Durch
Zeit und Raum
Disclaimer
siehe Teil 1
Teil
26
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Eine
knappe halbe Stunde später befanden sie sich in einem stationären Orbit über
der Energiequelle. Es war nicht ungefährlich, ihr so nahe zu sein, wie T'Alin
aus den Ergebnissen der Sensormessungen herausfand:
Es
wurde stetig Energie vom Schiff abgezogen. Allerdings konnte sie nicht sagen,
was mit der Energie geschah. Anders als vorher verschwand sie einfach auf dem
Planeten.
Sie
versuchte mit der wenigen Energie die ihr noch geblieben war, den Sensoren so
viel Informationen wie nur möglich von dem Planeten unter ihnen abzuringen. Es
war ein schleppend langsamer Prozess. Doch dann bekam sie ein Ergebnis.
"Ich
orte eine Kammer, etwa hundert Meter unter der Oberfläche. Sie ist zu über 90%
mit Wasser, gebunden mit unbekannten Proteinketten gefüllt. Die Menge wächst
stetig an. Die Energie wird in Richtung zu der Kammer geleitet."
"Wenn
diese Wasser – Protein - Ansammlung die
Wesen sind, dann bestehen sie vermutlich tatsächlich überwiegend aus Wasser."
Blight
stützte einen Ellenbogen auf seine Armlehne und legte das Kinn in die Hand. Es
war zwar nicht gerade eine Sitzposition, die man mit einem charismatischen
Captain assoziierte, aber das war ohnehin nichts, woran er je einen Gedanken
verschenkte. Jetzt schon gar nicht.
"Könnte
das eine Art Brutstätte sein? Wenn dort die Energie hineingeleitet
wird..."
Er
führte schon wieder Selbstgespräche. Wann hatte er sich das angewöhnt?
Die
Lifttüren öffneten sich mit einem halbherzigen Zischen und Si'jsk kehrte auf
die Brücke zurück. Ein kurzer Blickwechsel mit T'Alin, ein Nicken, die
unbewegte Mine... Blight musste nicht fragen.
Stumm
griff er nach der Hand seines Partners, als dieser neben ihm stand und drückte
sie kurz.
//Es
tut mir leid. Ich trauere mit dir.//
Si'jsk
nickte nur. Er wollte jetzt nicht reden. Schon oft in seinem Leben hatte er mit
Verlust und drohender Lebensgefahr zurechtkommen müssen. Doch nie war jemand an
seiner Seite gewesen, der ihm so viel bedeutete wie Kevin. Er wollte den Menschen
nicht mit seinem Kummer, seiner Angst belasten. Es war einfacher, alles hinter
Mauern aus Logik und angelernter Disziplin zu verbarrikadieren.
"Können wir die Energieübertragung irgendwie
hemmen oder umleiten?"
"Negativ.
Ich kann keinen Generator oder Vergleichbares orten. Ich vermute, es sind die
Wesen selbst, die die Energie absorbieren. Zudem scheint es so, als würde
jegliche von den Wesen *gesammelte* positive Energie zunächst in negative
Energie umgewandelt."
"Positive
Energie scheint ihnen nicht zu schmecken."
Kent
O'Brian starrte finster auf den Schirm. Auch ihm gefiel die Richtung nicht, die
die Ereignisse nahmen. T'Alin war genau das, wonach er sein Leben lang gesucht
hatte. Er wollte sie jetzt nicht verlieren - von seinem Leben ganz zu schweigen
- nur weil diese Wesen andere Pläne hatten.
Noch
ungeübt, da ihre Verbindung noch sehr frisch war, öffnete er in seinem
Bewusstsein den Zugang zu seiner Partnerin.
T'Alin
spürte es und drehte sich um, ein leichtes Lächeln umspielte ihren Mund. Für
einen Moment vergaßen sie ihre Umgebung und die Realität als sie sich in ihre
ganz private Welt zurückzogen.
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Wieder
öffneten sich die Türen des Lifts. Ein sichtlich erschöpfter Sarduk und
Beatrice Gordon schoben sich durch die nur zu einem schmalen Spalt geöffneten
Türen.
