„Der M*A*S*H-Bash“
von
Michaela und Jimaine
***Vor einigen
Wochen – Teil 1: Das Vorspiel***
„Hey, Trap, schau mal, was
da gerade als Email reinkommt.“
Mit einem leicht genervten Seufzer stand Trapper auf und trat zu Hawkeye an den Schreibtisch, um nachzusehen, was jetzt schon wieder los war. Das waren noch Zeiten gewesen, als Hawk seine Briefe mit Papier und Bleistift geschrieben hatte. Jetzt ging alles per Internet. Aber die Mail war wirklich hochinteressant. Sie wurden gefragt, ob sie einen Part bei der Paradiesapfelblütenverleihung an Atti übernehmen wollten. Er begegnete dem erwartungsvollen Blick Hawkeyes und lächelte. „Ist doch klar, Sunny, dass wir da was anleiern, schließlich hat sie ja nicht unwesentlichen Anteil daran, dass wir zusammen sind und bei ihr einen sehr komfortablen Spielplatz gefunden haben...mit 'ner Menge toller Kumpels.“
Hawkeye hob die Hand.
„Einspruch, Euer Ehren, ich würde da einige Ausnahmen machen.“ Das genervte
Augenrollen seines Partners ignorierte er. „Wieso? Stimmt doch. Ein paar von
den Typen gehen mir ziemlich auf die Nerven – und dir auch.“
Ein breites Unschuldsgrinsen war die Antwort. „Nur
kann ich's besser verbergen. Ich hab' nämlich ein bedeutend dickeres Fell als
du.“
„Das lässt sich abrasieren.“
„Deinen Dreitagebart
zuerst.“
„Ich dachte, du magst mein
Stoppelfeld.“
„Nicht wenn statt Stoppeln
ein erntereifes Feld auf deinem Gesicht steht.“
Hawkeye tat beleidigt und wandte
sich ab. „Pah.“ Er wusste genau, dass Trapper es nicht ertragen konnte, wenn er
auf diese Weise schmollte. Jede Sekunde musste nun das versöhnliche –
„Okay, okay. Tut mir leid.
Die wichtigen Dinge zuerst.“
— kommen. Manchmal war sein
Big John einfach zu leicht zu manipulieren.
Trapper schnappte sich einen
Stuhl und setzte sich zu Hawkeyes Rechter an den Tisch. „Was schlägst du vor?“
Hawkeye strahlte. „Ich
fänd's toll, wenn wir ihr 'ne richtig grandiose After-Show-Party organisieren
würden. So mit allem Drum und Dran.“
„Yo, die Idee ist nicht
übel. Mit unserem kombinierten Talent wird das eine Party, die niemand so
schnell vergessen wird. Frag' aber mal an, was die Organisatoren davon halten,
dann sehen wir weiter.“
Mit so viel Elan wie jetzt
hatte Trapper Hawkeye selten auf die Tasten des Computers hämmern sehen.
Ruckzuck war der Vorschlag an Birgitt, die sie wegen ihrer gefühlvollen
Beta-Leserei der sie behandelnden Stories sehr mochten, abgeschickt.
Jetzt war Warten auf Antwort
angesagt, nicht gerade die stärkste Seite Hawkeyes. Mit seiner ungeduldigen
Rumrennerei machte er Trapper langsam verrückt.
„Verdammt, hör' auf und setz
dich hin, du nervst.“ Damit schnappte er Hawkeye am Arm, zog ihn zu sich auf
den Schoß und küsste ihn. Normalerweise das wirksamste Mittel, um den Chaoten
ruhig zustellen und von allem anderen abzulenken, doch diesmal funktionierte
das nur bedingt. Schon Sekunden später sprang Hawkeye wieder auf und setzte
seine Wanderung fort. Nach dreimaligem Schreibtisch-Fenster-und-zurück fragte
er: „Was hältst du davon, wenn ich mich mal ans Telefon hänge und die anderen
M*A*S*H-ies anrufe? Wir sollten uns treffen und so eine Art Brainstorming
machen, wie das alles ablaufen könnte.“
Hawkeye hatte schon
bedeutend schlechtere Ideen gehabt. Trapper willigte ein. „Tu' das, aber setz'
dich um Himmels Willen endlich hin! Ich bekomme schon vom Zusehen Blasen an den
Füßen.“ Er konnte selbst nicht verstehen, warum Hawk ihn heute so nervte,
schließlich wusste er ja seit Jahren, dass sein Liebster leicht zu begeistern
und dann gleich Feuer und Flamme für eine Sache war. Wenn das passierte und
Hawk Hummeln im Hintern hatte, konnte er nur schwer irgendwo ruhig sitzen, ohne
nicht nebenher drei verschiedene Dinge anzufangen. Hände wollten beschäftigt
werden und wenn nicht mit Chirurgie, dann mit anderen Aufgaben wie
Handarbeiten, Hosen flicken, Socken stopfen... Louise war längst nicht so
geschickt gewesen wie Hawk, sie hatte bestenfalls Knöpfe annähen können.
Hawkeye dagegen... Letztes Jahr hatte er im Alleingang ihre gesamte
Bekanntschaft mit Schals, Socken und Mützen ausgestattet. Der Pullover, den er
Erin Hunnicut zum Abschluss der Grundschule geschickt hatte, würde ihr
frühestens passen, wenn sie mit dem
College anfing. Soviel also zu Hawks hyperaktiven Tendenzen. Und das Mundwerk
war ebenso geschickt und rastlos wie die Hände.
Die nächsten zwei Stunden
erlebte er Silberzunge Benjamin Franklin Pierce in Höchstform. Kein Argument,
warum einer nicht kommen wollte, das er nicht binnen Sekunden in seine
Einzelteile zerlegt hatte und dem Angerufenen nicht die geringste Chance ließ,
sich gegen den von ihm ausgesuchten Termin für die Besprechung zur Wehr zu
setzen. Denn, soweit Trapper das von seinem Beobachtungsposten aus mitbekam,
waren alle von der Idee der Party für Atti begeistert, nur mit dem
Besprechungstermin hatte der eine oder andere so seine Probleme. Wie auch mit
dem Timing des Anrufs. Hawkeye konnte gnadenlos sein und nahm keine Rücksicht
auf Zeitzonen und Datumsgrenzen.
„Es wird sich doch wohl
jemand finden, der den Hund füttert und den Rasen sprengt, wenn du nicht da
bist!“ Den Hörer des schnurlosen Telefons am Ohr lief Hawkeye einen
eigenwilligen Slalom um die Möbel im Raum. „Schön und gut, Peg und die Kinder
sind bei deinen Schwiegereltern und du hast Bereitschaft und kannst nicht weg –
verflucht, es ist nur für einen Tag!“ Für die Antwort ließ er den Hörer sinken
und sah statt dessen Trapper hilfesuchend an. „Dieser Mann treibt mich in den
Wahnsinn! Fast zwei Jahre lang hatte er Gelegenheit dazu und hat's nicht
geschafft... und jetzt, nachdem alles überstanden ist, scheint er plötzlich
Erfolg zu haben.“
„Vielleicht antwortet
Birgitt ja seinetwegen nicht“, überlegte Trapper betont laut. „Vielleicht ist
sie zu beschäftigt, eine Story der 'anderen' Art zu betaen. Sie hat da
schließlich diese eine subversive Autorin unter Vertrag...“
Hawkeyes Mund blieb kurz
offen stehen, dann hob er den Hörer wieder ans Ohr und meinte knapp: „Beej, um
es mit Potters Worten zu sagen: Büffelbagels! Wenn sich sogar Klinger für einen
Tag von Frau und Toledo loseisen kann, kannst du Strohwitwer das erst recht!
Ja... ja, es ist wirklich, wirklich wichtig. Wir brauchen deinen Input... und
live in der Gruppe geht das besser als per Telefon.“ Dem Siegerlächeln nach zu
urteilen wirkte die Rede. „Super. Danke. Bis in zwei Wochen dann. Au Reservoir, Monsieur.“
Na egal, nachdem Hawkeye das
letzte Gespräch beendet hatte, drehte er sich zufrieden grinsend um. „Ging ja leichter
als ich dachte. Sie kommen alle. Trap, ist das nicht klasse? Sogar Mulcahy
kommt aus Korea. Er verbindet es mit einem Besuch bei seiner Schwester in
Philadelphia.“
Trapper angelte nach der von
Hawkeye triumphierend geschwenkten Namensliste – da waren tatsächlich alle
dabei: Beej, Radar, Klinger, Potter, Charlie Winchester, Hot Lips, Igor, Father
Mulcahy und noch eine ganze Menge anderer, die er schon fast vergessen hatte.
„Sieht aus, als hättest du die ganzen üblichen Verdächtigen dabei. Wir laden
für die Besprechung aber nur den harten Kern ein, oder?“
„Natürlich. Sonst müssten
die meisten ja im Garten zelten.“
„Im Schuppen steht noch das
Zelt, das ich uns zum fünften Jahrestag von diesem Online-Versand geordert
habe.“
Lachend überprüfte Hawkeye
seine Mailbox, fand sie aber noch leer. „Oh, ja, unser Sumpf-Light. Wie konnte
ich den vergessen?“
„Notfalls müssen sie sich
damit begnügen.“ Der letzte Name auf der Liste überraschte Trapper dann doch,
Frank 'Ferret Face' Burns hatte auch zugesagt. Naja, jede Party brauchte ihren
Partyschreck. „Henry steht auch auf dieser Liste. Hast du dich vertippt?“
Sein Geliebter verneinte.
„Alles ist möglich, wenn's mit dem Archiv zu tun hat. Vergangenheit, Gegenwart
und Zukunft können gemeinsam existieren, es gibt keine Unterschiede zwischen
Damals und dem, was sein wird. Ergo: Einladung an Henry Blake.“
Ergeben reichte Trapper den
Computerausdruck zurück, stützte die Ellbogen auf die Tischplatte und legte das
Kinn auf die verschränkten Hände. „Jetzt bist du durch das dicke Fell durch. Du
hast definitiv zuviel Zeit mit den Typen aus der Star Trek-Sektion verbracht.
Speziell diesen Riffelnasen mit den Ohrringen...“
„Was kann ich dafür, dass
ich mit allen anderen Ärzten nicht vernünftig reden kann?“
Das entlockte Trapper ein
humorloses Lachen. „Du streitest mit McCoy über die kleinste Diagnose, an Dr.
Crusher stört dich ihre bemutternde Art, das Hologramm ist dir zu überheblich
und unsensibel, und Phlox... was war das Problem mit ihm?“
„Noch keine Zeit für ein näheres
Kennenlernen gehabt, er ist zu beschäftigt. Julian ist nun mal ein netter
Kerl.“
„Hawk –“
„Und in festen Händen, keine
Sorge, für seine bessere Hälfte war schließlich mal Töten an der Tagesordnung.
Nie im Traum würde ich denken, was du jetzt vielleicht denkst.“
„Was weißt du denn, was ich
denke?“
„Oh, ich weiß schon zuviel.
Und ich weiß, wenn ich in der Oberliga spiele und nicht mithalten kann. Der
könnte sogar Flagg mit einem Blick einschüchtern. Wie gesagt, keine Sorge.“
„Sorge? Niemals. Höchstens
um deinen Blutdruck, wenn du so weiter im Kreis joggst.“ Weil er den Anblick
eines wartenden Hawkeye nicht ertragen konnte, entschuldigte sich Trapper unter
dem Vorwand von Kaffeedurst.
„You’ve got mail!“ rief sich
der Computer eine Viertelstunde später wieder in Erinnerung. Hawkeye schaute
nach und drehte sich strahlend zu seinem Partner um. „Trap, Birgitt mag die
Idee, wir haben den Auftrag!“ Voller Vorfreude rieb er sich die Hände.
„Okay...Igor übernimmt das Catering...“
Fast verschluckte sich
Trapper an seinem Kaffee. „Willst du eine Party organisieren oder einen
Massenmord?“
„Nun, immerhin liefern wir
den Priester für die letzte Ölung gleich mit.“
„Gutes Argument. Außerdem
wird Igor das eh nicht alleine bewerkstelligen können. Ich habe da schon eine
Idee, wer die Verpflegungslage retten könnte. Ein Genie mit dem Kochlöffel.
Läster' du noch mal über meine Verbindungen mit der Star Trek-Sektion!“
Die Kaffeetasse wurde hastig
abgesetzt und Trapper hustete. „Hawk“, krächzte er erschrocken, „du meinst doch
nicht diesen... diesen Alptraum von der Voyager!“
„Neelix?“ Eine Salve des
typischen, hochansteckenden Hawkeye-Gelächters folgte. „Neinneinnein, den würde
ich niemals mit Igor in eine Küche stecken. Ich rede von niemand anderem als
dem Erben der New Orleans Haute Cuisine.“
Der Ausdruck auf Trappers
Gesicht wurde noch alarmierter, als er hervorpresste: „Seit wann kann dieser
Mutant mit der Vorliebe für Karten denn kochen?“
„Du beliebst, mich miss zu
verstehen! Ich rede von Starfleet Captain Benjamin Sisko, du Depp. Der könnte
auch aus Restrationen aus dem Zweiten Weltkrieg ein viergängiges Menü
zubereiten, das jede Geschmacksknospe aus dem Koma erwachen lässt.“
„Und der kommandiert eine
Raumstation? Keine Küche? Welch Verschwendung. Wird man ihn nicht vermissen?“
„Nein, wir können ihn
getrost in der Küche einschließen und am Herd festketten – in seinem Universum
gilt er als 'vermisst', bzw. 'in einer anderen Dimension verschollen'.
