Durch
Zeit und Raum
Disclaimer
siehe Teil 1
Teil
13
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Camelon.
Si’jsk lenkte den Hengst aus dem Akademie-Komplex heraus. Er
hatte einen anstrengenden Tag hinter sich und wollte den Ausritt nutzen, um
den Kopf wieder etwas frei zu bekommen.
In einigen Stunden würde der Computerspezialist ankommen.
Bis dahin blieb ihm noch Zeit genug, um sich zu entspannen.
Eine etwas weiter entfernte Hügelkette lenkte seine
Aufmerksamkeit auf sich und er ritt in ruhigem Tempo durch die eher karge
Landschaft darauf zu.
Während des Rittes wanderten seine Gedanken zu Kevin Blight
und er fragte sich, wie es ihm inzwischen erging. Er vermisste ihn bereits,
obwohl sie seit jener Nacht eine feine mentale Brücke verband.
Jene Nacht... ein angenehmer Schauer lief über seinen
Rücken, als er sich daran erinnerte.
Ja, sie hatten sich geliebt. Zum ersten mal seit
jenem Zwischenfall mit T'San hatten sie die seltsame Scheu überwunden, die sie
bisher beide von mehr als einigen Küssen und zärtlichen Berührungen abgehalten
hatte. Für Kevin war es das erste Mal mit einem Mann gewesen und Si'jsk, dem
es wegen des nur mühsam kontrollierten Pon farrs schwer fiel sich zu
beherrschen, hatte alles ihm mögliche getan, um die Nervosität seines Geliebten
zu besänftigen.
Doch obwohl Kevin ihn schließlich darum gebeten hatte, hatte
er ihn nicht genommen. Si'jsk wusste, dass er die Kontrolle über das Pon farr
verloren hätte, hätte er den Wunsch erfüllt. Er wollte Kevin noch nicht mit der
dann unweigerlich aufbrechenden ungezügelten Leidenschaft überrumpeln.
Es war für beide schwer gewesen, als Kevin noch in der Nacht
mit der USS Deirdre aufgebrochen war. Si'jsk hätte ihn am liebsten begleitet.
Das Blutfieber war auf ein erträgliches Maß gesunken - dank des feinen mentalen
Bandes und der Drogen, die er immer noch nahm. Doch wenn er zu viel Zeit mit
seinem Geliebten verbracht hätte, wäre es stärker geworden und dieser hatte
einen Auftrag zu erfüllen.
Si'jsk seufzte leise. Noch konnte er sich beherrschen aber
er sehnte sich nach Kevins Rückkehr.
Schließlich erreichte er die Hügelkette.
Er wollte auf einen der wie verstreut aus dem Boden ragenden
Felsen klettern, und sich von diesem erhöhten Standpunkt aus die Gegend
ansehen. Von dort würde er sich einen besseren Überblick über die Umgebung verschaffen
können. Sein Pferd ließ er an einem jungen Baum angebunden am Fuß des Felsens
zurück.
Der Fels bestand aus vom Regen und von Wurzeln
durchlöcherten Kalkgestein. Es war leicht, daran empor zu klettern. Natürlich
hätte er auch mit einem etwas größeren Umweg den Felsen umreiten können, um von
hinten, wo er nicht so steil abfiel, bequem hinauf zu gehen. So ging es jedoch
schneller.
Es dauerte nicht lange, bis er oben war. Er hatte sich einen
guten Platz ausgesucht, wie er jetzt bemerkte. Er konnte tatsächlich beinahe
das gesamte Gebiet der Akademie und der umgebenden Landschaft überblicken.
Es lag eingebettet in einem weiten, durch einen Fluss
fruchtbaren Tal, umgeben von Wiesen und Wäldern. Die umliegenden Hügel waren
eher karg. Sie waren spärlich mit dornigen, knorrigen Sträuchern und wenigen
Bäumen bewachsen. Überall ragten Felsen durch die dünne Erdschicht.
