Titel: Bills Vater
Autor: Myra
Fandom: Kill Bill 2
Typ/Kategorie: Drama
Charaktere: Ablauf und alle Personen sind vollständig
aus dem Film
entnommen. Der mögliche Hintergrund stammt von mir.
Zusammenfassung: In Kill Bill 1 wurde Beatrix kurz vor
ihrer Hochzeit von
Bill und seinen Killerinnen angeschossen. Nach einem
langen Koma wacht sie
wieder auf und rächt sich blutig. In Kill Bill 2 wird
der Hintergrund
erklärt. Beatrix wollte Bill, ihren Boss, ehemaligen
Liebhaber und Vater
ihres Kindes verlassen. Am Schluss bleibt ihr nur noch
die erneute
Konfrontation mit ihm. Um seinen Aufenthaltsort zu
erfahren, sucht sie
seinen Ziehvater auf.
Disclaimer: Alle Charaktere und sämtliche Rechte
gehören vermutlich Buena
Vista, Tarantino und wer weiß, wem sonst noch, jedenfalls
nicht mir.
Beta:
Lady Charena, REV
Bills
Vater
Botanero Cochon stand auf der weiß getünchten Mauer
und eine grelle Sonne drang in jede Pore des billigen Bretterverschlags. Unter
einer mit Palmenblättern abgedeckten Veranda sassen ein alter Mann und eine
Reihe junger Frauen und warteten auf neue Gäste.
Der Zuhälter - und heimliche Anführer der Acuna Boys,
die die gleichnamige mexikanische Stadt terrorisierten - war ein reicher Mann.
Aber nach seiner Theorie würde zuviel offen gezeigter Luxus die arme, männliche
Kundschaft nur verwirren.
Es geht ihm letztendlich auch nicht um das Geld,
dachte Clarita und zog ihr etwas zu kurzes Ringel T-Shirt über den Bauchnabel.
Wenige Sekunden später lag der flache Bauch jedoch wieder frei.
Er liebt es, in dieser Kaschemme Hof zu halten und uns
bei der Arbeit zu beobachten. Deswegen ist er auch nicht in seiner Villa in
Acuna, spann das - vom reichlichen Biergenuss schon etwas betrunken gewordene -
junge Mädchen, weiter ihre Gedanken aus. Die anderen Frauen lassen sich wie
dämliche Schafe alles gefallen, verdammt noch mal, aber ich kann das einfach
nicht und deshalb hat er mich auch vorhin in das Gesicht geschlagen, haderte
sie mit ihrem Schicksal. Das ist es doch, was er liebt: Angst verbreiten und
Macht über andere zu besitzen - sei es bei seinen Schlägern, oder bei uns
Frauen.
"Verrecken soll er!", fluchte sie leise vor
sich hin und zerquetschte mit einem grimmigen Lächeln eine Mosquito, die es
sich gerade auf ihrem Arm gemütlich machen wollte.
"Wisch dir mal das Gesicht, Kleine! Da läuft Blut
von deinen Lippen!", rief die schon etwas in die Jahre gekommene Maria von
der windschiefen Tür herüber. Sie wollte gerade Wäsche aufhängen.
"Scheiß drauf, jeder kann sehen, was er mit mir
gemacht hat", schimpfte Clarita laut. Trotz ihrer selbstbewussten Worte
sah sie sich dennoch schnell um. Aber der alte Mann saß wieder friedlich auf
der Veranda in seinem Stuhl und las in diesem verdammten, chinesischen Buch. Weiß
der Teufel, was er daran fand.
"Du hast selber Schuld, hättest nicht drohen
sollen abzuhauen." Maria stemmte den Korb tief auf ihre Hüfte und beugte
sich plötzlich weit vor. "Was kommt denn da an? Ein hellblaues Coupé? In
dieser Gegend?"
"Wirklich?" Der Ringelpulli rutschte noch
etwas höher, als sich Clarita ein neues, lauwarmes Bier aus der Kiste schnappte.
Die zwei anderen am Tisch dösenden Frauen hoben ihre Köpfe in Richtung Straße.
"Dann kommt ja endlich mal wieder Leben in die
Bude", rief eine der Beiden.
"Eine Gringa, eine blonde Gringa sitzt drin, mit
Sonnenbrille!", staunte Maria laut. "Und sitzt in einem eigenen
Auto."
"Hör' schon auf, die sind doch alle gleich. Der
Kerl, dem sie gehört, hat nur etwas mehr Sinn für Stil, das ist der einzige
Unterschied", entschied Clarita sofort.
"Nicht mein Jose." Maria bekam plötzlich
feuchte Augen. "Mein Jose ist anders." Aber als die anderen Frauen
nur hämisch lachten, zog sie sich beleidigt zurück.
Dann stoppte das Coupé vor der in der Gegend weit und
breit einzigen Bar und die sehr stolz wirkende, amerikanische Besucherin betrat
die Veranda. Von einem Moment auf den anderen wurde es still in der Hütte. Nur
noch das tiefe Brummen eines altersschwachen und überdimensionalen Kühlschranks
war zu hören.