Niemandem wird es auffallen.“
„Ideal. - Was als nächstes?“
„Räumlichkeiten“, fing
Hawkeye an, die gedankliche Checkliste aufzustellen. Man konnte förmlich sehen,
wie die Gehirnzellen die Schallmauer durchbrachen und weiter beschleunigten.
Trapper nickte und beschloss,
besser mitzuschreiben. Wenn Hawk erst mal in Fahrt kam, waren Ordnung und
Methode meist die ersten Dinge, die auf der Strecke blieben. „Der Saal muss
groß genug sein, um mindestens 200 Personen unterzubringen.“
„Ja, schon lästig, wenn sich
so viele Leute auf einem Spielplatz tummeln und die Spielplatzbetreiberin kaum
jemanden *nicht* reinlässt.“
„Is' aber ein paradiesischer
Spielplatz“, grinste Trapper. „Musst selbst du erkennen.“
„Wie bin ich wohl an meinen
Namen gekommen? – Getränke. Jede Menge Getränke.“
Natürlich. Er legte Block
und Stift neben das Keyboard und klopfte seinem Geliebten auf die Schulter.
„Schreib' mit“, meinte er im Aufstehen. „Ich gehe in den Keller und schalte die
Destille einen Gang höher. Vor uns liegt einiges an Arbeit, Darling, packen
wir's an.“
******
Lautes Poltern aus der Küche
ließ Trapper erschrocken aus dem Schlaf hochfahren.
„Hawk, verdammt“, brüllte
er. Natürlich dachte er gleich das Schlimmste, denn die meisten tödlichen
Unfälle ereigneten sich nun mal im Haushalt und während der Freizeit. „Was
treibst du jetzt schon wieder?“
Etwas außer Atem streckte
Hawkeye kurz darauf den Kopf zur Schlafzimmertür herein. „Sorry, Trap, ich
wollte dich nicht wecken, aber mir ist der Topf für das Chili runter gefallen.
Schlaf weiter. Ich liebe dich.“
Trapper hatte nicht mal den
Hauch einer Chance etwas zu sagen, so schnell war der schwarze Schopf wieder
verschwunden. Stöhnend sank er auf das Bett zurück, aber erleichtert war er trotzdem.
Nur gut, dass das Treffen heute stattfand. Noch ein paar Tage länger und sein
chaotischer, hyperaktiver Lebenspartner würde ihn in die Klapsmühle bringen. Er
war ja einiges von dem Chaoten gewöhnt, aber was er in den letzten zwei Wochen
geboten bekommen hatte, setzte allem die Krone auf. Er schüttelte den Kopf und
warf einen Blick auf die Uhr. Es lohnte sich nicht mehr, liegen zu bleiben,
also stand er auf, duschte und ging dann in die Küche, wo Hawkeye den
Kochlöffel schwang. Wieder einmal und scheinbar schon seit Stunden. Er bekam an
diesem Herd kaum noch Mitbenutzerrechte eingeräumt.
„Morgen, Hawk, wann wolltest
du doch gleich am Bahnhof sein?“ Gut, der Kaffee war fertig, er brauchte jetzt
dringend eine Dosis Koffein der kenianischen Sorte.
„In einer halben Stunde,
Trap, hoffentlich ist der Zug pünktlich, sonst reicht die Zeit nicht, Beej vom
Flughafen abzuholen.“ Hawkeye drehte die Flamme kleiner, schloss den Deckel und
kam dann mit großen Schritten an den Tisch. Widerstandslos ließ er sich auf Trappers
Schoß ziehen.
Zärtlich zerwuschelte
Trapper ihm das dunkle Haar und wischte einen roten Spritzer von der Wange.
Glücklicherweise nur Tomatenmark. „Was ist los, hm? Ich kann doch sehen, dass dein
Innenleben in größerer Aufregung ist als ein Ameisenhaufen bei einem
Platzregen.“
In seinen Armen entspannte sich Hawkeye schlagartig, er sackte förmlich
gegen ihn. „Okay“, gestand er leise. „Ich bin ziemlich nervös wegen diesem
Treffen, schließlich treffen wir uns so komplett das erste Mal seit damals“,
murmelte er gegen Trappers Lippen und küsste ihn tief.
„Wird schon werden, Love“,
meinte Trapper so beruhigend er konnte, „wir haben alles gemacht, damit dieses
Wochenende ein Erfolg wird. Wie sieht der Plan für heute aus?“
„Also, ich hole jetzt den
Padre vom Bahnhof ab, fahre dann zum Flughafen und sammele Beej auf. Charles
kommt mit Margaret, Potter mit Radar, und Klinger bringt Igor mit. Frank und
Henry kommen jeweils alleine. Wenn alles klappt, sind wir zwischen eins und
zwei komplett und können loslegen.“
Trapper klopfte ihm
aufmunternd auf den Rücken, als er aufstand. „Lass uns bloß hoffen, dass sie in
keinen Stau kommen. Immerhin ist Freitag. Hey, reichst du mir bitte die
Kaffeekanne?“
„Dann hoffen wir, dass sie
in Iowa, Ohio und Missouri schon davon gehört haben, dass es Extraspuren für
Fahrgemeinschaften auf Freeways gibt.“
„Im Moment reicht es, dass
*du* weißt, dass es sie gibt – und sie nutzt.“
„So, ich muss jetzt los.
Frühstück' du in Ruhe, aber pass mir ja auf das Chili auf! Sonst hast du ein
Problem, Liebe oder nicht.“ Hawkeye küsste Trapper noch einmal kurz, stellte
seine Tasse in die Spüle und weg war er.
„Fahr vorsichtig!“ konnte
Trapper nur noch hinterher rufen, bevor die Haustür zuknallte. Wenn er alleine
unterwegs war, vergaß Hawk nämlich mitunter, dass eine 'Schnellspur'
keinesfalls für rasanten Tiefflug gedacht war, sondern immer noch dem
staatlichen Tempolimit von 55 mph unterlag.
+++
Schon von Weitem sah Hawkeye
Mulcahy vor dem Bahnhof stehen, sich immer wieder umsehend. Mit etwas zu viel
Speed fuhr er auf den Wartenden zu, der erschocken zurücksprang, als Hawkeye
mit kreischenden Bremsen vor ihm hielt.
„Sorry, Father, dass Sie
warten mussten, ich steckte in einem Stau fest. Ein Unfall, aber nur
Blechschaden“, spielte Hawkeye den Grund für seine Verspätung herunter, noch
während er aus dem Auto sprang und Mulcahy herzlich an sich drückte. Nicht dass
der Padre auch nur ein Wort verstand, jedenfalls nicht ohne Hawks Lippenbewegungen
zu sehen, aber er sagte es trotzdem.
Noch immer etwas blass um
die Nase, entgegnete der Father lächelnd: „So eilig hätten Sie es nicht haben
müssen, Hawkeye, ich bin etwas zu früh. Der Zug war schneller als angegeben.“
Schwungvoll beförderte er das kleinere seiner beiden Gepäckstücke in den
Kofferraum und ließ sich bei dem großen Koffer von dem Arzt helfen. „Danke.“
Hawk schüttelte den Kopf und
lächelte. „Eine meiner leichtesten Übungen. Beim Schleppen von Trappers
Umzugskartons seinerzeit hatte ich mir einen Leistenbruch eingehandelt – zum
Dank hat er mich operiert.“ Seine Worte begleitete er mit den entsprechenden
Handzeichen. „Jetzt müssen wir noch B.J. abholen. Sein Flieger landet in einer
halben Stunde.“
+++
Die halbe Stunde sollte sich verdoppeln, denn genau
diese Verspätung zeigte die Anzeigetafel für Flug AA 608 aus San Francisco an.
Ihr kurzer Zwischenstopp würde demzufolge etwas länger dauern, weshalb Hawkeye
den Wagen auch auf den Parkplatz lenkte und nicht nur kurz mit laufendem Motor
in zweiter Reihe anhielt.
Da es ziemlich warm war und Mulcahy sich darüber
beklagte, dass es im Zug nichts zu trinken gegeben hatte – um ehrlich zu sein
hatte er nur nicht die gesalzenen Preise zahlen wollen – suchten sie die
Cafeteria auf.
Hier ging Hawkeye nach
Aufgeben der Bestellung erst mal telefonieren. Trapper geriet schnell in Sorge,
wenn er sich verspätete. Schon nach dem zweiten Klingeln nahm jemand am anderen
Ende ab. „Hi, Trap, du, wir kommen etwas später als geplant, B.J.s Maschine hat
Verspätung. Wie sieht's bei dir aus? Schon jemand da?“
Die Antwort war ein
erleichtertes Seufzen. „Schön, dass du anrufst. Klinger und Igor sind gerade
eingetroffen und Radar hat sich gemeldet. Kurz vor dem Ziel hat sein alter Chevy
den Geist aufgegeben...er und Potter sind jetzt bei Toby an der Tankstelle. Ich
fahr' gleich hin und hole sie ab. Igor kann solange auf das Chili aufpassen.“
Hawkeye setzte bereits zu
vehementem Protest an, überlegte es sich dann aber anders und meinte nur:
„Gut... gut, das wird er schon auf die Reihe bekommen. Nur rühren. Mehr nicht.
Einfach nur rühren, auf kleiner Flamme. Schließlich müssen wir ihn etwas dafür
entschädigen, dass er beim Kochen des Menüs nicht den ersten Löffel schwingen
wird.“
„Wann werdet ihr ungefähr da
sein?“
„In etwa einer Stunde. Hab'
ein Auge auf Igor... bitte...“
Damit gab sich Trapper
zufrieden, sie verabschiedeten sich und Hawkeye ging zum Father zurück. So
wirklich wohl fühlte er sich nicht bei dem Gedanken, Igor auf sein Kunstwerk
aufpassen zu lassen, aber es war nicht zu ändern. Hauptsache es landeten keine
unerlaubten Zutaten im Topf. Seufzend ließ er sich auf den Stuhl fallen und
stürzte die inzwischen gebrachte Cola in einem Zug runter.
Angenehm überrascht davon,
dass Hawkeye keinen Alkohol bestellt hatte, rührte Mulcahy die Eiswürfel in
seinem Eistee und betrachtete den Arzt das erste Mal seit der Begrüßung am
Bahnhof mit voller Aufmerksamkeit. Hawkeye sah ausgeruht aus, ausgeglichen...
glücklich. Der fiebrige, panikgleiche Glanz, den jeder von ihnen drei Jahre
lang allmorgendlich im Spiegel gesehen hatte, war aus den blauen Augen
verschwunden, das rasierte Gesicht wirkte voller, längst nicht mehr so
verbraucht, und er bemerkte sogar einen Hauch von Sonnenbräune. Anscheinend
hatte Hawkeye seinen lange überfälligen Frieden gefunden. Der bloße Anblick
beruhigte ihn mehr als jede ausführliche Erklärung.
Die nächste halbe Stunde
unterhielten sie sich mehr oder weniger angeregt, denn Hawkeye unterliefen
häufiger Fehler, die sie beide zum Lachen brachten. Wenig verwunderlich,
schließlich hatte Hawk nur selten Gelegenheit, Zeichensprache zu üben.
Gerade setzte Mulcahy zu
einer Frage an, da teilte eine Lautsprecherstimme mit, dass der Flug aus San
Francisco soeben gelandet sei.
„Ausgang A, kommen Sie, Padre.“ Hawkeye blätterte drei Dollarnoten auf
den Tresen und stürmte los, Mulcahy folgte in einem etwas langsamen Tempo.
Die ersten Worte, die
Hawkeye an seinen Freund richtete, als er ihn inmitten einer Flut Reisender
durch die Tür kommen sah, waren: „Willkommen, oh wandelnder Handfeger mit
Schuhgröße 46. Die haben dich mit dem Ding wirklich fliegen lassen? Dabei
siehst du doch aus wie einer auf dem FBI Most Wanted Poster, das in jedem
Postamt hängt. Wie kann man sich nur so verschandeln?“
„Haha, sehr witzig“, machte
B.J., doch das Lächeln, das sich über sein Gesicht breitete, widerlegte den
genervten Tonfall. „Hi, Hawk, schön dich zu sehen.“ Er ergriff die dargebotene Hand,
schüttelte sie, gab dann aber dem Impuls nach und umarmte Hawkeye so fest es
ging. „Ich weiß nicht, wie ich's sagen soll...aber ich hab' dich vermisst.“
Obwohl er kaum atmen konnte,
musste Hawk lachen. „Ich dich auch, Beej. Und wie. Wie lange ist es her? Zwei
Jahre?“
„Vier“, gab B.J. Auskunft
und ließ endlich los, sah ihn lachend an. „Eine halbe Ewigkeit. Unsere
Terminkalender scheinen einfach inkompatibel zu sein.“
Darauf antwortete Hawk nur
mit einem Nicken. „Komm', Mulcahy war nur drei Schritte hinter mir, er muss
auch gleich hier sein. Ist das alles, was du an Gepäck mithast?“ Er deutete auf
die Sporttasche, die B.J. über die Schulter trug.
