang Greg.
„Außerdem braucht man Unmengen an Zutaten dazu“, protestierte James. „Ich
müsste zuerst einkaufen gehen.“
„Laaaaaaasssssaaaaaaggggggnnnnnneeeeeee“, kam es von Greg. „Jetzt. Sofort.“
James seufzte und warf Stacy einen leidgeprüften Blick zu, während sie sehr
erfolglos versuchte, ihr Lachen hinter einem höflichen Husten zu verbergen. „Finde
ich in der Küche irgendetwas Brauchbares?“, fragte er, bereits einknickend.
Stacy schüttelte den Kopf mit einem bedauernden Lächeln. „Ich fürchte, wir sind
beide in letzter Zeit so beschäftigt gewesen, dass wir keine Gelegenheit zum
Einkaufen hatten. Ihr beide esst zusammen in der Cafeteria zu Mittag; ich gehe
mit meinen Kollegen ins „Buckley’s“ zum Lunch und abends lassen wir uns etwas
kommen oder gehen aus.“
„Lasagne.Lasagne.Lasagne“, trug Greg seinen Teil zur Diskussion bei. „Jimmy,
fütter’ mich. Fütter’! Mich! Jetzt!“
„Das ist die schlechteste Garfield-Imitation, die ich jemals gehört habe.“ James
stemmte die Hände in die Hüften. „Okay, ist ja gut. Ich versuche es. Aber du
kommst mit zum Einkaufen. Oh doch, das wirst du“, schnitt er Gregs Proteste ab.
Er wandte sich erneut Stacy zu. „Kann ich mich auf deinen rechtlichen Beistand
verlassen, wenn ich ihn unterwegs erdrossle?“ Er trat zu Greg und kickte ihn
gegen die Knöchel. „Geh’ da weg. Ich muss nachsehen, was ihr im Haus habt und
was wir einkaufen müssen.“ James runzelte die Stirn. „Du hast Schokolade am
Mund.“ Der jüngere Mann hob die Hand und rieb den Glasurfleck mit dem Daumen
weg, um dann stirnrunzelnd seinen Finger zu betrachten.
Greg richtete sich auf und legte James den Arm um den Nacken, um ihn an sich zu
ziehen – und fest zu halten, als er mit der anderen Hand die ordentlich
gekämmten Haare des anderen Mannes durch zu wühlen begann, bis Haarsträhnen in
alle Richtungen abstanden. „Habe ich nicht den bestesten aller Freunde? Er
sorgt für mich wie meine eigene Mutter.“
„House!“, gurgelte James überrascht und versuchte sich aus seinem Griff zu
befreien. „Lass’ mich sofort los. Gott, ich hasse es, wenn du das machst. House.
Ich bekomme keine Luft mehr.“
Stacy wischte sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln. „Okay, ihr zwei
Komiker, raus hier. Ich muss weiterarbeiten, sonst bleibt dir Greg auch heute
Nacht zum babysitten.“
James wand sich endlich aus Gregs Griff und sah ihn böse an. „Okay, das war’s.
Ich gehe nach Hause, du undankbarer Bastard.“ Seine Hände glitten geradezu
panisch über seinen Kopf und glätteten seine Haare zurück in ihre Frisur. Dann
verließ er den Raum.
Stacy grinste, als Greg ihm nachsah. „Wenn du im Panda Palace anrufst, bestell’
für mich gebratenen Reis und als Nachtisch Honigbananen“, sagte sie.
Greg schüttelte den Kopf. „Oh, er wird nicht nach Hause gehen. Was sollte er
ohne Bonnie dort. Er sitzt in der Küche und gibt vor, zu schmollen, während er
eine kilometerlange Einkaufsliste schreibt. Jimmy kann der Gelegenheit nicht
widerstehen, mit seinen neuerworbenen Kochkünsten anzugeben.“
Ein Moment, in dem keiner von ihnen sprach, schloss sich an. Dann seufzte
Stacy. „Ich muss mich wirklich wieder um meinen Schriftsatz kümmern. Und du
solltest James besänftigen.“
Greg winkte ab. „Jimmy ist an so was gewöhnt. Ich...“, er sah einen Augenblick
auf den Boden, als helfe ihm das, die richtigen Worte zu finden. „Ich bin froh,
dass du... nichts dagegen hast, dass er... dass es okay ist, wenn ich so viel
Zeit mit ihm verbringe.“
Manchmal überraschte er sie wirklich. Er überraschte sie ständig, seit sie sich
kennen gelernt hatten und das war ein Teil von dem, was sie dazu gebracht
hatte, sich in ihn zu verlieben – aber das überraschte sie wirklich-wirklich. „Er
ist dein Freund. Ich kann nicht verlangen, dass du jede freie Minute mit mir
verbringst. Und ich mag James. Er ist nett.“
Greg rümpfte die Nase über den letzten Satz. „Ich bin nicht nett zu deinen
Freundinnen.“
Stacy lächelte. „Auch wieder wahr. Aber vielleicht hoffe ich ja auf die
magische Wirkung des guten Vorbilds?“, entgegnete sie leichthin.
