Durch
Zeit und Raum
Disclaimer
siehe Teil 1
Teil
27
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Kirk
starrte auf das, was sich vor ihm im All abspielte. Farben schillerten, wo sich
keine Farben hätten befinden dürfen. Er glaubte Töne und Geräusche zu hören, wo
es keine hätte geben dürfen.
„Bericht.
Worum handelt es sich?“
Lt.
Ajdan, der Spocks Station eingenommen hatte, drehte sich um. In seinem Gesicht
war deutlich seine Verblüffung zu erkennen. Es irritierte Kirk, da er an Spocks
ausdruckslose Mine gewöhnt war.
„Den
Messungen zu Folge handelt es sich um eine Art Riss im Raum. Was wir sehen, ist
ein ... anderes Universum.“ Ajdans Stimme war beim Sprechen leiser geworden, so
als könne er selbst nicht fassen, was er sagte.
Er führte erneut einige Scans durch.
„Ich
bestätige die Daten. Es handelt sich um sichtbare, aber negative Strahlung, die
in einer Galaxie ihren Ursprung hat, deren Entfernung wir nur annähernd
abschätzen können. Sie ist nicht messbar und auch nicht mit unseren
Bezeichnungen benennbar.“
Kirk
warf ihm einen nachdenklichen Blick zu. Der junge Offizier gehörte zu Spocks
Protegés und Spock hatte immer wieder in höchsten Tönen die Fähigkeiten des
Menschen gelobt. Er war noch sehr jung,
hatte gerade erst die Akademie abgeschlossen. Seine exzellenten Noten hatten
den Wissenschaftsoffizier bewogen, ihn für seine Abteilung anzufordern und Kirk
wusste natürlich davon.
Dennoch
erstaunte ihn das Vertrauen, das Spock in ihn setzte. Obwohl Kirk zugeben
musste, dass er seine Sache sehr gut machte. Seine Effizienz und Gewissenhaftigkeit
kam nahe an die Spocks heran.
Allerdings
sah er ungern, wie viel Zeit der Vulkanier in die Aus- und Weiterbildung seines
neuesten Mitarbeiters investierte. Zeit, die bisher ausschließlich für ihn
reserviert gewesen war.
Spock...
Er vermisste seinen Ersten Offizier und Freund mehr als er vermutet hatte.
Mehr, als er es jemals für möglich gehalten hätte.
Er
richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Bildschirm und bewunderte einen
Moment lang den Anblick, der sich ihnen bot.
„Irgendwelche
Nachrichten, oder dergleichen.“
Uhura schüttelte den Kopf. „Nein, Sir. Ich kann
keinerlei Lebenszeichen entdecken.“
„Hat
dieses Raumloch eine Auswirkung auf unsere Galaxis?“
Diesmal
schüttelte Ajdan den Kopf. „Soweit ich aus den Berechnungen ersehe, kann ich
keinerlei Auswirkungen feststellen. Ich empfehle jedoch, diesen Raumbereich mit
Bojen weiträumig zu sichern. Ich kann nicht sicher sagen, wie stabil der Riss
ist. Es könnte durchaus sein, dass er sich vergrößert, oder plötzlich wieder in
sich zusammenfällt. Eine kaum messbare Fluktuation scheint das Ganze leicht
instabil zu machen.“
„Tun
wir das. Uhura. Schicken Sie eine Nachricht mit den gesammelten Daten an das
Hauptquartier.“
„Aye,
Sir.“
Doch
bevor sie auch nur eine Taste drücken konnte um den Befehl auszuführen, stand
die Welt Kopf.
Aus
dem Riss schoss eine Tentakel aus reiner farbiger Energie hervor und schlang
sich um die Enterprise.
Das
Schiff wurde durchgeschüttelt und Kirk hörte ein durch alle Nerven gehendes
schrilles Kreischen, als das metallene Skelett des Schiffes sich protestierend
gegen die enormen Kräfte wehrte.
Dann,
so plötzlich wie alles begonnen hatte, verschwand die Energietentakel und es
herrschte wieder absolute Ruhe, nur unterbrochen vom energisch blinkenden Roten
Alarm.
