Durch
Zeit und Raum
Disclaimer
siehe Teil 1
Teil
35
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Mit
Hilfe einer genauen Karte der entsprechenden Region, seiner guten Ortskenntnis
- in einem Bereich in dem alles eine Mischung aus Sand- und Felsenwüste war -
und Sulus Navigationsfähigkeiten fand Si'jsk sehr schnell die richtigen
Koordinaten heraus. Wenige Minuten später waren sie hinunter gebeamt: Sechs
Vulkanier, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. Doch die Umstände
hatten sie zusammengeführt und jetzt bildeten sie eine perfekte Einheit.
Sarek
stand etwas abseits und überließ den anderen, die besser mit den Phasern
umgehen konnten als er, die Aufgabe ein genügend großes Loch in die an dieser
Stelle dünne Höhlenwand zu schneiden.
Dafür hatte er es übernommen, den Kontakt zu den Menschen aufrecht zu
erhalten, solange Si'jsk und Spock sich auf anderes konzentrierten.
Er
konnte spüren, wie eng und selbstverständlich, die Bindung zwischen Spock und
Kirk jetzt schon war. Für beide war nie mentale Nähe in dieser Intensität neu
und dennoch war es das, was beide gesucht hatten. Es war schlicht perfekt.
Ohne
zu zögern erkannte Sarek die Bindung an. Amanda hatte Recht gehabt. Manchmal
schien es so, als würde sie sowohl Menschen als auch Vulkanier besser kennen,
als sei es selbst taten. Er war dankbar eine solche wunderbare Partnerin zu
haben.
Und
er erkannte auch, dass Si'jsk, Sarduk und T'Alin wirklich Spocks Kinder waren.
Eine Tatsache, die er bisher angezweifelt hatte. Doch nun hatte er Teil an den Erinnerungen der drei jungen Vulkanier.
Es gab keine Zweifel mehr.
Für
ihn gab es nun keinen Grund mehr, Spock zur Einhaltung seiner Pflicht gegenüber
dem Clan zu sorgen. Er hatte bereits zwei Söhne und eine Tochter, die die
Blutlinie fortführen würden. Dass keiner der drei einen Vulkanier als Partner
gewählt hatte... nun... er selbst hatte sich auch gegen diesen Weg entschieden.
Aus Gründen, die nur ihn und Amanda etwas angingen. Im selben Moment als er
jedoch daran dachte, hatten auch die andere Zugriff auf die Erinnerungen und
Sarek spürte mit einem Hauch Scham, dass auch Spock davon erfuhr. Doch sein
Sohn reagierte nur mit einem leichten amüsierten Lächeln und einem Verständnis,
dass ihm die intime Nähe zu Kirk gebracht hatte.
Ein
lautes Krachen unterbrach für einen Moment Sareks Nachsinnen und er kehrte kurz
in die Realität zurück.
Der
Durchbruch war offen und Si'jsk begann bereits damit durch das noch an den
Rändern glühend heiße Loch im Gestein hindurchzusteigen. Dahinter gähnte
Dunkelheit, die schnell von den mitgebrachten Lampen erhellt wurde, als die
andere ihm folgten.
Alles war so, wie Si'jsk gesagt hatte.
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Sie
kamen ohne Schwierigkeiten voran, als sie im Laufschritt durch den sichtlich
grob bearbeiteten Gang eilten. Das Licht der Lampen war hell genug, um ihnen
den Weg zu weisen, aber gedämpft genug, um sie nicht sofort zu verraten.
Alle
Sinne der Vulkanier waren auf ihr Ziel gerichtet, und so dauerte es nicht
lange, bis sie die Mentalsphären der Meister in Gol wahrnehmen konnten. Sehr
sorgfältig darauf bedacht sich nicht frühzeitig zu verraten, verbargen sie ihre
eigenen mentalen Emanationen.
Plötzlich
blieb Si'jsk unvermittelt stehen. Seine Begleiter stoppten sofort.
//Stalkon
versucht mich zu erreichen. Er wird in die Hibernationskammer gebracht und ist
kaum noch bei Bewusstsein, erinnert sich an fast nichts mehr. Offenbar ist er
hinter das Geheimnis der Meleb gekommen und wird gerade für die Aufnahme einer
ihrer Larven vorbereitet. Es war ein Meleb in Stalkons Gestalt, mit dem Kirk
gesprochen hat.//
//Jims
Intuition hat ihn noch nie getäuscht.// Si'jsk lächelte unwillkürlich, als er
die absolute Überzeugung in Spocks knappem Kommentar wahrnahm. Dann bedeutete
er den anderen ihm leise zu folgen.