Auf Camelon gab es
praktisch keine Infrastruktur und nur ein sehr kleiner Teil des Planeten war
überhaupt bewohnt. Die wenigen Siedlungen waren durch befestigte Reitwege
erreichbar, da dies die bevorzugte Fortbewegungsart war.
Es gab zwar auch Gleiter und Transporter, die jedoch eher
für den Warentransport verwendet wurden.
Dadurch verstärkte sich der Eindruck einer mittelalterlichen
Siedlung. Eine Art zu leben, die den Vulkanier immer wieder in Erstaunen
versetzte. Er war sich nicht sicher, ob er freiwillig hier leben würde. Ein
gewisses Maß an technischen Fortschritt hatte durchaus seine positiven Aspekte.
Die einzige Ausnahmen bildete die Akademie mit ihrer
autarken Energieversorgung, die innerhalb des Akademiegeländes den üblichen
technologischen Standard bot.
Allerdings war es auch eine gute Tarnung für die geheimen
Aktivitäten von Blights Gruppe. Auf einer so dünnbesiedelten und eher
technologisch unterentwickelten Welt würde niemand eine Spezialeinheit des
Geheimdienstes vermuten.
Die hellen Gebäude der Akademie - ein großes Hauptgebäude
mit den Schulungsräumen und der Verwaltung sowie mehrere sternförmig darum
herum angeordnete Wirtschafts- und Wohngebäude - wirkten in dieser Entfernung
wie helle Perlen in dem allgemeinen Grün der Umgebung.
In einiger Entfernung konnte er die Gebäude und Felder einer
Farm erkennen.
Si'jsk setzte sich und lehnte sich dann gegen einen
Baumstumpf. Mit geschlossenen Augen dösend genoss er die Sonnenwärme. Noch war
Hochsommer aber in der Luft war bereits der kühle Wind des nahenden Herbstes zu
fühlen.
Die Wärme half ihm sich zu entspannen. Dieser Planet war so
anders als Vulkan - eher karg, aber dennoch grün und voller Leben. Si'jsk
wusste, dass sich die hier lebenden Menschen an die Erde erinnert fühlten.
Dies galt auch für Kevin, wie er wusste. Si'jsk kannte Terra
nicht und er beschloss, den Planeten bei nächster Gelegenheit zu besuchen.
Er döste, bis ihn stärker werdender Wind und die Kühle des
Abends dazu zwangen aufzustehen.
Der Wind hatte dicke Wolken zusammengetrieben, die nun mehr
und mehr die Sonne verdeckten. Besorgt sah er zu den grauen Quellwolken auf. Er
wusste genug über derartige Wetterphänomene um ein herannahendes Unwetter zu
erkennen.
So schnell es ging kletterte er den Felsen wieder hinunter
und ritt zurück. Der jetzt starke Wind zerrte an ihm und ließ sein Pferd
scheuen.
Der Regen war schneller.
Er war etwa knapp drei Kilometer weit gekommen, als die
Hölle um ihn herum losbrach. Alle Schleusen des Himmels schienen sich genau
über ihm geöffnet zu haben. Der Regen fiel so dicht, dass man nur wenige Meter
weit sehen konnte, was ihn dazu zwang, die Geschwindigkeit zu drosseln. Der von
der Sommerhitze der letzten Wochen hartgebackene Boden konnte die plötzlichen
Wassermassen nicht aufnehmen und Si'jsk hatte das Gefühl durch einen See zu
reiten, als er eine Ebene überquerten.
Ein Blitz schlug nur wenige Meter neben ihm in einen hohen
Baum. Das Pferd scheute und rutschte auf dem schmierigen Boden. Si'jsk konnte
nur knapp verhindern, dass es stürzte.
Instinktiv klammerte er sich mit einer Hand in der Mähne
fest. Der Wind zerrte an seinem Haar und peitschte ihm nasse Strähnen ins Gesicht,
so dass er fast nichts mehr sehen konnte.
