Titel: Kalte Pizza und heiße Dates
Autor: Lady Charena (Juli/August 2014)
Fandom: The A-Team
Episode: ---
Wörter: 5622
Charaktere: John Hannibal Smith, HM Murdock, Templeton
Peck, BA Baracus, OC
Pairing: Face/Murdock einseitig
Rating: AU, slash, pg
Beta: T’Len
Summe: Nach einer erfolgreich verlaufenen Mission steht ein wenig Erholung für
das A-Team auf dem Plan. Face versucht das angespannte Verhältnis zu Murdock zu
ergründen. (Fortsetzung zu: „Everybody loves the Quarterback“)
Disclaimer: Die Rechte der in dieser Fan-Story verwendeten geschützten Namen
und Figuren liegen bei den jeweiligen Inhabern. Eine Kennzeichnung unterbleibt
nicht in der Absicht, damit Geld zu verdienen oder diese Inhaberrechte zu
verletzen.
„Pizza? Zum Frühstück?“ Face rümpfte die Nase, als er in die lichtdurchflutete
Küche seines neuen Strandhauses – pardon, seines neuen geborgten Strandhauses –
trat.
Die aufgehende Sonne, reflektiert vom Wasser, bohrte winzige Pfeile in seine
Schläfen. Der Ausblick war großartig und machte das Grundstück wertvoll, aber
wer wollte schon jeden Morgen aufstehen und noch vor dem ersten Schluck Kaffee
nach der Sonnenbrille greifen müssen? Was sprach gegen ein paar nette
Jalousien… Ein Wunder, dass BA noch keine montiert hatte. Mit Schießscharten…
„Kalte Pizza“, kam es durch einen Mund voll der selbigen von Murdock, der mit
untergeschlagenen Beinen auf der Frühstücksbar saß und versuchte, gleichzeitig
seine Pizza und einen Teil der Morgenzeitung auf den Oberschenkeln zu
balancieren. Er grinste als er Face’ ansah, leckte Tomatensoße aus dem
Mundwinkel und hielt das angebissene Pizzastück in Richtung seines Freundes.
„Mal beißen? Peperoni und Pilze.“
Face schnitt eine Grimasse als hätte man ihm stattdessen die letzte Zigarette
vor seiner Exekution angeboten – wieder einmal - wurde trotz seiner sorgfältig
gepflegten Sonnenbräune ein wenig grünlich um die Nase und hielt abwehrend eine
Hand hoch.
„Woher hast du die bloß?“, fragte er, Türen öffnend und schließend,
stirnrunzelnd die Vorräte in den Regalen und Hängeschränken betrachtend. Wo zum
Geier war noch mal der Kaffee? Er hätte es wirklich nicht dem Piloten
überlassen sollen, gestern die Einkäufe zu verstauen. Murdocks System war… eben
ein Murdocksches System und daher für
Nicht-Eingeweihte schwierig zu durchschauen.
Nachdem Hannibal das
Haus gesehen hatte – und es wie schon so oft zuvor einfach zum
Team-Hauptquartier erklärte – natürlich ohne ihn zu fragen! – schickte er sie
Proviant für eine Woche einkaufen. Das hieß, ihn und Murdock.
Der Colonel verzog sich währenddessen mit seinen
Zigarren und einem Stapel alter Zeitungen, die sich auf der Veranda angesammelt
hatten so lange der Besitzer des Hauses im Urlaub war, in einen Liegestuhl an strategischer
Stelle, sowohl mit Blick auf die Straße als auch zum Strand.
BA war knurrend in den Schatten (wo der Autolack nicht
in der Sonne ausbleichen konnte) auf der gegenüberliegenden Seite des Hauses
verschwunden. Mit dem Werkzeugkasten zur Hand hätschelte er dort den Van, der
unter eine Plane steckte um ihn auch vor der salzhaltigen Luft zu schützen, wie
ein krankes Baby. Die paar Kratzer waren kein Weltuntergang. Und er hatte
höchstens ein oder zwei Einschusslöcher in den hinteren Türen davongetragen.
Wenn sie an seiner Corvette gewesen wären, dann wäre das etwas anderes. Die
Corvette war ein elegantes Kunstwerk. Der Van war im Vergleich dazu wie ein
Brauereipferd neben einem arabischen Vollblut. Ein Arbeitstier eben, das schon
ein paar Schrammen wegstecken konnte. Um seiner Zahnkronen willen behielt Face
diese Meinung natürlich für sich.
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Sie hatten die Mission ohne Verluste hinter sich
gebracht, einen Erpresser aus dem Verkehr gezogen, einen dankbaren – und
zahlungsfähigen – Klienten im Kreise seiner ebenso dankbaren Familie
(Dreiundzwanzigjährige Zwillinge mit einer Kette an gewonnen
Schönheitswettbewerben und den dazu gehörigen Krönchen! Und der Colonel
beorderte ihn aus dem Restaurant bevor sie den Aperitif für ihr Dinner zu Dritt
gewählt hatten!) zurückgelassen, nur um dann in eine Routine-Straßenkontrolle
der Highwaypatrol zu geraten. Einer der Polizisten
erkannte BA von dem Fahndungsplakat und löste Alarm aus. BA hatte Vollgas
gegeben, ein paar hölzerne Straßensperren durchbrochen und als sich die
Streifenwagen der Highwaypatrol an ihre Verfolgung
machten, waren sie bereits in einer Staubwolke in Richtung Los Angeles
verschwunden.