„Du sagtest was von einem
Tag.“
„Dachte nicht, dass du's
dermaßen genau nehmen würdest.“ Typisch B.J., der Mann würde niemals mehr als
nötig von sich geben. Zumindest nicht ihm.
„Wie geht's Trapper?“
„Gut. Mit etwas Glück kommen
wir nach Hause, bevor Igor meinem Chili seine individuelle Note verleiht.
Immerhin hat er die letzten Jahre hauptsächlich für Schweine gekocht...“
„Das sind ja beruhigende
Aussichten – hey, Father!“ Und auch Mulcahy fand sich in B.J.s erdrückender
Umarmung wieder.
+++
***Drei mit Begrüßungen voll gepackte Stunden später...***
In der großen Küche
herrschte ein babylonisches Stimmengewirr. Ein Dutzend Personen saßen um den
Küchentisch herum, die leergegessenen Teller noch vor sich und die Gläser wohl
gefüllt, und sie alle versuchten, ihrer Meinung mit der nötigen Lautstärke
Gehör zu verschaffen.
Die verzweifelten Hausherren sahen sich hilflos an,
da stand Radar auf und brüllte: „Ruhe!“
Schlagartig verstummten alle
als hätte jemand einen Schalter betätigt, und im nächsten Augenblick dröhnte
Hawkeye mit seiner ansteckenden, rauhen Lache los. Das war der Auslöser, auf
einmal lachte die ganze Gang. Wie in Korea hatte es der Kleine wieder
geschafft, für Ruhe zu sorgen.
Nur langsam beruhigten sie
sich alle wieder und Trapper nutzte die Gelegenheit, das Wort zu ergreifen: „So,
das, was ich bei dem Lärm vorhin teilweise mitbekommen habe, klang recht
vielversprechend. Ich werde das jetzt aufschreiben, damit nachher auch jeder
weiß, was er zu tun hat. Legt los, Leute – aber bitte nicht wieder alle
miteinander, sonst wird das nie was. Also, fangen wir mit Hawk und mir an. Wir
beide werden für die Dekoration sorgen –“
„Bahnenweise Klopapier“,
lachte Henry und hob sein Glas, „aber vierlagig, bitte, wir lieben unseren
Luxus.“
Abermals hallte Gelächter
durch den Raum. Es wäre keine echte M*A*S*H-Party ohne Klopapier.
Ungerührt fuhr Trapper fort:
„Außerdem dafür, dass für das Buffet genug Platz ist und für Geschirr, Gläser,
und was sonst noch an Geräten und sonstigem gebraucht wird.“
„Vor allem für genügend
Martini aus der Destille, sowie Eis und Oliven“, fiel Hawkeye grinsend ein.
Charles schnitt eine
Grimasse. „Das ist mal wieder typisch für euch Kretins. Fünf Minuten alter Gin
aus der Destille für so einen bedeutsamen Anlas, wie gruselig. Das ist ja als
ob man mit Flugzeugbenzin auf die Taufe eines Thronerben anstoßen würde! Wenn
Igor sich über den Speiseplan des Abends klar geworden ist, was ich bezweifele,
werde natürlich ich die passenden Getränke beschaffen. Schließlich hat Atti was
Besseres als euren magenverätzenden Fusel verdient. Wer außer mir ist dafür
wohl geeignet?“
„Oh, Charles Emerson
Winchester III versucht mal wieder, dem unzivilisierten Rest der Menschheit
etwas Kultur zu vermitteln“, neckte Margaret und stieß Charles vertraulich mit
dem Ellbogen an.
Die anderen sahen sich
verwundert an. Sollte sich da etwa eine zarte Romanze anbahnen?
Hawkeye ergriff das Wort:
„Beej könntest du dich mit Margaret darum kümmern, dass wir Blumen und Pflanzen
für den Saal bekommen?“
Margaret nickte schneller
als B.J. die Frage bejahen konnte, aber er schloss sich ihr an. „Geht klar,
Hawk. Ich kenne da eine nette Gärtnerei in San Francisco, die mit Sicherheit
einen solchen Auftrag nicht ablehnen wird. Die Inhaber sind Patienten von
mir...“
„Oh“, meldete sich Klinger
zu Wort, „oh, und vielleicht könnten wir bei den Mutanten anfragen, ob sie uns
ein paar Eisskulpturen zaubern? Vielleicht sogar live vor versammeltem
Publikum?“
Das klang gut, der Vorschlag
wurde notiert.
Und Trapper machte noch
einen. „Wie wär's wenn wir ins Wohnzimmer umziehen, da ist es gemütlicher und
Hawk ist näher am Computer. Er hat da seine elektronische Checkliste... und es
diskutiert sich besser, wenn wir wissen, was wir alles beachten müssen. Die
Zeit rennt uns davon, es ist bereits halb sechs.“
„Was ist mit Sex?“ lallte
Henry, der wie immer, wenn er den alkoholischen Getränken zugesprochen hatte,
weniger durch sinnvolle als durch amüsante Gesprächsbeträge glänzte.
„Darüber reden wir später,
Henry“, versprach Trapper und klopfte Henry auf die Schulter.
Allgemeines Stühlerücken
setzte ein und es wurde ins Wohnzimmer gewechselt. Hawkeye stützte Henry, damit
er wohlbehalten im nächsten Sessel ankam, in den er sich wie ein nasser Sack
hineinfallen ließ.
Alle hatten ihr Plätzchen
gefunden und Trapper wandte sich an Igor. „Du stellst das Buffet zusammen. Hast
du dir schon Gedanken darüber gemacht, was es gibt?“
Mit dem üblichen treudoofen
Ausdruck auf dem Gesicht nickte Igor. „Ich les' euch mal vor, was ich mir
gedacht habe.“ Umständlich kramte er in seinen Taschen, bis er endlich einen
zusammengefalteten Zettel hervorzog. „Also, ich dachte mir, ich mach' I.V. Eggs
and Sausages, Creamed Corn –“
„Uaaah.“ B.J. und Hawk
schüttelten sich gleichzeitig. „Nein, danke, so knapp ist das Wasser
hierzulande noch nicht.“
Doch Igor ließ sich nicht
beirren. „Bombin' Black Bean Salad, Combat-Ready Coleslaw, Adams Ribs, den
River of Liver...“, er warf einen schüchternen Blick zu Hawkeye hinüber, der
das Gesicht in den Händen vergrub, „Rat-A-Tat-Touille, M*A*S*Hed Potatoes und
eure berühmten Swamp Spaghetti.“
Ohne seine Kaffeetasse
abzusetzen kommentierte Sidney Freedman aus seiner Ecke (man konnte fast
vergessen, dass er da war, so still wie er sich verhielt): „Vom psychologischen
Standpunkt finde ich diese Liste höchst beunruhigend. Bin ich der einzige, dem
das auffällt, oder muss ich erst meine Kollegen, die Profiler vom FBI, für eine
zweite und dritte Meinung heranziehen?“
„Als Süßes, dachte ich mir
Hangover Pancakes, Bombshell Banana Cookie, Charles Blueblood Berry Cake,
Henry's Chocolate Cake, Hunnicuts Homesick Cookies und Pegs Pecan Pie. Wenn sie
das Rezept rausrückt“, setzte er hinzu und sah B.J. bittend an.
Igor etwas abzuschlagen wäre
als würde man einen kleinen Hund treten. „Außerdem“, schloss er, „würde ich
gern noch die Crepes der süßen Suzy machen, aber dazu brauche ich ne ganz tolle
Orangenmarmelade und die hab ich leider nicht bekommen.“ Mit einem Gesicht, als
würde er gleich anfangen zu weinen, schaute er in die Runde.
Potter zeigte auf sich wie
ein eifriger Schüler. „Meine Mildred hat 'ne Orangenmarmelade, da wünscht man
sich man wäre eine. Wenn du willst, Igor, bring ich sie dir mit.“ Die Miene
seines ehemaligen Kompaniekochs hellte sich bei diesem Angebot sofort auf.
Nicht alle stimmten den
Menüvorschlägen kommentarlos zu. „Wie, keinen Fasan, kein Wild?“ ließ sich
Charles näselnd vernehmen, das Gesicht angewidert verzogen. „Nur diesen...
vulgären Fraß?“
„Klar“, erwiderte Hawkeye
trocken, „schließlich wollen wir nicht nachher der ganzen Festgesellschaft den
Magen auspumpen, Charles, du erinnerst dich doch noch, oder?“
Wer tat das nicht? Doch auch
auf der anderen Seite des Wohnzimmertisches wurde eine Hand gehoben. „Die
Auswahl ist schon mal gut“, meinte B.J. versöhnlich und brachte dann seinen
Einwand an: „Wir sollten das nur noch etwas ausdünnen... und durch Gerichte
ergänzen, die dem Geschmack der anderen Gäste entsprechen – und von denen gibt
es reichlich, wie ihr wisst. Sind ja nicht nur wir Ex-4077ler, die da mit Atti
feiern.“
Es klingelte an der Tür. Das konnte nur einer sein. Besser spät als gar
nicht.
Hawkeye ging um zu öffnen. „Oh, hi, Frank, ich würde ja gerne
sagen, 'Je später der Abend, desto...', aber das erspare ich dir. Dennoch ist es
schön, dass du's doch geschafft hast, zu kommen. Allen Widrigkeiten zum Trotz.“
An seiner Wegbeschreibung konnte es nicht gelegen haben, die war extrem
detailliert gewesen.
„Pierce, ich war mir nicht
sicher, ob ich bei diesem 'Fest' überhaupt mitmachen sollte, schließlich kenne
ich außer den hier Anwesenden ja keinen.“
_Nicht meine Schuld, wenn du so unsozial bist und es nicht für nötig
hältst, über den Rand der eigenen Archivsektion zu schauen._ Hawkeye musste
an sich halten, um nicht etwas extrem Unhöfliches zu erwidern. Wie hatte er nur
vergessen können, was für eine Nervensäge Burns war? Manche Leute änderten sich
halt nie. „Komm' rein... du hast das Beste bereits verpasst.“
Er bedeutete Frank, ihm ins
Wohnzimmer zu folgen, wo der Neuankömmling mit gedämpftem Enthusiasmus begrüßt
wurde. Über dem Mittagessen hatten sie bereits ihre unangenehmen Erinnerungen
an das noch nicht eingetroffene Frettchengesicht ausgetauscht, besonders Henry
Blake und Sherman Potter hatten ausführlich über Franks unaufhörliches
Aufbegehren gegen ihr Kommando gelästert und sich gegenseitig bedauert.
„Frank, die anderen kennst
du alle, aber darf ich dir Dr. Charles Emerson Winchester III vorstellen. Er
war dein Nachfolger in Korea. Charles, Franklin Marion Burns. Auch Arzt, zumindest
laut seinem Ausweis.“ Mit sichtbarem Widerwillen reichten sich die beiden
Männer die Hände.