Er würde noch fast eine Stunde brauchen um die Akademie zu
erreichen. Das Tempo, dass er im Augenblick hatte, würde das Pferd aber wohl
kaum so lange durchhalten können. Nicht bei diesen Bodenverhältnissen.
Si'jsk seufzte und lenkte es gerade noch rechtzeitig um
einen Graben herum.
Dann erreichte er einen der Reitwege, der durch ein
Waldgebiet direkt zur Akademie führte. Der Weg war schlammig und voller
abgebrochener Äste und heruntergerissenem Laub so dass er noch langsamer und
vorsichtiger Reiten musste. Aber je tiefer er in den Wald hinein ritt, desto
mehr schützen ihn die hohen Bäume vor dem Regen.
Si'jsk konzentrierte sich darauf, nicht das Gleichgewicht zu
verlieren, denn langsam wich die Kraft aus seinen unterkühlten Beinen und den
klammen Händen. Er wusste nicht, ob er sich auf sie verlassen konnte, falls er
auf dem nassen Sattel ins Rutschen geraten sollte.
Dennoch trieb er das Pferd an, um noch ein bisschen
schneller zu sein. Wenn es jetzt in eines der vielen Erdlöcher trat...
Er wollte lieber nicht daran denken.
Statt dessen versuchte er den Regen und das Dämmerlicht des
Waldes mit den Augen zu durchdringen. Täuschte er sich, oder konnte er
tatsächlich schon das Ziel erkennen?
Er konnte es kaum glauben, als er tatsächlich die hellen
Gebäude des Akademiekomplexes durch die Bäume schimmern sah.
Jetzt musste er nur noch durch das Gebüsch am Waldrand. Das
Pferd schien zu spüren, dass es gleich in einen trockenen Stall kam und brach
mit aller Kraft, die ihm noch geblieben war, durch das Dickicht.
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Sevrin betrachtete den Planeten der sich unter ihnen drehte.
Camelon war ein kleiner Planet der Klasse M. Er wirkte auf
ihn fast wie ein Zwilling der Erde.
Eine Katalogisierungsnummer kam ihm in den Sinn. KMA 147/B.
Er wusste nicht, woher er diese Nummer kannte. Er wusste nur, dass sie den
Planeten bezeichnete. Und er wusste, dass dieser Planet recht bald nach seiner
Erforschung zur Besiedelung freigegeben worden war.
Von der Datenkassette, die Perkins ihm gegeben hatte, hatte
er erfahren, dass man dabei sehr behutsam vorgegangen war. Man hatte sich
entschlossen, Technologie nur dort anzuwenden, wo es unumgänglich war. Man ging
mit der Natur so vorsichtig wie möglich um.
Das Ergebnis war eine Welt, wie es sie im Mittelalter der
Erde gegeben haben könnte. Natürlich mit einem viel einfacheren Leben. Man
hatte all den Komfort, der auf den anderen Planeten üblich war, doch hatte man
die Fehler vermieden, die auf der Erde gemacht worden sind.
Es war ein Paradies für Forscher und Wissenschaftler. Aus
den zahlreichen Labors wurde dann in den letzten Jahren zuerst eine beliebte
Ausbildungsmöglichkeit für Wissenschaftsoffiziere. Die Nachfrage war so groß,
dass eine Akademie, mit allen dort möglichen Fachrichtungen entstand.
Es würde mit Sicherheit ein interessanter Aufenthalt werden.
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Sevrin materialisierte im Transporterraum der Akademie. Er
sah sich um. Der Raum erschien ihm irgendwie vertraut. Und doch auch wieder
nicht.
Ohne weiter darüber nachzudenken trat er von der Plattform.
Ein Mann stürmte durch die Tür und hätte ihn beinahe
umgerannt.
„Oh, Sie sind schon da.“
„Offensichtlich.“
Der Mann stutzte kurz und grinste dann breit. „Ich bin
Lieutenant Peter Gab. Sie haben sich einen schlechten Moment für ihre Ankunft
ausgesucht. Unser Captain, Kevin Blight ist mit einer Gruppe Kadetten im Raum
unterwegs und unser zweiter Kommandant, Commander Si’jsk, wurde durch ein
Unwetter aufgehalten."
Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern redete munter
weiter. Ein Verhalten, das Sevrin ebenfalls bekannt vorkam. Doch wieder wusste
er nicht weshalb.
„Kommen Sie. Ich zeige Ihnen Ihre Unterkunft. Falls
Commander Si'jsk bis dahin nicht zurück ist wird Dr. Gordon Sie dann später im
Akademiekomplex herumführen und Ihnen Ihren zukünftigen Arbeitsplatz zeigen.“
Sevrin folgte ihm schweigend.
Gab warf einen Blick auf die Tasche, die Sevrin trug.
„Haben Sie noch mehr Gepäck?“
Der Vulkanier schüttelte knapp den Kopf. „Nein. Ich habe nur
diese Tasche mitgebracht.“
Der Mensch nickte knapp. Er hatte Sevrin bisher nicht zu
Wort kommen lassen, so dass die angenehm tiefe Stimme ihn überraschte.
Sie verließen das Gebäude. Sevrin warf einen missmutigen
Blick zum Himmel, als er den strömenden Regen sah. Ein für seine Begriffe
eisiger Wind fegte durch die Straße und trieb den Regen in jeden Winkel. Die
offenbar befestigte Straße glich einem Schlammweg. Alles war übersäht mit
losgespültem Dreck, abgerissenen Zweigen und Schmutz.
Die Aussicht
ungeschützt durch das Unwetter zu laufen erfüllte ihn nicht gerade mit
Vorfreude. Aus reiner Gewohnheit drängte er alle unmutigen Empfindungen zurück
und machte sich mit einem tiefen Atemzug auf die Kälte gefasst, die ihn gleich
erfassen würde, sobald er das schützende Vordach verlassen würde.
Plötzlich hielt ein Gleiter neben ihnen.
„Steigen Sie ein, bevor Ihnen
Schwimmhäute wachsen.“
Eine Frau beugte sich herüber und deutete auf den Sitz neben
sich. Sevrin drehte sich zu Gab um, doch der winkte nur und verschwand wieder
im Gebäude.
„Ich wünsche Ihnen Glück und langes Leben, Sevrin.“
Die Frau hatte die Hand zum vulkanischen Gruß gehoben.
Sevrin stieg ein, erwiderte den Gruß und musterte sie dann abwartend.
„Ich bin Dr. Beatrice Gordon, die Chefärztin der hiesigen
Klinik. Eigentlich sollte ich Sie erst später abholen, doch ich war früher mit
meinem Dienst fertig. Jetzt kann ich Ihnen wenigstens einen Fußmarsch durch
dieses Chaos hier ersparen.“ Sie nickte zu seiner Tasche hinüber.
„Haben Sie noch mehr Gepäck?“
Sevrin hob eine Augenbraue. „Nein.“
Er warf einen Blick durch die Sichtscheibe. „Ist dieses
Wetter typisch für diese Jahreszeit?“
Sie lachte kurz. „Nein, zum Glück nicht. Es handelt sich um
ein Unwetter, das alle paar Jahre eintritt. Eine langanhaltende, extrem
trockene Hitzeperiode die Sie an Vulkan erinnern dürfte, wird von starken
Regenfällen beendet. Der Boden ist so trocken, dass er die anfallenden
Wassermassen nicht aufnehmen kann, deshalb die Überschwemmung.
Das Ganze hält nun schon seit einigen Stunden an. Aber ich
kann Sie beruhigen: länger als ein oder zwei Tage hat der Regen noch nie
gedauert. Danach beginnt meist ein sonniger, relativ warmer Herbst.“
Während sie sprach hatte sie den Gleiter mit der
Gelassenheit langer Übung durch das Unwetter gesteuert. Jetzt landete sie in
einem Shuttlehangar.