Anstatt für ein paar Stunden Schlaf in irgendeinem
Motel anzuhalten, waren sie die ganze Nacht über durchgefahren, denn es stand
zu erwarten, dass die Highwaypatrol den Zwischenfall
an die Militärpolizei und Decker weiter meldete und zur Abwechslung bestand
Hannibal mal nicht darauf, an Ort und Stelle zu bleiben, nur um Decker ins
Gesicht lachen zu können, wenn der wieder zu spät
ankam.
Murdocks Geplapper über das Buch, das er schrieb oder
zu schreiben plante – mit dem Titel „Die Abenteuer von Penny und Sky King“ –
bildete ein angenehmes Hintergrundrauschen zu seinen Träumereien über Nadine
und Lorraine, den beiden Schönheitsköniginnen, mit denen er fast ein Date
gehabt hätte…
Zumindest bis BA, bei dem ein klein wenig die Nerven
blank lagen (das war immer so nach Verfolgungsjagden mit Beschädigungen des
Vans) ankündigte, den Piloten aufs Dach zu binden, wenn er nicht sofort die
Klappe halte.
Er verabschiedete sich von Nadine und Lorraine und
wandte sich Murdock zu, um ihn auf ein unverfänglicheres Thema zu bringen.
Vielleicht konnte er nach Billy fragen, aber BA war auch auf unsichtbare Hunde
nicht gut zu sprechen…
Face vergaß jedoch Billy völlig, als er den Sitz in
Richtung des anderen Mannes drehte und den miserablen Ausdruck in Murdocks
Gesicht sah, seine braunen Augen leer, weit weg und riesig mit irgendeinem
namenlosen, erinnerten Horror.
„Murdock?“ Der Pilot schien ihn nicht zu hören,
zumindest reagierte er nicht auf seine Stimme. Face stand auf und legte
vorsichtig die Hand auf Murdocks Schulter, schüttelte ihn leicht. „Hey,
Murdock? Alles in Ordnung? Komm schon, BA hat das nicht ernst gemeint“, sagte
er, obwohl er sich sicher war, dass Murdocks Schockstarre nichts mit BAs
Drohungen, ihn bei voller Fahrt an die frische Luft zu befördern, zu tun hatte.
Wenn er nur wüsste, an was Murdock dachte… aber „Penny
und Sky King“ sagten ihm nichts, selbst wenn sie nicht nur der Fantasie des
Piloten entsprangen… Moment. Amy. Er hatte sie davon sprechen hören, aufgeregt,
übersprudelnd, weil es sich um ihren ersten Fallschirmsprung gehandelt hatte.
Amy in… Borneo. Face verzog das Gesicht. Na großartig. Das gehörte nun wirklich
auch nicht gerade zu seinen liebsten Erinnerungen. Und wären Murdock und Amy
damals nicht im richtigen Moment aufgetaucht, säße er jetzt mit ziemlicher
Wahrscheinlichkeit nicht hier, um sich Gedanken darüber zu machen. Jetzt wusste
er es wieder. Penny und Sky King, so hatte Murdock sich und Amy im Flugzeug
genannt. Aber das war ewig her, warum kam er gerade jetzt darauf?
Ein Zittern lief durch den Körper des Piloten, dann
setzte sich Murdock abrupt aufrecht hin und schnappte nach Luft, als würde er
nach langer Zeit unter Wasser wieder auftauchen. Face drückte seine Schulter.
Die braunen Augen füllten sich mit Leben und als Murdock den Kopf drehte und
die Wange gegen seinen Handrücken presste, war er zurück im Hier und Jetzt.
Nun, so weit wie Murdock das eben je war.
„Hey, Kumpel, wir haben uns einen Moment lang Sorgen
gemacht.“ Face spürte den Blick des Colonels im Rücken.
Ohne sich umzudrehen, wusste er dass
Hannibal sie beobachtete, eine kalte Zigarre zwischen den Zähnen, die Augen
ruhig, wachsam und ohne jeden Hinweis darauf, was hinter seiner Stirn vorging.
Er war sich ständig bewusst, dass Hannibal ihn unter Beobachtung hatte – und
war überzeugt, dass der Wille des älteren Mannes manchmal das einzige schien,
dass ihn am Leben hielt – aber in den letzten Tagen, seit sie diesen Job
angenommen hatten, mehr als sonst. Und es war ihm auch nicht entgangen, dass
Hannibal ein gleich wachsames Auge auf Murdock hielt. Aber er mischte sich
nicht ein, überließ es ihm, selbst heraus zu finden, was in dem Piloten
vorging.
„Sie haben dich fast erschossen“, sagte Murdock leise,
vollkommen tonlos und immer noch mit diesen weiten, dunklen Augen. In der
gedämpften Innenbeleuchtung sah es so aus als hätte er keine Pupillen, als
wären seine Augen große, schwarze Murmeln. Dann blinzelte Murdock ein paar Mal
und der Eindruck verschwand.
„Aber nur fast“, erwiderte Face mit einer
Leichtherzigkeit, die er nicht empfand. „Du und Amy, ihr seid genau im
richtigen Moment aufgetaucht.“ Er lächelte. „Sollten wir jemals wieder in so
eine Situation kommen, bestehe ich darauf, dass du den Plan machst, und nicht
Hannibal, okay?“
„Ich dachte, meine Pläne sind verrückt“, murmelte der
Pilot. Er schien zu bemerken, dass er Face’ Hand zwischen seiner Schulter und
seiner Wange einquetschte und hob den Kopf, lehnte sich gegen die Nackenstütze
zurück.