Ein dünnes Lächeln umspielte
Winchesters Lippen. „Marion?“
Hilfsbereit soufflierten
Trapper und B.J. synchron: „Seine Eltern wollten einen Sohn.“
Frank ignorierte die Männer,
die nacheinander seine Tage und Nächte in Korea zum Alptraum gemacht hatten,
und jetzt traten sie auch noch gemeinsam auf. Wie er sich setzte, fragte er
Margaret: „Immer noch glücklich mit deinem Donald Wie-hieß-er-doch-gleich?“
„Nein, Frank, wir sind schon
seit Ewigkeiten geschieden.“
„Wusst' ich's doch, das
konnte ja nicht gut gehen.“
Bevor Margarets Temperament
explodieren konnte, entschärfte Hawkeye die peinliche Situation mit einem
hastigen: „Wir waren gerade bei Igors Menuplan. Ich finde, das klingt gut, wenn
außer B.J. keiner Einwände hat, belassen wir's dabei. Er und Sisko sollten
freie Hand haben.“ Zustimmendes Nicken reihum. „Gut, dann weiter. Trap?“
„Wir dachten daran, den
Festsaal in einen Sumpf-Deluxe zu verwandeln, mit Destille, importiertem
Schmutz, ungewaschenen Socken und allem Drum und Dran. Aber in Anbetracht der
gemischten Gästeliste nehmen wir Rücksicht auf die Zartbesaiteten. Normaler
Partyraum, normale Deko. Hawk, sei so gut und schau noch mal nach, wie viele Leute
da sein werden.“
„Ganz wie Sie meinen, Massa,
aber gewiss doch, Massa“, alberte Hawkeye in einem breiten Südstaatenakzent
herum und schaltete den Apple G4 an. Konzentriert suchte er in Postfach nach
den entsprechenden Nachrichten, dann berichtete er: „Über den Daumen gepeilt
werden es ungefähr 200 Personen sein. Bei so vielen Fandoms kommen eine Menge
Leute zusammen. Fünf Star Trek-Belegschaften samt Angehörige, diverse
Unsterbliche, Vampire, Hexen und Dämonen...“
„Air Force, Navy, FBI, MI5,
MI6, Sektion 31 und wie die ganzen Geheimdienste heißen, mehr Polizeireviere
als ich Finger und Zehen habe“, zählte Trapper auf und rang sich ein lahmes
Grinsen ab. „Also um unsere Sicherheit müssen wir uns keine Gedanken machen.“
Ein plötzlich nachdenklich gewordener
B.J. lehnte sich zurück und zwirbelte seinen Schnurrbart zwischen Daumen und
Zeigefinger. „Vergessen wir nicht die bereits erwähnten Mutanten. Oh, und
Superhelden und Privatdetektive in rauhen Mengen. Und niedliche
Zeichentricktiere. Und alles aus dem Animé-Bereich. Hawk, ich würde sogar eher
250 Leute sagen. Vielleicht besser 300, um ganz sicher zu sein. Wenn was übrig
bleibt, finden sich bestimmt Abnehmer für die Reste.“
Dem hatte Hawkeye nichts
entgegenzusetzen. „Igor, bevor ich es vergesse, du bist nicht allein in der
Küche. Jonathan Archer stellt seinen Bordkoch, Starfleet Captain Benjamin Sisko
kann alles bekochen, und für die ganz extremen außerirdischen Bedürfnisse sorgt
Neelix. Du musst also nicht auf irgendwelche speziellen Nahrungsmittelwünsche
achten.“
„Das ist sehr gut“, seufzte
Igor erleichtert, „denn ich weiß wirklich nicht, was Vulkanier, Klingonen,
Cardassianer und wo sie alle her sind, bevorzugen. Ich werde mich trotzdem mit
ihnen absprechen. Nur um das alte Klischee der dreiundzwanzig Nudelsalate zu
vermeiden.“
+++
Irgendwann, es war
garantiert schon nach drei Uhr, denn draußen begannen bereits vereinzelte Vögel
zu singen, war auch Hawkeyes Energie erschöpft. Potter war schon lange vor
Mitternacht in Trappers Lieblingssessel eingeschlafen und Mulcahy hatte sich
nach den Zehn-Uhr-Nachrichten entschuldigt und war ins Bett gegangen. Und sie
waren längst nicht die einzigen, die der Müdigkeit zum Opfer gefallen waren.
Auf der Couch saßen Henry,
Klinger und Charles Winchester in trauter, schlummernder Eintracht
nebeneinander und sägten um die Wette.
Natürlich ließ es sich
Hawkeye nicht nehmen, einige Fotos zu schießen. Von ihnen allen.
Vier Bilder allein
verwendete er an Frank Burns, der nach Mulcahys Verschwinden einen Zweisitzer ganz
für sich hatte, Platz, den er gut nutzte, indem er sich im Schlaf lang
ausstreckte. Er schlief so tief, dass er von der hitzigen Diskussion nichts
mitbekam, die um ihn herum ausgetragen wurde.
Die sechs anderen waren
dagegen wach. Hawkeye fungierte als Dreh- und Angelpunkt, machte sich Notizen
und verteilte Aufgaben. Auch an jene, die nicht anwesend waren. Alle wurden
ihren Talenten entsprechend verplant, beschweren konnten die sich hinterher
immer noch. Ob ihnen die Beschwerde allerdings etwas nutzte, war eine andere
Frage.
Der letzte Punkt auf der
Liste war die Unterhaltung während der Party. Schon zwei Stunden hatten sie mit
der Frage verbracht, wer was wann und wie beisteuern könnte, und hatten sich
gerade mal auf die Musik geeinigt.
Beziehungsweise dass sie die
Auswahl der Musik an jemand anderen delegieren würden, der mehr Ahnung von
moderner Musik hatte. Und dass sie sich ihrer Quellen in diversen
Geheimdiensten bedienen würden, um sich Informationen über die Talente von
Personen in anderen Fandoms zu beschaffen. Irgendwer musste doch musikalisch
oder anderweitig künstlerisch begabt sein... sie jedenfalls waren es nicht,
schon gar nicht vor Publikum.
Die Uhr im Flur schlug vier
Mal.
Trapper sprach aus, was alle
dachten: „Wir sollten wohl doch besser ins Bett gehen.“
Bett. Das magische Wort.
Etwas in Radars Augen leuchtete auf und er lehnte sich hinüber, um Henry Blake
an der Schulter zu rütteln. „Sir. Hey, Sir. Wir sind für heute fertig.“
„Schon gut, Lorraine, ich bring'
ja noch den Müll raus, bevor ich ins Bett gehe und –“ Hier erst kehrte er aus
der Traumwelt in die Realität zurück und blinzelte die Anwesenden verwirrt an.
„W-w-wo bin ich? Welches Jahr haben wir?“ Sein Erwachen brachte Bewegung in das
Stilleben auf der Couch. Wie menschliche Dominos wachten die drei aneinander
gelehnte Schläfer auf, sahen sich zuerst sehr desorientiert um und kamen dann
leicht schwankend auf die Füße.
„Ihr seid alle in der
Travelodge?“, vergewisserte sich Hawkeye noch einmal.
Radar nickte. „Alle, bis auf
Dr. Winchester. Und Dr. Freedman, der kein Zimmer mehr gefunden hat.“ Mulcahy,
Potter und B.J. würden hier übernachten, nur für die anderen war beim besten
Willen kein Platz.
„Ramada“, gab Charles knapp
Auskunft und tippte sich kurz in einem imaginären Salut an die Stirn.
„Gentlemen, Margaret. Ich sehe euch alle zum Frühstück. Einem sehr späten
Frühstück.“
Zusammen mit einem Gähnen
brachte Trapper ein „Brunch um halb elf“ hervor, welches Charles bereitwillig
akzeptierte. Er bot sich auch an, Klinger und drei weitere Personen
mitzunehmen.
„Was ist mit unserer
schlafenden Schönheit?“ wollte Trapper von Hawk wissen.
Eine Sekunde lang dachte
Hawk scheinbar ernsthaft nach, dann meinte er: „Lass ihn schlafen. Der
ungestörte Schlaf hebt seine Laune und ist für uns somit von Vorteil. Außerdem
möchte ich mit positiven Gedanken einschlafen und nicht als letztes Bild einen
zeternden Frank Burns vor meinem inneren Auge haben.“
„Sherman, das größere
Gästezimmer ist oben, geradeaus den Gang hinunter, einfach Mulcahys Schnarchen
nach, und B.J., für dich –“
B.J. hob ergeben beide Hände
und seufzte. „Ja, ich stelle mich zu den Besen in die Kammer.“
„Und die würden dich auf der
Stelle adoptieren, so ähnlich wie du ihnen siehst.“ Hawks Gähnen erschwerte
jedes Wort. „Ganz so schlimm ist es nicht. Die Klappcouch in Trappers
Arbeitszimmer ist sehr bequem...“
Das Versprechen half
keineswegs gegen B.J.s Leidensmiene. „So bequem wie IKEA-Möbel für jemanden mit
meiner Körpergröße halt sind. Vielleicht sollte ich doch besser im Stehen
schlafen... eigentlich lohnt es sich auch gar nicht, immerhin geht mein Flug um
viertel nach drei...“
Auf halbem Weg die Treppe
hinauf, drehte sich Hawkeye nicht einmal um, als er antwortete: „Was immer du
willst, Beej... Sidney, die Couch gehört dir.“
Freedman rieb sich die müden
Augen und setzte dann die Brille wieder auf. „Das ist normalerweise mein
Spruch, Hawk. Aber danke. Dir auch, B.J., für deine Großzügigkeit.“
„Das war ein Scherz, Sid!“
„Zu spät.“
„Hey, das ist unfair!“
protestierte B.J., lauter als beabsichtigt, weshalb er im nächsten Moment
Margarets Ellbogen in der Seite hatte. „Autsch! Hot Lips!“
Trotz ihrer Übermüdung
brachte Margaret noch ausreichend Ärger zustande, um ihr Gegenüber einzuschüchtern,
und fauchte: „Du wirst noch Frank aufwecken!“
„Aber Hawkeye hat gerade
Sidney mein Bett gegeben!“
„Ja, das war nicht zu
überhören“, kommentierte Winchester. „Margaret, können wir jetzt fahren? Es
wird schon hell und ich... bin... müde.“
Angesichts der sich rasch
auflösenden Selbstbeherrschung mehrerer Personen im Raum hielt es Sidney für
ratsam, einen Kompromiss anzubieten. „B.J., ich nehme nicht besonders viel
Platz weg. Die Couch sollte groß genug sein für uns beide. Ich hoffe, du
schnarchst nicht.“
Mittlerweile am oberen Ende
der Treppe angekommen, drückte Hawkeye Trappers Hand und grinste. Darauf gab er
besser keine Antwort. Sollte Sidney die unangenehme Erfahrung selber machen.
„Gute Nacht, allesamt. Handtücher sind in dem weißen Schrank im Bad. Wir sehen
uns später.“
„Ich werde auf dem Weg
Bagels besorgen“, waren Klingers Abschiedsworte, bevor er Igor aus der Tür
schob. Radar tat das gleiche mit Henry. „Bye.“
„Es ist gar nicht so schwer,
mit einem Mann das Bett zu teilen, Beej“, informierte Trapper seinen Kollegen.
„Wirklich nicht. Außerdem kann es von Vorteil sein, einen Psychiater neben sich
liegen zu haben, wenn man einen Alptraum hat.“
Daraufhin drehte sich Sidney
mit einem süffisanten Grinsen zu B.J. und hielt ihm die Hände entgegen. „Trägst
du mich die Treppe rauf, Schatz?“
B.J. stöhnte leise, wie er
sich die ersten Stufen hinaufschleppte. „Nenn' mich noch einmal so und ich
werde *absichtlich* schnarchen! Extra laut. Gott, ich hoffe nur, dass Peg davon
nichts erfährt.“
Noch immer grinsend meinte
Sidney nun zu Potter: „So ist er immer, wenn er nicht genug Schlaf bekommt.
Fing schon in unseren Flitterwochen an. – Hawkeye, sind noch einige Bilder auf
dem Film übrig? Ich möchte Peggy ein paar schöne Schnappschüsse schicken...“
Potter schnaufte und
verfehlte beinahe eine Stufe, als er zu lachen begann.
Unten auf der Couch drehte
sich Frank auf die andere Seite und murmelte irgend etwas Unverständliches,
wachte aber nicht auf.
Den Rest bekam Hawkeye schon
nicht mehr mit, weil Trapper ihn ins Schlafzimmer zog und mit einem knappen
„Nacht“ an die anderen die Tür schloss.
+++
****Etwas später an diesem frühen Morgen...***
Es war kein Schrei, der dem
Mann im Türrahmen entwich, sondern vielmehr ein ersticktes Quietschen. „Was –?“
Widerstrebend rollte sich
Trapper auf den Rücken und zur Tür herum und ließ dabei den warmen Körper los,
an den gekuschelt er Nacht für Nacht einschlief. Einschlafen *durfte*...und
manchmal war er sich noch immer nicht sicher, womit er dieses Glück verdient
hatte.
Oder die Bestrafung, die wie
ein erschrecktes Reh in der offenen Tür stand.
Groggy und mehr als nur
leicht verärgert setzte er sich auf und wischte sich Schlaf und wirre blonde
Locken aus den Augen, um den Störenfried richtig anfunkeln zu können. „Ja,
Frank?“ Wenn der Idiot Hawkeye aufweckte, würde er ihn persönlich von hier bis
Fort Wayne treten. „Kann ich dir bei irgendwas helfen?“
Noch immer sprachlos, mit
offenhängendem Mund und weit aufgerissenen Augen, die im Sekundentakt zwischen
Trapper und den neben ihm schlafenden Mann hin und her flogen, schaffte es
Burns, zumindest eine Hand zu heben und mit dem Daumen über seine Schulter
zurück zu deuten.
„Ich verstehe nicht ganz,
Frank.“
„Ba –... Ba –“
Nun, Frank konnte ihm nicht
vorwerfen, unanständig zu sein, denn er hatte sein Laken bis zur Hüfte
hochgezogen, und Hawkeye glich einer großen menschlichen Raupe, so wie er
vollständig in das seine eingerollt war. „Badezimmer? Meinst du das, Frank?
Nun“, er deutete auf die Einrichtung, „das hier ist es ganz offensichtlich
nicht. Zwei Türen weiter.“
„Ist das... das...?“
Abermals blieben Frank die Worte im Hals stecken und er musste sich mit
Handzeichen behelfen. Diesmal in Richtung Hawkeye.