„Wir sind da. Ich bringe Sie zuerst zu Ihrer Wohnung. Wenn
Sie einverstanden sind, können wir danach die Akademie besichtigen.“
Sevrin nickte, stieg aus und sah sich kurz im Hangar um.
Mehrere Gleiter und drei Orbitalshuttles standen ordentlich aufgereiht in der
riesigen Halle.
„Unser Fuhrpark. Es gibt hier nicht sehr viele Gleiter. Das
Zentrum des Akademiekomplexes mit den Unterrichtsräumen, Hauptlabors und den
Wohnungen der Lehrkräfte ist relativ klein, so dass man alle Ziele in wenigen
Minuten zu Fuß erreichen kann. Nicht weit entfernt ist eine kleine Stadt aus
den Siedlungen der ursprünglichen Kolonisten entstanden.
Die Wohnungen der Studenten liegen überwiegend im
Außenbereich des Komplexes. Ebenso wie die Sport- und Trainingsgelände. Wenn
der Regen aufhört, werden Sie feststellen, dass man vom zentral gelegenen
Speisesaal der Akademie einen wunderbaren Überblick über den Komplex hat. Er
befindet sich im obersten Stock des Hauptgebäudes, in dem sich auch die
Verwaltung und einige der Schulungsräume und Labors befinden. Man kann sich von
dort oben aus gut orientieren.“
Sie wandte sich ab und ging auf einen Turbolift zu. Sevrin
folge ihr.
„Wie viele Studenten werden hier derzeit unterrichtet?“
Gordon drehte sich um. „Wenn man alle Fachbereiche
hinzuzählt, sind es etwa dreihundert.“
Sevrin hob eine Braue. „So wenig?“
Sie nickte. „Wir sind keine gewöhnliche Akademie. Hier
werden sozusagen die Eliteoffiziere der Flotte ausgebildet. Zum Lehrplan
gehören deshalb auch Fächer, die Sie nicht an der Starfleet-Akademie auf der
Erde finden werden.“
„Zum Beispiel?“
Sie hob die Schultern und wandte sich kurz an die
Sprachsteuerung des Liftes. „Deck sieben.“
Der Lift setzte sich gehorsam in Bewegung. „Wir nennen die
Etagen Decks. Die Offiziere, die die meiste Zeit an Bord von Raumschiffen sind,
haben das eingeführt.
Doch nun zu Ihrer Frage: Wir bieten mehrere spezielle
Nahkampf- uns Selbstverteidigungskurse an. Spezielle Waffentechnologie.
Tiefergehende Physik- und Astrophysik. Kommandotraining... Ich muss zugeben,
ich weiß selbst nicht genau, welche speziellen Kurse es im Einzelnen sind. Ich
selbst gebe Kurse in Erster Hilfe bei unterschiedlichsten Lebensformen. Und
damit sind nicht nur hominide Spezies gemeint. Darüber hinaus leite ich die
Spezialklinik. Es ist ein kleines Haus, das aber alle Voraussetzungen erfüllt
um die unterschiedlichsten Spezies behandeln zu können.“
Der Turbolift hielt und sie betraten einen hellen Gang.
Mehrere Fenster gaben den Blick auf einen wolkenverhangenen Himmel frei. Der
Regenvorhang war jedoch für den Moment aufgerissen und so konnte Sevrin mehrere
große Gebäude erkennen, die im Halbkreis angeordnet waren. Sie umschlossen
einen relativ großen Park. Sternförmig angeordnete Wege durchkreuzten diesen
Park und verliefen dann zwischen den Gebäuden hindurch. Er konnte nicht
erkennen, wohin sie führten. Auch das Gebäude, in dem sie sich im Moment
befanden, gehörte zu diesem Halbkreis.
„Es gibt noch zwei weitere Wohnung auf diesem Stockwerk. Sie
sind jedoch zur Zeit unbewohnt. Die Wände sind allerdings so schalldicht, dass
Sie es vermutlich nicht merken würden, wenn sie bewohnt wären.“
Sie öffnete die rechte von drei Türen und ließ ihn dann
eintreten.