Die
Mitglieder der Brückencrew sortierten ihre Knochen und rappelten sich mühsam
auf. Ein schneller Rundblick überzeugte Kirk davon, dass alle wieder an ihren
Plätzen saßen.
"Ist jemand verletzt?" Er fragte trotzdem.
"Nur
mein Stolz", brummte Chekov und rieb sich seine lädierte Kehrseite. Er saß
merklich schief in seinem Sessel. Kirk unterdrückte ein Schmunzeln.
Unwillkürlich sah er zur Wissenschaftsstation hinüber.
"Sp... äh... Lt. Ajdan. Bericht!"
"Eine
Energiefluktuation der Anomalie, Sir. Wir sind jetzt außer Gefahr, aber ich
schlage vor, den Abstand zu vergrößern. Es gab keine Vorwarnung und ich bin mir
nicht sicher, ob dieses Ding nicht noch mal verrückt spielt."
Kirk
seufzte leise. Eine etwas wissenschaftlichere Erklärung wäre ihm lieber gewesen.
Auch wenn Spock ihn mit seiner Genauigkeit am Anfang ihrer Bekanntschaft
regelmäßig zur Weißglut brachte, so hatte er sich doch inzwischen so sehr daran
gewöhnt, dass ihn das Fehlen des Vulkaniers fast schon körperlich schmerzte.
Plötzlich
begann Lt. Ajdan hektisch diverse Einstellungen seiner Sensoren zu ändern.
Dann
drehte er sich halb um und warf einen Blick über seine Schulter.
"Sir.
Ich orte sechs Personen in Raumanzügen... die... äh... sie waren eben noch nicht da, Sir."
"Menschen?"
"Nein...
das heißt Ja. Sir." Ajdan atmete tief durch und fasste sich.
"Drei
Vulkanier, drei Menschen, Sir. Lebenszeichen bei ca. 70%, rapide fallend. Keine
Waffen", erstatte er knapp Bericht.
Kirk
nickte zufrieden. Das klang schon besser als das Gestammel davor. Er
drehte
sich zu Uhura herum.
"Lt.
Uhura. Informieren Sie Dr. McCoy darüber, dass er sechs Überraschungsgäste
bekommt. Und schicken Sie ihm sechs Sicherheitskräfte zur Verstärkung."
Dann
öffnete er einen Kanal zum Transporterraum.
"Brücke
an Transporterraum. Lt. Ajdan übersendet Ihnen die Koordinaten von sechs
Personen. Beamen Sie sie so schnell wie möglich in den Quarantänebereich der
Krankenstation."
Er
atmete tief durch. "Mr. Sulu. Bringen Sie uns aus der unmittelbaren Nähe
der Anomalie. Sprechen Sie eine noch für die Sensoren sinnvolle Entfernung mit
Lt. Ajdan ab. Wir sollen ja noch weiterhin Daten sammeln."
Ein mehrstimmiges "Aye, Sir" bestätigte
seine Befehle.
Kurze Zeit später erhielt er die Rückmeldung von
McCoy, dass alle gut angekommen waren.
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"Nun? Was gibt’s Neues von unseren
Gästen?"
Kirks
Schicht war fast beendet und er wollte sie bei einem Besuch in der
Krankenstation ausklingen lassen.
McCoy
winkte ihn müde in sein Büro und aktivierte dort einen Kontrollbildschirm, von
dem aus er die Quarantänestation überwachen konnte.
Der
Captain warf einen Blick darauf, während der Arzt für sie beide Drinks
einschenkte.
Die
sechs bleichen, in Patientenoveralls gekleideten Personen lagen friedlich in
ihren Betten. Da niemand wusste, ob es sich um Freund oder Feind handelte,
waren sie sicherheitshalber fixiert worden.
"Setz
dich", brummte McCoy und reichte ihm einen großzügig eingeschenkten Drink,
bevor er sich selbst müde in seinen Sessel fallen ließ.
"Du hörst dich alles andere als gut an. Was
hast du rausgefunden?"
Kirk
lehnte sich bequem zurück.
"Nicht
viel. Es sind drei Menschen - zwei männlich, einer weiblich - und drei
Vulkanier. Auch hier zwei Männer und eine Frau. Keine Ahnung, ob das was zu
bedeuten hat.