Wenige
Meter weiter hörten sie das unverkennbare Summen von elektrischer Elektrizität.
Es war deutlich leiser und weniger bedrohlich, als Si'jsk es in Erinnerung
hatte. Noch vorsichtiger bewegten sie sich weiter. Si'jsk, Spock und T'Alin
erreichten als erste den Eingang zu der Hibernationskammer.
Dicht
an die Wand gepresst lugten sie vorsichtig hinein.
Zwar
war die riesige Halle bereits gut zur Hälfte mit Hibernationseinheiten gefüllt,
doch nur in rund einem Dutzend kündete ein Lichtschimmer von der aktivierten
Energie. Dazwischen bewegten sich rund dreißig der Wasserwesen.
Zwei
von ihnen schleppten einen bewusstlosen Vulkanier in der weißen Robe der
Meister zwischen sich herein. Si'jsk und die anderen beobachteten, wie er in
eine der Einheiten gelegt wurde.
//Können
wir ihn retten?//
Si'jsk
schüttelte bedauernd den Kopf. Es schien, als würde nur er Stalkon wahrnehmen
können.
//Nein.
Sein Katra war nicht stark genug. Die Behandlung der Meleb hat es zerstört.
Dadurch ist er für sie nutzlos geworden und sie werden ihn vermutlich wieder
aus der Einheit nehmen.//
//Nur
ein lebendes Katra kann zu einem Wirt werden?// Sareks Bewusstsein verschaffte
sich Gehör und versuchte ebenfalls, so wie Si'jsk, die in den anderen
aktivierten Einheiten liegenden Vulkanier zu erreichen. Zu seiner Überraschung
schafften sie es.
Sofort
wurde Sareks Frage beantwortet, als ihm neun Katras entgegen kamen. Alarmiert
durch die Anwesenheit der sechs unbeeinflussten Vulkanier gewannen die
gefangenen Adepten genug Kraft, um ihr Katra vom Körper zu lösen und sich zu
der Einheit zu gesellen.
Das
Wissen und die verbliebene Kraft der Neuankömmlinge flutete in die sechs
Vulkanier hinein.
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Kirk
regte sich unruhig, als er die
Änderungen in der Mentalverschmelzung wahrnahm. Sofort war McCoy an
seiner Seite, doch er berührte ihn nicht.
Der
Captain fühlte dennoch die Besorgnis seines Freundes. Mit der Hilfe Spocks
löste er sich gerade lange genug aus der Einheit, um kurz in die Realität zu
wechseln.
"Alles
in Ordnung, Bones. Sie haben Hilfe bekommen... von Adepten..."
Dann kehrte er wieder in die Wärme der Einheit
zurück.
Ja.
Die Adepten halfen ihnen. Es handelte sich um eine Gruppe, die kurz vor der
abschließenden Prüfung stand, um in den Kreis der Meister aufgenommen zu
werden. Sie waren wegen der Meleb und dem mangelnden Angebot an Informationen
durch die mit ihnen verhandelnden Meister misstrauisch geworden.
Ähnlich
wie Silen hatten auch sie Nachforschungen angestellt. Was sie entdeckten,
berichteten sie ihrem Lehrer Stalkon, der daraufhin die anderen Meister über
die wirklichen Absichten der Meleb informierte. Bis dahin hatte keiner in Gol
von den Hibernationskammern, der Fähigkeit der Gestaltanpassung und der wahren
Gestalt der Meleb gewusst. Das allein reichte aus, um die dünne Basis der
Kooperationsbereitschaft und Gastfreundschaft brechen zu lassen.
Was
jedoch Stalkon und auch die Adepten nicht gewusst hatten, war, dass drei der
elf anderen Obersten Meister bereits von den Meleb ausgetauscht worden waren.
So erfuhren die Meleb von der Entdeckung der Adepten.
Ihre
Rache erfolgte sofort. Bevor einer von ihnen reagieren konnte, wurden die
Adepten und Stalkon gefangen genommen und in Teile der Katakomben gebracht, die
mehr an Verließe und Folterkammern erinnerten, als an unterirdische Höhlen.