Zu jeder anderen Tageszeit
hätte Trapper sich auf eine lange Erklärung eingelassen, aber er war viel zu
müde dazu, also machte er es simpel. So dass selbst Frank Burns es verstehen
sollte. „*Das*, Frank, ist jemand, den du besser nicht störst, oder ich werde
sehr unangenehm.“
„P-Pierce?!?!“ Franks Nase
schien noch spitzer als gewöhnlich und seine Lippen waren noch unsichtbarer
geworden... wenn so eine Entwicklung überhaupt möglich war.
„Sehr scharfsinnig. Frank,
mal ganz ehrlich, du hast doch nicht all die Jahre in dem Glauben gelebt, dass
Hawkeye und ich hier eine freundschaftliche WG aufgezogen haben? Oder doch?
Dann bist du naiver als ich dachte.“
„All die Jahre...“,
stammelte Burns. „Soll das heißen...? Soll das heißen, ihr...?“ Seine Stimme
erreichte unerträglich hohe Frequenzen. Er öffnete den Mund für noch mehr, doch
bevor er auch nur einen Ton herausbrachte, öffnete sich die Tür schräg
gegenüber und Potter streckte den Kopf heraus.
Ohne auf seine Lautstärke zu
achten, polterte der übermüdete Ex-Colonel los: „Verdammte Pferdekacke, Burns!
Halten Sie Ihr Schandmaul! Wenn's Ihnen nicht passt, können Sie ja im Garten
schlafen oder gleich abreisen. Was immer Sie tun, tun Sie es leise!“
Es kostete Trapper große
Überwindung, nicht loszuschreien, einfach aufzuspringen und Frank die Tür vor
der Nase zuzuknallen. Das Bettlaken um die Hüften gewickelt, rappelte er sich
auf und drängte den anderen Mann auf den Gang hinaus, stand mit ihm Nase an
Nase. „Margaret und du, ihr ward nicht die einzigen, die jemanden zum
Festhalten brauchten... und fanden“, zischte er und wechselte einen Blick mit
Potter.
Der ehemalige Kommandant der 4077th verstand das als seinen Einsatz und
fuhr fort: „Burns, ich bin alt und viel zu müde, um groß zu diskutieren. Doch
eines will ich Ihnen sagen. Anders als mein Vorgänger Henry Blake hatte ich nie
das Vergnügen, Dr. McIntyre noch in Korea kennen zulernen. Das konnte ich
seitdem glücklicherweise nachholen und ich hätte mich gefreut, mit ihm
zusammenzuarbeiten. Wie dem auch sei, was ihn und Pierce betrifft... ich habe auf
meine alten Tage schon Schlimmeres gesehen. Alljährlich gehen genug Ehen in die
Brüche, jeder Verlust und jeder Krieg bringen Schmerz, das haben wir selbst
erfahren. Ich hatte drei Mal das zweifelhafte Vergnügen. Nun, die beiden lieben
sich und meiner Meinung nach hat alles, was einen Krieg überdauert und auch im
Frieden weiterlebt, es mehr als verdient zu existieren. Jedem sein eigenes
Glück. Und jetzt seien Sie gefälligst *STILL*, Burns!!!“
Franks Gesichtsfarbe
schwankte rapide zwischen Weiß und Krebsrot. „Ihr perversen Perversen!“ brachte
er noch hervor, dann drehte er sich ohne ein weiteres Wort auf dem Absatz um
und stürmte davon.
Leider zu schnell, um Türen
zu zählen.
Als Trapper und Potter im
nächsten Moment ein weiteres Frank-Quietschen und B.J.s lauten Protestschrei ob
der lautstarken Störung seiner Nachtruhe hörten, war ihnen klar, dass es mit
dem Schlaf ein für alle Mal vorbei war.
„Frühstück, Sherman?“ fragte
er.
Potter zog sich die
Nachtmütze vom Kopf. „Wenn's sein muss. Und einen starken Tranquilizer für das
Frettchengesicht.“
++++
***Vier Stunden später...***
Entgegen des Vorschlags
bezüglich Frühstück hatten sie es geschafft, nach Franks frühmorgendlichem
Theater doch noch einige Stunden zu schlafen.
Wie sie sich alle am Küchentisch
versammelten und Kaffee, Eier und Speck und die von Klinger mitgebrachten
Bagels mit Rahmkäse genossen, wollte Hawkeye am Computer im Wohnzimmer seine
Email abrufen. Und er bemerkte etwas Ungewöhnliches. „Hey, Trap“, fragte er und
lehnte sich um den Türrahmen herum, gerade weit genug, dass alle seinen
perplexen Gesichtsausdruck sehen konnten, „hatte ich heute morgen nicht den
Computer ausgeschaltet?“
Trapper legte das Messer
beiseite und sah auf. „Ich denke schon“, meinte er mit einem Nicken. „Nein, ich
bin mir sogar ziemlich sicher, dass er aus war.“ Rasch spülte er den Bissen in
seinem Mund mit etwas Orangensaft herunter.
Hawk salutierte ihm mit
seinem Kaffee, erleichtert. „Dann ist's ja gut. Ich dachte schon fast, dass ich
etwas senil werde. Seltsamerweise ist er an. Jemand hat ihn angeschaltet.“
„Frank?“ spekulierte B.J.
und grinste Father Mulcahy an, der ihm gegenüber saß. „Ihr Arbeitgeber war's
gewiss nicht, Father.“
Doch Mulcahy konterte
sofort: „Auch mein Arbeitgeber geht mit der Zeit, B.J.“
Ein gequältes Stöhnen
unterbrach die heiteren Unterhaltungen rund um den Tisch. Henry klang als
stünde er mit einem Bein wieder im Grab. „Nicht so laut“, bettelte er. „Ich
habe den Großvater eines Katers, Leute...“
Aus dem Wohnzimmer kam ein
kurzer Lacher. „Bei dir doch fast ein Dauerzustand, Henry.“ Hawkeye schlenderte
zurück in die Küche und stand hinter Trapper, massierte ihm liebevoll den
Nacken. „Frank war an meinem Computer.“
„Schon mal was von
Passwörtern gehört, Pierce?“ stichelte Winchester, ohne von seinem Rührei
aufzusehen. „Wer hat übrigens diese Eier verbrochen? Die sind völlig
versalzen...“
Mit einem stillen Fingerzeig
belastete Hawkeye seinen Lebensgefährten und berichtete weiter: „Und ihr werdet
es nicht glauben, aber Franks Tasche ist noch da. Sagtet ihr nicht, er wäre
heute morgen ausgerastet und hätte wie von der Tarantel gestochen das Weite
gesucht?“
„In der Tat“, brummte Potter
und rührte einen weiteren Würfel Zucker in seinen Kaffee. „Frage mich, was ihn
zum Bleiben bewogen hat.“
Langsam streichelten
Hawkeyes Finger durch Trappers Haare, kamen schließlich auf seiner Schulter zu
liegen. Nach einem Schluck Kaffee meinte er: „Nun, bei dem Rätsel kann ich
vielleicht weiterhelfen. Wißt ihr... Frank hat meine Notizen über die Party
durchgesehen. Und den damit zusammenhängenden Email-Verkehr.“
„Diese Ratte!“ Schon wollte
Trapper aufspringen, da drückte ihn Hawk auf den Stuhl zurück.
„Schon gut, schon gut“,
beschwichtigte er ihn. „Nichts wirklich Persönliches. Nur... es ist schon seltsam...
der Computer ist im Standby-Modus und wie ich eine Taste drücke, erscheint ihr
Bild auf dem Bildschirm.“
Fragende Blicke rings um den
Tisch. „Wessen?“, sprach Margaret die Frage aus.
„Nun, das ist das größte Mysterium“,
grinste Hawkeye und schummelte sich geschickt auf Trappers Schoß. Ein
kompliziertes Manöver, wenn man das Tischtuch nicht halb herunterreißen wollte.
„Attis.“
Wie aus einem Mund
wiederholten alle die zwei Silben: „Attis?“
„Komisch, hm?“ Es war
deutlich, dass Hawkeye plante, Frank ausgiebig zu befragen. Aber fürs erste
beschäftigte ihn Wichtigeres. „Max, an dich hätte ich noch 'ne Bitte, könntest
du nicht ausnahmsweise noch mal in einen deiner Fummel schlüpfen und bei der
Bedienung der Gesellschaft mithelfen? Vielleicht hilft Radar auch noch mit.
Zusätzlich werden wir ein paar Aushilfsbedienungen engagieren, damit alle
während der Preisverleihung und den einzelnen Reden mit genügend Trinkbarem
versorgt sind.“
Klinger griff sich ein
frisches Mohnbagel. „Geht klar, Hawkeye, ich habe schon mal ein paar Modelle
mitgebracht, zur Auswahl sozusagen.“ Er zwinkerte in die Runde. „Mein kleines
Schwarzes mit der weißen Schürze, komplett mit Käppi. Ich hoffe nur, ich habe
noch nicht verlernt, wie man sich die Beine rasiert.“
„Danke, Max, wenn ich nicht
schon vergeben wäre, hätte ich dir jetzt einen Antrag gemacht.“ Er warf Klinger
eine Kusshand zu; den richtigen Kuss bekam Trapper.
Genau in dem Moment, als
Frank hereinkam.
Und wie angewurzelt stehen
blieb. „Pierce! McIntyre!“
Beide hoben ihre Hände,
jedoch ohne den Kuss zu brechen. „Anwesend.“
Franks Lippen zitterten und
es kostete ihn sichtbare Überwindung, den Anblick zu tolerieren, sich zu setzen
und nach Kaffee zu fragen. Er machte aus dem Hawk-und-Trapper-Nichtansehen
einen wahren Staatsakt, zwang sich aus einem unerfindlichen Grund zur Ruhe.
Eine Viertelstunde verging. Dann fragte er auf seine übliche unverfrorene Art,
das gerade Vorgefallene total ignorierend: „Uh, Pierce... ich bin vorhin zufällig
an Ihrem Computer vorbeigelaufen und sah zufällig auf den Bildschirm...“
*Zufällig*. Alle verkniffen
sie sich das Lachen.
„Wer war das eigentlich auf
dem Bild?“
„Das“, erklärte B.J., „ist
Atti, die geehrt werden soll. Der Grund, weshalb wir hier sitzen.“
„Hm.“ Das typische
Burns-Kichern war zu hören. „Also... irgendwie... für die Frau lohnt es sich
direkt, euch Perverse noch etwas länger zu ertragen.“ Wie beiläufig schüttete
er Milch in seinen Kaffee und erkundigte sich: „Gibt es noch Zwiebelbagels?“
Die anderen sahen sich
verblüfft an, das war mal wieder typisch. Auch das Schweigen, das nun folgte
und bis zum Ende des Frühstücks anhielt. Frank sagte kein weiteres negatives
Wort, lächelte nur lippenlos vor sich hin und ließ ab und zu ein Kichern hören.
Konnte ihnen nur recht sein,
dieser ruhige, umgängliche Frank.
Als der Kaffee alle war,
verlagerte sich das Planungskomitee wieder ins Wohnzimmer, wo Hawkeye für jeden
die Aufgabenzettel ausdrucken wollte. Noch immer prangte Attis Konterfei auf dem
Bildschirm und bewirkte wie ein Glücksbringer für Franks gutes Benehmen.
Bevor sich die Runde am
frühen Nachmittag auflöste – B.J. musste zum Flughafen und auch Charles und
Margaret hatten Verpflichtungen, die nicht noch einen weiteren Tag warten konnten
– wurde vereinbart, dass sie sich drei Tage vor der Preisverleihung
wiedertreffen würden, um gemeinsam die Endphase zu starten. Zusammen mit allen
Helfershelfern, die sie bis dahin rekrutieren wollten, notfalls mit Bestechung
oder Erpressung.
Über den Nachmittag
verteilt, brachen auch die meisten anderen auf, lediglich Mulcahy und Sidney
wollten noch eine Nacht bleiben. Frank Burns war kurz vor dem Abendessen der
letzte, der sich verabschiedete. Mit einem verstohlenen Blick zum mittlerweile
allerdings ausgeschalteten Computer. Bis zum letzten Moment befürchtete
Hawkeye, er könnte nach Attis Email-Adresse fragen.
Kaum dass sich die Tür
geschlossen hatte und draußen ein Auto startete, brachen die Ärzte in
schallendes Gelächter aus; Mulcahy,
unbedarft wie so meist, blickte fragend in die lachenden Gesichter.
„Ich glaube fast“, bemerkte
Sidney trocken, in dem Tonfall, den nur er beherrschte, „Frank ist verliebt.“
Die gute Stimmung hielt an,
es wurde noch ein sehr langer, lustiger Abend für die vier. Diese Nacht schlief
Hawkeye, eng an Trapper geschmiegt, das erste Mal seit zwei Wochen mehr als
eine Stunde am Stück. Und kein Frank Burns, der zu unchristlicher Stunde ins
Schlafzimmer gestürzt kam, nur ein rücksichtsvoller Psychiater auf der Suche
nach Toilettenpapier, kurz bevor sie das Licht ausmachten.