Alle
sechs liegen in einer Art Trance, die ich aber nicht genauer bestimmen kann. So
derartig verworrene und fluktuierende psionische Gehirnwellen habe ich noch nie
gesehen. Zudem sind alle sechs auf mehrfache Weise miteinander verbunden."
"Alle
sechs? Wie das denn? Ich dachte immer, Vulkanier empfinden multiple
Mentalverschmelzungen als obszön."
McCoy
grinste amüsiert, wohl wissend, dass Kirk genau das mit seinem Kommentar
beabsichtig hatte.
"Das
wirst du wohl besser wissen als ich. Schließlich bist du derjenige, der jede freie
Minute mit unserem Lieblingsvulkanier verbringt."
Für
einen kurzen Moment starrte McCoy sinnend in sein Glas. "Ich möchte
wissen, wo er jetzt steckt."
"Auf
dem Weg nach Vulkan. Er wird aber wohl nicht innerhalb der nächsten 24 Stunden
dort ankommen. Uhura hat Meldungen aufgefangen, dass auf Grund mehrerer Unruhen
auf Vulkan jeder interstellare Verkehr abgewiesen wird. Aber wie ich Spock
kenne, wird er trotzdem einen Weg finden."
"Sicher. Als der Sohn des führenden
Botschafters stehen ihm genug Mittel und Wege offen."
Kirk
runzelte unwillig die Stirn. "Reduziere Spock nicht auf den Sohn des Botschafters! Spock ist
mehr als das und er hat es nicht nötig, sich ausgerechnet darauf zu berufen."
McCoy
sah überrascht auf. "Was ist denn mit dir los? Wann immer die Sprache auf
Spock kommt, reagierst du in letzter Zeit wie eine Raubkatze, die ihr Junges
verteidigt."
Er
runzelte misstrauisch die Stirn, als ihm ein Gedanke kam.
"Läuft
da was zwischen Euch?"
Eine
leichte Röte überzog Kirks Gesicht und McCoy war über die prompte Reaktion
überrascht, zeigte es jedoch nicht. Statt dessen beobachtete er Kirk stumm.
Eine
Weile hielt Kirk dem durchdringenden Blick stand, dann begann er unbehaglich in
seinem Sessel herumzurutschen.
"Nein",
bekannte er schließlich leise. "Aber seit er von Bord gegangen ist, träume
ich jede Nacht von ihm und er fehlt mir so sehr, dass es fast körperlich weh
tut. Ich spiele mit dem Gedanken, ihn auf das Schiff zurück zu beordern. Mir
ist nicht wohl bei dem Gedanken, dass er allein auf Vulkan unterwegs ist, wenn
es dort zu Unruhen kommt."
"Hm...",
brummte McCoy. Kirk erwies sich als überraschend gesprächig. So wie er ihn
kannte, grübelte der Captain wohl schon eine ganze Weile über die Sache nach.
"Du
vergisst, dass Vulkan Spocks Heimatplanet ist. Ich denke wir können davon
ausgehen, dass er sich dort bestens auskennt."
"Trotzdem
ist mir nicht wohl bei dem Gedanken. Es heißt, Personen würde spurlos
verschwinden."
Kirk
nahm einen großen Schluck von seinem Drink.
"Ich
habe Uhura bereits angewiesen, Kontakt mit Spock aufzunehmen. Wenn sie ihn
erreicht, soll er zurückkommen. Wenn nicht, ist er wohl schon auf direktem Weg
nach Vulkan, d.h. er ist durch die Sicherheitssperre und wir werden warten
müssen, bis er uns wieder kontaktiert."
"Lässt dich das jetzt besser schlafen?"
Kirk grinste ironisch. "Woher weißt du, dass
ich kaum noch schlafe?"
"Schon mal in den Spiegel gesehen?"
"Okay.
Der Punkt geht an dich. Aber lass mich jetzt erst mal von der Angel. Du hast da
drin Patienten, denen es schlechter geht als mir."
Mit
einem Kopfnicken deutete Kirk auf den Kontrollbildschirm.
"Ich
möchte einen ausführlichen Bericht."
McCoy
leerte sein Glas mit einem einzigen Schluck.
"Also...
ich fange mal mit den körperlichen Diagnosen an. *Davon* verstehe ich ein
bisschen mehr.