„Manchmal sind Hannibals verrückter.“ Face ließ seine
Hand, wo sie war. Vielleicht um zu verhindern, dass Murdock wieder weg glitt.
Möglicherweise um sicher zu sein, dass er es nicht selbst tat. Nicht seine
erste Beinahe-Hinrichtung, aber er hoffte sehr, dass es die letzte gewesen war.
Vom Vordersitz kam ein amüsiertes Schnauben – nicht,
dass Hannibal nicht der Erste war, der ihm da zustimmte…
Dann wechselte er das Thema. „Habe ich euch schon
erzählt, was neulich passiert ist, als ich in diesem todschicken Restaurant
war, um…“
Wenig später nahm BA eine Ausfahrt und steuerte eine
Tankstelle an. Er stieg aus und tätschelte den Van wie beruhigend, während er
den Tank füllte.
Hannibal wechselte einen Blick mit ihm und Face zog
Murdock hinter sich her, um für alle Kaffee – beziehungsweise Milch für BA – zu
holen. Der Pilot lieferte einen Kaffeebecher beim Colonel ab, stellte den
Milchkarton für BA auf dem Fahrersitz ab und verschwand hinter dem Van, um BA
zu nerven, der grimmig die Einschusslöcher betrachtete.
Als Face die Rechnung bezahlt hatte, balancierte er
zwei weitere Kaffeebecher auf einem Pappkarton mit Donuts zum Wagen und stellte
alles auf dem leeren Sitz neben seinem ab, um eine kleine Flasche mit Pipette
aus einer der Ausrüstungsboxen zu holen. Vorsichtig ließ er zwei Tropfen einer
klaren Flüssigkeit in einen der beiden Kaffeebecher fallen und verstaute das
Fläschchen wieder.
BA scheuchte den Piloten wie einen ungezogenen Welpen
vor sich her und Murdock hechtete durch die offene Türe des Vans als wäre ihm ein Rudel hungriger Wölfe auf den Fersen. Er stieß Face
an, was dazu führte, dass er sich fast den heißen Kaffee übers Hemd schüttete
und kauerte sich hinter den Sitz.
„BA hat versucht meine Nase zum Stopfen eines der
Löcher in der hinteren Tür zu verwenden“, flüsterte er atemlos. „Hilf mir, Facey.“
„Wieso versuchst du nicht wieder, dich unsichtbar zu
machen?“, schlug Face vor und reichte ihm den Becher mit dem mit einer geringen
Dosis von BAs Gute-Nacht-Tropfen versetzten Kaffee.
„Das klappt nicht mit all diesen negativen
Schwingungen, die der Große verbreitet.“ Murdock nippte an seinem Becher und
verzog das Gesicht. „Kein Zucker.“
„Hier.“ Face fischte ein paar Zuckertütchen aus der
Tasche und reichte sie weiter. „Das solltest du dir wirklich abgewöhnen“,
meinte er, kopfschüttelnd zusehend wie der Pilot gleich vier Zuckerportionen in
seinen Becher rieseln ließ. „Das ist schlecht für die Zähne.“
Murdock riss die Augen auf. „Oh, aber ich lieeeeeebe Besuche von der Zahnfee…“,
sagte er und biss in einen Donut, Puderzucker auf sein Kinn und sein T-Shirt
streuend.
Zehn Minuten und drei Donuts später waren sie wieder in
der anbrechenden Dunkelheit auf der Straße, ein paar Scheinwerfer unter vielen
und Murdock begann trotz Koffein und Zucker zu gähnen. Kurz darauf schlief er,
seine abgenutzten Schuhe gegen die Brust gepresst als wären es zwei
Kuscheltiere. Face holte eine Decke, legte sie über den Piloten und machte eine
gedankliche Notiz, ihm ein neues Paar Chucks zu kaufen und ins Krankenhaus zu
schicken. Murdock trug die Dinger Tag und Nacht, bis sie im wahrsten Sinne des
Wortes auseinander fielen.
Er lehnte sich in seinen eigenen Sitz zurück und
schloss die Augen. Es konnte nie schaden, ein bisschen Schlaf zu bekommen,
bevor Hannibal wieder der Jazz heimsuchte…
Als er das nächste Mal die Augen öffnete, standen sie
vor seinem gegenwärtigen Domizil, BA grummelte über den Müll in seinem Van und
der Colonel fragte nach den Schlüsseln.
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Mit Murdock einkaufen zu gehen, war wie mit einem Kind
einkaufen zu gehen. Er musste darauf achten, dass auch ein paar richtige
Lebensmittel im Einkaufswagen landeten, und die Anzahl an Süßigkeiten und
Snacks einschränken – obwohl auch BA gerne zu Chips und Schokoriegeln griff,
wenn ein spannendes Spiel im Fernsehen lief. Hannibal schien es größtenteils
egal zu sein, was er aß.
Der Pilot flitzte, tief über die Stange gebeugt, sich
wie bei einem Roller mit einem Bein abstoßend, den anderen Fuß auf der
Karosserie des Einkaufswagens, durch einen langen Gang. Face musste sich mit
einem entschuldigenden Lächeln von der hübschen Brünetten mit einem grellpinken
Top abwenden, die ihm gerade erklärt hatte, wo er die Hotdog Brötchen finden konnte
und hinter ihm herlaufen. Aber sein Freund hatte eine Crashlandung in einem
Regal voll Konserven gerade noch so abgewendet und studierte jetzt eine Dose
mit Hundefutter so angestrengt als denke er darüber nach, sie wirklich zu
kaufen.