Sie
erstattete mit leiser Stimme Bericht.
"Wir
sind durch das ganze Schiff gegangen. Es gibt außer uns nur noch vier weitere
Überlebende. Ausnahmslos Studenten. Sie hatten sich während des Angriffs in
einem Bereich des Schiffes aufgehalten, den die Wesen nicht betreten hatten.
Warum weiß ich nicht. Momentan sind sie im Maschinenraum bzw. bei der
Phaserbank. Sie versuchen Conellys Arbeit zu beenden, damit wir noch etwas
Energie bekommen."
"Danke."
Mit
dem Kopf deutete Blight auf zwei freie Konsolen. Die beiden Ärzte konnten sie
zwar nicht bedienen, aber sie sahen aus, als könnten sie einen Stuhl
gebrauchen.
Si'jsk
hatte sich zu T'Alin gesellt, nachdem er seine Konsole auf Autopilot umgestellt
hatte. Jetzt beugte er sich über den Sichtschlitz des Scanners.
"Das
Innere der Kammer ist interessant. Sie ist mit einer Wabenstruktur angefüllt,
ähnlich derer einiger irdischer Insekten. Laut den Sensoren haben die ältesten
Waben ein Alter von rund 45 Jahren. Es scheint, als wäre diese Brutstätte in
etwa zu der Zeit errichtet worden, zu der die ersten Anzeichen für die
politischen Manipulationen der Wesen in unserer Galaxie sichtbar wurden."
"Hm...
und als Kirk auf diesen Planeten und die noch praktisch leere Kammer stieß,
wurde er durch die Anomalie zurückgeschickt. Die Wesen, oder was immer
dahintersteckt, wollten nicht, dass er genauer nachforscht."
"Ja,
Kevin. Das vermute ich auch. Er sollte keine Chance bekommen, den
Entwicklungsprozess zu stören, als dieser in der Anfangsphase war."
Si'jsk
wich zurück, als sich nun auch T'Alin über den Sichtschlitz beugte.
"Ja,
Ihr könntet Recht haben. Alles deutet darauf hin, dass damals diese Brutstätte
gerade entstanden war. Laut der Aussage von Kirk's Offizieren hatten sie keine
weiteren Lebensformen oder Energiequellen in dieser Galaxie entdeckt. Die Wesen
bereitete sich hier, nahe dem Portal, auf ihr Ziel vor."
"Zumindest keine, die so nahe an einem der
Portale waren," warf O'Brian ein.
"Wenn
er damals sofort erkannt hätte, was er vor sich hat, und die Kammer zerstört
hätte, wären vermutlich diese Wesen vernichtet oder zumindest entscheidend
geschwächt worden."
"Hat
er aber nicht, Dr. Gordon." Blight fragte sich, ob auch die anderen die
Hoffnungslosigkeit hörten, die ihn aus seiner eigenen Stimme anschrie.
"Er
hatte gar keine Chance dazu. Aber vielleicht können wir noch etwas
ausrichten."
Er
schaute fragend zu Si'jsk.
Dieser
nickte langsam.
"Möglicherweise.
Noch etwas ist interessant: Jede einzelne der Waben ist von negativer Energie umhüllt. Ähnlich der,
wie wir sie von Antimaterie kennen."
Er
richtete sich langsam auf und starrte einen Moment lang vor sich hin. Dann
drehte er sich um.
"Wenn
wir eine Möglichkeit finden, genügend positive Energie in die Kammer zu
bringen, würde die folgende Materie-Antimaterie-Reaktion den Planeten
zerstören.
Die
Wesen leben von negativer Energie, wie wir von Spock wissen. Die große Menge
frei werdender, zwar destruktiver aber in ihrer physikalischen Struktur
positiver Energie, würde sie töten."
"Haben
wir genügend Phaserenergie oder Photonentorpedos um eine solche Explosion
herbeizuführen? Oder können wir einfach positive Materie hinunterbeamen?