Nach dem gemeinsamen
Frühstück am Montag machten sich auch die letzten zwei Gäste auf. Sidney hatte
ein Auto und würde den Padre, der sich spontan gegen eine weitere, endlose
Zugfahrt entschieden hatte, zum Flughafen bringen, damit Trapper und Hawk so
bald wie möglich wieder etwas Zeit für sich in den eigenen vier Wänden hatten
und sich von der wochenendlichen Invasion erholen konnten.
Und die beiden wussten die
Geste sehr zu schätzen. Diesen Montag widmeten sie einander, jede Sekunde, bis
Mitternacht. Die Party würde bald genug kommen, bis dahin würde Freizeit ein
Fremdwort sein – zumindest für Hawkeye, wusste Trapper vorauszusagen – und sie
mussten quasi für zwei Wochen im Voraus arbeiten. Aber es war 'Arbeit' der
angenehmsten Art.
In zwei Wochen würde dann
alles wieder seinen gewohnten Gang gehen.
************
***Endlich! Nachdem alles gesagt und getan ist, was gesagt und getan werden konnte! Die Party! In einem wunderbaren Festsaal, wie man ihn in der Realität nirgendwo findet, aber im Cyberland zwischen den Fandoms, wo sich Realitäten überschneiden, ist alles möglich!***
Irgendwie, reflektierte ein erschöpfter Trapper
Stunden später, war es einfacher gewesen, Parties für ein Armeecamp zu
organisieren. Wenigstens waren die Teilnehmer da nicht so wählerisch gewesen...
Aber anders als bei den Spontanfeten damals im Sumpf
war nun die Musik besser, die Stimmung noch ausgelassener und sie mussten sich keine
Sorgen machen, im nächsten Moment eine OP-Pause einlegen zu müssen. Und damals
hatten sie außer dem gelegentlichen Nordkoreaner keine Aliens dabeigehabt.
Schon ein verrückter Abend... auf der Bühne sorgte ein
Hologramm zusammen mit wechselnden, halbwegs musikalisch begabten Gastmusikern
für Livemusik zum Tanzen, für schnellere, modernere Nummern gab es die
High-Tech Musikanlage, an der sich ein junger Mann mit Hemden, die
geschmackloser waren als Hawkeyes, mit sichtlichem Spaß austobte.
„Hey.“ Ein atemloser Klinger mit einem Tablett voller
gefüllter Champagnergläser hielt kurz neben ihm an. „Tolle Stimmung, was? Und
diese Band... mit der Besetzung wären die in Korea *der* Hit gewesen. Auch für
Vietnam hätten die glatt einen Zehnjahresvertrag gekriegt!“
Er nickte und angelte sich ein Glas. Seine Kehle war
wie ausgedörrt vom pausenlosen Herumlaufen. „Stimmt“, bejahte er die
Feststellung, versuchte, gelassen zu wirken, doch sein wacher Blick erfasste
bereits das leere Tablett auf dem Buffet, wo eigentlich die Brownies liegen
sollten, und er stöhnte leise. „Verflucht, Diefenbaker!“ Der Wolf lag abseits
zu Füßen seines Herren und hob nun den Kopf als würde er den strafenden Blick
auf sich spüren. Schaute ihn an als könnte er kein Wässerchen trüben. „Auf dass
du dir den Magen verdirbst, Gierschlund!“ Doch er hatte so eine Ahnung, dass es
trotz Diefenbakers schlechtem Ruf der Wolf nicht alleine gewesen sein konnte.
Am selben Tisch wie Constable Fraser saß nämlich CI5-Agent Bodie... auf dem
Teller vor sich noch ein letzter, einsamer Brownie wie der letzte Überlebende
nach einer verlustreichen Schlacht. „Klinger... haben wir noch Bug-Out Brownies in der Küche?“
Das überdeutliche Nein brachte sein Weltbild ins
Wanken und er kippte das Glas auf Ex hinunter, der Kohlensäure zum Trotz.
Umgehend bekam er von Klinger ein neues gereicht. „Danke. Wie sieht's sonst mit
den Vorräten aus? Ray? Ray?“ fragte er das vorübereilende Ray-Duo Vecchio und
Kowalski.
Ray Vecchio, absolut umwerfend in schwarzem
Armanizwirn, holte tief Luft und erstattete Bericht: „Genug da. Warmes Essen,
Salate, Nachtisch und auch Getränke. Null Problemo. Nur die Brownies gingen weg
wie warme... nun, warme Brownies halt. Und an der Bar gab's eine kleine
Auseinandersetzung über das Fehlen von Pflaumensaft, aber das ließ sich schnell
beheben“, beruhigte er Trapper und warf seinem Namensvetter einen vernichtenden
Blick zu. „Mr. Raymond *Stanley* Kowalski hier“, er betonte den zweiten
Vornamen mit einer extra Dosis Gift, „schnappte sich *mein* Auto und fuhr zum
nächsten Getränkegroßhandel! Bezahlt mit *meiner* Kreditkarte!“ Es war
deutlich, wie sehr er sein gottgegebenes italienisches Temperament zügeln
musste, um nicht handgreiflich zu werden.
„Weil du sie nie zurückgefordert hast, als du aus dem
Untergrund wieder auftauchtest“, meinte Ray Zwei unschuldig. „Auf jeden Fall
haben wir Worf zufriedengestellt.“
Eines wusste John F.X. McIntyre: mit dem 'War of the
Rays' wollte er nichts zu tun haben! „Gut gemacht“, bedankte er sich. „Ahm,
gut.“ Suchend schaute er sich um. Wo steckte Hawkeye? Im Zweifelsfall in der
Küche. Ohne den Anschein von Eile zu erwecken, begab er sich also nach hinten
und betrat die Küche zu einem gellenden Schrei aus drei Männerkehlen und dem
*Wusch* einer Stichflamme. Instinktiv griff er nach dem Feuerlöscher und sprang
mit einem „Vorsicht!“ am im Jambalaya rührenden Sisko und Suppe würzenden
Neelix vorbei. Wie er um das Regal herumstürzte, war alles, was er in seiner
unmittelbaren Einschäumreichweite sah, ein verkohlter Haufen Asche in einem
Zwei-Meter-Bräter, daneben ein händeringender Malcolm Reed in Galauniform und
seinem Phaser in der Hand.
„Tut mir leid! Oh Gott, es tut mir leid!“ wiederholte
der Starfleetoffizier und blickte Trapper fast verzweifelt entgegen. „Ich hatte
keine Ahnung, dass es dazu kommen könnte. Tut mir leid, Leute, ehrlich!“
Wem galten die Entschuldigungen? Jetzt erst bemerkte
Trapper, dass hinter dem Rollwagen mit dem Bräter zwei Personen kauerten.
Hawkeye...und B.J.. Hawkeye mit den Armen um B.J. Was...?
„Trap!“ Hawkeye hatte ihn erblickt und stand auf, half
einem zitternden B.J. auf die Füße. „Schnell, hol' Dr. Crusher und ihren tollen
Erste Hilfe-Koffer! Feuerlöscher brauchen wir nicht! Es hat B.J. erwischt!“
_Und eine unschuldige
10-Kilo-Fuhre Rippchen._ Der Unfall war rasch erklärt: B.J. hatte gemeint, die Spareribs würden
schneller fertig, wenn Reed den Phaser benutzte, aber der Alkohol, mit dem er
das Fleisch zuvor übergossen hatte, reagierte extremer als sie es vermutet
hatten. Wie sich aber herausstellte, war nichts Schlimmes passiert.
Dennoch
war sich Trapper sicher, ein diebisch-erfreutes Funkeln in Hawkeyes Augen zu
bemerken, während Beverly Crusher routiniert B.J.s oberflächliche Brandwunden
behandelte und nach wenigen Sekunden nichts mehr zu sehen war. Denn einen
*tragischen* Verlust hatten die Flammen gefordert.
B.J.s Schnurrbart.
Crusher und Reed hakten B.J. unter und geleiteten den
verstörten Arzt, der den Tränen nahe war, aus dem Raum. Trapper tat es ihnen gleich,
und Benjamin Siskos dankbare Blicke begleiteten ihn, als er den protestierenden
Hawkeye mit sich zerrte. Das Kreuz, das er mehr als freiwillig trug... „Komm'
jetzt gefälligst mit! Du hast schon Spocks und Uhuras Auftritt verpasst und
Datas Duett mit Commander Tucker – Violine und Mundharmonika, sehr interessant
– du wirst nicht auch noch Rikers Posauneneinlage mit CEW am französischen Horn
versäumen“, bestimmte er resolut. „Zumindest soll das der nächste Programmpunkt
sein... wenn man sie nicht vorher knebelt und draußen an einen Baum bindet, wie
den armen Barden, den die Gallier nicht mitbringen mochten.“
„Da brauche ich vorher einen Drink.“ Hawkeye lachte
hinter vorgehaltener Hand, so dass es niemand sehen konnte. „Lass uns Beej
einen ausgeben, Trap. Der Anlas ist's mehr als wert. Ich habe *Jahre*
gewartet!“
Wenn er
könnte, würde Hawk hüpfen wie ein Gummiball, wusste Trapper und schüttelte
belustigt den Kopf.
„Weißt du, ich hatte schon mal mit der Idee gespielt,
ihm ein Enthaarungsmittel ins Waschwasser zu mischen, nur leider konnte mir
Klinger keines besorgen. Und dann war der Krieg vorbei, und Pegs
Überredungskünste sind noch schlechter als meine.“
Aber die Musik, die spielte, als sie in den Saal
zurückkamen, ließ sie ihre Pläne ändern. Sie vertrösteten B.J. auf später, dann
hielt Hawkeye Trapper den Arm hin. „Tanzen? Sie spielen unser Lied.“
Wer könnte solch einer Aufforderung widerstehen?
„Romantiker.“ Und sie ließen sich von den Klängen von Sinatra und Vic Fontaines
Gesang einlullen.
****Ein Stockwerk
tiefer...****
„HEY! SIE DA!“
Charles Emerson Winchester III erstarrte zur Salzsäule
und wagte kaum den nächsten Atemzug zu tun. „J-j-ja?“ flüsterte er.
Millimeterweise drehte er sich um.
Vor ihm baute sich ein Mann auf, der zwar kleiner war
als er, aber zweifellos bei einem Kampf Mann gegen Mann auch ohne Waffe die
Oberhand hätte. Das Schwert in seiner Hand war somit theoretisch völlig
unnötig. Und die Narbe über seinem Auge machte ihn keinesfalls sympathischer.
„HEY!“ schnauzte er den Arzt an. „Der Teller steht nicht ohne Grund da! Einen
Vierteldollar werden Sie ja wohl noch übrig haben, oder?“
Zitternd wanderte Charles' Rechte in seine
Hosentasche. Da war er hierher geflüchtet, um dem Genius eines gewissen Sam
Beckett zu entgehen – schon nach fünf Minuten Unterhaltung über Medizin und
klassische Musik hatte der Mann einen nie gekannten Minderwertigkeitskomplex in
ihm geweckt – und jetzt das! „H-hier, b-b-bitte“, stammelte er und ließ einen
Fünfer auf den Teller flattern. „Behalten Sie den Rest!
****Zurück im
Festsaal...****
Es war während eines Tangos, dass jemand Hawkeye auf
die Schulter tippte. Inmitten der gefüllten Tanzfläche hielt er inne. „Ja?“ Der
Unterbrecher war Captain Jonathan Archer, an seinem Arm Lieutenant Malcolm
Reed.
Archer lächelte. „Zunächst einmal möchte ich mich für
diese gelungene Feier bedanken, auch im Namen meiner Crew, Dr. Pierce.“
„Ich werde das Kompliment weiterleiten. Schließlich
war es ein Gemeinschaftsprojekt. Ohne die Mithilfe von mindestens vier Dutzend
Leuten hätten wir's nie geschafft – übrigens noch mal vielen Dank an Hoshi...
ist sie hier irgendwo?“ Hawk sah sich um, aber die Menge war wie ein lebender
Organismus, Individuen ließen sich nur schwer ausmachen. „Ihre
Übersetzungsdienste waren erstklassig. Andernfalls hätten wir nur ein Viertel
der Einladungen verschicken können.“
Der Captain gab einen Zweifingersalut. „Eine Hand
wäscht die andere. – Komm, Malcolm, ich will noch mal die Buffet- und Barrunde
machen, bevor Phlox das Bier vernichtet und Counselor Troi den gesamten Spargel
weggeputzt hat.“
„Viel Glück. Mit der Gabel bewaffnet ist sie am
gefährlichsten“, ließ Hawk ihn wissen und verzog das Gesicht, als Xander am
CD-Wechsler ohne Vorwarnung QUEEN einlegte und schlagartig alle Unsterblichen
auf die Tanzfläche stürmten. „Kleine Zwischenfrage, Reed: Müssen wir uns
eigentlich Sorgen um die Nachbarschaft machen? Wegen der lauten Musik, meine
ich...“
Doch die beiden Starfleet-Offiziere winkten ab, Reed
ließ sich sogar zu einem Lachen hinreißen. „Nein, da wird es keine Probleme
geben. Heute nacht haben wir das Gesetz auf unserer Seite. Hier laufen mehr
Regierungsanzüge herum als drei Reinigungen in einer 24-Stunden-Schicht
reinigen könnten.“ Das einzige Problem für sich selbst und Jon sah er in der aufdringlichen
Ex-Dämonin Anya, die ihn schon seit Ankunft wie eine Harpyie beobachtete, weil
sie der Meinung war, einen alten Bekannten namens Mallos vor sich zu haben.