„Billy bekommt von Nassfutter Blähungen“, sagte Face,
nahm ihm die Dose ab und stellte sie zurück. „Was willst du morgen zum
Frühstück? Ich habe da vorne Bagel zum Aufbacken
gesehen, das wäre doch mal was anderes als Toast.“
„Lucky Charms. Oder Cap‘n Crunch, wenn sie das haben.
Ich brauche einen neuen Dekoder-Ring, ich habe meinen
verloren – ich denke, als BA mich in die Mülltonne gesteckt hat.“ Murdock griff
nach einer anderen Dose, dieses Mal eine mit einem Cockerspaniel auf dem
Etikett, der irgendwie unecht aussah. „Was denkst du, wie das schmeckt?“,
fragte er grüblerisch.
„Wenn du auf die Idee kommen solltest, Hundefutter zu
probieren, bringe ich dich höchstpersönlich zurück ins Krankenhaus und lasse
sie dich in eine Zwangsjacke stecken“, warnte er, seiner Ungeduld für einen
Moment freien Lauf lassend. „Meine Vorstellungen von einem Wochenende in diesem
Haus schlossen jemanden ein, der in einem Bikini gut aussieht, nicht euch.“
Face fischte die Dose aus seinen Fingern und stellte sie achtlos zurück ins
Regal. „Hast du deine Pillen wieder nicht genommen? Ist es das? Bist du deshalb
so launisch?“
Einen Moment lang starrte der Pilot auf den Boden, die
Lippen fest zusammengepresst, als halte er mit aller Gewalt eine Antwort
zurück. „Bagel also“, sagte er dann, mit einem gezwungen
klingenden, munteren Tonfall und wechselte plötzlich in einen französischen
Akzent. „Lass uns einen Brunch machen. Der Chefkoch empfiehlt zu den Bagels Frischkäse, Lachs und pochierte Eier – serviert mit einem leichten Rosé mit Nuancen von Honigmelone und
Freesien. Passt ausgezeichnet zu Cantaloupe als
Abschluss.“
Frees-was? Face schnaubte amüsiert. „Also wenn, dann gehört
Champagner zum Brunch. Ich finde…“
Eine ältere Frau blieb stehen und musterte Murdock
neugierig. „Ich habe Sie schon einmal gesehen“, meinte sie, die beiden
unterbrechend. „In einer Kochsendung im Fernsehen, nicht wahr? Geben Sie Tipps
in diesem Supermarkt?“
„Qui, Madame!“ Zum Entzücken
der Frau beugte sich Murdock zu einem Luftkuss über
ihre Hand. „Isch bin…“, säuselte er.
„In Eile“, unterbrach ihn Face. „Wir müssen zur
Aufzeichnung ins Studio, Chefkoch“, sagte er zu Murdock. „Und wir haben noch
nicht alle Zutaten für das heutige Menü.“
„Oh, Sie kaufen tatsächlich selbst ein?“, staunte die
Frau. „Ich dachte dazu haben Sie Assistenten.“
„Ein Maestro verlässt sich nicht auf Helfer.“ Murdock
fand offenbar Spaß an der neuen Rolle, anstatt auf den Hinweis in Form von
Face‘ Ellbogen in seiner Seite zu reagieren.
Face fischte den Zettel auf dem er seine Einkaufsliste
geschrieben hatte, aus der Tasche, drehte ihn um und kritzelte eine
Telefonnummer darauf. Dann hielt er Stift und Zettel Murdock hin und ließ den
Chefkoch seinen Rücken als Unterlage für ein Autogramm verwenden. Face
überreichte feierlich den Zettel an die Frau. „Bitte sehr. Wenn Sie diese
Nummer anrufen, bekommen Sie zwei Freikarten für unsere nächste Sondersendung.
Und mit ein bisschen Glück dürfen Sie auf die Bühne und mit unserem Chefkoch
hier ein Menü zubereiten.“ Er klopfte Murdock auf die Schulter. „Wir müssen jetzt
wirklich los. Guten Tag und vergessen Sie nicht, einzuschalten.“ Er packte
ihren Einkaufswagen und schob ihn davon, ohne zu warten, bis Murdock sich von
seinem „Fan“ verabschiedet hatte und sich zu ihm gesellte. Und bevor der Frau
vielleicht noch einfiel, wo sie den anderen jungen Mann schon einmal gesehen
hatte… auf einem Fahndungsfoto im örtlichen Postamt, zum Beispiel.
„Wo hast du die Pizza her?“, wiederholte Face, der auf der Suche nach dem
Kaffee inzwischen notgedrungen einen Blick in den Kühlschrank warf.
Tatsächlich. Die Dose mit Pulverkaffee stand neben der Milch. Mit einem Seufzen
holte Face sie heraus.