Sevrin sah sich kurz um. Er war überrascht, wie groß die
Wohnung war. Zunächst hatten sie einen kleinen Vorraum betreten. Ihm folgte ein
großer Wohnraum, von dem mehrere Türen abzweigten. Sie führten in eine kleine
Küche, ein Bad, einen relativ kleinen Schlafraum und ein Arbeitszimmer. Alle Räume
waren zweckmäßig, aber gemütlich eingerichtet.
Er stellte seine Tasche ab und drehte sich dann um.
Sie musterte ihn abwartend. „Möchten Sie gleich den Rest
auch besichtigen, oder soll ich Sie später abholen?“
„Ich würde die übrigen Gebäude gerne gleich besichtigen,
wenn es möglich wäre.“
„Natürlich. Hier ist übrigens die Codekarte. Sie können den
Zugangscode jederzeit ändern.“ Sie reichte ihm die Karte und beobachtete dann
überrascht, wie er ohne zu zögern einen neuen Code eingab.
„Sind Sie Offizier der Flotte?“
Sevrin zögerte kurz, dann sah er sie überrascht an. Sein
Blick glitt zwischen ihr und der Codekarte hin und her, so als würde er erst
jetzt bemerken, dass er als Zivilist eigentlich gar nicht wissen konnte, wie
der Code geändert werden konnte.
„Nein.“
Sie hatte sein seltsames Verhalten bemerkt, entschloss sich
jedoch, zunächst nicht weiter nachzufragen. Dazu würde sie noch genug
Gelegenheit haben, wenn er zur Untersuchung in die Klinik kam.
Sie führte ihn durch die Unterrichtsräume und die
Laboratorien der Akademie. Er würde hauptsächlich im Computerzentrum und in
seinem privaten Arbeitszimmer arbeiten. Es war ihm freigestellt, einige Kurse
für die Kadetten zu geben, doch seine eigentliche Aufgabe bestand darin,
Nachrichten und eintreffende Daten für Blight und seine Mitarbeiter zu sichten
und zu katalogisieren. Das war nicht weiter kompliziert. Er brauchte lediglich
ein entsprechendes Programm im Hauptspeicher der Nachrichtenzentrale zu
hinterlegen. Um die Informationen zu filtern brauchte er nur eine Liste mit
Stichwörtern oder Themengebieten, die für die Gruppe wichtig waren. Die
Hauptarbeit bestand darin, die gesammelten Daten dann auszuwerten.
Sevrin folgte ihr mehr oder weniger schweigend. Nur hin und
wieder stellte er eine Frage.
Die Größe und die umfassende Ausstattung des gesamten
Komplexes erstaunte ihn. Die Kadetten hatten hier die Möglichkeit, Kenntnisse
und Fähigkeiten zu erwerben, die sie allesamt zu Eliteoffizieren machen würden.
Und genau das war auch das Ziel der Akademie. Er verstand jetzt, weshalb nur so
verhältnismäßig wenige Studenten zugelassen wurden. Sie alle hatten bereits die
reguläre Starfleet-Akademie mit Bestnoten abgeschlossen und kamen her um noch
spezielleres und weitreichenderes Wissen zu erwerben.
„Die Kadetten, die hier
studieren... welches Karriereziel
erwartet sie?“
Gordon zuckte mit den Schultern. „Die führenden Positionen
innerhalb der gesamten Starfleethierarchie. Captain, Kommodore, Führungskräfte
und Spezialisten des Sicherheitsdienstes... Nur die Besten dürfen herkommen und
sie verlassen die Akademie als Elite. Deshalb auch die strengen
Sicherheitsbestimmungen für den Passagierverkehr. Es soll verhindert werden,
dass sich Spione einschleusen können.