„Spargel, Jon?“
„Wir kommen mit“, entschied Hawk für Trapper mit. Er
musste die Worte brüllen, um über die 'Bohemian Rhapsody' hinweg gehört zu
werden. Was beneidete er Father Mulcahy... der hörte von dem Krach wenigstens
kaum etwas.
****Währenddessen an der
Bar...****
Am Wasserloch war die Situation nicht viel
entspannter, bedingt durch die Anwesenheit eines Frank Burns. Eines Frank
Burns, der B.J. und dem Rest des Universums seinen Unmut über diese Festivität
bekundete, und das alles andere als dezent.
Den paar Wortfetzen nach zu urteilen, die sie
aufschnappten, als sie sich zu B.J. gesellten und ihm einen weiteren Long
Island Ice Tea bestellten, regte sich Frank speziell über die anwesenden Aliens
auf. „Als wären die ganzen Ausländer im Krieg nicht schon genug gewesen! Jetzt
auch noch Leute, die nicht mal von diesem Planeten stammen! Ich kann es nicht
–“
Leises Räuspern unterbrach ihn und er blickte zur Seite, wo T'Pol sich schon seit einer Stunde an einem Glas Mineralwasser festhielt. „Dr. Burns“, argumentierte sie, „ganz streng genommen befinden wir uns nicht auf der Erde, sondern im Cyberspace. Hier sind Nationalitäten völlig ohne Bedeutung.“ Sie griff nach der Karaffe und schenkte sich Wasser nach. Und eine Scheibe Zitrone. Das war schon das ganze Ausmaß ihrer Abenteuerlust.
Als hätte sie nichts gesagt, redete Frank weiter:
„Jajaja, alles wird bedeutungslos. Disziplin, Moral, althergebrachte Werte
werden über Bord geworfen, bloß weil ein paar Leute meinen, alles und jeder
sollte gleichberechtigt sein und gleich behandelt werden.“ Die paar Gläser Wein
hatten ihn vergessen lassen, dass er eigentlich versprochen hatte, sich
zurückzuhalten und seine Schokoladenseite zu zeigen. Er bemerkte nicht einmal,
wie seine alte Flamme Margaret Houlihan sich B.J. für einen Tanz schnappte.
„Und d-d-dann habbebbe ich g-g-esssagt...“, kam eine
Stimme von links, doch niemand war zu sehen. Alle Blicke wanderten daraufhin
eine Etage tiefer.
Hawkeye lachte auf. „Hi, Henry. Auf der Suche nach
deiner Nüchternheit?“ Zu Lebzeiten war Henry der Welt immer zwei Drinks voraus
gewesen und offenbar war er drauf und dran, diesen Vorsprung wieder auszubauen,
bevor dieser Abend vorbei war.
Vom fernen Ende des Tresens ertönte tiefes, kehliges
Lachen, wenn auch nicht direkt spöttisch. Mehrere Klingonen hoben ihre Becher und
einer rief: „Ein guter Mann! Er hatte drei Kelche von dem Blutwein. Jahrgang
2309. Wir haben ihn gewarnt, aber er sagte, er wäre einiges gewohnt.“
Das sah Henry ähnlich. „Er ist nur etwas außer Übung.“
Mit vereinten Kräften halfen sie ihrem ehemaligen und offiziell ziemlich
verstorbenen Kommandanten auf die Füße und verfrachteten ihn auf den nächsten
freien Stuhl – an einem Tisch voller Cardassianer, die ob der Störung etwas
pikiert dreinblickten. Immer wenn er Vertreter dieser Spezies sah, geriet Hawkeye
in Versuchung, ihnen ein starkes Antischuppenshampoo zu verschreiben, aber
vermutlich bekäme er da in mindestens einem Falle Ärger vonseiten eines
geschätzten Kollegen.
„Atti auch“, kommentierte
Trapper und bestellte bei Quark zwei Martinis. Der Ferengi wirkte reichlich
gestresst, ebenso wie seine Mitstreiter Guinan, Igor und Huggy Bear. Joe Dawson
war nur sporadisch hinterm Tresen, wann immer Lorne und Vic ihn entbehren
konnten. „Sie ist schon total fertig, die Arme. Noch länger und wir müssen
nicht nur Lornes Karaoke-Maschine wiederbeleben, sondern auch sie.“ Die Dame
des Abends, seit über einer Stunde ununterbrochen auf der Tanzfläche, sah
wirklich erschöpft aus. Jeder wollte heute Abend mit ihr tanzen und das einzige
Training, was sie in letzter Zeit bekommen hatte, waren seines Wissens nach
japanische Tanzmatten gewesen. Besagte Objekte hatte Hawkeye bei der Planung
vorsorglich in ein Hinterzimmer verbannt. _Das dürfte die Abwesenheit der
zig Animé-Charaktere erklären. Die feiern ihre eigene kleine Party._ „Ahm,
Quark, was ist das?“ Wortlos deutete er auf sein Glas, das gefüllt war mit
einer roten Flüssigkeit, die er außerhalb eines OPs nur sehr ungern sah. „Ich
hatte Martini gesagt.“
Bevor Quark etwas sagen konnte, schob Guinan ihn
beiseite und meinte beschwichtigend: „Nehmen Sie's nicht so schwer, Trapper,
solch einen Auflauf hatte er seit dem Ende des Dominionkrieges nicht mehr
bewerkstelligen müssen. Da verwechselt man schon mal die ein oder andere
Bestellung. Hier“, sie nahm das Glas Blut und stellte stattdessen die
gewünschten Martinis hin, „bitte. Und für dich, Spike, dein AB-negativ.
Körperwarm.“
„Zu freundlich“, grinste der Vampir und wendete sich
wieder seinem ebenfalls britischen und ebenfalls unsterblichen Gesprächspartner
zu. „Also, Methos, wie war das gleich noch um die letzte Jahrhundertwende...?“
Und die beiden Ärzte fragten sich, wie er bloß hier
reinkommen konnte.
„Per Einladung.“
Zwei Köpfe ruckten nach rechts. „Oh. Hallo, Jean.
Amüsiert ihr euch alle gut?“
Die rothaarige Telepathin lehnte sich in den Arm, den
Scott Summers um ihre Taille gelegt hatte, ihr Lächeln strahlend wie eh und je.
„Bestens, Hawkeye, danke. Eine charmante Einladung wie die eure konnten wir
schwerlich ablehnen.“
„Ja“, pflichtete ihr Cyclops bei und rückte sich die
Rubinquarzbrille zurecht. „Wer heute Abend nicht hier ist, hat selber Schuld.“
Jean „Phoenix“ Grey nickte vehement. „Sogar Magneto
ist hier, hab' ich mir sagen lassen. Er ist in der Küche und hilft beim
Abwaschen des Bestecks. Ich werde gleich mal nach hinten gehen und mich um das
Geschirr kümmern. Abwasch mit Telekinese, erledigt in Nullkommanichts.“
Trapper legte nun seinerseits einen Arm um Hawkeye und
sie sahen sich etwas wehmütig an. „Wo waren die bloß, als die US-Army sie
brauchte? Wo sind Bobby? Und Logan?“ wollte Hawk wissen. „Wir wollen uns für
die Eisskulpturen bedanken.“ Es hatten so viele Leute zum Gelingen der Party
beigetragen, es wäre ein Wunder, wenn sie es schafften, sich bei allen
persönlich zu bedanken.
„Logan ist draußen und raucht eine... Bobby dagegen“,
seufzte Jean vielsagend, „versucht, Remy von der Arbeit abzuhalten. Und es
scheint ihm zu gelingen.“ Sie nahm einen Schluck von ihrem Zombie à la Giles
und präzisierte dann die Antwort, die sie schon gegeben hatte: „Die heute anwesenden
Vampire haben alle eine Spezialeinladung, die nur für sie gilt. Der
Ottonormalblutsauger-Schrägstrich-Dämon kommt nicht rein, dafür sorgt Willows
Schutzzauber.“
Hawkeye stürzte den halben Drink in einem Zug hinunter
und meinte nach einem kurzen Husten: „Gut zu wissen. Aber wie... wie gut wirkt
der?“
„Wie, das weißt du gar nicht?“ Fast verschluckte sich
Trapper an seinem Drink. „Du... du... du lädst ein Batallion Dämonen ein und weißt
nicht einmal, ob wir den Abend mit ihnen unbeschadet überleben?“
„Werd' jetzt bitte nicht laut, ja?“, zischte Hawk und
boxte seinem Geliebten in die Rippen.
„Ich werde so laut, wie ich will“, protestierte
Trapper. „Du Chaot!“
„Selber Chaot!“ kam der Gegenprotest. „Der Zauber
*wirkt*, ich habe Giles' persönliche Garantie.“
Aber Trapper war alles andere als überzeugt. „Kam
diese Garantie mit einer Geldsumme für den Schadensfall? So wie bei... uhm...
denen da...“ Er deutete dezent auf einen Mann und eine Frau, die sich soeben zu
Spike und seinem unsterblichen Saufkumpan gesellten. „Hast du gesehen, was die
unter ihren Mänteln haben?“
„Hoffentlich noch andere, anständige Kleidung“,
witzelte Hawk, schon etwas beschwipst, und erntete nun seinerseits einen
Rippenstoß. „Sorry.“
Als sich der Mann, ein gutaussehender Kerl mit dunklen
Haaren in einem Pferdeschwanz, entspannt an die Bar lehnte, blitzte etwas unter
seinem Mantel, nur kurz sichtbar, bevor er den Gürtel zuknotete.
Der kurze Einblick reichte. „Das... sind ziemlich
lange Skalpelle“, murmelte Hawkeye, griff nach Trappers Arm und wich einen
Schritt zurück. „Du hast Recht, Darling. Wie... wie haben die sowas hier
hineinschmuggeln können? Bei all den Sicherheitsvorkehrungen...“
Beruhigend tätschelte Trapper die Hand auf seinem Arm
und steuerte seinen Partner von den Mutanten und dem Grüppchen Unsterblicher
fort in Richtung Buffet. „Ssshh, es gibt keine Aufregung, die ein
staubtrockener Martini und gutes Essen nicht beheben könnten. Und wenn es zu Schnittverletzungen
kommen sollte, hab' ich noch eine Rolle Dreinull-Seide in der Tasche. Und Dr.
Crusher hat sich heute Abend ja schon bewährt, da wird sie sicher noch mehr
Notfälle verkraften.“
„Okay...“ Hawk schien nicht beruhigt.
„Wir verstehen uns also. Außerdem...hast du nicht
gesagt, dass du diesem MacLeod vertraust?“
„Ihm ja“, räumte Hawk zwischen zwei Schlückchen
Martini ein, „er ist das Abziehbild eines Pfadfinders. Nur bei den anderen bin
ich mir nicht so sicher. Charles hat mir vorhin berichtet, dass dieser Kerl mit
der Narbe –“
„Kronos.“
„Exakt. Genau der. Also der Kerl schiebt offenbar
Reinigungsdienst auf der Herrentoilette. Weiß nicht, wer die Schnapsidee hatte,
ihn dafür einzuteilen. Muss Radar gewesen sein, Klinger ist nicht so gutgläubig.
Und die Gewitterhexe, die ich einzig und alleine auf Drängen der Babylon
5-Leute eingeladen habe, tut das Gleiche auf der Damentoilette. Sie müssen
wirklich verzweifelt auf Jobsuche sein. Also“, er unterbrach sich, weil er nun
trotz allem Widerstand dem Lachreiz nachgab, „das nenne ich perfekte
Gerechtigkeit. Wenn auch nicht gerade 'sichere' Gerechtigkeit. – Etwas von Pegs
Pecan Pie? Trip hat tatsächlich noch etwas übrig gelassen.“ Er schnitt zwei
großzügige Stücke ab.