„Kaffeepulver behält seinen Geschmack, wenn man es in den Kühlschrank stellt,
das habe ich in einer Zeitschrift gelesen“, bemerkte Murdock, der seiner Suche
mit Blicken gefolgt war. „Und ich war in der Stadt. Mit dem Fahrrad aus dem
Schuppen.“
Welcher Schuppen? Welches Fahrrad? Zum Haus gehörte kein Schuppen… es befand
sich allerdings einer auf dem Nachbargrundstück. Face schlug die Kühlschranktür
zu und beschloss nicht darüber nach zu denken. Vielleicht würde es ja niemand
vermissen, oder zumindest nicht, bevor sie nicht längst wieder weg waren. „Das
sind rund sieben Kilometer hin und wieder zurück. Du bist wegen einer Pizza
vierzehn Kilometer gefahren? Im Morgengrauen?“
„Deshalb war sie also kalt, als ich zurückkam.“ Der Pilot zuckte mit den
Schultern. „Oder vielleicht ist sie von gestern. Wenn ich darüber nachdenke,
sah der Mann, der sie mir verkauft hat, gar nicht glücklich aus. Er meinte, ich
hätte ihn geweckt.“ Murdock nahm einen weiteren Bissen und kaute nachdenklich.
Das konnte ihm Face nicht übelnehmen. Wer war schon begeistert, im Morgengrauen
wegen einer Pizza aus dem Bett geklingelt zu werden. „Ich weiß das du
Mikrowellen nicht magst, und ich bin sicher kein Küchenprofi, aber ich denke da
drüben steht ein Backofen“, meinte er, nicht an Sarkasmus sparend. „Wenn du
schon Pizza zum Frühstück haben musst, dann iss sie wenigstens warm.“ Face
löffelte Kaffeepulver in den Filter und ärgerte sich darüber, dass er sich
überhaupt darüber ärgerte. Er war sonst nicht so dünnhäutig und Murdock aß
ständig weitaus merkwürdigere Dinge – Farbe, Seife. Einmal hatte er einen
Bonsai angeknabbert wie ein mental gestörtes Eichhörnchen. Pizza war dagegen
ziemlich normal, aber irgendwie störte ihn das heute. Vielleicht benahm er sich
wie ein Morgenmuffel, aber sie befanden sich nicht bei einem Job, sondern
wollten sich erholen – also konnte er herum muffeln so viel er wollte. Es
musste die angespannte Stimmung im Haus sein, das Herumschleichen auf
Zehenspitzen um Murdock.
„Ja, Mami“, kam es patzig von dem Piloten. „Und ich vergesse auch nicht, mir
nach dem Essen die Zähne zu putzen, Mami.“
Face wandte sich überrascht nach ihm um, als er den aggressiven Unterton in
Murdocks Stimme hörte. „So habe ich das nicht gemeint.“ Er starrte ein Häufchen
Kaffeepulver an, das neben der Maschine gelandet war, drückte dann den Filter
in den Halter und schaltete die Kaffeemaschine ein. Wasser war schon drin.
„Mach was du willst; iss was und wie du willst, meinetwegen im Kopfstand. Es
war –nur- ein Vorschlag.“
Murdock hatte den Rest seines Pizzastücks in den Mund gestopft und war jetzt
wie ein schlecht erzogenes Kind damit beschäftigt, Käsefäden zwischen seinen
Fingern zu ziehen, während er kaute. Einzelne Zeitungsblätter waren von seinem
Schoß auf den Boden gesegelt.
„Was ist dein Problem?“, fragte Face über das Gurgeln und Zischen des brühenden
Kaffees hinweg. „Übrigens ist das hier kein Hotel, räum deinen Mist gefälligst
weg und schwing deinen Hintern da runter, das ist eine Frühstücksbar, darauf
isst man und sitzt nicht.“
Murdock starrte ihn einen Moment lang an, dann leckte er den Käse von den
Fingern und wischte sich die Hände an seiner Hose ab. Er trat achtlos auf die
Zeitung als er sich von der Theke schwang und fegte Krümel auf den Boden. „Du
bist das Problem“, sagte er, wie zur Verdeutlichung einen Finger gegen Pecks
Brustbein stechend, bevor er die Küche verließ.
„Was zum…“ Irritiert sah Face ihm nach. Er machte sich daran, dem Piloten zu
folgen, doch Hannibal betrat in diesem Moment die Küche.
„Ist das frischer Kaffee, den ich rieche?“, fragte der Colonel.
„Läuft gerade durch.“ Face machte sich stirnrunzelnd daran, die Zeitung
aufzusammeln. „Was hat Murdock gebissen? Er benimmt sich nicht normal.“
„Sich nicht normal zu benehmen ist Murdocks Lebensphilosophie“, entgegnete
Hannibal ruhig und setzte sich an den Esstisch.
„Ich meine, das er sich nicht wie sonst benimmt. Kein Billy, kein Sprechen mit
Socken, keine Akzente, keine schrägen Lieder… Stattdessen sitzt er in der
Küche, isst im Morgengrauen kalte Pizza und wenn er spricht, klingt er wie ein
schmollender Teenager.“ Er warf die Zeitung auf den Tisch und betrachtete mit
Abscheu die Pizzareste, den wie geronnen aussehenden
Käse. Ekelhaft.
Der Kaffee war endlich durchgelaufen und Face füllte zwei Becher, stellte einen
davor vor Hannibal auf den Tisch. „Kein Kommentar?“, fragte er irritiert. „Nur
keine irischen Weisheiten, bitte, nicht auf nüchternen Magen.“
„Lass ihn einfach in Ruhe“, meinte Hannibal ruhig, die Zeitung aufschlagend.
„Er geht wieder einmal durch eine Phase. In ein paar Tagen ist er wieder sein
hyperaktives Ich und du wirst dir noch wünschen, er wäre wieder ruhiger.“
„Ich habe mich entschuldigt, was will er denn noch von mir, einen Kniefall“,
murrte Face, ohne sich der Ironie bewusst zu sein, dass er in diesem Moment
selbst sehr wie ein schmollender Teenager klang.