„Du kennst mich wirklich immer noch nicht“, erwiderte er mit einem Lächeln, das
sie auch in seiner Stimme hörte. Dann trat er an den Schreibtisch, beugte sich
zu ihr hinunter und küsste sie auf die Wange. „Und du solltest sein Essen
probieren. Er ist viel besser, als er tut.“ Er trat zur Tür.
„Bestens.“ Stacy wandte sich dem Bildschirm zu, ihre Gedanken schon wieder halb
bei der Arbeit. „Ruf mich, wenn das Essen fertig ist.“
II. Lügen
You seem very well, things look peaceful
I’m not quite as well, I thought you should know
Did you forget about me Mr. Duplicity
I hate to bug you in the middle of dinner
It was a slap in the face how quickly I was replaced
„Es tut mir so leid, dass ich zu spät komme.“
Stacy sah auf, als James an ihrem Tisch auftauchte. Er legte die Hand auf ihre
Schulter und beugte sich zu ihr hinunter, um sie auf die Wange zu küssen. Es
war keine bewusste Entscheidung, rein instinktiv, als sie das Gesicht wegdrehte
und sein Mund nur ihr Haar, irgendwo über dem Ohr, streifte.
James wirkte leicht außer Atem, als er ihr gegenüber Platz nahm, aber nicht,
als hätte er etwas von ihrem ‚Ausrutscher’ bemerkt. Als sie ihn angerufen
hatte, um sich mit ihm zu verabreden, hatte er das „Café Spiletto“
vorgeschlagen. Sie fragte sich, ob er nicht wusste oder sich nur nicht
erinnerte, dass sie mit Greg oft hier gegessen hatte. Der Ort hatte sich nicht
zu sehr verändert und so war es kein Wunder, dass sie Erinnerungen an die
Vergangenheit nachhing, während sie auf ihn wartete. Vermutlich war es die Lasagne
gewesen, die die beiden Männer am Nebentisch aßen, die ihr gerade diese
bestimmte Erinnerung ins Gedächtnis zurückgerufen hatte. Sie konnte kaum
glauben, wie naiv sie damals gewesen war.
„Ich wollte gerade gehen, als ich zu einem Patienten gerufen wurde.“
Stacy musterte ihn und James lächelte sie an. Seine Augen verrieten, dass er
unsicher war, was er von ihrer Einladung halten sollte. Das letzte Mal hatte
ihr Anruf sie und Mark nach Princeton gebracht. Und zurück in Gregs Leben. War
es immer schon so leicht gewesen, ihm seine Gedanken vom Gesicht abzulesen?,
fragte sie sich. Oder sah sie ihn jetzt nur mit anderen Augen? „Das ist schon
okay“, erwiderte sie. „Ich habe mich nicht gelangweilt.“
James rieb sich den Nacken. „Ich war etwas überrascht, als du angerufen hast“,
begann er. „Ist alles in Ordnung? Geht es Mark gut? Geht es dir gut?“
Sie blickte ihm ins Gesicht und für einen Moment hätte sie fast glauben können,
dass er wirklich so besorgt war, wie er klang. „Es geht uns gut“, entgegnete
sie. „Mark setzt seine Therapie an einem Krankenhaus fort, das nur eine halbe
Stunde von Short Hills entfernt ist. Es tut ihm gut, wieder in unserem eigenen
Haus zu wohnen und zur Arbeit zu gehen.“
Das Erscheinen einer Kellnerin unterbrach ihr Gespräch für den Moment.
Als sie sich etwas zu essen bestellt hatten, verschränkte Stacy die Finger
ineinander und sah James an. „Wie geht es Greg?“
And I’m here to remind you
Of the mess you left when you went away
It’s not fair to deny me
Of the cross I bear that you gave to me
James zögerte etwas mit einer Antwort, nippte an seinem Wasserglas und rückte
die Serviette zurecht, die vor ihm lag. „Äußerlich... ist er ganz der Alte. Er
treibt Cuddy in den Wahnsinn, er treibt mich in den Wahnsinn, er treibt das
halbe Krankenhaus an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. Sein Team
eingeschlossen.“ Er holte tief Atem. „Aber ich denke, die... die ganze... Sache
mit dir und Mark, das hat ihn mehr mitgenommen, als er sich selbst gegenüber
zugibt. Er leidet. Vor einer Weile hat er... er hat stärkere Schmerzen in
seinem Bein und ich denke, dass ein Teil der Schmerzen in seinem Kopf ist. Er...
er verdrängt seine Gefühle. Er...“ James brach ab und starrte stirnrunzelnd auf
die Tischdecke, wo ein früherer Gast einen Kaffeefleck hinterlassen hatte.