Alle
sechs sind stark geschwächt. Die Vitalenergie beträgt bei allen nur noch rund
60%. Sie ist noch weiter gesunken, nachdem wir sie an Bord gebeamt hatten, doch
ich konnte sie inzwischen stabilisieren und sie erholen sich langsam aber
sicher. Ich rechne damit, dass sie in den nächsten Stunden aufwachen.
Ich
konnte allerdings keine konkrete Ursache für diese allgemeine Erschöpfung
finden, vermute aber, dass es mit dieser Anomalie in Zusammenhang steht. Dieses
Ding hat die sechs ja förmlich ausgespuckt, wenn ich mir das wenige richtig
zusammenreime, was ich darüber an Informationen bekommen habe. Manchmal wäre es
durchaus sinnvoll, wenn ich ein wenig mehr Informationen von der Brücke
bekäme."
Kirk
nickt knapp.
"Die
Rüge ist angekommen und ich gelobe Besserung. Weiter bitte."
"Was
mir mehr Sorgen macht ist der mentale Zustand der Leute. Alle sechs sind,
soweit ich das messen kann, über diverse *Brücken* miteinander verbunden. Ich
habe derartig seltsame Wert noch nie gesehen, nicht mal bei Spock. Vulkan
brauche ich gar nicht erst versuchen zu kontaktieren um nachzufragen, was das
zu bedeuten hat. Alles was von außen kommt, wird rigoros abgewehrt, wie du
weißt."
McCoy
rieb sich mit Daumen und Zeigefinger müde über den Nasenrücken und massierte
sich dann die Schläfen.
"Kopfschmerzen?
Nimm eine von den kleinen roten Pillen, die du mir immer verabreichst. Die
helfen wirklich."
Der
Arzt bedachte ihn mit einem schiefen Blick und einen leichten Kopfschütteln.
"Mir
nicht. Ich weiß, was drin ist."
Kirk
schmunzelte amüsiert. Er wollte noch etwas sagen, als eine Bewegung auf dem
Monitor seine Aufmerksamkeit auf sich zog.
"Bones. Sieh mal."
Sofort
war McCoy auf den Beinen und auf dem Weg in die Quarantänsektion, dicht gefolgt
von Kirk.
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Kevin
Blight sah auf, als sich die Tür mit einem leisen Zischen öffnete und zwei
Männer hereinkamen. Er konnte gerade noch verhindern, dass sein Mund offen
stehen blieb, als er sie erkannte.
Kirk
und McCoy.
Und
beide wirkten *sehr* lebendig.
Ein weiteres Rätsel.
Er
konnte sich an fast nichts erinnern. Nur, dass die Deirdre eigentlich auf dem
Planeten hätte aufschlagen sollen. Aber da sie alle am Leben waren - zumindest
seine Geschwister und deren Partner. Er sah nichts von den vier Studenten - war
wohl etwas unvorhergesehenes geschehen.
Wieder
sah er zu den beiden Männern, die ihn abwartend musterten. McCoy nutzte die
Gelegenheit und führte einige Scans durch. Dabei murmelte er in medizinischem
Kauderwelsch vor sich hin.
Kirk
stand stumm daneben. Seine ganze Haltung forderte Respekt und Antworten, die
aber Blight im Moment selbst nicht hatte.
"Wie
ich sehe, sind Sie aufgewacht."
McCoy
lächelte gewinnend aber auch vorsichtig. Es war klar, dass er Blight nicht
erkannte.
"Ja.
So scheint es zumindest."
Blight
räusperte sich. Seine Kehle war rau und das Sprechen fiel ihm schwer. Sofort
erschien eine Schwester und drückte ihm einen Becher mit Wasser an die Lippen.
Es war ihm ein Rätsel, woher sie so plötzlich gekommen war. Dankbar trank er
einige Schlucke und ließ den Kopf dann wieder zurücksinken.
Sein
Blick wanderte zu Kirk.
"Wo
genau bin ich hier?"
"An
Bord der USS Enterprise. Ich bin Captain Kirk. Dies ist mein Bordarzt Dr.
McCoy."