T'Alin
musste den Computer nicht zu Rate ziehen um antworten zu können.
"Nein.
Nichts von alledem."
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Blight
hatte alle Überlebenden in dem kleinen Konferenzraum neben der Brücke versammelt. Viele waren es nicht mehr.
Außer
ihm und Si'jsk hatten nur noch T'Alin, Sarduk, Dr. Gordon und O'Brian, sowie
vier weitere Menschen überlebt.
Es
waren ausnahmslos junge Studenten, die jetzt mit dem Mut der Verzweiflung und
der Gleichgültigkeit der völligen Erschöpfung auf seine Entscheidung warteten.
Er kannte nicht einmal ihre Namen.
Si'jsk
trat leise zu ihm. Er war sein Partner und er würde jeden Schritt mit ihm
gehen.
Für
einen Moment lang ließ sich Blight in die Liebe fallen, die Si'jsk ihm über ihr
Band schickte. Für einen Moment gab er sich der Illusion hin, alles wäre nur
ein schrecklicher Alptraum.
Das
Räuspern eines der Studenten riss ihn in die Wirklichkeit zurück.
Blight
sah auf und musterte seine Gefährten.
In
ihren Gesichtern las er die gleiche Erkenntnis, zu der auch er gekommen war.
"Wir
haben keine Chance mehr."
Klang
seine Stimme wirklich so ruhig... so *tot*?
Ohne
sich etwas anmerken zu lassen, fuhr er fort.
"Die
Energie ist auf 11% gesunken und sinkt
weiter. Unsere Waffensysteme sind funktionsunfähig. In großen Teilen des
Schiffs ist das Lebenserhaltungssystem bereits ausgefallen. Auch auf dieser
Ebene wird es bald soweit kommen, weshalb alle ab sofort Raumanzüge tragen
müssen. Wir können nur noch mit Hilfe der Manöverdüsen navigieren und auch das
nur noch für einen begrenzten Zeitraum von wenigen Minuten."
Er
holte tief Luft und sammelt Kraft um die nächsten Worte aussprechen zu können.
"Es
gibt keine Möglichkeit mehr für uns, in unser Universum zurückzukehren."
Das
Schweigen im Raum vertiefte sich, bis es alle zu ersticken drohte. Keiner von
ihnen wollte sterben. Sie alle waren noch jung, voller Pläne und Hoffnungen.
Nur schleppend machten sie überhaupt den Versuch die Realität zu akzeptieren.
Begreifen konnte sie es nicht.
"Ich
möchte nicht sinnlos sterben... einfach *so*."
Einer
der Studenten, ein junger Mann Anfang zwanzig, schnippte mit den Fingern um
seine Worte zu unterstreichen. Das Geräusch klang in der Stille überlaut und
ließ alle zusammenzucken.
Blight
nickte unmerklich.
"Wir
haben noch eine letzte Möglichkeit, diese Energiequelle zu zerstören oder
zumindest so stark zu beschädigen, dass ein Transfer der Wesen in unser
Universum unmöglich wird. So können wir die Invasion vielleicht
verhindern."
"Wie?"
Neue
Hoffnung zeigte sich in den jungen Gesichtern. Nur Sarduk und O'Brian, die
ahnten worauf Blight hinauswollte, schlossen die Augen. Si'jsk und T'Alin
wussten Bescheid, hatten sie doch bereits mit ihm den nötigen Kurs berechnet.
"Wir
können die Deirdre als Geschoss in die Energiequelle steuern und hoffen, dass
die Explosion des Schiffes genug Schaden anrichtet um eine Invasion unseres
Universums zu verhindern. Das ist alles, was wir noch tun können um sie
aufzuhalten."
Es
war Selbstmord. Blight wusste das und auch die andere wussten es. Dennoch erhob
niemand Einspruch.
Viel
Zeit blieb ihnen nicht: das Schiff verlor ständig Energie und wenn sie
überhaupt noch etwas ausrichten wollen, musste es sofort geschehen, bevor sie
nur noch hilflos im Raum treibend auf den Tod warten konnten.