Hannibal entging es nicht. Er wechselte die Zigarre von einem Mundwinkel in den
anderen und ließ einen Rauchfaden zur Decke steigen, bevor er sie aus dem Mund
nahm, um den Kaffee zu kosten. „Was mich viel mehr interessiert… Ist noch was
von der Pizza da?“, fragte er und grinste, als Face mit einem gequälten
Aufstöhnen den Kopf auf die - auf dem Tisch vor sich verschränkten - Arme
legte. Er dachte, er hörte Face das Wort „Barbaren“ flüstern und wandte sich
lachend dem Sportteil zu.
Und es war erst Sonntagmorgen.
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„Hey, das Abendessen ist fertig.“ Face hatte einen Bogen geschlagen und sich
Murdock seitlich genähert, damit der ihn kommen sah. Der Pilot wirkte so
gedankenverloren, dass er ihn nicht erschrecken wollte. Oder vielleicht genoss
er einfach nur das Gefühl der Freiheit hier am Strand, bevor er wieder im
Krankenhaus eingesperrt wurde. „Und da wir vergessen haben, Senf zu kaufen, hat
Hannibal uns zum Abwasch verdonnert.“
„Uns?“ Murdock stand auf und begann umständlich Sand von seiner Hose zu
klopfen. „Du hast die Einkaufsliste weggegeben und du hast dich dann nicht mehr
dran erinnert, was wir alles mitbringen sollten.“
„Es war dein Fan, den ich damit losgeworden bin.“ Und auf elegante Weise, wenn
er das sagen durfte, ohne sich selbst zu loben.
„Sie wollte nur nett sein.“ Murdock steckte die Hände in die Taschen seiner
Jacke und grub mit der Ferse eine Kuhle in den Sand. „Im Gegensatz zu anderen
Leuten“, murmelte er.
„Was ist los mit dir?“, fragte Face frustriert.
„Du siehst Menschen an und du weißt, was sie denken und was sie wollen und
bringst sie dazu, dir zu vertrauen und dir alles zu geben, was du willst. Sieh
mich an, und sag mir, was mit mir los ist.“ Der Pilot wandte sich ihm zu.
„Murdock, wenn ich verstehen könnte, wie dein Kopf funktioniert, wäre ich ein
Kandidat für einen Nobelpreis. Und du bist mein Freund, niemand den ich… von
etwas überzeugen… muss.“ Er legte den Arm um Murdocks Schultern. „Du sagst mir
einfach, was los ist und wir bringen das irgendwie in Ordnung. Du und ich,
Buddy. Wie immer.“
Der Pilot starrte ihn so unglücklich an, dass er sich unwillkürlich mies
vorkam, weil er nicht wusste, wie er ihm helfen sollte. Alles, was er wollte,
war seinen verrückten, warmherzigen, verträumten
Freund zurück.
„Du…“, wiederholte Murdock, beide Hände auf Face‘ Schultern legend. „…und ich…“
Er wartete darauf, dass mehr kam – aber es blieb bei diesen Worten. Murdock
starrte ihn einfach nur an und langsam begann Face sich unbehaglich zu fühlen.
„So nahe kommt mir normalerweise nur jemand, der mich küssen will“, flachste
er, um die Anspannung zu brechen.
Murdock zuckte zurück als hätte er sich an ihm verbrannt, wirbelte auf dem
Absatz herum und rannte in Richtung Haus als wäre der Teufel selbst hinter ihm
her.
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Er starrte die Bücher auf seinem Kopfkissen an - eine Neufassung des Boots-and-Bikinis-Drehbuchs und ein Buch über Computer, aber
Face‘ Gedanken waren weder bei dem einen noch dem anderen. Was hatte er am
Strand so schlimmes gesagt?
Als er zurück ins Haus gegangen war, saß Murdock zwischen BA und Hannibal am
Tisch und befand sich mitten in einer Geschichte über die Hotdogs, die es im
Krankenhaus zu essen gab und über ihre vermeintliche Herkunft, die er irgendwo
südlich der Wega ansiedelte. Irgendwo zwischen als Hotdog Brötchen getarnten
Raumschiffen und der Serie „Invasion von der Wega“ an die sich Face noch
verschwommen aus seiner Kindheit erinnerte, klinkte er sich aus der
Unterhaltung aus. Vor allem als Hannibal über die außerirdischen Monster zu
sprechen begann, die er gespielt hatte und BA sich darüber beklagte, dass sie
ihm den Appetit verdarben, während er sich durch einen Berg Essen arbeitete,
der ausreichte eine Familie satt zu machen.
Der angedrohte „Abwasch“ nahm keine zwei Minuten in Anspruch, denn Hannibal
hatte den Tisch mit dem Plastikgeschirr und –besteck gedeckt, die Face in weiser
Voraussicht (und um das Porzellan seines ahnungslosen „Vermieters“ zu schonen)
besorgt hatte. Sie landeten im Müll und das restliche Essen im Kühlschrank. Der
Grill konnte warten.
Anschließend nahm Hannibal Murdock mit auf eine Runde durch die Nachbarschaft
(weniger wegen der MPs, als um sich anzusehen, wo sich Murdock das Fahrrad
geliehen hatte…) und BA fuhr in die Stadt, um seine Mutter in Chicago
anzurufen. Das ließ Face mit nichts anderem zu tun, als sich in sein Zimmer zu
verziehen und sich seine eigene Unterhaltung zu suchen. Er duschte, zog sich um
und holte die Bücher aus seiner Tasche.