„Du weißt, was passiert ist. Zwischen ihm und mir.“ Es war eine Feststellung,
keine Frage. Stacy sah ihn nicken. „Du sagst, er leidet. Kannst du dir
vorstellen, wie weh er mir getan hat?“
James sah auf, erkennbar unbehaglich mit ihren Worten. „Stacy, ich...“
„Ja, ich weiß“, unterbrach sie ihn. „Du bist sein Freund. Du bist auf seiner
Seite. Für dich bin ich die Böse. Du hast mir abgeraten, Mark nach Princeton zu
bringen. Du hast mich davor gewarnt, ihm ja nur nicht weh zu tun. Bist du nun
stolz darauf, Recht behalten zu haben?“
Er sah weg, schüttelte den Kopf. „Das bin ich nicht“, sagte er leise. „Ich
hätte mich gerne geirrt.“
Das Restaurant leerte sich zunehmend, sicher kehrten viele der anderen Gäste
wieder an die Arbeit zurück. Stacy erinnerte sich, dass es früher schon so
gewesen war.
Ihr Essen wurde serviert und sie beobachtete, wie James eine Weile auf seinen
Teller starrte, bevor er anfing zu essen. Ihr eigener Appetit ließ ebenfalls zu
wünschen übrig, als sie eine Tomate aufspießte und sie kritisch betrachtete.
Doch statt des unschuldigen Gemüses sah Stacy etwas anderes... eine Szene, die
sie vor ein paar Wochen, vor dem Flug nach Baltimore, in der Cafeteria
unabsichtlich mit angesehen hatte.
*
James und Greg beim Lunch, zu vertieft in ihr Gespräch, um zu bemerken, dass
sie einen Tisch nicht allzu weit von ihnen gewählt hatte. Wenn sie nicht immer
noch wütend auf Greg gewesen wäre, dass er Mark in Dr. Harpers Therapiegruppe
angegriffen hatte, hätte sie die Gelegenheit ergriffen, sich zu ihnen zu
setzen.
Stacy nahm sich vor, nicht wie ein versetzter Teenager gekränkt zu ihrem Tisch
hinüber zu starren, doch als sie James lachen hörte, wandte sie den Kopf. Auf
Gregs Gesicht zeigte sich ein selbstzufriedener Ausdruck und ein sarkastisches
Grinsen, das so viel bitterer schien, als sie es von früher erinnerte. Sie
wunderte sich müßig, wie die beiden es geschafft hatten, so lange Freunde zu
bleiben. Wie James es mit Greg aushielt. Sie hatte gesehen, wie er mit ihm
umging.
James’ Abgelenktheit nutzend, schnappte sich Greg ein paar Pommes Frittes von
James Teller. Er stopfte sie sich auf einmal in den Mund, während James den
Kopf schüttelte und ihm einen Klaps auf den Arm gab. Dann schob er seinen
Teller hinüber zu Greg und der lehnte sich vor. Sie sah, wie sich seine Lippen
bewegten und er etwas zu seinem besten Freund sagte. Und für einen Moment
lächelte Greg, ein richtiges Lächeln, nicht nur ein sarkastisches Verziehen des
Mundes, wie sie es so oft seit dem Infarkt gesehen hatte. Dann schob er den
Teller zurück zu Wilson, der die Augenbrauen hochzog. Doch sobald er die Gabel
wieder in der Hand hatte, tauchten Gregs Finger auf und schnappten sich einen
weiteren Bissen. James schob den Teller zurück, eine Mischung aus Frust und
Amüsement in seinem Gesicht sichtbar. Er sagte etwas und Greg stoppte mitten im
Kauen, um ihn anzustarren, die Augen groß und blau und weit. Dann lächelte
James und Greg senkte den Kopf und sie konnte sein Gesicht nicht mehr erkennen.
Stacy wandte sich ab und verbarg ihr Grinsen hinter ihrem Kaffeebecher. Die
beiden benahmen sich so albern wie ein verliebtes Highschool-Pärchen.
*
Stacy ließ die Tomate zurück auf den Teller fallen. Ihr Magen fühlte sich wie
zugeschnürt an. Was hatte sie sich damals dabei gedacht? Was dachte sie sich
JETZT? Sie hätte doch etwas bemerken müssen, wenn da mehr als Freundschaft
zwischen James und Greg gewesen wäre. James war zum dritten Mal verheiratet und
wenn nur ein Bruchteil der Gerüchte über seine außerehelichen Eroberungen wahr
war...
Und sie hatte fünf Jahre lang mit Greg zusammengelebt!