Hier befindet sich ein Zentrum des Wissens. Es stellt einen
wichtigen Stützpunkt für die Föderation dar. Für unsere Zwecke ist die
Abschirmung der Akademie ideal. Wir können jederzeit den Planeten verlassen,
indem wir unsere Flüge als Trainingsflüge deklarieren. Andererseits kann sich
niemand in Scannerreichweite dem Planeten nähern, der nicht die Erlaubnis dazu
besitzt. Andernfalls gehen sofort die Alarmsirenen los. Und die kann hier
niemand überhören. Glauben Sie mir, ich weiß wovon ich spreche.“
Sie warf einen Blick auf ihre Uhr, die sie am Handgelenk
trug. „So spät schon! Ich schlage vor, wir gehen in den Speisessaal. Dort wird
zur Zeit das Abendessen angeboten. Sie können natürlich auch in ihrer Wohnung
essen. Der Nahrungsmittelreplikator bringt recht genießbare Ergebnisse, aber
das frisch gekochte Essen der Kantine ist um Klassen besser.“
Sie betrachtete ihn abwartend. Irgendwie erinnerte er sie an
Sarduk. Er strahlte eine Würde aus, wie sie in diesen Tagen nur noch wenige
Vulkanier besaßen. Er trug das Haar kurz, so dass man die elegant geschwungenen
Ohren sehen konnte. Er war schlank und groß, bewegte sich mit kraftvoller, fast
katzenhafter Eleganz.
Sevrin nickte. Er hatte genug von geschmacklosem Essen.
Außerdem konnte er auf diese Weise einen Eindruck von den Kadetten gewinnen,
denn auf ihrem Rundgang waren ihm kaum welche begegnet.
„Ich schließe mich Ihnen gerne an.“
„Gut. Dann kommen Sie.“
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Es herrschte das übliche Stimmengemurmel, dass in solchen
Räumen immer vorhanden war. Gordon nickte im Vorübergehen einigen Kadetten zu
und führte ihn dann zu jenem Bereich, der den Lehrkräften vorbehalten war.
Sie stellte ihm einige der Anwesenden vor. Dann setzten Sie
sich an einen der freien Tische und gaben beim eingebauten Kommterminal ihre
Bestellung auf. Es dauerte nur einen Moment, bis ihnen das Essen gebracht
wurde.
Sevrin war überrascht, wie frisch es war. Seit langem hatte er nicht mehr so gut
gegessen. Auch Gordon ließ es sich schmecken. Aus Rücksicht, wie er annahm,
hatte sie auf Fleisch verzichtet und ebenfalls ein vegetarisches Gericht
gewählt.
Sie unterhielten sich angeregt und Sevrin stellte überrascht
fest, dass er die Gesellschaft dieser Frau durchaus genoss. Sie verstand es,
einem Gespräch den sachlichen Rahmen zu geben, den er bei den Menschen so
häufig vermisste. Er sprach sie darauf an.
Gordon lachte amüsiert.
„Danke für das Kompliment. Die Lösung des Rätsels ist jedoch
einfacher, als Sie wahrscheinlich glauben, Sevrin. Ich habe an der
Vulkan-Akademie ein Studium als Heiler absolviert. In dieser Zeit blieb mir gar
nichts anderes übrig, als zu lernen, wie ein Vulkanier zu handeln und zu
denken. Ich hatte mich nämlich, da Menschen auf Vulkan nicht geduldet wurden,
als Vulkanierin getarnt und unter falschem Namen eingeschrieben.“
Sie grinste ihn verschmitzt an und schob sich ein paar
Salatblätter in den Mund. Plötzlich hob sie ruckartig den Kopf, dann winkte sie
jemandem hinter Sevrin zu. Er hob fragend eine Augenbraue.
„Sarduk ist eben
eingetreten. Er ist mein Assistent in der Klinik. Seit Tagen schon versuche ich
ihn mal in aller Ruhe zu erwischen, da ich eine der Testreihen, die er gerade
bearbeitet, mit ihm besprechen will. Doch immer kommt irgend etwas dazwischen.“
Sevrin hörte Schritte hinter sich und drehte den Kopf. Er
hätte sich beinahe verschluckt.
Sarduk beachtete den älteren Vulkanier zunächst nicht.