Eine Weile später hörte er den Van, als BA zurückkam. Kurz darauf wurde in der
Küche unter ihm rumort. Vermutlich hatte Mrs. Baracus ihren kleinen Jungen daran erinnert, dass er nicht
vergessen sollte, ordentlich zu essen. Nun, wenn er danach schlecht schlafen
sollte, war das Hannibals Problem. Die beiden teilten sich das Gästezimmer. Der
Colonel schlief für gewöhnlich durch Unwetter, Erdbeben und BAs Schnarchen.
Murdock zog es vor, auf der Couch zu schlafen, obwohl Face ihm das zweite Bett
neben seinem im Hauptschlafzimmer angeboten hatte. Er sagte etwas von einem
Woody Woodpecker Marathon, den er auf keinen Fall
verpassen wollte.
Als er aufstand und das Fenster öffnete, um frische Luft in den Raum zu lassen,
hörte Face Hannibals Stimme direkt unter sich. Die beiden waren von ihrer
Patrouille durch die Nachbarschaft offenbar zurückgekehrt.
Face trat einen Schritt zur Seite, so dass er nicht zu sehen war, wenn jemand
von unten hochsehen würde und lauschte. Vielleicht kam er so dahinter, um was
es ging. Er lauschte so angestrengt, dass er unwillkürlich den Atem anhielt.
Murdocks Stimme driftete so deutlich zu ihm hoch als stünde der Pilot nur ein
oder zwei Schritte von ihm entfernt.
„Ich weiß nicht, was es ist... aber wenn ich ihn sehe... ich will es ihm sagen.
Was er mir bedeutet. Dass ich ihn liebe.“
Ihn? Hatte
Murdock eben gesagt… Face schüttelte den Kopf. Er hatte sich bestimmt verhört.
„Murdock...“, begann Hannibal.
Es war so still, dass Face das Klicken seines Feuerzeugs hören konnte als der
Colonel seine Zigarre anzündete.
„Seit ich es dir gesagt habe. Ich wusste, es wäre besser gewesen den Mund zu
halten.“
Er hatte doch gewusst, dass Hannibal mehr darüber wusste, was mit dem Piloten
vorging!
„Vielleicht bin ich die falsche Person um dieses Gespräch zu führen, Murdock.
Du solltest mit Face sprechen.“
Mit ihm? Wieso?
„Nein. Nein, niemals. Hannibal, du darfst ihm nichts sagen. Er wird mich nie
wieder sehen wollen.“
Murdock klang beinahe… panisch.
„Ist es so besser? Er denkt, du bist immer noch wütend auf ihn, wegen der Sache
auf dem Parkplatz. Und er macht sich Sorgen um dich. Dachtest du wirklich, es
fällt ihm nicht auf, dass du dich ihm gegenüber anders als sonst benimmst?“
Moment… was? Face trat vom Fenster weg. Von was redete Murdock? Er lachte – ein
trockenes, ungläubiges Lachen.
Er hatte schon… Anträge von Männern bekommen, sicher, in Bars und Clubs, im
Umkleideraum eines Sportvereins in dem er beruflich gewesen war, aber ohne sich
je etwas dabei zu denken. Im Grunde war es schmeichelhaft.
Aber Murdock…?
Sicher, Murdocks Sexualität war ein Buch mit sieben Siegeln für ihn – sofern er
überhaupt darüber nachdachte. Er hatte ihn mit Frauen gesehen, aber immer
gedacht, dass die Tatsache, dass er… verrückt war, in einer Psychiatrie lebte,
mit Socken sprach… verhinderte, dass mehr daraus wurde. Und nicht weil…
Murdock… offenbar… in ihn… verliebt
war?
Die Stimmen draußen waren verstummt, und Face hörte Schritte, die Treppe hoch
und an seinem Schlafzimmer vorbei. Er schloss hastig das Fenster und setzte
sich aufs Bett, für den Fall, dass Hannibal zu ihm rein sah, doch die Tür blieb
geschlossen.
In der Ferne war wie ein Echo auf seine Gedanken das manische Gelächter von
Woody Woodpecker zu hören, dann drehte Murdock unten
im Wohnzimmer die Lautstärke des Fernsehers herunter und es war wieder still.
Sollte er hinuntergehen, mit ihm sprechen? Worüber? Über etwas, das er heimlich
belauscht hatte und das er vermutlich total aus dem Zusammenhang riss? Oder
komplett missverstanden hatte?
Nein, was er brauchte, war ein Date. Oder zumindest die Aussicht darauf.
Face griff nach dem Telefon, sein mentales, kleines schwarzes Büchlein
durchblätternd und wählte nach kurzem Überlegen eine Nummer.
Es klingelte ein paar Mal, dann meldete sich eine Frauenstimme.
Face lächelte, als stünde sie direkt vor ihm. „Rena? Hier ist Temp. Rufe ich zu spät an?“
Er nahm auf der Bettkante Platz, kämmte sich mit den Fingern der freien Hand
durch die Haare, während er Rena lauschte, die ihm erzählte, dass er sie nicht
geweckt hatte. Rena war ein Model und gerade von der Aftershow-Party zurück
gekommen.