Sie hob den Blick von ihrem Salat und sah Wilson an, der sein Essen auch nur
von einem Tellerrand an den anderen schob. Aber was sie wirklich sah, war der
Ausdruck seines Gesichtes, als er nach ihrer Rückkehr aus Baltimore in ihr Büro
stürmte und Rechenschaft darüber verlangte, dass sie Greg geküsst hatte. Als
hätte sie Greg dazu gezwungen! Sie war zu diesem Zeitpunkt selbst viel zu
verwirrt gewesen, gefangen zwischen ihren widerstreitenden Gefühlen für Greg
und Mark, um sich zu fragen, welches Recht James hatte, sich einzumischen. Sie
hatte ihn nicht gezwungen, sich um Greg zu kümmern, als sie sich trennten...
auch wenn man das Ende ihrer Beziehung kaum mit so zivilisierten Worten
beschreiben konnte.
„Ist alles okay?“, fragte James unbehaglich.
„Du liebst ihn.“ Die Worte, die sie nicht einmal hatte zu denken wagen, waren
über ihre Lippen, bevor sie darüber nachdenken konnte.
Er machte sich nicht die Mühe, so zu tun, als hätte er sie nicht verstanden. Es
gab nur einen ‚ihn’ in ihrem Leben. „Natürlich“, erwiderte er ohne zu zögern. „Er
ist mein bester Freund.“
„Das meine ich nicht. Du weißt, was ich meine“, beharrte Stacy. „Ich habe euch
beobachtet, aber ich... es war mir nicht wirklich klar, was ich da gesehen
habe. Dann deine ständigen Einmischungen, als wir aus Baltimore zurückgekommen
sind.“
„Ich bin sein Freund“, entgegnete Wilson leise. „Ich fühle mich
verantwortlich... ich wollte nicht, dass ihm wieder wehgetan wird. Und mit ihm
ist nicht vernünftig zu reden. Das war alles.“
„Du warst... eifersüchtig. Ich dachte, es wäre, weil du normalerweise der
einzige bist, der sich als der große Greg-House-Versteher sieht. Aber er... er
schläft mit dir. Ist es das? Ist das seine Rache an mir wegen seines Beines? Hat
es angefangen, nachdem wir uns getrennt haben? Hast du mich ersetzt? Oder...
oder war da schon was, als ich und Greg noch zusammen waren?“
„Stacy...“ James sah auf seinen Teller.
„Ich will es wissen.“
„Nein, das willst du nicht“, entgegnete er. „Du suchst nach einem Grund, warum
er dich weggeschickt hat, einem anderen als dem, den er dir genannt hat.“
„Ich will die Wahrheit wissen.“ Stacy stand aufgebracht auf und sah auf ihn
hinab. „Seit wann?“
„Bitte setz’ dich wieder.“ James sah sich um, doch in ihrer unmittelbaren Nähe
waren die Tische frei und sie hatten beide instinktiv ihre Stimmen leise genug
gehalten, um kein Aufsehen zu erregen. „Warum willst du das wissen? Es wird...
dir nur wehtun.“
Stacy holte tief Luft und nahm wieder Platz. „Also stimmt es. Er hat mit dir...
während wir...“
„House und ich... Greg und ich... wir hatten eine Beziehung... ja, auch eine
intime Beziehung... von dem Tag an, an dem wir uns getroffen haben.“ James sah
sie weiterhin nicht an.
Er hatte recht. Es tat weh. Sie hätte es vielleicht akzeptieren können, wenn es
nach ihrem Weggang angefangen hätte – auch wenn er ein nicht gerade... auch
wenn sie nicht gerade erwartet hätte, von einem Mann ersetzt zu werden. „Wieso?“,
fragte sie, mehr zu sich selbst sprechend, als zu James. „Wieso dann ich? Wieso
deine Ehefrauen?“
„Das ist...“ James schüttelte den Kopf. „...das ist kompliziert, Stacy. Und
noch schwerer zu erklären. Wir sind beide... wir fühlen uns beide auch zu
Frauen hingezogen. Ich weiß, dass er dich geliebt hat, und ein Teil von ihm es
vielleicht jetzt immer noch tut. Genau wie ich jede meiner Ehefrauen geliebt
habe. Aber wenn wir zusammen sind... egal wann, egal wo, egal was wir tun... da
ist ein Gefühl, das mit nichts zu vergleichen ist. Es gibt keine Schublade, in
die du uns stecken kannst... keine Kategorie. Es tut mir leid. Du hättest das
nie erfahren müssen.“
„Es tut dir nicht leid.“ Stacy griff nach ihrer Handtasche. „Jetzt hast du ihn
ja ganz für dich alleine, nicht wahr?“ Sie verließ das Restaurant, ohne sich
noch einmal nach ihm umzudrehen.
Ende