Kirk
ließ seinen Blick über die sechs Gestalten schweifen und richtete dann seine
Aufmerksamkeit wieder auf Blight.
"Wir
untersuchen eine bisher unbekannte Anomalie im Raum. Wie es scheint, wurden Sie
und Ihre Gefährten hier von ihr regelrecht ausgespuckt. Können Sie mir
genaueres dazu sagen?"
Blight
nickte knapp. Langsam klärte sich das Bild und einige Erinnerungsfragmente
kehrten zurück.
Die
letzten Augenblicke auf der Brücke seines Schiffes... Sarduk, der alle mentalen
Barrieren fallen ließ und sie alle in einer Mentalverschmelzung vereinte... Das
Gefühl nur als Gedanke, als Lichtfunke zu existieren... Dann der Druck der
Raumanzüge... Kälte...
Wenn
sie wirklich durch diese Anomalie gereist waren... Kirk war schon einmal
während der Passage in der Zeit versetzt worden... War ihnen das gleiche
geschehen?
War
die Anomalie nicht nur ein Tor zu einer anderen Galaxie, sondern auch ein Weg
durch die Zeit? Hatten sie vielleicht sogar mehrmals die Zeitebenen gewechselt,
ohne es zu bemerken? Kirk hatte ja auch nichts davon gemerkt.. erst als er
wieder zurückgekehrt war, wurde es ihm bewusst.
So viele Fragen...
Blight
schloss mit einem gequälten Seufzen die Augen und versuchte sich zu entspannen.
Tief in seinem Inneren konnte er die ruhende Präsenz seines Gefährten fühlen,
konnte auch die anderen als leichtes Leuchten wahrnehmen. Es war ein
beruhigendes Gefühl zu wissen, dass er nicht allein war, es niemals wieder sein
würde.
McCoy
hatte ihn abwartend beobachtet.
"Wie
fühlen Sie sich?"
Blight
drehte den Kopf zur Seite und öffnete blinzelnd ein Auge.
"Wollen
Sie eine höfliche oder eine ehrliche Antwort?"
Er
grinste schief.
"Ich
fange nur gerade an mich daran zu erinnern, was wir hinter uns haben. Zumindest
teilweise. Ich verstehe selbst nicht alles."
"Können Sie mir einige Fragen
beantworten?"
Kirk
trat näher heran - er hatte sich bisher eher zurückgehalten um McCoy mehr Platz
an der Medoliege zu lassen - und stellte sich nun mit einem freundlichen
Lächeln direkt neben Blights Bett.
"Im
Prinzip ja. Aber mit Sicherheit nicht alles. Es wäre sinnvoller, wenn auch die
anderen dabei wären. Es sind durchweg Spezialisten auf ihren Gebieten und sie
wissen teilweise mehr als ich. Wie gesagt: Mir ist selbst noch nicht alles
klar."
"Bones? Kannst du sie wecken?"
McCoy
wippte auf den Zehen und sah etwas unschlüssig zwischen seinen Patienten und
Kirk hin und her.
"Ja
und Nein. Sicher, ich kann ihnen etwas geben, damit sie aufwachen. Andererseits
möchte ich genau das nicht tun, da alle mehr oder weniger mental miteinander
verbunden sind und ich keine Ahnung habe, welche Wirkung das Medikament haben
würde."
"Ich
kann versuchen meinen Partner Si'jsk zu wecken. Er kann dann sicher sagen, ob
es für die anderen ungefährlich wäre."
Kirk
hob überrascht den Blick, der grübelnd auf seinen Fußspitzen geruht hatte.
"Ginge
das? Ohne ihn zu gefährden?"
"Ja.
Wenn ich merke, dass es ihm nicht gut tut, kann ich abbrechen und ihn weiter in
der Heiltrance belassen."
Blight
setzte sich vorsichtig auf und machte Anstalten, die Beine von der Liege zu
schwingen.
"Helfen
Sie mir bitte, Doc. Ich fürchte, mein Kreislauf will noch nicht so, wie ich es
gerne hätte."
"Worauf
Sie wetten können, Blight", brummte McCoy und stützte den merklich bleich
gewordenen Mann, während er ihn besorgt musterte.