Dort
wurde Stück für Stück zuerst ihr Willen gebrochen, dann die Erinnerungen
gelöscht. Ähnlich dem Prozess, der Spock Jahre später wiederfahren sollte.
Stalkons
Katra erwies sich als zu widerstandsfähig. Er wurde weiter gefoltert, bis er
zusammenbrach. In seinem letzten Aufbäumen hatte er Si'jsk erreichen können.
Erleichtert, dass Hilfe nah war, hatte er aufgegeben und hatte sich in den Tod
gefügt.
Die
Adepten hatten weniger Widerstand geboten. Teils aus Unfähigkeit, teils, weil
sie hofften, noch entkommen zu können, wenn sie sich zunächst in ihr Schicksal
fügten. Es gelang ihnen die in dieser Art der mentalen Beherrschung und
Unterdrückung noch ungeübten Meleb zu täuschen. Und so waren nicht von allen
Adepten alle Spuren des Bewusstseins ausgelöscht worden. Dadurch erhielten sie
jedoch Zugang zum kollektiven Wissen der Meleb.
Es
war, wie Si'jsk es vermutet hatte: Die Körper der gefangenen Vulkanier wurden
als Nahrungsquelle für die über Jahrzehnte heranwachsenden Larven der Meleb
benötigt. Deshalb die Hibernationseinheiten, die die Wirtskörper am Leben
erhielten, den Larven aber nichts ausmachten.
War
die Entwicklung abgeschlossen, verließen die Larven die nun völlig jeder
Vitalenergie beraubten Körper und schlossen sich dem Kollektiv an. Die
Hibernierenden starben, die Einheit schaltete sich automatisch ab.
Es
gab jedoch auch die Möglichkeit, dass ein schon erwachsener Meleb den Körper
eines nicht hibernierten Gefangenen übernahm und als Wirtskörper benutzte. Das
geschah dann, wenn der Betroffene zu wichtig war, eine wichtige Position innehatte,
oder schlicht dessen Persönlichkeit zu stark war, um von den Meleb völlig
unterdrückt zu werden. Dann wurde sie nur in einen Winkel des Bewusstseins
zurückgedrängt und der Meleb übernahm die Kontrolle des Körpers, wobei er das
aktive Bewusstsein mit falschen Informationen und Erinnerungen versorgte.
Grauen
erfasste Kirk, als ihm bewusst wurde, wovor sie Spock gerade noch rechtzeitig
bewahrt hatten. Und erleichtert darüber, ihn nicht verloren zu haben, ließ er
sich noch tiefer in die Einheit mit den anderen fallen. Er war sich sicher, er
würde diese absolute Nähe vermissen, wenn alles vorüber war.
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Si'jsk
wich einige Meter in den Gang zurück. Seine Gefährten folgten ihm.
//Wie
gehen wir vor? Wir können die erwachsenen Meleb mit dem Tensidkonzentrat
unschädlich machen. Aber das wichtigste Ziel ist es das eigentliche
Kollektivbewusstsein zu erreichen. Nur... wie?//
//Die
Larven in den Adepten sind erst wenige Tage alt. Sie sind noch zu unentwickelt
um uns einen direkten Zugang zum aktiven Zentrum zu verschaffen. Alles was sie
haben, ist ein Zugang zum Wissen, um zu lernen.//
//Ja.//
Si'jsk bedachte das mentale Abbild seines Vaters mit einem abwesenden Blick.
//Wir
müssen die Kontrolle über einen erwachsenen Meleb erhalten.//
Er
spürte deutlich das Unbehagen, das daraufhin in den Menschen aufflammte. Vor
allem Lirien, die einen Gedankenimpuls von Silen aufgefangen hatte, reagierte
mit Ablehnung und blanker Angst. Sie war eine mutige und temperamentvolle Frau.
Doch dies ging weit über ihre Fähigkeiten hinaus. Kirk, der durch Spock länger
als sie an Vulkanier gewöhnt war, übernahm es sie zu beruhigen.
Die
Selbstverständlichkeit, mit der er sich dabei innerhalb der Mentalverschmelzung
bewegte erstaunte Sarek, doch dann erinnerte er sich daran, dass Kirk durch
Spock bereits damit vertraut war und die beiden schon länger ein, wenn auch nur
rudimentäres, Band geteilt hatten.