„T’Ric, wo um alles in der Welt versteckst du dich in
letzter Zeit? Ich muss dringend die Auswertungen mit dir besprechen.“
Gordon grinste. „Was glaubst du, was ich die ganze Zeit
versuche.“
Sie deutete auf Sevrin. „Darf ich dir
unseren neuesten Mitarbeiter vorstellen...“
Doch sie kam nicht weit.
Sarduk hatte sich umgewandt und die Hand zum vulkanischen
Gruß erhoben. Dann starrte er Sevrin verblüfft an. Es dauerte einen Moment, bis
er die Sprache wiedergefunden hatte.
„Vater? Mit dir hätte ich hier allerdings nicht gerechnet.“
Sevrin nickte. „Das gleiche gilt für mich, Sarduk.“
Gordon sah irritiert von einem zum anderen. „Moment, soll
das heißen...“
„Genau das.“
Sarduk lächelte leicht und setzte sich. „Du weißt nicht
zufällig, wo sich T'Alin aufhält, oder.?“
Sevrin schüttelte den Kopf. „Ich hatte angenommen, dass ihr
alle drei ums Leben gekommen seid. Ich konnte nirgends einen Hinweis auf euren
Verbleib finden.“
„Wir sind in die Wüste geflohen und haben uns dort
versteckt. Ein Sandsturm hat uns schließlich voneinander getrennt. Doch jetzt
fehlt nur noch T’Alin. Si’jsk ist nämlich ebenfalls hier.“
Sevrin nickte. „Ich habe einige Daten von Captain Blight
erhalten, die auch Si'jsks Namen enthielten, doch ich hielt es für einen
Zufall.“
Gordon hatte inzwischen ihre Malzeit beendet und machte
durch ein Räuspern auf sich aufmerksam.
„Da Sie beide wohl einiges zu besprechen haben: Würden Sie
mich bitte entschuldigen? Ich muss zurück in die Klinik.“
Die beiden nickten und sie wandte sich an Sarduk. „Würdest
du bitte nachher in die Klinik kommen. Die Ergebnisse sind wirklich dringend.“
„Natürlich.“
Sie wandte sich zum Gehen, drehte sich aber noch einmal um.
„Ach, und Sarduk. Hast du eine Ahnung, wo Si’jsk eigentlich steckt? Ich weiß
nur, dass er ausgeritten aber noch nicht wiedergekommen ist."
"Ich weiß nicht, wo er sich aufhält. Ich kann nur
hoffen, er hat einen Unterschlupf gefunden." Sarduk sah mit einem nur
unzureichend unterdrückten Schaudern aus dem Fenster auf den inzwischen wieder
einsetzenden Regen.
Sie hob eine Augenbraue. „Nun ja. Ich kann nur hoffen... Wir
sehen uns später, Sarduk.“
Sie wandte sich ab und ging.
Sevrin sah ihr kurz nach und musterte dann seinen Sohn mit
fragend gehobener Braue.
Sarduk unterdrückte den Reflex zu lächeln, tat es nach einem
Moment dann aber doch.
„Du vermutest richtig. T’Ric und ich sind ein Paar.
Allerdings erst seit kurzer Zeit. Ich kenne sie schon seit ihrer Ausbildung auf
Vulkan, doch sind wir uns erst hier wieder begegnet.“
Er schwieg kurz. „Ich habe auch einen
Sohn, Sorel. Er ist acht Jahre alt.“
Sevrins Braue schien noch höher zu klettern. Dann lehnte er
sich zurück und ließ seinen Blick über seinen Sohn wandern. „Du hast mich schon
immer in Erstaunen versetzt.“
Sarduk suchte seinen Blick. Die Wärme, die er darin las,
erstaunte ihn. Er hatte seinen Vater immer als reserviert und kühl erlebt. Nun,
damals war er noch fast ein Kind gewesen.
„Dann wirst du über Si’jsk noch mehr überrascht sein.“
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Ende
Teil 13