Nach
einem Moment nickte Blight und stemmte sich vorsichtig hoch. Dann ging er,
gestützt von McCoy, zielstrebig zu Si'jsks Liege und setzte sich halb darauf,
dicht neben dem reglosen Körper des Vulkaniers.
Kirk
war ihnen langsam gefolgt und hatte Blight dabei nicht aus den Augen gelassen.
Es schien eindeutig zu sein, dass diese beiden Männer etwas besonderes Verband.
Waren sie ein Paar? Er hatte ihn seinen Partner genannt...
In
seinem Hirn rumorte es. Gleichgeschlechtliche Paare bei Vulkaniern? Es war zwar
unter Menschen schon lange ein gewohntes Bild, aber er hatte noch nie davon
gehört, dass es dies auch bei Vulkaniern gab. Liebe spielte bei diesem Volk
offensichtlich keine Rolle, soweit er wusste. Und Ehen wurden nur geschlossen,
um die Männer vor dem Tod im Pon farr zu bewahren und um Nachwuchs zu zeugen -
was auf das gleiche hinauslief. Er wusste, dass viele Paare nicht einmal
zusammen lebten.
Andererseits
schaffte es Spock ständig ihn mit noch bisher unbekannten Aspekten seiner
Kultur zu überraschen und Kirk hatte sich daran gewöhnt, dass bei Vulkaniern
nichts so war, wie es auf den ersten Blick erschien.
Aber
wenn es wirklich rein männliche Paare gab - bestünde dann vielleicht Hoffnung,
dass Spock...?
Sofort
schob Kirk den Gedanken an seinen Freund bei Seite. Zu sehr schmerzte ihn
dessen Abwesenheit - psychisch und inzwischen auch physisch. Kirk fragte sich,
was das zu bedeuten hatte.
Blight
beugte sich behutsam über Si'jsk und suchte mit den Fingerkuppen der rechten
Hand nach den Nervenklustern im Gesicht seines Partners, die ihm Zugang zu
dessen Bewusstsein geben würden. Er wusste, solange Si'jsk in dieser Trance
lag würde er ihn anders nicht erreichen
können. Er verschwendete keinen Gedanken daran, warum er das wusste - handelte
statt dessen einfach entsprechend.
Es dauerte
einen Moment. Dann spürte er, wie sich in jenem für Si'jsk reservierten Teil
seines Bewusstseins etwas tat. Zuerst nur undeutlich, dann immer stärker
werdend konnte er seinen Partner wahrnehmen.
Si'jsk
schien verwirrt zu sein und stand auch noch immer unter Schock. Der Transfer
hatte das Band zwischen ihnen bis aufs äußerste strapaziert und so stark
beschädigt, dass Si'jsk ihn in seinem Zustand nicht bewusst wahrnehmen konnte.
Schmerzen
und Verzweiflung schlugen Blight entgegen, als er sich dem mentalen Abbild
seines Partners näherte. Si'jsk erkannte ihn zuerst nicht und wich instinktiv
zurück.
Zu
oft schon hatte er zu viel verloren, um noch sofort vertrauen zu können. Blight
wusste das, doch erst jetzt erkannte er, was das wirklich für Si'jsk bedeutete;
wie einsam Si'jsk tatsächlich noch immer war, trotz ihres Bandes.
//T'hyla!
Ich bin es, Kevin. Komm mit mir. Es droht keine Gefahr mehr.//
Blight
rief ihn leise und streckte eine imaginäre Hand aus. Si'jsk zögerte, doch dann
begann er langsam näher zu kommen.
//T'hyla?
Ich verstehe nicht... Was...?//
//Komm
mit mir. Ich erkläre dir alles, wenn du aufwachst.//
//Nein.
Ich will nicht. Ich bin müde.//
//Komm.
Du kannst schlafen. Aber erst brauchen die anderen deine Hilfe.//
//Die
anderen?//
//Ja.
Sarduk und T'Alin und deren Partner. Sie sind auch hier.//
Langsam,
zögernd kam Si'jsk nahe genug, damit Blight seine Hand ergreifen konnte. Er zog
ihn kurz an sich und beide genossen das Gefühl, als ihr Band wieder zu voller
Stärke anschwoll und sich erneut in ihrer beider Bewusstsein verankerte -
stärker als je zuvor.