Als
Silen spürte, dass Lirien, wenn auch widerstrebend, mit seiner Entscheidung
einverstanden war, wandte er sich an die Gruppe.
//Ich
bin ein Adept Gols und unter den Adepten und Meistern bekannt. Offiziell habe
ich die Enklave aus persönlichen Gründen verlassen, bin aber aus dem Kreis noch
nicht ausgeschlossen. Ich kann mich innerhalb des Heiligtums frei bewegen.
Wir
wissen jetzt, dass die Katras der übernommenen Meister noch aktiv sind. Ich
werde deshalb mit einem von ihnen unter einem Vorwand in Kontakt treten und
versuchen, in seinen Geist einzudringen.//
//Ja.
Dadurch kommt dann unser Kollektiv mit dem der Meleb in Kontakt. Gleichzeitig
werden wir hier die erwachsenen Meleb unschädlich machen. Wenn das nicht
genügt, um die Meleb zu vertreiben, müssen wir versuchen sie zu vernichten.//
Si'jsk
wartete kurz, bis alle seinen Gedankengängen gefolgt waren.
//Vergesst
nicht: Wir müssen herausfinden, ob es noch andere Hibernationskammern gibt.//
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Die
Gruppe hatte sich lautlos geteilt. Silen war durch den Gang zurückgeeilt, hatte
sich an Bord der Enterprise beamen lassen und war dann, wie ursprünglich
verabredet, mit einem Atmosphärengleiter zum Treffpunkt außerhalb der Mauern
Gols geflogen. Mit leichtem Erstaunen stellte er dabei fest, dass er genau zur
ausgemachten Zeit ankam.
Einer der jüngeren Adepten erwartete ihn.
"Silen."
Der junge Mann, einige Jahre jünger als Silen, begrüßte ihn mit den
traditionell gekreuzten Armen und verneigte sich.
"Die
Meister sagten mir, ein Offizier der Föderation würde das Heiligtum besuchen
wollen."
Silen
hörte die unausgesprochene Frage. Der Adept musste erst am Anfang seiner Ausbildung
stehen, wenn er noch so viel seiner Empfindungen einem Fremden gegenüber preis
gab. Auch wenn er Silen von den gemeinsamen Malzeiten kannte.
"Das
ist korrekt. Captain Kirk ist verhindert und schickt mich als seine Vertretung.
Führe mich nun zu den Obersten Meistern."
Der
Adept gehorchte schweigend und drehte sich um. Silen kannte zwar den Weg, doch
das Protokoll erforderte ein Geleit zu den Kammern der Meister. Er fügte sich.
Im Stillen hoffte er, dass einer der übernommenen Meister mit ihm würde reden
wollen. Es war eine logische Annahme, da die Meleb ja informiert sein wollten
Andererseits war noch immer nicht klar, warum die Meleb - zwar immerhin in
Gestalt Stalkons, aber dennoch waren sie es gewesene - überhaupt Kirk zu sich
eingeladen hatten. Und nur Kirk allein. Wollten sie auch ihn übernehmen? Zugang
zur Flotte hatten sie offensichtlich bereits, wovon die unlogischen Befehle
zeugten. Worum ging es ihnen dann? Um die Enterprise?
Einige
Minuten später schwangen die kunstvoll verzierten Marmorportale zu den Kammern
der Meister vor ihm auf. Der Adept verbeugte sich abermals und ging.
Silen
blieb einen Moment lang stehen. Die Bewusstseinssphären der anderen hatten sich
zurückgezogen, um ihn nicht vorzeitig zu verraten. Dass er sie trotzdem noch immer
spüren konnte, gab ihm die nötige Sicherheit um zu vollenden, was sie geplant
hatten.
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Silen
war ein wenig überrascht. Er hatte eher mit einem großen Zimmer, oder eben
einer Kammer gerechnet.
Statt
dessen sah er sich einem kunstvoll ausgeschmückten Saal gegenüber. Die Wände
wurden von meterhohen Gemälden und Fresken geschmückt, ebenso die Decke. Es
waren Bilder und Szenen aus der kriegerischen Vergangenheit Vulkans dabei,
ebenso wie Hinweise auf das eigentlich zügellose vulkanische Temperament und
wichtige Ereignisse der moderneren Geschichte. Statuen Suraks schmückten die
Stirnseite des Raumes und umrahmten ein hohes Podest mit einem Thron.