Clarita peilte heimlich den alten Mann an und wenn sie
nicht schon ihr halbes Leben in seiner verfluchten Nähe gesessen hätte, wäre es
ihr auch nicht aufgefallen: Er hatte auf diese Frau gewartet, auch wenn er sehr
erfolgreich gelangweilte Gleichgültigkeit ausstrahlte. Sie schob sich tiefer in
den billigen, weißen Plastikstuhl und tat so, als würde sie die Vollzähligkeit
der an Schnüren unter dem Dach hängenden Glitzerlämpchen prüfen.
Dann sprach die in teures, schwarzes Leder gekleidete
Gringa den inzwischen eisgrau gewordenen Zuhälter an.
"Nur unter der Bedingung, dass sie mich Esteban
nennen", antwortete dieser charmant der Ausländerin.
Diese Masche wieder, dachte Clarita abschätzig und
machte eine Grimasse dazu. Die anderen Frauen am Tisch grinsten breit, aber
rührten sich ansonsten mit keinem Mucks.
Clarita hörte den Beiden wieder zu und dann kam der
Satz von Esteban: "Sie müssen Beatrix sein!"
Alle Frauen im Raum starrten sich plötzlich an. Jede
hatte schon davon gehört. Beatrix, das war die Braut auf dem Rachefeldzug, die
alle diejenigen niedermetzelte, die ihr damals die Hochzeit versaut hatten.
Arme Gringa, dachte Clarita. Wer weiß, was ich gemacht hätte, wenn mir das passiert
wäre.
"Wo ist Bill?" Die Frage der Blonden
enthielt eine kaum verhüllte Drohung.
Bill ist der Typ, der diese Braut damals beinahe
umgebracht hatte, wusste Clarita sofort.
Bill, das war aber auch Estebans Ziehsohn. Der
Gangster liebte ihn mehr als seine eigenen Kinder. Alles was dieser Gringo
gelernt hatte, war auf Estebans Mist gewachsen. Einschließlich sein Umgang mit
Frauen. Ganz besonders sein Umgang mit Frauen. Bill war eine falsche Schlange,
tat gelehrt, aber war tödlich wie eine Mamba. So sah sie es wenigstens.
Und diese Gringa suchte wirklich diesen Typen? War die
lebensmüde? Wunderte sich Clarita.
Dann kam Estebans übliches Gesülze: Sie wäre seine
ganz besondere Favoritin in seinem Geschäft, wenn sie nur wollte usw. Esteban
wollte die Gringa damit demütigen. Aber sie spielt mit ihm, dachte Clarita, tief
von ihr beeindruckt.
"Ich hätte dir an Bills Stelle nur das Gesicht
aufgeschlitzt", hörte sie wenig später den alten Mann mit den harten Augen
reden, als würde er ein ganz besonderes Kochrezept verraten. Und das hieß in
Wirklichkeit: Selber Schuld, dass du meinen Jungen verlassen und diesen
erbärmlichen culo heiraten wolltest.
Aber auch darauf reagierte die Gringa nicht.
Plötzlich forderte der alte Mann Drinks, rief laut
nach Clarita und machte dabei obszöne Kussgeräusche. Das war etwas, dass die
junge Mexikanerin mehr verabscheute, mehr als alles andere. Esteban wollte
jetzt seinen Besitz vorführen. Sie verfluchte sich jetzt dafür nicht doch noch
schnell das Blut abgewischt zu haben. So war sie jetzt die beste Bestätigung zu
dem, was er gerade zu der Gringa gesagt hatte. Verdammte Scheiße, ich soll ihr
mit meinen geprügeltem Gesicht Angst machen.
"Schon unterwegs", konnte Clarita sich
gerade noch herauspressen. Widerstrebend stand sie auf. Okay, wenn er es so
haben wollte.
Die Gringa machte große Augen, als sie das viele Blut
auf Claritas Lippen sah und wie Esteban ihr so scheinbar unschuldig und
zuvorkommend ein Tuch zum abputzen reichte. Aber die Gringa, ließ sich auch
jetzt nichts von ihren Gefühlen anmerken. Erneut fragte sie nach Bill. Als wenn
nichts gewesen wäre.
Sie war definitiv durch nichts von ihrer Mission
abzuschrecken. Dachte nur an ihr Ziel. Wirklich verdammt tough. Würde sie
tatsächlich versuchen, Estebans Meisterschüler zur Strecke zu bringen? Könnte
sie es schaffen, endlich einem dieser Mistkerle das zu geben, was er verdiente?
Wochenlang und nachdem die blonde Gringa schon längst
wieder verschwunden war, redeten die Frauen des alten, mexikanischen Zuhälters
immer noch darüber. Es hatte sich seitdem etwas verändert, auch wenn sie es
nicht genau benennen konnten. Die Gringa hatte ihnen gezeigt, dass es ein
anderes Leben gab.
Maria meinte zwar, sie hätte auch das gewisse Extra
gehabt, das ihnen allen fehlen würde. Aber, na ja, eins wusste Clarita
jedenfalls, die Gringa hatte aus welchen Gründen auch immer, von dieser Schlange
Bill weggewollt und hatte deshalb niemals aufgeben, um ihre Freiheit zu
kämpfen.
Vielleicht sollte sie selbst endlich in ihre Heimat zurückzukehren,
raus aus diesem Rattenloch, wo eine Frau nichts war und ein Mann alles. Wenn
diese Gringa es konnte, warum es nicht noch mal versuchen. Für immer abhauen
und dann ein neues Leben aufbauen. ¡Madre mía! Was hatte sie schon zu verlieren.
Ende