„Ich finde auch, wir haben uns so gut verstanden, beim Frühstück im Fashion
Café.“ Er hatte sie angesprochen, während er darauf wartete, dass ihm der
Kellner seinen Kaffee brachte. Hatte sie gefragt, ob es der Wahrheit
entspricht, dass Fotomodelle nichts essen dürfen – angesichts dessen, dass ihr
ganzes Frühstück aus einer Tasse schwarzen Kaffees zu bestehen schien, nicht
unberechtigt. Sie gerieten ins Gespräch und bevor Face‘ Kaffee kalt war, hatte
er ihre Telefonnummer. Und Renas Versprechen, ihn zum Abendessen einzuladen,
wenn er das nächste Mal in der Stadt war. Er hatte ihr erzählt er arbeite in
einer Computerfirma mit Hauptsitz in New York und damit angedeutet, dass er
ebenfalls dort lebte, aber von Zeit zu Zeit zu ihrer Zweigniederlassung in Los
Angeles geschickt wurde.
Das Telefon in der Hand – hier gab es noch kein modernes, tragbares Telefon,
aber das Kabel war lang und ringelte sich wie eine sehr dünne Schlange durch
den Raum - stand er wieder auf, um aus dem Fenster zu sehen.
Hatte er sich nur eingebildet, dass er den Fernseher hörte? Das war eindeutig
die schlaksige Figur des Piloten, die er an der Wasserlinie sah. Warum stand
Murdock da unten und starrte aufs Meer hinaus als überlege er sich, in sein
ursprüngliches Element zurück zu kehren?
Er bemerkte, dass Rena verstummt war und wandte dem Fenster den Rücken zu. „Ich
bin Ende der Woche wieder in der Stadt und ich dachte, ich komme auf dein
Angebot zurück, mir ein Abendessen zu kochen.“ Er sah sich selbst im Spiegel an
der gegenüberliegenden Wand und bemerkte, dass er die Stirn runzelte. „Nein,
das ist absolut kein Problem, dass du zur Zeit in Santa Barbara arbeitest“,
antwortete er, nur mit halber Sache bei der komplizierten Terminplanung des
Models. „Rena, ich habe eine großartige Idee. Ich mache am Freitag früher
Schluss, zum Teufel mit den vielen Überstunden und fahre zu dir nach Santa
Barbara. Ich kenne da ein großartiges Country-Inn-Hotel, sehr gemütlich. Genau
das richtige, um sich näher kennen zu lernen.“ Er wusste, dass er Rena an der
Angel hatte. „Sehr romantisch“, setzte er hinzu, die Stimme verschwörerisch
gesenkt. „Es wurde mir von einem Freund empfohlen, der dort seine Flitterwochen
verbracht hat. Dreimal.“ Rena lachte und Face grinste.
Ein wenig abschließendes Geplänkel und er legte den Hörer auf, stellte das
Telefon an seinen Platz zurück.
Das mit Rena klang nach einer guten Sache. Sie war beschäftigt, er war
beschäftigt und sie konnten sich unverbindlich treffen, wann immer sie Zeit
fanden. Unwillkürlich ging er zurück zum Fenster, aber der Strandabschnitt, den
er von hier aus sehen konnte, war leer. Vielleicht war auch Murdock endlich
schlafen gegangen, oder saß zumindest wieder vor dem Fernseher.
Er sollte ebenfalls ins Bett gehen. Wer wusste, ob Hannibal nicht auf die
perverse Idee kam, sie morgens um fünf aus den Federn zu werfen. Er konnte
damit leben, wenn sie einen Job zu erledigen hatten, aber nicht wenn sie Urlaub
machten. Oder welche Version davon auch immer für das A-Team möglich war.
Als er das Kissen unter seinem Kopf zurecht boxte, verspürte er plötzlich ein
unerwartetes Gefühl von Verlust – als hätte er etwas verloren, von dem er bis
zu diesem Augenblick nicht wusste, dass er es besaß. Das war völliger,
sentimentaler Unsinn. Sie waren alle hier, in Sicherheit. Murdock befand sich
ein Stockwerk unter ihm und plünderte vermutlich eben den Kühlschrank oder sah
sich mit Billy alte schwarzweiße Filme an. Es war alles genau so, wie es sein
sollte. Ein paar Gesprächsfetzen änderten gar nichts.
Trotzdem lag Face noch lange wach und starrte gedankenverloren an die Decke.
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„Mann, das ist nicht richtig mit Murdock.“ BA saß auf seinem Bett, ein großes
Glas Milch in der Hand. „Was er über Face sagt.“ Der große Mann schüttelte den
Kopf. „Ich wusste, dass in seinem Gehirn etwas nicht richtig ist, aber das...“
Hannibal erinnerte sich daran, dass die Fenster der Küche offenstanden, um die
kühle Nachtluft ins Haus zu lassen, als sie zurückkamen. BA hatte vermutlich
einen Teil seines Gesprächs mit Murdock mit angehört, als er kam um sich die
Milch zu holen.
„Murdocks Kopf ist in Ordnung – soweit er das jemals war“, sagte der Colonel
ruhig. „Nun BA, wir verstehen vielleicht seine Gefühle für Face nicht, aber das
bedeutet nicht, dass sie falsch oder nicht echt sind.“
BA schnaubte. „Als bräuchten wir noch mehr Beweis, dass der Spinner nicht
richtig im Kopf ist“, sagte er. „Geht er hin und verliebt sich ausgerechnet in
Face. Faceman liebt niemanden. Er wird dem
Schwachkopf nur wehtun.“
Hannibal sah ihn an – er hatte den gleichen Fehler gemacht wie viele vor ihm,
er hatte BA unterschätzt. „Lass uns schlafen gehen, es ist spät genug“, sagte
er nur.
Ende