Wie
erwartet - und gehofft - war es einer der übernommenen Meister, der dort auf
ihn wartete.
Silen
ging mit gemessenen Schritten auf ihn zu. Immerhin trat er hier als ein Adept
auf.
Die
tiefe, völlig emotionslose Stimme des Meisters ließ ihn aufsehen.
"Ich
hatte Kirk erwartet."
"Ja,
Oberster Meister. Er hat mich an seiner statt geschickt. Ich bin befugt, Eure
Fragen zu beantworten."
Der
Meister nickte knapp, stand auf und kam über einige verborgene Stufen vom
Podest herunter. Vor Silen blieb er stehen.
Die
dunklen, fast schwarzen Augen schienen sich in ihn zu bohren und es kostete
Silens ganze Selbstdisziplin, um nicht vor dem sondierenden Blick
zurückzuweichen.
Schließlich
streckte der Meister die Hand aus, die Finger in der vertrauten Geste der
Mentalverschmelzung gespreizt.
"Teile deinen Geist mit mir", forderte er
ihn in den rituellen Worten des Lehrers auf.
Silen
war insgeheim erleichtert, dass er so leicht einen mentalen Kontakt würde
herbeiführen können. Er konnte nur hoffen, dass seine nur unzureichend
ausgebildete Mentaldisziplin genügte, um gegen den Meleb anzukommen. Er wusste
nicht, ob er auf die Hilfe des Meisters zählen konnte.
Gehorsam
sank er auf ein Knie und schloss die Augen. Er spürte, wie sich die warmen
Fingerkuppen auf sein Gesicht legten und den Kontakt initiierten.
Sofort
gleißte brennender Schmerz durch sein Bewusstsein, zerfetzte seine
Selbstkontrolle und öffnete dem Meleb den Weg in seine Erinnerungen.
Im
nächsten Moment war es vorbei.
Silen
schüttelte sich benommen. Er lag zusammengerollt auf dem Boden. Feuchtigkeit
lief über seine Wange und als er sie mit der Hand wegwischte, stellte er fest,
das es Blut war.
Als
er sich behutsam hochstemmte, merkte er, dass er aus der Nase blutete. Nun,
darum konnte er sich später kümmern.
Der
Oberste Meister lag reglos einige Schritte von ihm entfernt. Auch er blutete
aus der Nase. Sein Gesicht wirkte grau und leer, sein Körper war eigentümlich
verdreht. Er sah aus, wie eine weggeworfene Puppe.
Langsam
ging Silen zu ihm hinüber. Er konnte die Bewusstseinssphären der anderen
spüren. Sie hatten ihn geschützt und den Angriff des Meleb abgewehrt, den
Körper des Meisters zurückgeschleudert.
Nach
einigem Suchen fand Silen den schwachen Puls. Gut. Der Körper lebte also noch.
Was aber war mit dem Meleb?
Instinktiv
suchte er die Kontaktpunkte im Gesicht des Vulkaniers und eröffnete einen neuen
Kontakt.
Diesmal
empfing ihn Dunkelheit. Ohne zu zögern ließ sich Silen darin fallen. Ziellos -
wie konnte es ein Ziel geben, wenn nichts erkennbar war - trieb er durch die
Leere. Dann weckte ein schwaches Glimmen seine Aufmerksamkeit. Sofort hatte er
es erreicht.
Es
war das, was vom Bewusstsein des Meisters noch übriggeblieben war. Gefangen in
dem Grauen, dass der Meleb ihm aufgezwungen hatte, hatte er sich in einen
Zustand der völligen Starrte zurückgezogen. Silen machte erst gar nicht den
Versuch, ihn daraus zu lösen. Das würde nur ein Heiler können.
Er
suchte weiter. Der Meleb musste noch irgendwo sein. Silen wusste, dass er den
Körper des Vulkaniers nicht verlassen hatte: es waren keine Wasserspuren auf
dem Boden gewesen und er war nur wenige Sekunden bewusstlos gewesen.
Da!
Da war es.
Ein
schwaches, graues Schimmern verriet ihm, wo sich der Meleb verborgen hatte.
Gestärkt von den anderen näherte sich Silen ihm.
Der
Meleb war geschwächt. Der Angriff der Vulkanier mit dem Tensidkonzentrat zeigte
bereits Wirkung. Wie es schien, verlor das Kollektiv mit jedem getöteten Meleb
an Kraft und Einfluss.