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Blight
gab die letzten Befehle ein, dann ging auch er in die kleine Kammer neben der
Brücke, die die Notfallausrüstung enthielt. Dort befanden sich die letzten
beiden Raumanzüge, deren Energiepatronen noch halbwegs funktionierten. Er war
froh, dass sie überhaupt noch genügend gefunden hatten, damit jeder einen
tragen konnte.
Überrascht
stellte er fest, dass Si'jsk in der kleinen Kammer auf ihn wartete.
"Warum
bist du noch nicht angezogen?"
"Ich habe auf dich gewartet."
"Das ist unsinnig, Si'jsk. Du weißt, wie
schnell die Energieversorgung erlöschen kann."
Ein
trauriges Lächeln erschien in den eleganten Zügen des Vulkaniers.
"Du
redest Unsinn, T'hyla. Das spielt bald keine Rolle mehr. Ich wollte dich noch
einmal spüren, dass ist alles."
Stumm
ließ sich Blight von seinem Partner umarmen. Sie küssten sich ein letztes Mal,
hielten ein letztes Mal den Körper des anderen an sich gedrückt.
Dann,
ohne sich anzusehen, zogen sie die sperrigen Raumanzüge an. Sie wussten, dass
sie keine Wahl hatten und gerade dieses Wissen war es was sie fast wahnsinnig
machte. Aber es blieb keine Zeit für Verzweiflung oder Tränen. Nur noch ein //Ich
liebe dich// glühte in ihrem hell pulsierenden Band. Nie zuvor war es weiter
geöffnet gewesen als jetzt.
Sie konnten die absolute Einheit nicht genießen.
In wenigen Minuten würden sie tot sein.
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Sie
hatten sich auf der Brücke versammelt: Zehn in unförmigen Raumanzügen vermummte
Gestalten. Keine der Sprechverbindungen war aktiviert.
Si'jsk
sah, dass sich hinter einigen der dunkel getönten Sichtscheiben hier oder da
stumm die Lippen in einem letzten Gebet bewegten, während sie auf den kleinen
eisbedeckten Planeten starrten, der näher und näher kam.
Unwillkürlich
trat er dichter an Blight heran. Auch die anderen beiden Paare standen eng
beieinander. Die vier Studenten hielten sich etwas abseits von ihnen, aber auch
sie suchten die gegenseitige Nähe.
Si'jsk
unterdrückte einen Impuls den seit seiner Kindheit zu seinen Geschwistern
bestehenden Link zu aktivieren. Statt dessen öffnete er die Verbindung zu
Blight so weit er konnte und ließ zu, dass das Bewusstsein des Menschen mit
seinem absolut verschmolz.
Plötzlich
ging ein Ruck durch das Schiff, als sie in die dünne Atmosphäre eintraten.
Rotglühende Schleier fegten über den Sichtschirm und ein nervenzerreißendes
Kreischen wurde trotz der Schutzanzüge hörbar, als das Schiff sich gegen die
enormen Kräfte wehrte, die es zu zerreißen drohten.
Einige
Warnsignale flammten auf um im nächsten Moment zu erlöschen. Dann wurde der
Bildschirm schwarz, als die Energiequelle den letzten Rest an Energie aus dem
Schiff abzog. Doch sie wussten, dass niemand mehr das Schiff stoppen konnte.
Nur noch wenige Sekunden und es würde nahe dem Zentrum der Hauptbasis dieser
Wesen auf der Planetenoberfläche einschlagen und explodieren.
Sarduk
konnte die Spannung nicht mehr ertragen. Er ließ abrupt alle Barrieren fallen
und riss Gordon mit sich in ein mentales Inferno. Dumpf spürt er, wie die
ruhenden Verbindungen zu seinen Geschwistern - Verbindungen, die nur im Tod
aktiv wurden - zum Leben erwachten und sie alle drei samt ihren Partnern
verbanden.
Dann hüllte Schwärze sie ein.
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Ende
Teil 26