„Es wird zu keinerlei Schwierigkeiten kommen“, mischte
sich von der Seite eine junge Frau mit langen dunklen Haaren ein. Nervös
lächelnd nahm sie die Brille ab. „Der Zauber wird schon wirken, glauben Sie
mir, Willow ist die Beste auf ihrem Gebiet. Und Lorne hat noch den
Caritas-Anti-Gewalt-Zauber obendrauf gesetzt. Und falls das auch nicht wirkt“,
sie schenkte sich ein Glas Bowle ein und prostete den beiden Ärzten zu, „so hat
Joe – das ist Lornes neuer Freund und Mitmusiker, da auf der Bühne neben Giles
– uns versichert, dass Unsterbliche auf heiligem Boden nicht kämpfen.“
Trapper und Hawk wechselten, wie schon so oft an
diesem Abend, skeptische Blicke. „Heiliger Boden?“ kam es gleichzeitig über
ihre Lippen.
„Hier läuft irgendwo ein fast tauber Priester rum und
der hat sich um das Problem gekümmert. Oh, mein Tanzpartner vermisst mich.“ Sie
entschuldigte sich mit einem weiteren scheuen Lächeln. „Nett, Sie kennen
zulernen. Tolle Party. Ich bin übrigens Fred. Von Angel Investigations. Bye.
Ich komme schon, Charles.“
Nicht Winchester war gemeint, wie sie sehen konnten,
sondern ein junger, farbiger Mann, der Fred – Fred? Komischer Name für eine
Frau – wie eine Feder übers Parkett wirbelte.
Wenigstens waren die Gäste und der Ehrengast sorglos
und hatten Spaß, es reichte, wenn zwei Leute graue Haare bekamen.
Gemächlich leerten sie ihre Gläser und Teller,
beobachteten die Tänzer und mussten feststellen, dass die Glorreichen Sieben
ihrem Namen beim Tanzen alle Ehre machten, und David Starsky sowie die drei
Rays – Vecchio, Kowalski und Doyle – gerade eine Pause vom Kellnern nahmen, um
diesen Cha-Cha-Cha mit ihren Partnern zu tanzen. Im Falle des Mounties etwas
problematisch, Kowalski musste mit Inspector Thatcher Vorlieb nehmen.
Doch
schon nach drei Songs kam die nächste unerwartete Pause. Radar am Schlagzeug
hielt abrupt inne und schaute wie ein lauschender Hund in die Luft. „Uh-oh...“
Er kassierte einen irritierten Seitenblick von Lorne. „Sorry...“
„Was ist los, Kleiner?“ Der grünhäutige Dämon lehnte
sich auf Sichthöhe zu ihm herab. „Aufhören ist okay, aber mitten in der
Nummer—“
Radar war aber bereits auf den Füßen und brüllte quer
durch den Saal, offenbar in der Hoffnung, dass sich jemand verantwortlich
fühlte und reagierte: „Polizeisirenen! Werden in zwei Minuten hier sein!“
Missmutig stellte Hawkeye sein Glas ab. „Klasse. Wie
war das mit 'keine Sorge wegen Lärm'? Such' mal jemand die FBI-Agenten, Scully,
Mulder, Malone, egal wen, wir bekommen Probleme.“
****Derweil woanders im
Raum...****
Abseits von der Tanzfläche befand sich die „Ruhezone“,
wenn man sie als solche bezeichnen konnte. Sie war vom Rest durch eine
unsichtbare, weil magische, Lärmschutzbarriere abgeschirmt, und hier konnten
sich tanzmüde Gäste in Sessel und Sofas fallen lassen und ihren Füßen eine
Pause gönnen. Gut ein Dutzend Personen nutzte dieses Angebot mit
offensichtlicher Dankbarkeit.
„Wunderbar“, seufzte Margaret Houlihan und entspannte
sich unter Alex Kryceks starken Fingern. „Das ist wirklich ein Rundum-Service. Kellner,
die obendrein massieren können. Zudem noch einhändig.“
Alex lächelte verständnisvoll. „Dafür sind wir hier.
Kathryn, noch einen Kaffee?“
Janeway nickte. „Gerne, Alex.“
„Kommt gleich. Margaret, würde es Ihnen etwas
ausmachen, Ihre Haare etwas zur Seite zu halten? Ich habe nur fünf Finger...“
„Ich hab' auch mal so eine Frisur gehabt wie Sie“,
murmelte Janeway abwesend und schloss die Augen. „Irgendwann verglich mich die
gesamte Crew mit Katherine Hepburn, selbst Tuvok, das wurde extrem peinlich, also
änderte ich sie. Würde Ihnen auch besser stehen, glauben Sie mir.“
„Hm-hm.“
Margaret neigte den Kopf zur Seite und fragte die beiden älteren Männer auf dem
Zweisitzer, die gemütlich ihren Brandy nippten: „Teilen Sie Captain Janeways
Meinung? Doktor? Mr. Holmes?“
*********
****Vier Stunden und etliche
Drinks und Tänze später...****
Müde schleppte sich Hawkeye nach einer Rumba mit Atti
zur Bar und sank gegen das wunderbar stabile Holz. Die letzten Wochen und vor
allem die letzten vierundzwanzig Stunden forderten ihren Tribut. „Hey, Sidney“,
begrüßte er den Psychiater, der mit einem unangerührten Cocktail vor sich auf
dem Barhocker hing wie der sprichwörtliche Schluck Wasser in der Kurve.
„Amüsierst du dich?“
„Ich hatte eben das interessanteste Gespräch...“ Nach
kurzer Überlegung berichtigte sich Sidney: „Nein, ich habe eben Schiedsrichter
bei einer höchst... ungewöhnlichen Diskussion geführt. Und anschließend
entschieden, dass ich den hier brauche.“ Er deutete auf sein Glas. „Sex On the Beach. Nie wieder eine Debatte zwischen Q, Gandalf und
Professor Xavier. Prost.“
„Prost.“ Mit einem Fingerzeig bedeutete er Huggy, ihm
bitte dasselbe zu bringen. „Und ansonsten?“
„Oh, ich habe Flagg hier irgendwo rumschleichen
sehen.“
Davon war Hawk nicht sonderlich überrascht. Im
Gegenteil. „Hätte auch mich gewundert, wenn nicht. Bei all den hier vertretenen
Geheimdiensten fällt einer mehr nicht auf, selbst wenn es jemand mit einem so
weichen Keks wie Flagg ist.“ Auf den Stuhl neben ihm krabbelte ein sehr
zerrupft aussehender Radar. „Ja?“
Ohne etwas gesagt zu haben, bekam Radar von Guinan den
Grapefruitsaft hingestellt. Doch war er fast schon zu müde, den Strohhalm
überhaupt in den Mund zu stecken. „Wollte nur sagen, Hawkeye, dass es in Kürze
hell wird. Die Vampire müssen gehen – Hawke fliegt sie mit dem Airwolf zurück
nach Sunnydale und L.A. – die Jungs aus dem ER haben Frühdienst, die VCTF muss
zu einem Serienmord nach Texas... und der Konvergenzzauber, der die
Überschneidung aller Fandoms ermöglicht –“
„—verfällt bei Tagesanbruch, ich weiß.“ Ihnen blieb
nicht mehr viel Zeit. Ein letzter Tanz, ein letztes Lied. „Sag' Vic Bescheid.
Wir kommen zum Finish.“ Er winkte Trapper zu sich; um keinen Preis wollte er
allein singen.
So kam es, dass Atti, Archivarin des Fanfiction
Paradies, dessen dreijähriges Jubiläum gefeiert wurde, sich im nächsten Moment
auf der Bühne wiederfand. Dort stand sie nun, mit einem Mal wieder hellwach, im
Spotlight und blickte hinunter auf eine Menge dankbarer Gäste, die ihr den ihr
gebührenden Applaus zollten. Hunderte von Charakteren, seien sie aus Fleisch
und Blut, Metall, Photonen oder Tinte und Bleistift, mochten sie auf zwei
Beinen wandeln oder vier (oder Flossen haben)... und alle klatschten.
„Ladies und Gentlemen“, verkündete Vic ohne
Umschweife. Er brauchte kein Mikrofon, seine Stimme war immer so laut wie
nötig. „Für Atti und das Archiv. Wir gratulieren ihr zu einer reifen Leistung. A-one, a-two,
a-three...“
Der gesamte Saal schaffte den korrekten Einsatz. „For she's a jolly
good fellow, for she's a jolly good fellow, for she's a jolly good fe-el-low...
which nobody can't deny. Which nobody can't deny. Which nobody can't deny...“
Und weil es so gut klang, wiederholten sie das Lied
ganze fünf Mal.
Niemand schien zu bemerken, dass bereits nach den
ersten zwei Takten ein grünhäutiger, gehörnter Dämon aus Pylea in stiller
Agonie neben der Bühne zusammengebrochen war.
Er wurde erst beim Aufräumen gefunden und per
Nachnahme nach Los Angeles geschickt.
******
Genüsslich räkelte sich Hawkeye auf dem Badetuch am
Seeufer und ließ sich von Trapper den Rücken mit Sonnenöl einreiben. „Weißt
du“, brachte er die Sprache auf die Party, die nun schon eine Woche hinter
ihnen lag, „ich habe heute eine Mail von Birgitt bekommen.“
„Ach?“ Langsam kreisten die Hände über seine
Schulterblätter.
„Sie übermittelt Attis Dank und Begeisterung und so
weiter und so fort.“
Trapper kicherte. „Und nebenbei auch Attis Kater...“
„Ja, den gab's gratis als Attachment. Aber wir haben unterm
Strich exzellente Arbeit geleistet.“
„Das freut einen doch zu hören. – Streck' die Arme mal
etwas aus, ich komm' sonst nicht ran... danke.“
„Und“, fuhr Hawkeye fort, „einen Anruf von Klinger
habe ich auch bekommen.“
Die Bewegungen von Trappers Händen stoppten. „Sag's
nicht. Die Rechnung...“
„Yup.“
Schluss mit dem Einölen. Wie ein gefällter Baum sank
Trapper neben ihm nieder und stöhnte leise: „Wie schlimm ist es?“
„Verdammt schlimm“, meinte Hawk wahrheitsgemäß.
„Fünfstellig?“
„Sechsstellig.“
„Okay, das heißt, wir verkaufen ein Auto und nehmen
eine zweite Hypothek auf das Haus auf. Au!“ beschwerte er sich, denn Hawkeye
hatte ihn soeben mit dem Handtuch geschlagen. „Wofür war das denn?“
„Du sollst still sein und mich ausreden lassen!“ Hawk
drehte sich auf die Seite und schob die Sonnenbrille auf die Stirn, um Trapper
sein Strahlen ganz zeigen zu können. „Ich wollte gerade zum *ABER* ansetzen.“
Hawkeye hatte diesen gewissen Unterton... „Na, komm'
schon“, drängte er, „spuck's aus!“
„Aaaaaaaalso...“ Jetzt, wo er Trap am Haken hatte,
liebte er es, ihn zappeln zu lassen. „Also, Klinger und Radar haben alle ihre
Kontakte spielen lassen...und so weiter und so fort...es hat sie einiges an
Zeit gekostet, aber...“
„Aber *WAS*?“ Fast schrie Trapper es; einige Vögel
fühlten sich schon gestört und ergriffen die Flucht.
„Auf dem Umweg über einige Bekannte aus Sidneys
Branche gerieten sie an einen gewissen H.M. Murdock, der sie an einen Kerl
namens Templeton Peck verwies...beide sind sie Mitglieder des berühmt-berüchtigten
A-Teams.“
„Schon mal was von läuten hören“, brummte Trapper.
„Weiter.“
„Nun, dieser Peck und seine Freunde waren wohl auch
auf der Party – als Mitglieder des Kontingents 'Diverse Serien' –“
„Kein Wunder, dass ich mich nicht an sie erinnere.“
„Unterbrich mich nicht ständig! Wie gesagt, sie waren
auch da, hatten viel Spaß, und deshalb“, jetzt kam er zum wichtigen Teil und
streute die bedeutsame Pause ein, „hat Peck, ein ausgebuffter Filou, der Radar
und Klinger, dem alten Kameldieb, jederzeit das Wasser reichen kann,
rumtelefoniert, Rechnungen frisiert, Gefallen eingefordert, mindestens ein
Dutzend Lieferanten und Subunternehmer beschwindelt... mit dem Ergebnis, dass
wir nicht nur *keine* ausstehende Summe von sechs Stellen haben, sondern bei
dem ganzen Zirkus auch noch mit einem kleinen Plus weggekommen sind.“
Trapper blieb der Mund offen stehen. Wow. „Wie klein?“
„Für Peck und Klinger je zwei Boxen kubanischer
Zigarren, für Radar ein neues Auto und für uns“, er grinste, „die Eismaschine,
die du unbedingt haben wolltest.“
„Was?“
„Hah, reingelegt. Ich meinte natürlich, einen
Toaster.“
„Bitte?“
„Rasenmäher?!“
„Hawk!“
„Deluxe-Bügeleisen?! Trapper, nicht kitzeln, bitte –
Hilfeeee!“
„Nicht bevor ich nicht die Wahrheit erfahre!“
Die Wahrheit war eine zweiwöchige Kreuzfahrt San
Francisco nach Alaska und zurück, doch damit rückte Hawkeye erst nach über
einer Stunde 'qualvoller Folter' heraus.
FINIS – bis zum nächsten Jubiläum!!!