Silen
konnte beobachten, wie die geraubte Energie den Meleb schwächte. Schnell,
solange es noch möglich war, drang er in dessen Bewusstsein ein.
Grauen
erfasste ihn und ließ ihn zurückweichen. Die Meleb lebten vom Tod anderer und
der freiwerdenden Vitalenergie. Ein Konzept, dass den pazifistischen Vulkaniern
völlig fremd war. Trotz aller Grausamkeit und aller Gewalt in ihrer
Vergangenheit waren sie niemals so völlig ohne Mitgefühl und Achtung vor dem Leben gewesen.
Si'jsk
bemerkte, dass Silen am Ende seiner Kräfte war. Er rief Sarduk, und gemeinsam
dehnten die beiden Brüder ihre Selbstsphären aus, um Silen zu helfen.
Keinen
Moment zu spät.
Durch
Silens Schock gewann der Meleb an Kraft. Sofort begann er die Lebensenergie aus
dem Meister in sich auf zu nehmen. Es gab keinen Grund mehr, das Leben des
Vulkaniers zu erhalten. Er würde diesen anderen als neuen Wirt benutzen können.
Der
Angriff Si'jsks und Sarduks überraschte ihn völlig.
Si'jsk,
der nie in den strengen, kontrollierenden Mentaldisziplinen der Vulkanier
dieser Epoche unterrichtet worden war, durchbrach mit seiner ungehemmten
mentalen Energie die Schilde des Meleb. Unbarmherzig drang er in das Zentrum
des Kollektivs vor. Er wusste, wenn er sich zu sehr verausgabte, riskierte er
nicht nur sein, sondern auch Kevins Leben. Aber er wusste, dass ihm keine Wahl
blieb. Sie mussten die Meleb stoppen.
Jetzt!
Die
Meleb waren nun gewarnt und würden nach einem Weg suchen, die kleine Gruppe
auszuschalten, wenn sie auch nur einen Schritt zurückwichen.
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Sarduk
erkannte, was sein Bruder plante. Ohne Rücksicht zog er so viel Mentalenergie
wie nur möglich von allen anderen ab und lenkte sie zu Si'jsk um.
Si'jsk
war ein Gedankenlord. Vor vielen hundert Jahren waren sie die gefürchtete Macht
auf Vulkan gewesen. Ihre mentalen Fähigkeiten waren gefürchtet und grausam.
Niemand entkam ihrer Macht.
Si'jsk
wusste das. Tief in seinem Inneren hatte er schon als Kind gewusst, dass die
Lektionen, die er von den uralten, kaum zu entziffernden Schriftrollen lernte,
nichts waren, womit sich die heutigen Vulkanier beschäftigen wollten.
Eine
eigenartige Faszination ging von ihnen aus und sie schienen jeden in ihren Bann
zu rufen, der ihnen zu nahe kam. Nicht ohne Grund lagerten sie tief unter einer
der lebensfeindlichsten Wüsten Vulkans.
Die
Ironie der Situation ließ ihn fast auflachen. Die Meleb waren ja eigentlich
erst die Ursache für die Kriege gewesen, die schließlich auch ihn und seine
Geschwister in die Wüste hatten fliehen lassen. Dort war er auf die Katakomben
und schließlich auf die Schriftrollen gestoßen, die ihm nun das nötige Wissen
gaben, um die Meleb zu zerstören.
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Ohne
zu zögern zerfetzte Si'jsk alle Spuren des Meleb-Kollektives, die ihm bei
seiner berserkerhaften Reise durch deren Mentalsphären begegneten. Der eine,
durch den er den Zugang dazu erhalten hatte, war schon längst getötet, seine
Spuren sammelten sich als Wasserlache neben dem Körper des Vulkaniers.
Si'jsk
bemerkte nichts davon. Er jagte weiter. Mit unbarmherziger Grausamkeit, die der
der Meleb in nichts nachstand, vollendet er, was er begonnen hatte.
Sarduk
folgte ihm. Als Heiler war er besser ausgebildet, doch durch T'San hatte auch
er Zugang zu den Schriften der Sandlords gehabt. Nun nutzte er dieses Wissen.
Sarek,
T'Alin und Spock blieben zurück.