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Kirk
und McCoy beobachteten staunend, wie sich die Mimik der beiden Männer subtil
veränderte. Beide waren hochkonzentriert und wirkten dennoch entspannt und
gelöst. Schließlich schlich sich ein erleichterter Ausdruck in Blights Mine und
er ließ die Hand sinken. Dann schaute er kurz auf und sah sich im Raum um, wie
um sich zu vergewissern, dass er noch immer am selben Ort war.
Jetzt
regte sich auch Si'jsk und McCoy, der die Anzeigetafel der Biosensoren nicht
aus den Augen ließ, stieß erleichtert die Luft aus, von der er gar nicht
gewusst hatte, dass er sie angehalten hatte: Der Vulkanier löste sich aus der
tiefen Trance und trieb langsam an die Oberfläche seines Bewusstseins.
McCoy
hatte so etwas ähnliches schon öfters bei Spock erlebt und wusste, dass eine
Phase der Desorientierung folgen würde. Für Spock war es dann immer sehr
hilfreich gewesen, wenn eine vertraute Person bei ihm war und er hatte Kirk in
die Krankenstation gerufen, wenn er sah, dass Spock zu sich kam. Nicht selten
hatte McCoy dann beobachten können, dass der Vulkanier nach Kirks Hand
gegriffen und sie gehalten hatte bis er wieder völlig bei sich war. Manchmal waren auf diese Weise sogar die
sonst obligatorischen Ohrfeigen überflüssig geworden.
Deshalb
rechnete er mit einer ähnlichen Reaktion bei Si'jsk. Doch wie es schien, war
der junge Vulkanier - ebenso wie oft Spock - für eine Überraschung gut.
Si'jsk
blinzelte und regte sich unruhig. Seine Hände strichen fahrig über die Decke,
als suchte er etwas.
Blight
lächelte und griff danach. Dann beugte er sich über Si'jsk. Ein Fremder hätte
jetzt mit Ohrfeigen die letzten Reste der Trance durchbrochen. Als Partner
standen ihm andere Wege offen. Dass sie nicht allein waren, störte ihn dabei
absolut nicht. Er hatte keinen Grund, sich zu verstecken.
Si'jsk
reagierte instinktiv, als er die kühlen Lippen seines Partners auf den seinen
fühlte. Eine Hand griff in das Genick des Menschen und zog den Kopf dichter an
sich heran. Die andere strich langsam über den schlanken Körper, der sich über
ihn beugte. Er begegnete dem Kuss mit wachsendem Hunger.
Allmählich
wurde er sich seines eigenen Körpers und seiner Reaktion auf die intime Nähe
bewusst. Das Pon farr war noch immer nicht vollständig vorbei und er war noch
immer hochsensibilisiert.
Und
er begriff, dass sie am Leben waren. Das war im Moment alles, was zählte.
Er
brummte enttäuscht, als sich Blight behutsam aber bestimmt von ihm löste.
//Wir
sind nicht allein, T'hyla.//
Die
mentale Stimme klang amüsiert und Si'jsk antwortete mit einem übermütigen
Lächeln.
//Und?//
//Du
bist unmöglich!//
//Nein.
Am Leben. Und ich liebe dich!//
Blight
lachte leise und richtete sich auf.
"Hallo
Dornröschen."
Si'jsk
seufzte unwillig und schlug die Augen auf. Es wurde Zeit, sich der Realität zu stellen.
"Wenn
du mir jetzt noch sagst, wovon du redest, könnte ich angemessen antworten."
"Ein
irdisches Märchen. Die Königstochter wird nach hundertjährigem Schlaf von ihrem
Prinzen wachgeküsst."
Si'jsk
richtete sich auf einen Ellenbogen gestützt auf und sah sich kurz in der
Krankenstation um, streifte Captain und Bordarzt mit einem Blick. Dann schaute
er seinen Partner an, eine Augenbraue wanderte fragend nach oben.
"Dein
Vergleich entbehrt nicht einer gewissen Logik."
Er
suchte in der Mimik und im Bewusstsein Blights nach Erklärungen, fand aber nur
Fragen.
"Wie
viel Zeit ist vergangen?"
"Ich vermute mal... 45 Jahre."
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Ende
Teil 27