Keiner
von ihnen war in der Lage die gleichen mentalen Ressourcen zu eröffnen, wie
Si'jsk und Sarduk. Sie schreckten vor der Grausamkeit, der Gleichgültigkeit
gegenüber dem Töten und der Rücksichtslosigkeit der beiden zurück, wussten
jedoch gleichzeitig, dass es keinen anderen Weg gab.
Die Wasserkörper der verbleibenden Meleb boten
keinen Widerstand mehr. Innerhalb weniger Minuten waren die gesamte
Hibernationskammer, alle angrenzenden Räume und Gänge, sowie die
Verbindung zum Heiligtum von Gol von
Schaumbergen ausgefüllt. Jeder Meleb, der damit in Berührung kam, löste sich
augenblicklich auf.
Sarek,
T'Alin und Spock, die vorsichtig über den rutschig gewordenen Boden zu dem Saal
eilten, spürten, dass die Macht der Meleb zunehmend schwand.
Noch
immer mental mit Si'jsk, Sarduk und Silen verbunden, wurden sie Zeuge, dass
sich auch deren Kampf dem Ende näherte.
Alle
waren erschöpft, am Ende ihrer Kräfte, als sie schließlich alle sechs wieder
zusammentrafen.
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Si'jsk
kniete wimmernd am Boden. Er hatte sich zusammengekauert und wiegte sich
hektisch hin und her. Silen stand hilflos daneben, neben sich der tote Oberste
Meister und der bewusstlose Sarduk.
Er
spürte, dass die anderen auf dem Weg zu ihnen waren. Spürte, dass auch die
Menschen ihre letzten Energiereserven aktivierten, um den ausgelaugten
Vulkaniern zu helfen.
Sarek
erreichte das schwere Eingangsportal als erster und stieß es auf. Er taumelte
mehr, als dass er lief, als er auf die kleine Gruppe zueilte. Spock und T'Alin
folgten ihm.
Im
Gang wurde aufgeregtes Rufen und das Geräusch vieler laufender Füße laut, als
die aufgeschreckten Meister und Adepten nach der Ursache für den mentale Kampf
suchten, der ihnen nicht verborgen geblieben war.
Nur wenige Augenblicke später erreichten sie die
Kammer der Meister.
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Si'jsk,
der unter einem schweren Schock stand, wurde aus dem Kollektiv aus Menschen und
Vulkaniern getrennt. Nur die Verbindung zu Blight wurde nicht gekappt. Zwei der
Obersten Meister nahmen sich seiner an und leiteten den psionisch schwer
verwundeten Si'jsk in eine tiefe Heiltrance. Es war nicht klar, ob er sich von
alledem würde wieder erholen können. zu tief saß der Schock über das Erlebte
und die Erkenntnis, wozu sein Bewusstsein fähig war.
Blight,
der das alles erstaunlich leicht verkraften konnte - Menschen wussten
normalerweise, zu welchen Grausamkeiten sie fähig waren, wenn es um Leben und
Tod ging - beamte zu ihm und blieb während der ganzen Behandlung bei ihm. Er
war wie ein Anker für den völlig jeder Grundlage beraubten Vulkanier.
Silen
und Sarduk wurden medizinisch versorgt und dann mit den anderen in einen
Versammlungsraum gebracht. Auch die jeweiligen Partner wurden aufgefordert,
sich der Gruppe hinzuzugesellen.
Die
Wirkung von McCoys Beruhigungsmittel hatte inzwischen nachgelassen und so
konnten Kirk und die anderen kurze Zeit später der Einladung folgen und
ebenfalls hinunter beamen. McCoy begleitete sie.
Es
folgten lange Diskussionen, Berichte und auch der Austausch von Wissen auf
mentalem Wege. Die Disziplin und Ruhe die dabei von den verbliebenen Obersten
Meistern ausging beruhigte die aufgewühlten Menschen und die geschockten
Vulkanier.
Kirk
erschien es, als dauerte es Stunden, bis sie alles, was sie über die Meleb
herausgefunden hatten, berichtet hatten. Sarduk konnte dabei bestätigen, dass
die Hibernationskammer in den Katakomben von Gol bislang die einzige innerhalb
dieses Universums war. Das Kollektiv der Meleb existierte nicht mehr.
Die
offene Erleichterung, die daraufhin alle erfasste, war fast greifbar.
Die Herrschaft der Meleb war vorüber.
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Ende Teil 35